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Wir gehen nun in der allgemeinen Betrachtung der Völcker weiter, und wollen
vorjetzo die Völcker überhaupt in Ansehung ihrer
Meynungen und
Neigungen, in wie
fern sie darinnen von einander abweichen oder mit einander übereinkommen
betrachten. |
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Meinungen |
Es sind alle Völcker darinnen
übereinstimmend, dass ein
GOTT sey; keine
Nation ist so frech; kein Volck so wild; kein
Land so gar sehr barbarisch, dessen
Einwohner nicht von der
Erkänntniß des Daseyn GOttes eingenommen wären. Dennoch
hat dieses Bayle, der einen grossen Ruhm darinnen suchte, neue
und mit dem
Begriff der meisten Leute streitende
Meynungen vorzutragen
geleugnet. Er hat in seinem Dictionaire historique ... und sonsten
behauptet, daß man verschiedene
Atheistische Völcker aufweisen könne, welche
keinen Begriff und
Empfindung von einem höchsten Wesen, folglich auch nicht von
einer Religion gehabt, oder noch jetzo hätten, um damit die Unzulänglichkeit
desjenigen
Beweiß
Grundes vor die
Existentz
GOttes, welchen man von der
allgemeinen Übereinstimmung aller Völcker hernimmt, zuzeigen, und solchen zu
entkräfften. Denn solte selbiger in seine ordentliche
Form gebracht und
dargestelt werden, so würde der andere Satz, daß alle Völcker darinnen
übereinkämen, es sey ein höchstes Wesen, nicht bestehen können, wenn
Atheistische Völcker vorhanden wären. |
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Doch ist Bayle weder der erste noch der letzte, welcher dergleichen
Gedancken gehabt. Bey dem Cicerone Libr. I. de nat. deorum
cap. 23
sagt Cotta: Equidem arbitror, multas esse
gentes sic immanitate efferatas, ut apud eas nulla suspicio deorum sit,
wiewohl er kein solches Volck mit
Namen nennet, und ihm Cicero
selbst Lib. I de natura deor. ... entgegen ist, und bekennen muß, es
sey die
Empfindung von einer Gottheit den menschlichen Hertzen so tief
eingepräget, daß viele lieber einem falschen; als gar keinem
GOtt dienen wollen. |
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Unter den neuern haben |
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- Locke de intellectu humano ...
- Levinus Nicol. Moltkenius in adnotat. ...
- und
Rüdiger
in sensu veri ...
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eben dergleichen behaupten wollen. |
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Gesetzt nun, es wäre dieses Vorgeben gegründet; man könnte Völcker nennen,
welche von
GOtt nichts wüsten, und also auch gar keine Religion hätten, so
liesse sich noch fragen: Ob sie mit
Recht unter die
Atheisten zu zehlen wären?
Denn, eigentlich zu
reden, geht die
Atheisterey auf eine Verläugnung: hinaus, da
man den Satz: Es ist ein
GOTT, nicht annehmen will: Ihn verneinet, und also der
Wahrheit widerspricht; solten hingegen solche Völcker seyn, welche nichts von
GOtt wüsten, so würde das mehr eine Unwissenheit, als eine Verneinung seyn. |
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Nun ist bekannt, daß unter beyden ein gar mercklicher Unterscheid statt
habe. Doch man hat nicht nöthig, diesen Umstand zu bemercken, weil die
Sache
selbst, daß gantze Völcker gar keine
Empfindung von |
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{Sp. 369|S. 198} |
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einem
göttlichen Wesen, mithin gar keine Religion haben solten, keinen
hinlänglichen
Grund hat, und daher wegfällt. Was bey den Alten von gewissen
Atheistischen Völckern gelesen wird, das ist nicht in dem
Verstande anzunehmen,
als hätten sie kein höchstes Wesen
erkannt und verehret; sondern es geht
vielmehr auf die gottlosen
Sitten dieser Völcker, daß weil sie sehr übel
gelebet, den Heydnischen Gottesdienst in diesem und jenem Stücke nicht recht
beobachtet; so hat man sie
Atheisten genennet, und dies
