Stichworte |
Text |
Quellenangaben und Anmerkungen |
Größe |
Wir verlassen nunmehro die Betrachtung von der Figur der Erden, und wenden
uns zu der Abmessung derselbigen vermöge welcher
verschiedene Mathematici
ihre
wahre Größe zu bestimmen sich haben angelegen seyn lassen. |
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Die Abmessung der Erden geschiehet auf verschiedene Art, entweder, da man
die Grösse des Diametri, die Peripherie eines grösten Circels,
so man den Umfang der Erden
nennet, oder ihre äussere Fläche, oder ihren
cörperlichen Inhalt suchet. Wenn eines von diesen bekannt ist, kan man das
übrige per principia geometrica gar leicht ausfündig machen. |
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Hauptsächlich fraget man, wie groß der Diameter der Erden oder ihr
Umfang in einem bekannten Masse sey. Diogenes Laërtius
l.c. meldet von dem Anaximandro, so 550.
Jahr vor Christi Geburth
gelebet, daß dieser der erste gewesen, so sich der Ausmessung der Erde
unternommen; man
weiß aber nicht
gewiß, wie er dieselbe angegeben. Nach diesem
hat Eratosthenes, so 276. Jahr vor Christi Geburth
berühmt gewesen,
diese
Arbeit von neuen unternommen; und den Umfang der Erden oder die
Peripherie des größten Circels derselbigen 250000. Stadia
angesetzet, welche nach der Auslegung des Plinii
315000 Römische Meile, deren jede 1000. Schritte hält, ausmachen. |
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Eratosthenes hat von der
Geographie drey
Bücher
geschrieben, die aber verlohren gegangen. Strabo
erzehlet von ihnen den Innhalt; und Cleomedes führet die
Methode
an, derer sich Eratosthenes bedienet, die Erde auszumessen. Es
erinnert
aber schon Hipparchus, so 100. Jahr nach dem Eratosthenes
gelebet, daß solche alzustarck von der
Wahrheit abweiche: wiewohl man von der
Abmessung des Hipparchi nicht was besonders hat, ausser, daß derselbe
dem Umfange der Erden, wie ihn Eratosthenes angegeben, noch 25000.
Stadia beygefüget habe. |
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Zur Zeit des Ciceronis und Pompeji hat Posidonius,
ein
geschickter Mathematicus, die Erde von neuen abgemessen, und deren
Umfang nach dem Bericht des Cleomedis
240000. nach dem Zeugniß des Strabonis
hingegen 180000. Stadia befunden. Aus dieser verschiedenen Relation
entstehet
billig ein
Zweiffel, welches die wahre Abmessung des Posidonii
sey; doch trifft die Determination des
Strabonis mit der
Wahrheit näher überein, als das
Cleomedis ungeachtet sie jener nur mit
kurtzen
Worten anführet; Dieser aber die angestellete Abmessung des
Posidonii |
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{Sp. 1549|S. 806} |
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weitläufftig erzählet. |
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Man hat inzwischen die Abmessung des Eratosthenis biß zu Zeiten des
Ptolemaei, welcher 144. Jahr nach Christi Geburth gelebet, beybehalten,
der sich hernachmahls den Umfang derselbigen von 180000. Stadiis
bedienet, und versichert, daß solcher der
Wahrheit gemäß sey; weswegen ihm auch
von dem Theone diese
Erfindung zugeschrieben worden. Ptolemaeus in
Geograph. I. 3. berichtet, daß der Marinus ein berühmter
Geographus, in einer solchen Ausmessung etwas versuchet habe; von sich
selbst aber meldet er, daß er gleichfalls eine Abmessung, und zwar auf eine
gantz andere Manier, als seine Vorgänger, angestellet habe; er füget aber nicht
hinzu, wie groß er den Umfang der Erden befunden, sondern bedienet sich
desselben, wie ihn Marinus und andere seine Vorgänger, nemlich von
180000. Stadiis befunden haben. |
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Nach der Zeit, da die
Studia anfiengen liegen zu bleiben, haben in
dieser
Sache weder die Griechen noch Römer etwas vorgenommen. Die Araber
hingegen und Saracenen, welche der mathematischen
Wissenschafften,
gleichsam allein sich angemasset hatten, liessen auch diese Abmessung nicht
unberühret. Es berichtet Abelfedea ein
Arabischer Geographus, der um das Jahr 1300. gelebet, daß um das 800.
