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Zedler: Dominium [3] HIS-Data
5028-7-1215-1-03
Titel: Dominium [3]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 7 Sp. 1222
Jahr: 1734
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 7 S. 636
Vorheriger Artikel: Dominium [2]
Folgender Artikel: Dominium analogicum
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

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Übersicht
Ursprung und Notwendigkeit
  Anfang der Welt
 
  Communio negativa
  proprietas und Communio positiva
 
  1. Meinung
  2. Meinung
  3. Meinung
  4. Meinung
  Art und Weise
  Konkurrenz Gottes

Stichworte Text Quellenangaben
Ursprung und Notwendigkeit Nunmehro wollen wir noch von dem Ursprunge und der Nothwendigkeit des eingeführten Eigenthum-Rechts handeln. Eigentlich ist diese Materie historisch, und gehöret nicht so wohl vor die Philosophen als Theologen, insofern alles dasjenige, was wir davon wissen, aus der heiligen Schrift genommen wird. Der Philosophus kan wohl wahrscheinlich die Ursachen, wodurch man zu Einführung des Eigenthum-Rechts veranlasset worden, anführen, gleichwohl wie es eigentlich zugegangen, nichts gewisses ausmachen.  
  Gesetzt aber, daß man in dem historischen Ursprunge fehle, so hat doch die moralische Nothwendigkeit, nemlich, daß das Eigenthum bey der Verderbniß der Menschen, bey denen anwachsenden Künsten und Fleiß dererselben um die Streitigkeiten zu vermeiden, habe müssen eingeführet werden, ihren guten Grund, und kan der historische Ursprung, welcher bey einer moralischen Sache nicht wesentlich ist, dem moralischen Ursprung keinen Eintrag thun.  
Einteilung Wir wollen die Abhandlung von dem Ursprunge des Eigenthums in diese drey Fragen eintheilen, erstlich, was es gleich vom Anfange der Welt damit vor eine Beschaffenheit gehabt habe? hernach auf was Art das Eigenthum, wenn solches gleich nicht vom Anfange gewesen, eingeführet worden? und drittens, wie weit GOtt bey solcher Anordnung mit seinem Willen concurriret?  
Anfang der Welt Bey der ersten Frage sind die Natur-Lehrer nicht einig, sie widersprechen einander, doch läufft vieles auf eine blosse Wortstreitigkeit hinaus. Man hat sich die Sache durch die beyden Wörter Dominium und Communionem schwer gemacht, indem man dieselbe bald in engern, bald in weitern Verstande angenommen. Die Communionem hat man wieder in positivam und negativam eingetheilet.  
Communio negativa Die Communio negativa ist diese, da sich ihrer viele einer Sache zugleich bedienen können, doch so, daß sich keiner derselben, ausser, wenn er sie gebrauchet, als eigenthümlich anmasset; die Communio positiva hingegen ist, wenn alle zugleich ein Eigenthums-Recht an einer Sache haben, welche auch das Dominium commune genennet wird.  
proprietas und Communio positiva Mit denen Wörtern proprietas und Communio positiva sind verschiedene Verwirrungen vorgegangen; die verschiedene Meynungen derer Gelehrten aber sind nachfolgende:  
1. Meinung Grotius de Jure Belli … scheinet eine Communionem positivam behauptet zu haben, er zeigt, wie es unmöglich gewesen wäre, daß man in solcher Gemeinschafft derer Güter geblieben, wobey das Eigenthum gleich vom Anfange der Welt gewesen wäre, doch so, daß das Eigenthum bey allen gewesen, kein Dominium particulare aber eingeführet worden.  
  Diese Sätze des Grotii sind von  
 
  • Zieglern in Not. ad Grot. … und
  • Böclern in Commentario ad Grotium
  • Osiander ad Grotium
  • Kulpisio in Collegio …
  • Pufendorf. de Jure Naturae …
  • Strauchio de Imperio
  • Oberrechten in Dissertatione
 
  angegriffen worden. Die Gegner aber haben hiebey besondere Absichten gehabt, indem einige auf die Communionem positivam, andere hingen auf die Proprietatem, oder das eigentliche Eigenthum, gedrungen haben. Grotius de Mare libero hat sich  
  {Sp. 1223|S. 637}  
  auch dahin erkläret, daß dieses gemeinschafftliche Recht alle Proprietaet ausschliesse.  
2. Meinung Die andere Meinung dringet auf eine Communionem negativam, in welcher ein ieder die Sache gebrauchen kan, ohne, daß er ein Recht habe, den andern gäntzlich davon auszuschliessen. Welcher Meynung  
 