Wort
in weitern Verstand gebraucht, |
wie solches Herr Fabricius in delectu
argumentorum ... gezeiget. |
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Dasjenige, was einige neuere
Scribenten von der
Atheisterey gewisser Völcker
vorgeben, beruhet auf einem ungewissen
Grunde. Denn woher weiß man, daß sie von
der Religion dieser und jener Nation hinlängliche Nachricht gehabt? daß sie sich
der
Sache sattsam und genau erkundiget, und wenn sie auch dieses haben thun
wollen, daß sie Gelegenheit gehabt und im
Stande gewesen, die dazu nöthige
Umstände gehöriger massen einzusehen und zu erkennen? Man weiß gar wohl, daß man
denen Reise-Beschreibungen so schlechterdings nicht trauen darf. Es kommen
manche Erzehlungen darinnen vor, die falsch und ungegründet sind, welches eben
in Ansehung der vermeinten Atheistischen Völcker von verschiedenen dargethan
worden. |
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Hat man unter andern den Brasilianern, den Caffren, oder Hottentotten und
andern Völckern den
Atheismum beygeleget, so haben andere klärlich gezeiget, daß
ihnen damit Unrecht geschehe. Und gewis, wenn auch ein Volck noch so wilde und
gottlose Sitten an sich hat, daß es scheint, es lebe solches ohne alle Religion;
so kan man doch daraus den
Schluß noch nicht machen, daß bey demselbigen gar
keine
Empfindung und Verehrung eines höchsten Wesens sey. |
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Solches ist von verschiedenen weitläufftig ausgeführet, und die
Beschuldigung der
Atheisterey von diesen Völckern abgelehnet worden, als |
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- von Joh. Ludwig Fabricio, einem ehemahls Heidelbergischen Theologo,
in apologetico pro genere humano contra atheismi calumniam, welches
zuerst 1682. in 4. herausgekommen, und nachgehends dessen 1698. in 4.
zusammen
edirten
operib. p. 119 u.ff. einverleibet worden:
- ferner von
- dem Herrn la Croze in entret. sur divers. suiets d'histoire ...
- Grapio in theol. ...
- Fabricio in
Biblioth. ...
- Löscher in praenotionib. ...
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Man thue hinzu |
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- Martin Fortherby in dem
Wercke,
atheomastix genannt, Lib. I.
- Bernard in
nouvell. ...
-
Buddeum in thesibus ...
- Stillingfleet in nov. ...
- und Feuerlein in
Dissert. ..., Altd. 1717.
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Walchs Religions-Streit.
ausser der Evangel. Luther. Kirche V Th. ... |
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Von andern
Meynungen, die allen Völckern gleichsam eingepflantzet sind, ist
bereits in dem
Artickel:
Völcker-Recht, gehandelt worden, daß
wir |
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{Sp. 370} |
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Sitten |
also von solchen uns zu der Betrachtung der
Sitten der Völcker nunmehro
wenden können. Man muß sich nicht einbilden, daß ein Volck allezeit einerley
Sitten, die vorher bey ihm im Schwange gewesen, behalten habe.
Tempus mutat
mores. Ein jedes Jahrhundert hat seine gute und
böse Sitten.
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Das Volck der
Sachsen war vor diesem eben ein so rauhes und unwissendes
Volck, als es anjetzo gesellschafftlich und an
Gelehrsamkeit
reich ist. So war
vor diesem in Griechenland ein Zusammenfluß der grösten
Köpffe, und
scharffsinnigsten
Männer, da hingegen jetzo die Unwissenheit daselbst auf den
Thron gesetzet worden. Bey denen Römern traf man vor diesen tapffere Soldaten
an, aber die Wollust hat so sehr jetzt überhand genommen, daß man das
Kriegs-Wesen nichts achtet, und fremde Soldaten in Sold nimmt. Man findet
Rußland in einem gantz andern
Zustand, als vor diesem. Die
Gelehrsamkeit, das
Kriegs-Wesen, Handel und Wandel floriren ungemein, worzu der grosse
Peter den
Grund gelegt hat.