Jahr nach Christi Geburth, Maimon,
König derer Araber oder Califa
zu Babylonien, ein grosser Liebhaber der Mathematic, seinen
Mathematicis
befohlen habe, den Umfang der Erden auszumessen. Deme zu
Folge haben sie in Mesopotamien durch Astronomische
Observationes unter einerley Meridiano zwey
Örter bestimmet, bey
denen die Pol-Höhe um einen Grad differirte, die Weite dieser Örter von
einander haben sie mit Geometrischen Instrumenten genau
ausgemessen, und solche 56. oder 56 ½. Meile
befunden; dahero, da sie inseriret 1. Grad am Himmel gibt 56.
oder 56 ½. Meile auf der Erden, wie viel werden 360, oder die gantze
Peripherie eines Circels geben, man den Umfang der Erden 20060. oder 20340.
Meilen befunden hat. |
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Von dieser Zeit biß auf das letzt vergangene
Seculum hat man sich
über diese
Arbeit nicht wieder gemacht; sondern die Araber haben ihre Abmessung
beybehalten; die Lateiner hingegen, welche die Astronomie zu tractiren
anfiengen, nahmen mit dem Ptolemaeo 180000. Stadia vor den
Umfang der Erden an, den sie nach ihrer Rechnung 324000, Italiänische oder 5400.
Teutsche Meilen groß setzten, weilen sie einem Grade auf der Erden 15.
Teutsche oder 60. Italiänische Meilen adsignirten. |
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Endlich hat im vorigen Seculo Snellius
der berühmte
Professor Matheseos zu Leiden, da er gesehen, daß die
ungegebene Größe der Erden in Teutschen Meilen, deren 15. man auf einen Grad
gerechnet, sehr Zweifelhafftig sey, von neuen mit grossen
Fleiß eine Abmessung
unter verschiedenen Meridianis angestellet, und daraus erwiesen, daß
einem Grade eines grösten Circels der Erden 28500. Rheinländische
Ruthen, deren jede 12. Rheinländische Schuhe in sich begreiffet respondiren;
folglich 8640. Meilen im Umfange habe, indem er nemlich der Grösse einer Meile
1500. Ruthen, oder 18000. Rheinländische Fuß adsigniret. |
Die Beschreibung dieser Außmessung hat Snellius
in seinem Eratosthene Batavo gegeben. |
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Ricciolus Geograph. Reform. V. ff. 25.
hat sich in diesem Stück auch viel
Mühe gegeben, und nach |
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{Sp. 1550} |
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verschiedenen Ausmessungen den Umfang der Erden 29349540. Römische Schritte
gefunden, deren jeder 5. Römische Schuhe hält; woran er hat
dargethan, daß, wenn
man 5000. Römische Schritte auf eine Teutsche Meile rechnete, wie gemeiniglich
zu geschehen pfleget, 16
.
Teutsche Meilen auf einen Grad gehen; da
solcher aus der Vergleichung des Römischen mit dem Rheinländischen Schuh nach
der Ausmessung des Snellii 16
.
Teutsche Meilen fassen würde. |
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An. 1635. hat Norwoodus in
England die Weite zwischen London und Yorck 905751. Londensche
Fuß gemessen, den
Unterscheid aber derer breiten, 2. Grad 28. Minuten
befunden, und daraus geschlossen, daß ein Grad auf der Erden 367196.
Londensche Fuß, oder 57300. Pariser Toisen groß sey.
Picard hat an. 1669. auf
Befehl des
Königs in Franckreich Ludovici XIV. die Weite zwischen Sourdon
in der Picardie und Malooisine gemessen, und solche mit dem
Unterscheide der Breite beyder
Örter, so 1. Grad, 22. Min. 55. Sec.
betrug verglichen, dadurch er die Grösse eines Grads auf der Erden
durch 57060. sechsfüßige Pariser Ruthen oder Toisen bestimmet. |
Er hat seine Ausmessung selbst in Tractatu de Mensura terrae, seu enarratione
quarumdam observationum hunc in finem factarum á nonnullis Academiae scientiarum
Parisiensis membris in
Frantzösischer Sprache geschrieben, woraus er
hernachmahls vom Richardo Waller ins
Englische übersetzet worden. |
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Endlich hat gleichfalls auf Befehl des vorigen
Königs in Franckreich
Cassini an. 1700. die neueste Ausmessung der Erden anstellen
müssen, worzu
die Weite zwischen dem Observatorio zu Paris und dem
Orte
Colioure in Roussillon, die der Breite nach um 6. Grad.