  • Pufendorf de Officio …
  • Thomasius Jurispr. …
  • Wernher in Element.
  • Treuer in Notis ad Pufendorfium
  • Heumann in Dissertatione de Origine Imperii,
 
  beypflichten.  
  Thomasius erinnert insonderheit, die Worte GOttes, welche er zu unsern ersten Eltern gesprochen: Machet euch die Erde unterthan, und herrschet über die Thiere, zeigten nichts anders an, als daß denen ersten Menschen die Freyheit gegeben worden, sich aller dieser Dinge zu bedienen. Eine Freyheit aber zeige noch kein Dominium an, dessen Eigenschafft es wäre, daß es gegen einen andern, welcher ausgeschlossen werden könnte, müste gehalten werden. Bey unsern ersten Eltern wäre niemand vorhanden gewesen, welcher hätte können ausgeschlossen werden. Hätten die ersten Menschen, im Stande der Unschuld, Kinder gezeuget, so hätten sie gleiches Recht mit ihren Eltern gehabt. Die Eltern hätten also in Ansehung der Kinder die Herrschafft nicht haben können.  
  Adam hätte, als GOtt dieses zu ihnen gesagt, das gantze menschliche Geschlecht vorgestellet, dahero müsten die Worte GOttes wie bey einem, also auch bey dem andern, verstanden werden. Auf solche Weise wäre denn bei der Fortpflantzung des menschlichen Geschlechtes die Communio negativa nicht aufgehoben, sondern nur auf mehrere Personen gebracht worden. Das Sprichwort: Amicorum bona sunt communis, hätte seine gute Richtigkeit, und im Stande der Natur wäre die vollkommenste Freundschafft gewesen.  
  Ferner, so verursache das Eigenthum eine grosse Ungleichheit unter denen Menschen, indem daher arme und reiche entstünden, welche Ungleichheit aber dem Stand der Natur zuwider wäre. Endlich habe man auch damals keine Ursache, das Eigenthum einzuführen, gehabt, die Erde hätte vor sich das ihrige hervorgebracht, die Arbeit wäre nicht beschwerlich gewesen, die menschliche Natur hätte mit wenigen vorlieb genommen, und  man hätte von keiner Uppigkeit, Zänckerey, und keinem Neide gewust. Doch diese letztere Gedancken gehören fast mehr zu dem Stande der Vollkommenheit, als zu dem Stande der Natur.  
3. Meinung Die Meynung der dritten verwirft so wohl die Communionem positivam, als negativam, und dringet auf das Dominium insonderheit, welches ursprünglich weder von einer Einnehmung noch von einer Theilung der Menschen, sondern von einer göttlichen Uberlassung, die Anfangs dem Adam, und nachgehends nach der Sündfluth dem Noah geschehen, herkäme. Welche Meynung von  
 
  • Zieglern ad Grotium
  • Osiandern ad Grotium
  • Böclern in Commentario …
  • Kulpisio in Colleg. Grot. …
 