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Hippocrates
sagt: Respicere debemus et regionem et
tempus. Und anderweit: Concedendum aliquid et tempori et regioni.
Aber in was vor
Verstande? Die Zeit, vor sich betrachtet, kan es nicht würcken,
sondern die
Dinge, die in der Zeit sind. Einige haben in den
Gedancken
gestanden, es sey ein gewisser
Geist, der zu einer Zeit sein
Werck habe, und in
den
Verstand und
Willen würcke, daß einmahl
Gelehrsamkeit, einmahl Unwissenheit,
daß einmahl diese
Art der
Wissenschafften, das anderemahl eine andere Gattung im
Schwange gienge; Daß bald diese, bald jene Sitten einreissen. Dieses aber ist
ein Aberglaube, und schmecket nach dieser Thorheit die bekannte
Redens-Art der
Gelehrten: Genius seculi.
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Wir wollen andere
Ursache suchen. Anfänglich mercken wir an, daß die Züge
derer herumwandernden vielen Völcker eine große
Veränderung der Sitten gebracht,
wie denn solche Wanderung ein grosses Geheimniß in der Historie ist. Auch haben
die Kriege viel verändert. Denn haben die Vorfahren in einem
Lande die
Wissenschafften
geliebet, auf schöne Bibliothecken gehalten, so sind andere
Völcker kommen, die sich da niedergelassen, die
Bücher und
Schrifften denen
Pferden untergestreut oder verbrannt, und die
Gelehrsamkeit an andere
Örter
getrieben.
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Die Aufführung derer
Regenten trägt vieles bey guten und
bösen Sitten. Wenn
ein König vieles verschwendet, schwelget; so nehmen die
Bedienten solche
Lebens-Art auch an und von diesen wird sie auf das gantze
Land fortgepflantzet.
Hingegen wenn ein
Landes-Herr das Gegentheil thut, lauter Bedienten sucht, die
Gottesfurcht, Gerechtigkeit,
Keuschheit und Mässigkeit lieben; so wird dieses
ein gewaltiges Gewichte haben bey dem gantzen Lande.
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Nechst diesem bringt der
Umgang mit andern Völckern vieles, als der Umgang
mit den Italiänern, und die Reise dahin bringt Italiänische Moden; der Umgang
mit Franckreich ein Frantzösisches
Gemüth. So gehet jetzo Pohlen viel mit
Sachsen, und Sachsen viel mit Pohlen um, so bekommen die
Sachsen und Pohlen
einen gemischten Sinn. Was der Umgang derer Russen mit denen Sachsen
ausgerichtet, liegt klar am Tage. So hat Sachsen wegen einer hohen
Heyrath einen
Umgang mit Österreich,,
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{Sp. 371|S. 199} |
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nimmt auch viel gutes von diesem hohen Hause an.
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Wenn eine vornehme Fürstin also an einen Hof kommt, viele mit Wohlthaten
überschüttet, so verähnlichen sich ein grosser Theil in Sitten mit selbiger, und
dieses gehet weiter fort durch ein gantzes
Land.
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Klima und Ort |
Überdiß bring auch das Clima und der
Ort, da man wohnet, besondere Sitten.
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Juden |
Wir nehmen die Juden aus, als ein durch die gantze
Welt zerstreuetes Volck,
die bey ihren Sitten durchgängig ziemlich unverändert bleiben. Sie haben ein
Melancholisches Temperament, dahero sie dem Geitz ergeben sind, als einen
Haupt-Character dieses Temperaments, bleiben auch sonst auf einen
Sinn, wie wir
denn auch das übrige, was diesem Temperament sonst noch anhängt, auf sie ziehen
können.
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Die
Erziehung thut hier viel, indem sie alle auf einerley Art erzogen
werden, und noch mehr ihre Geburt, da sie nicht aus ihrem
Geschlechte
heyrathen.