18. Minuten 55. Secund. von einander entfernet sind,
erwählet worden;
da er denn gefunden, daß wenn man die Erde als eine Kugel annehme, einem
Grade der Erden 57292. Pariser Toisen respondirten; welches von
der Größe, die Norwoodus adsigniret, um was sehr weniges
unterschieden
ist. |
Histoire de l'Academie Royale des
sciences an. 1700. p. 120. seqq. … und in denen
Memoires an. 1701. … |
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Es hat aber Cassini bey dieser Ausmessung angemercket, daß die
Grade am Himmel mit einerley Maß auf der Erden nicht respondirten,
folglich daher die Grade der Erden ungleich, und zwar gegen
Mittag zu grösser,
gegen Mitternacht kleiner werden; woraus er geschlossen, daß die Erde um die
Polos herum niedriger seyn müsse, als unter dem Aequatore. Allein
da bereits Eisenschmidt dargethan, daß aus den Abnehmen der Grade gegen
Mitternacht zu, folgen müsse, die Erde sey um die Polos höher, als
unter dem Aequatore; so hat man auch dieses in der
Histoire de l'Academie an. 1713. p. 63.
und Memoires an. 1713. p. 192.
corrigiret, allwo auch die Grösse eines Grads nur durch 57100. Toisen
bestimmet wird. |
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Hieraus haben nun die Französischen Mathematici in denen
Memoires de l'Academie Royale des sciences an.
1718. p. 323. Die Erde als eine Ellipsin zu betrachten angefangen,
deren grössere Axe die Axe der Erden, die kleinere hingegen der Diameter
unter dem Aequatore wäre. Jene haben sie 6579368; diesen 6510796
Toisen groß angesetzet. Dem nächst ersten Grade der Erden an dem
Aequatore in einen Meridiano eignen sie 58020, Toisen zu;
hingegen in eben demselben Meridiano |
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{Sp. 1551|S. 807} |
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machen sie den ersten Grad, der an den Polo anlieget 56225. die
Differentz zwey aneinander liegender Grade in dem Meridiano setzen
sie 31. Toisen und geben folglich der Peripherie eines
Meridiani der Erden hingegen der Peripheri des Aequatoris
der Erden 20563100. hingegen der Peripherie des Aequatoris der
Erden 20454274. Toisen. Und aus dieser Abmessung haben sie die oben
gedachte Meynung von der sphaeroidischen Figur der Erde erweisen
wollen. |
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Newton welcher, gedachter massen, der
Erden auch eine Oval-Figur aber just umgekehret, zueignet, machet die
Axe der Erden 39146000, und den Diametrum derselben unter dem
Aequatore 39317200. Pariser Füssen gleich, welches dort 6524333
⅓; hier, 6552866 ⅔
Toisen ausmacht. |
Acta Erud.
an. 1727. p.
76. |
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Wir haben schon oben dargethan, daß in der Astronomie und
Geographie kein allzumercklicher Fehler entstehe, wenn wir die sphaerische
Figur der Erden annehmen; dahero können wir in solcher Betrachtung die Grösse
eines Grads der Erden mit dem Cassino gar wohl 57292, oder mit dem
Picardo 57060. Toisen annehmen, von welchem letztern
Muschenbroeck in
dissert: Phys. et Geom.
anmercket, daß solche seiner revidirten Ausmessung des Snellii,
die er 57033 Toisen vor einen Grad befunden, am nächsten komme. So wir
hingegen die mittlern proportional-Zahl zwischen denen beyden von denen
Frantzosen adsignirten Diametris der Erden vor den wahren
Diameter der Erden, wenn solche eine Kugel ist, annehmen wollen; so wird
solcher 6545077. Toisen; und der Semidiameter 3272538 ½
halten. Die Peripherie eines grösten Circels, wird alsdenn 20548077,
und ein Grad 5718949 Toisen ausmachen. |
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Man setzet insgemein ein Grad der Erden begreiffe 15. Teutsche Meilen der
halbe Diameter derselben sey 860, und der Umfang 5400 dergleichen
Meilen; allein man hat nirgends die Grösse einer solchen Meile genau
determiniret. Insgemein
saget man, es halte eine Teutsche Meile 4000.