  behauptet wird.  
  Sie sind aber nicht mit einander einig; ob Adam solche Herrschafft vor seine Person von GOTT bekommen, oder in so fern er das gantze menschliche Geschlechte vorgestellet habe. Böcler will insonderheit behaupten, daß eine Gemeinschafft derer Güter weder iemahls gewesen, noch hätte dieselbige iemahls seyn können. Das Eigenthum wäre also nicht von  
  {Sp. 1224}  
  denen Menschen, sondern von GOtt selbst eingeführet worden, und dahero vor eine gewisse Frucht des natürlichen Rechtes anzusehen. In welchen Stücken auch Valentin Alberti Compendio Juris … ihm beypflichtet.  
  Böcler führet zu Behauptung seiner Meynung nachfolgendes an: Der Diebstahl sey gleich vom Anfange in dem natürlichen Rechte verboten gewesen, und dieses Verbot wäre hernachmahls nur in dem Decalogo wiederholet worden. Weil nun kein Diebstahl ohne das Eigenthum seyn könnte, so müste das Eigenthum vom Anfange des Natur-Rechts gewesen seyn. Ferner, wäre ein solcher Stand der Gemeinschaft gewesen, so hätte er nicht die geringste Zeit bestehen können, weil er dem vernünfftigen und geselligen Wesen der menschlichen Natur entgegen wäre.  
  Gleichfalls streitet die Gemeinschafft derer Güter mit dem Gesetze, welches die in Besitz zu nehmenden Sachen austheile und anweise. Ohne das Gesetz könten die Menschen nach dem Falle nicht gesellig leben, und würde also bey der Gemeinschafft derer Güter keine Gesellschafft bestehen können. Ja, da man dem andern weit mehr seine Liebe zeigen könnte, wenn man ihm was von dem Seinigen mittheile, so folge, daß auch im Stande der Unschuld der eigenthümliche Unterscheid derer Güter gewesen wäre.  
  Auf diese leichten Einwürffe antwortet Pufendorf de Jure … Auf den ersten Einwurff führet er an, daß die besondern natürlichen Gesetze nicht eher existiren könten, als bis das Objectum vorhanden wäre, daß man niemand todt schlage, keinen Ehebruch treibe, die Eltern ehre, wären auch natürliche Gesetze, welche aber so lange nicht Statt gefunden hätten, als Adam alleine gewesen, und mit der Eva noch keine Kinder gezeuget hätte. Eben so verhielte es sich auch mit dem Verbote vom Diebstahle. Bey dem andern erinnert er, daß dies seiner Meynung von der Communione negativa gar nicht entgegen sey, indem er damit nur anzeige, was es gleich vom Anfange vor eine Beschaffenheit mit denen Sachen gehabt habe, ehe die Menschen, in Ansehung des Gebrauches derselben, etwas verordnet, und sich worüber verglichen hätten. Gegen den dritten Beweiß saget er, daß nicht alle Gesetze das Eigenthum voraus setzten, und das Gesetze bey der Gemeinschafft derer Güter nicht gäntzlich aufgehoben wäre.  
  Wegen derer beyden letzen Umstände erinnert er nichts, welches aber Jäger in Observat. ad Grotiumthut. Er saget, wider den Umstand, daß bey der Gemeinschaft derer Güter keine bürgerliche Gesellschafft bestehen könne, daß die Meynung des Pufendorfs dahin nicht ginge, als könnte selbige bey einer grossen Anzahl Menschen dauern, sondern er rede nur von dem Anfange derer Sachen. Wider den letzten Einwurf von der zu bezeugenden Liebe bringet er diese Instanz: In dem Stande der Seligkeit würde zwar wohl der vollkommenste Grad der Liebe, aber nicht das Eigenthum angetroffen werden. Gleichfalls wäre auch nicht erwiesen, daß im Stande der Unschuld das Eigenthums-Recht gewesen wäre.  
  Kulpisius in Coll.erinnert wider Pufendorfen, er vermischte das Eigenthum selbst mit der Art und Weise, wie dasselbige von einem auf den andern könnte gebracht werden, jenes käme von einer göttlichen Cession, das letztere aber dependire von den Vergleichen derer Menschen: wobey er aber das erstere von der göttlichen Cession, unbillig, als  
  {Sp. 1225|S. 638}  
  etwas ausgemachtes annimmt. Ferner, so mache er keinen Unterscheid unter dem Wesen und unter der Würckung des Eigenthums. Das Wesen bestünde darinne, daß man eine Sache als eigen hätte, die Würckung aber, welche nur zufällig wäre, bestünde darinne, daß man den andern von seiner Sache abhalten könne.  
4. Meinung Viertens meynen einige, man könne gar wohl sagen, daß vom Anfange das Eigenthum in der Welt gewesen, wenn man nur die Ausschliessung andrer nicht zu dem Wesen des Eigenthums rechnete.
  Daß aber dieses nur mit dem Worte Dominium spielen heisse, bemercket Müller in dem Rechte der Natur …  
Art und Weise Der andre Punct, auf was Art und Weise das besondre Eigenthum aufgekommen, wird also beantwortet: Was vermuthlich Anlaß hierzu gegeben, ist eines Theils die Menge, andern Theils die Bosheit derer Leute gewesen, welche sich über den Gebrauch derer Güter nicht unter einander haben vertragen könne. Ob es aber hernachmahls durch die Theilung, die Pufendorf de Jure Naturae … behauptet, oder durch die Einnehmung eigentlich hervorgebracht worden ist, darüber sind einmahl die Gelehrten nicht einig, Theils werden wir auch ein mehrers unter dem Titel Einnehmung hievon zu reden haben.  
Konkurrenz Gottes Die Beantwortung des dritten Puncts, wie weit GOtt bey solcher Anordnung mit seinem Willen concurrire, wollen wir aus Walchs Lexico Philosophico … weil er ein Gottesgelahrter ist, nehmen. Nach seiner Meynung wäre zwar das Dominium nicht nach dem Willen GOttes eingeführet, wohl aber von demselbigen, als ein Mittel, die Ruhe der menschlichen Gesellschafft zu befördern, zugelassen worden. Die Anabaptisten haben sich eingebildet, es müste unter denen Christen die Gemeinschafft derer Güter nach dem Exempel der ersten Kirche zu Jerusalem Actor. 2, 44. 45. eingeführet werden.  
  Walch aber antwortet hierauf, das besondre Eigenthum wäre an und vor sich selbst nichts böses, sondern würde nur durch den Mißbrauch zu einem Ubel. Das Exempel von der alten Kirche wäre nicht uns zur Nachfolge aufgeschrieben. Diese Gemeinschafft wäre etwa nur zum Besten derer Armen gestifftet worden, und hätte ihren Ursprung nicht von denen Aposteln, als welche selbige in andern Gemeinen nicht eingeführet hätten.  
  Nach dem Falle wären viele Dinge nöthig geworden, die vor dem nicht von solcher Beschaffenheit gewesen wären, und indem hierdurch ein göttlicher Endzweck befördert wird: so kan der Gebrauch dieses Mittels dem göttlichen Willen nicht zuwider seyn. Die Absichten GOttes blieben unveränderlich, die Mittel aber, benebst der Art und Weise, wie solche zu gebrauchen, veränderten sich. Im Stande der Unschuld hätte man bey der Gemeinschafft glücklich leben können, welches aber nach dem Falle nicht anginge.  
     

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Stand: 5. Februar 2013 © Hans-Walter Pries