Waren sie im alten Testamente sehr behertzt, zu Rebellionen geneigt, so sind sie
nunmehro sehr sclavisch und ist die Sclaverey ihr Element worden, daß auch
selten ein Jude grosse Ehren-Stellen bekleidet; im Gegentheil vielmehr ein
Schauspiel der
Welt worden sind, und büssen vor die Schmach, die sie Christo
angethan.
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Sie haben wenig Hertz, welches von der göttlichen Vorsicht und den
Zorn-Gerichten, die so gar häufig
GOtt über sie hat ergehen lassen, herzuleiten.
Sonst scheinen sie vermögend zu seyn, eine mächtige
Monarchie anzufangen, indem
sie durch die gantze
Welt zerstreuet leben, mit einander Briefe wechseln, und
entsetzliche Mengen Volcks zusammen bringen könnten.
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Klima |
Wenn man aber
sagt, daß das Clima die
Sitten einrichte, so
versteht man
darunter
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1) |
die Lufft. Curtius
sagt: Ingenia hominum
locorum situs formet. Es sind also die
Kräffte des
Verstandes und
Willens
unterschieden nach der
Landes
Art. Die Atmosphära hat ihr Licht,
Lufft und andere Theilgen, diese kommen in das Geblüt und verursachen
einen Unterscheid darinnen; die Lebens-Geister, die aus dem Geblüte
entstehen, werden gleichfals verschieden, weil die
Ursache ihrer
Erzeugung geändert ist. Und daher kommt es endlich, daß
Bewegung,
Nerven, Musculn, Temperament und Sitten der meisten Leute eines Volcks
gantz unterschieden sind von denenjenigen, die sich bey den meisten
Leuten eines andern Volcks befinden. |
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Doch werden die Sitten eines
Landes wegen der
Thäler und Gebürge etwas verändert. Wie uns ein Exempel davon Schottland
und Engelland giebt. In Italien hat man eine dünne Lufft und entspringen
daher auch eines Theils die unterschiedenen Sitten der Italiäner. Wenn
man aber nach Schweitz, Tyrol und Pirmont zukömmt; so befindet man es
wegen der Gebürge anders, da eine kältere Lufft, auch geringe Nahrung
genossen wird; dahero sie starck vom
Leibe sind und gute Soldaten
abgeben. |
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2) |
Speiß und Tranck, die in solchen
Ländern genossen
wird, thut auch viel, und ob sie gleich ein Clima haben, so können
Wasser, Moräste, sandichte Gegenden eine
Veränderung machen, weil auch
da die Kost sehr unterschieden ist. Wo geräuchertes, getrocknetes,
eingesaltzenes Fleisch oder Fische, Bohnen, Erbsen, grob Brod gegessen
wird; so wird auch ein grobes Geblüte, starcke Knochen, starcke
Fäsergen, aber der
Verstand schwach und die Sitten rauhe. Also ist in |
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{Sp. 372} |
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Deutschland ein Unterscheid. Die Pommerer,
Mecklenburger, Westphäler, Braunschweiger, Brandenburger haben eine
harte Kost, daher sie gute Soldaten sind, können viel ausstehen, sie
schwelgen auch nicht so wie andere, und sind mäßig. Hingegen die
Meißner,
Schwaben, Österreicher, Schlesier etc. leben zärtlicher in
Essen und Trincken,
lieben den
Müßiggang und Ruhe, wodurch das
Gemüth
etwas zärtlicher wird, sind aber von schärffern und subtilern
Verstand
und haben eine Zärtlichkeit in Sitten. So trägt auch bey denen
Frantzosen Essen und Trincken viel zu ihrer
Gemüths-Beschaffenheit bey,