Schritte; allein es bleibet
billig die
Frage, was dieses vor Schritte sind.
Nimmt man davor wie
gewöhnlich 5. Fuß an, so käme für den Umfang der Erden
108000000. dergleichen Füsse heraus. Was aber dieses vor Füsse seyn
mögen,
bleibet allezeit undeterminiret. Wären es Pariser-Füsse, und es gienge
deren 20000 auf eine Teutsche Meile so würde, da nach der Ausmessung des
Cassini, der einen Grad der Erden 57292. Toisen, oder 343752.
Pariser Fuß groß setzet, der Umfang der Erden 123750720. groß ist; der Umfang
der Erden, nicht 5400, sondern 6187 ½ Teutsche Meilen halten. |
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Inzwischen ist der Pariser-Fuß doch einer von dem grösten, und Vermöge
dessen doch nicht zulänglich nach der gemeinen
Hypothesi daß eine
Teutsche Meile 20000. Fuß lang sey, den
wahrhafftigen Umfang der Erden zu
exhauriren; dahero siehet man, daß diese Hypothesis von der Grösse
derer Teutschen Meilen, sehr ungereimmet sey. Man kan aber die wahre Grösse
einer Teutschen Meile nach ermeldeter Ausmessung des Cassini bestimmen,
wenn man annimmt, daß praecise 15. Teutsche Meilen auf einen Grad
gehen; Denn solcher
Gestallt würde eine Teutsche Meile 22916
. Pariser oder 23716. Rheinländische Fuß zu ihrer
Grösse bekommen, und 5400. dergleichen Meilen würden praecise den Umfang der
Erden, und 860, den halben Diametrum der Erden abmessen. Nimmt |
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{Sp. 1552} |
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Abmessung der Erde |
man hingegen, wie oben, 57189. Toisen vor einen Grad der Erden an;
so wird man vor die Grösse einer Teutschen Meile 3812
Toisen, oder
22876. Pariser Fuß finden. Dieses ist die Abmessung der Erde nach ihrer
wahren
Grösse. |
Die
Methoden deren sich die Alten hierinnen bedienet. Erzählet
- Ricciolus Geograph. Reform. V. 25.
- Varenius Geograph. General I. 4.
- Liebknecht Geograph. Gener. II. 3.
Die neuern Methoden findet man in denen darbey bißher mit
angemerckten
Schrifften. |
äußere Fläche |
Wir wollen nun mehr hinfort die Erde als eine Kugel betrachten; und anitzo
untersuchen, auf was Art und Weise die Mathematici sich dieselbige
haben einbilden und
abtheilen müssen, um hinter die Beschaffenheit, Grösse, Lage
und Figur der äusseren Fläche der Erden, als der Residentz derer
Menschen zu gelangen. Hierzu haben sie kein ander
Mittel vor sich gesehen, als
durch Hülffe der Gestirne solches zu bewerckstelligen, weilen diese gleichsam
die Merckmahle sind, davon man von der Situation eines
Landes
urtheilen
kan. |
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Denn ob es wohl
möglich und accurater wäre ein
Land durch
geometrische Operationes auszumessen, und dessen Figur,
Lage und Grösse dadurch
vorzustellen; so würde doch dieses bey nicht
allzugrossen
Landschafften, jedoch nicht ohne unbeschreibliche
Mühe, angehen;
hingegen über das
Meer
weg solchergestalt zu messen würde
gantz
unmöglich
fallen. Da man nun durch Hülffe derer Sterne zu der Abmessung der Erden hat
gelangen müssen; so hat man auch ihre mathematische Abtheilung
dergestalt eingerichtet, daß solche genau mit der Abtheilung des Himmels
correspondire. |
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Nun sind in Ansehung der
täglichen
Bewegung zwey unbewegliche Puncte am
Himmel, um welche sich das gantze himmlische Heer von
Morgen gegen
Abend
innerhalb 24.