weil sie immer Fische und Fleisch essen; auch Fleisch-Brühen geniessen;
daher sie viel Blut bekommen, und öffters zur Ader lassen können. Es
kommt auch daher ihr fertiger Verstand, ihre Munterkeit, Sorglosigkeit,
Unbeständigkeit und Leichtsinnigkeit her. |
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So haben die Spanier, Portugiesen etc. gute
Speise und Tranck, welches auch etwas mit beyträgt zur Erwärmung des
Geblüts. So haben die Italiäner gute
Gewürtze, delicate Weine, und sonst
eine gute Kost, dahero ihre Scharffsinnigkeit,
Geilheit etc. mit
entspringet. Die Engelländer und Schottländer geniessen eben nicht der
besten Lufft, weil aber die erstern viel Fleisch essen, gute Weine
trincken, so sind sie unterschieden von andern Mitternächtischen
Ländern
an
Gemüths Gaben, und ist schon vor diesem ihr Temperamentum
sanguineo Melancholicum genennet worden, weil die zärtliche Kost
das harte Wesen mäßiget. Die Schottländer hingegen, weil sie solcher
zärtliche Kost nicht gewohnt, sind Melancholici und tapffere Soldaten,
doch haben Sie dabey einen guten
Verstand u. fruchtbaren Witz, wovon
Buchananus zeuget. |
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Die Asiatischen und Africanischen Völcker haben
Reiß, woraus sie Brod machen, braten ihr Fleisch wenig, Essen allerley
süsse Früchte, trincken wegen der grossen Hitze nicht viel starcke und
Geist-volle Geträncke: dahero haben Sie gantz andere Sitten, sind
zärtlich, faul, betrüglich, zum Krieg und Studieren ungeschickt, welches
aber bey
rechtmäßigen Gebrauch des Weins anders ist. |
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Zwischen den 40. und 50. Grad der Pels-Höhe
wächst in
Europa als Spanien, Franckreich, Italien, einen Theil von
Deutschland, Ungarn, Griechenland, Natolien, Sicilien, Coprus und
Archipelago etc. der beste Wein; die andern
Länder aber haben theils
wegen der grossen Hitze, theils grossen Kälte dergleichen nicht. Jene
haben alle einen scharffen
Verstand, die
Wissenschafften blühen, weil
der Wein das schleimichte Wesen auflöset, frölich macht, und der Wein,
sonderlich der Poeten, ihr Pferd heist. So hat der Branntewein bey denen
Pohlen u. Russen auch eine grosse
Würckung. |
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3) |
Die Geburt und das Geblüte thut auch was bey
denen Sitten, wie wir an den Juden ein augenscheinlich Exempel haben.
Die meisten Völcker haben ihren besondern
Ursprung, ob also gleich durch
Heyrathen und Pflantz-Städte einige
Veränderung vorgehet; so ist solche
doch nicht total, und bleibt immer das Original. Bey einer totalen und
sehr starcken Veränderung ändern sich auch die Sitten; |
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4) |
ist nechst diesem die
Auferziehung in Betrachtung
zu ziehen; denn wenn die
Deutschen Frantzösch auferzogen werden,
bekommen sie einen Frantzösischen Sinn. |
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5) |
Ist auch nicht zu übergehen der Umgang mit
andern, weil |
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{Sp. 373|S. 200} |
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Dasjenige also, was von denen Sitten der Völcker überhaupt zumercken ist,
wird folgendes seyn: Je mehr die Völcker gegen Mittag wohnen, je hitziger,
ausgetrockneter, und dürrer sind sie, das sind alle diejenigen, die von dem 35.