Stunden herum zu drehen scheinet. Von diesen Puncten hat man durch
den Mittel-Punct der Erden eine gerade Linie gezogen, welche folglich auf der
Fläche der Erden gleichfalls zwey einander diametraliter entgegen
gesetzte Puncte designiret haben, die in der That unbeweglich sind, die
Erde innerhalb 24. Stunden sich um dieselben einmahl von Abend gegen Morgen
herum drehet. Diese beyden Punkte heissen die Poli
der Erden, und eine gerade Linie, diese connectiret,
die Erd-Axe, und correspondiren so wohl mit denen
Polis als der Axe des Himmels. |
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In der Weite von 90. Graden von diesen Puncten hat man einen Circel auf der
Fläche der Erden gezogen, und solchen dem Aequatorem genennet, weil es
mit dem Aequatore am Himmel zutrifft. Bey denen Schiffern heisset er
die Linie. Der
Entzweck an dieser Abtheilung ist, einem jeden
Orte auf der Fläche der Erden seine gehörige Stelle zu adsigniren. Man
hat dahero durch ieden
Ort und durch die Polos der Erden einen Circel
sich eingebildet, welcher der Meridianus desselben Orts heisset, und
dessen Bogen, der zwischen dem Orte und Aequatore desselben enthalten
ist, den Abstand desselben von dem Aequatore, oder seine Breite mißt.
Durch diese Breiten wird demnach die Lage eines Orts in Ansehung des
Aequatoris bekannt. |
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Die Meridiani sind die grösten Circel, die in denen Polis
zusammen gehen, und folglich zum Maß ihres Abstands von einander einen Bogen des
Aequatoris haben, der zwischen ihnen enthalten ist. Dieser Bogen
heisset differentia Meridianorum, wenn die- |
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{Sp. 1553|S. 808} |
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se von denen Meridianis zweyer
Örter, benebst denen Breiten derer
Örter gegeben sind, so kan man diesen beyden Örtern gar bald ihre Stelle auf der
Erd-Kugel adsigniren. |
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Inzwischen, da die Erde eine Kugel ist, und folglich an sich keinen
Anfang
hat; ein Anfang aber doch von einem
gewissen Orte gemacht werden muß; nach deme
man denen übrigen Meridianis ihre Lage geben kan; so hat man einen
gewissen Ort freywillig angenommen, dessen Meridianum man den
Meridianum primum genennet; von deme man hernachmahls den Abstand derer
Meridianorum von andern Örtern in dem Aequatore, das ist, die
Längen derer Örter
gezählet, ihre Meridianos solcher
Gestalt gezogen,
und darinnen die Lage eines jeden Orts vermittelst seiner Breite determiniret
hat. |
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Zonen |
Mit dem Aequatore hat man in einer Weite von 23 ½ Grad, als um wie
viel die Sonne davon abweichet zu beyden Seiten Parallel-Circel,
nemlich die Tropicos; und in eben einer solchen Weite von denen
Polis die Polar-Circel gezogen. Hieraus ist die Abtheilung der
Erden in Zonas entstanden, davon die, so zwischen beyden Tropicis
enthalten, Zona torrida die beyden, welche die Tropici und
Polares umgräntzen, Zona[1]
temperatae; und die beyden, so innerhalb denen beyden Polar-Circeln
liegen, Zonae frigidae genennet werden. Diese Abtheilung ist von der
Witterung und Abstand der Sonnen in Ansehung derer
Länder entstanden. Von diesem
Abstande der Sonnen und der daher rührenden Lage des Schattens derer
Cörper hat
man wiederum eine
Eintheilung der Erden in gewisse Striche gemachet, und denen
Einwohnern derselben die
Nahmen derer Asciorum, Amphisciorum, Heterosciorum,
Perisciorum beygeleget. |
[1] |
HIS-Data: korrigiert aus: Tona |
|
Klimata usw. |
Die
verschiedene Größe des längstens
Tages an verschiedenen
Örtern hat
wiederum Anlaß zu einer neuen Abtheilung nemlich in Climata und
Parallelos gegeben; und was dergleichen Abtheilungen mehr sind, die man auf
der Erden sich gemacht hat, und die wir hier nur kürtzlich haben recapituliren
wollen, dessen weitere Ausführung der Leser unter gehörigen
Titeln finden wird. |
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Verweise |
Wir wollen hier nicht untersuchen, wie die
Politici und
Historici, in Ansehung derer
Herrschafften; die Physici in
Ansehung der natürlichen Beschaffenheit die Erde abtheilen, als welche das
Objectum der
Geographiae,
Historicae,
Politicae, Physicae, etc.