Grad bis zu dem Äquatore wohnen, als die Africaner, Egyptier, Perser, etc. Sie
haben die gröste Hitze und allerdünneste Lufft, dahero ein scharffes,
schweffliches und verbrenntes Geblüte, da Feuchtigkeit, und das geistige Wesen
sich verzehret, dahero sie nicht fleischicht, sondern dürre sind, kleine Beine
haben, schwach und zum Kriege ungeschickt. Sie sind
furchtsamm, unfruchtbar,
aber wegen der Schärfe der lymphae sehr
geil, geitzig, grausam, einsam,
zärtlich, untreu, boßhafftig, und haben einen schwachen
Verstand. |
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Je mehr die Völcker nach Mitternacht wohnen je frischer und feuchter ist ihr
Blut, denn sie haben eine rauhe und kalte Lufft; man leitet eben daher die
Rauhigkeit der Sitten, die gemeiniglich da herrschet. Vitruvius
sagt, es wären da gentes immanes corporibus, desgleichen sie hätten
mentes stupentes, dahin gehören Schweden, Norwegen, Dännemarck, Litthauen,
Lieffland, Moscau, Engelland, Schottland etc. Sie sind starck, dicke, weil die
Ausdünstung wegen der kalten Lufft nicht groß, dahero sind sie auch tapfer,
fruchtbar, sintemahl sie viele Colonien nach dem Mittag geschickt; sie haben
auch ein besser
Gemüth als die Leute gegen Mittag. |
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Diejenigen die sub zona temperata leben, sonderlich von dem 53sten
Grad bis zu dem 42sten in
Deutschland,
Franckreich, Ungarn, Italien, Türckey etc. sind von einer feinen
Gemüths-Art,
lieben die
Studia, denn Hitze und Kälte ist gemäßiget, dahero ist der
Leib und
das
Gemüth besser. In Italien giebt es Mahler, Baumeister, Musick-Verständige;
in Spanien tiefsinnige Sittenlehrer und
Weltweisen; in Franckreich sinnreiche
Poeten und Redner. |
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Diejenigen die gegen Morgen wohnen sind trockener Gemüths-Beschaffenheit von
der trockenen Lufft und Winden. |
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Die gegen Abend wohnen sind feuchter und härterer
Art, und schicken sich
wohl zur Schiffarth. Der Himmel ist feuchter, bringet eine
Liebe zum Wasser und
Schiffarth hervor, darinnen Sie fürtreflich sind, wie Holland, Engelland,
Dännemarck etc. zeigen. Sie sind starck. Wie denn auch die Ochsen, Kühe groß,
starck und feist sind. Aber die vielen Feuchtigkeiten drücken die
Kräffte des
Gemüths, daß sie hierinnen andern den
Vorzug lassen. |
Hilligens Anatomie der Seelen p. 306. u.ff. |
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siehe auch
Naturel der Völcker im XXIII
Bande,
p. 1246. |
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Antipathien |
Sonst will man auch vorgeben, daß unter verschiedenen Völckern eine
besondere Antipathie statt finde. Also soll eine eingepflantzte Feindschafft
zwischen den Persern, und Türcken; zwischen den Chinesern und Japanern; unter
den Armeniern, und Nestorianern; Arabern und Abyßiniern; Frantzosen und
Spaniern; Italiänern und Griechen;
Teutschen und Pohlen; Dähnen und Schweden;
Moscowitern und Tartarn; Engländern und Schotten, u.s.w. sich befinden. |
Hessens Ost-Indianische Reise-Beschreibung
p. 149. |
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Ferner wollen diejenigen, die die
Welt durchreisset, und mit andern Völckern
starcken |
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{Sp. 374} |
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Gesichtsbild |
Umgang gepflogen, angemerckt haben, daß man an ihnen gewisse Merckmahle auch
in der Gesichts-Bildung anträfe, woraus sie zuerkennen sind. Also soll ein
Deutscher von einem Niederländer, ein Schwede von einem Dänen, ein Pohle von
einem Russen, ein Türcke von einem Persianer, ein Frantzose von einem Italiäner,
ein Spanier von einem Portugiesen, ein Africaner von einem Americaner, ein
Sineser von einem Japonier an Gesichte,
Gestalt und Geberden gar mercklich
unterschieden seyn, weil die
Natur jeder Nation gleichsam was eigenes gegeben. |
Fritschens Theologische, Juristische etc.
Geschichte III Th. p. 187. |
böse Sitten |
Zuletzt wollen wir noch anmercken, daß Joseph Hall, ein
Englischer
Bischof, in einem
Buche Mundus alter et idem, die
bösen
Sitten verschiedener Völcker, die Völlerey des einen und die
Unkeuschheit des
andern u.s.w. auf eine sinnreiche und beissende Art durchgezogen. Es ist zu
Utrecht im Jahr 1643. in 12 nebst der Sonnenstadt des Campanella
und des neuen Atlantis des
Cantzlers Bacon herausgekommen. Das
Werck selbst ist in vier
Bücher eingetheilet, und mit Land-Charten versehen, es
enthält 213. Seiten. Wir wollen alhier das
Urtheil des Naude
von diesem Buche beyfügen. Er
sagt nachdem er die Utopia des Thomas
Morus und der Sonnenstadt erwehnet hat: "Ultimum vero ...
[folgen 10 Zeilen lateinischer Text]".¶ |
- Naudäus Bibliogr. Politic. p. 517.
des Crenius Ausgabe von 1692.
-
Baylens Critisches Wörter-Buch
II Th. p. 733.
- Birckens Sächsischer
Helden-Saal von Anfange.
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Rechte |
Es hat aber sowohl ein jedes Volck unter sich, als auch ein gantzes Volck
gegen das andere, gewisse
Rechte.
So folget z.E. aus der zu Anfange des
Artickels gegebenen Erklärung des Volcks,
unstreitig; daß alle diejenigen
Dinge und
Güter,
welcher einem gewissen Volcke überhaupt zugehören, in Ansehung derer dieses
Volck ausmachenden Glieder männiglich freyen und öffentlichen Gebrauchs sind,
dafern es ihnen nicht selbst beliebet hat, unter sich eine gewisse
Verordnung zu
machen, in wie fern einem jeden von ihnen insbesondere vergönnet und erlaubt
seyn solle, dieser einem gesammten Volcke gehörigen Dinge und Güter zu seinem
Nutzen zu gebrauchen. Dergleichen sind z.E. die stets währenden Flüsse, oder die
Wasserströme und Anfahrten, die öffentlichen Land-Strassen, u.s.w. |
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Indessen ob zwar der Gebrauch dieser
Güter vornehmlich denen, welche zu
diesem Volcke gehören, zustehet; so mag man doch andern Völckern den Gebrauch,
so weit solcher unschädlich ist, nicht verwehren. Dahero kan jedermann eines
Stromes im Schiffen, Anländen, und Wasserleitungen, wie auch derer Land-Strassen
sich bedienen. |
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{Sp. 375|S. 201} |
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Jedoch
verstehet sich dieses alles nur von freyen Völckern, die weder einem
andern Volcke, noch einem gewissen und einzigen Ober-Haupte unterworffen sind.
Denn wenn dieses ist; so gebühret vielmehr den letztern, deshalben die nöthigen
und beliebigen
Verordnungen zu machen, nach welchen sich so denn jene, als ihre
Unterthanen, nothwendig zu achten haben. |
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Wie denn auch absonderlich heut zu Tage insgemein alle diejenigen
Dinge und
Rechte, welche sonst einem gesammten Volcke zugehöret, zu denen
Regalien,
oder der Lands-Hoheit gezehlet werden, wovon
bereits am gehörigen Orte mit mehreren gehandelt worden. |
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Ob und in wie fern aber einem oder dem andern Volcke gezieme, sich auch
insbesondere über das freye offene Meer, oder über einen gewissen Theil
desselben sich einer
Herrschafft oder des
Eigenthums-Recht anzumassen, mithin
auch dessen Gebrauch und Nutzung nach eigenem Gefallen zu bestimmen und
einzuschräncken, davon kan unter dem
Artickel: Meer im XX
Bande, p. 152. u.ff. ein mehrers nachgelesen werden. |
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Römer |
Und was vor einen Unterscheid absonderlich die Römer zwischen dem
Worte:
Populus, und Plebs
gemacht, davon siehe in denen Artickeln: |
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- Plebs,
im XXVIII Bande, p. 790 u.ff.
- und Römisches Volck,
im XXXII Bande, p. 443. u.ff.
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Siehe auch |
Siehe überhaupt auch noch den
Artickel:
Völcker-Recht. |
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