ist, unter welchen
Titeln ein mehreres nachzusehen; Sondern wir wenden uns nun
mehr zu der Physicalischen Beschaffenheit des Erd-Gebäudes, in so ferne
derselben überhaupt diese oder jene
Eigenschafft zukomme; denn was die
speciellen
Dinge betrifft, verweisen wir
billig auf Geographiam Physicam
oder vielmehr Historiam naturalem, und unter gehörige
Titel. |
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physikalisch |
Wir haben im Anfange stracks
dargethan, die Erde sey ein Planet, und
schwebe, folglich wie alle andere Himmels-Cörper in der freyen Himmels-Lufft; so
fraget sich
billig, was das sey, daß die Erde, solcher
Gestallt
frey erhalten
könne? Den
Grund hiervon haben wir ebenfalls bereits angezeiget; denn weil die
Erde um die Sonne sich
beweget, und, gedachter massen, die Gleichheit der
Vis contripetae und centrifugae
Schuld davon sey, daß sie eine
gewisse krumme Linie durch ihre
Bewegung beschreibe; so ist auch eben dieselbe
Gleichheit
Ursache, daß sie diese Bahn nicht verläßt und uns daher, wie wir die
Bewegung der Erden an uns selbst nicht
empfinden, als in der Himmels-Lufft
schwebend vorkommt. |
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{Sp. 1554} |
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Hier könte man fragen, ob die Erde diese ihre Bewegung in Ewigkeit so
fortsetzen, oder endlich abgemattet würde, und von der praepollirenden
Vi centripeta gegen die Sonne gar zu getrieben würde, daß sie endlich
in den Sonnen
Cörper fallen, und derselben zu einer neuen Nahrung ihres
Feuers
diene? Wenn nichts vorhanden wäre, so dieser ihre
Bewegung Wiederstand thäte, so
würde die Erde
würcklich in Ewigkeit selbige einmahl wie das andere per
principia mechanica fortsetzen; wir finden auch nichts, so hier einen
gewaltigen Wiederstand thun könte, daher schiene fast die
Sache ausser
Zweiffel
zu seyn. Doch da wir eine Himmels-Lufft, so das gantze Systema
ausfüllet, zu geben müssen; und solche materiell ist, folglich auch an
sich eine vim inertiae haben muß; so subtil auch dieselbe
Himmels-Lufft, und so geringe diese
Krafft sey; so muß doch die Erde einige
Krafft in ihrer Bewegung anwenden, den Wiederstand der Himmels-Lufft zu heben;
wodurch aber dieser ihre Bewegung etwas nach und nach abgehet, und solche
langvesciret. Dieser Abgang muß inzwischen was geringes seyn, weil die Erde
so viel 1000. Jahre durch keinen mercklichen Abgang ihrer Bewegung erlitten;
derowegen, ob wir gleich nicht statuiren können, daß die Erde in
Ewigkeit sich fortbewegen werde; so müssen wir doch zugeben, daß sie diese ihre
Bewegung eine sehr lange und
undenckliche Zeit werde fortsetzen können. |
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runder Körper |
Wir
wissen demnach auf was Art es
möglich sey, daß die Erde in der
Himmels-Lufft erhalten werden könne; Nun fragt sich aber, wie dieses zugehe, daß
die
Erde und
Wasser einen runden
Cörper zusammen formiren, das Wasser auf der
entgegen gesetzten und unter uns befindlichen Fläche der Erden nicht verschüttet
werde; auch was unsre Antipodes zurücke halte, daß sie nicht in den Himmel
fallen? Der Pöbel und diejenigen, denen die Kräffte der Natur und ihre
Beschaffenheit unbekannt sind, können sich hiervon gar keinen
Begriff machen,
und stehen deshalben in grossen Sorgen. Sie sehen, wenn sie ein Gefäße mit
Wasser auf die Seite neigen, daß das Wasser heraus lauffe;
sollte nicht,
schlüssen sie, das
Meer-Wasser auf der Seiten der Erden gleichfalls solcher
Gestallt verschüttet werden? Noch mehr wird diese
Furcht bey ihnen vermehret,
wenn sie hören, die Erde solle sich herum drehen, als welches sie ohne allen
Ruin derer
Gebäude, verschüttung derer Gewässer, und gar nicht
concipiren
können. |
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Allein man fraget
billig solche Leute, warum denn wir auch nicht in den
Himmel fallen? Die einfältigsten antworten, weil der Himmel über uns ist. Allein
da über uns seyn, nicht anders als relative werden kan, so heist es
über uns seyn, so viel, als weiter von dem Mittel-Puncte der Erden seyn; indem
nothwendig bey einer Kugel, dergleichen wir die Erde zu seyn demonstriret
haben, der terminus â quo
der Mittel-Punct derselben seyn muß. Allein in diesem
Verstande haben unsern
Antipodes, den Himmel eben so wohl über sich, als wir. Andere werden
antworten: Wir sind schwer, daher können wir von der Erde nicht weg fliehen; es
gilt aber gleich die Replic: Unsere Antipodes und das Wasser sind auch
schwer; derowegen haben wir von ihnen gleichfalls nicht zu
befürchten, daß sie
in den Himmel fallen werden. |
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Man muß sich nur einen rechten Begriff von der Schwere machen. Ein
Cörper
fällt allezeit, wenn er
frey gelassen wird, nach einer perpendicularen
Linie auf den Horizont, es mag das Experiment |
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{Sp. 1555|S. 809} |
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an einem
Orte der Erden geschehen, wie es will. Nun ist die Erde eine runde
Kugel; dahero müssen diese Directions-Linien derer schweren Cörper in
ihrem Mittel-Puncte zusammengehen; und ist daher die Schwere nichts anders als
die Krafft eines Cörpers, Vermöge welcher er sich beständig dem Mittel-Puncte
der Erden zu nähern bemühet, auch sich würcklich dahin beweget, wenn nichts
vorhanden, so ihm daran Einhalt thut. Was ist demnach Wunder, daß sich alle
schwere
Materie um ihren Mittel-Punct versammlet, und solcher
Gestalt unsere
feste Erd-Kugel formiret habe. |
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Diese Schwere ist es, welche niemand in die Höhe fallen oder von dem Centro
der Erden entfernen läst; sie hält das
Wasser zurücke von der Verschüttung, und
in seinen
Grentzen, und macht, daß dadurch die Erd-Kugel aus Wasser und
Land
zusammen gesetzet seyn kan. Die
Lufft, so unsere Erde umgiebet, ist selbst
schwer und machet folglich einen
Theil unserer Erd-Kugel aus; daher auch diese
Globus terraqueo-aerius genennet wird; woraus zugleich erhellet, daß
man vergebens den Druck der Lufft, als die
Ursache des Zusammenhanges, der
Rundung und Festigkeit der Erden zu geschrieben habe; wie einige
Philosophen
behauptet. |
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Der Druck der Lufft hat einerley
Ursache mit der Schwere derer
Cörper. Diese
Schwere ist es, welche bey der täglichen Revolution der Erden um ihre
Axe, der daraus entstehenden vi centrifugae derer Cörper Einhalt thut,
daß solche sich nicht von dem Mittel-Punct der Erden weg entfernen können. Dahero
wird kein Gebäude hierdurch in die Lufft geschnellet werden, auch nicht übern
Hauffen fallen. Die Schwere verhindert solches, und die Geschwindigkeit, so bey
allen Theilen der Erden währender Revolution allezeit einerley ist,
macht daß kein Theil in Ansehung des andern seine Stelle
verändere; ebenso wie
die innere Theile eines
Schiffes ihre Lage unter einander beständig erhalten,
ungeachtet das
gantze Schiff beweget wird. |
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Wäre die Erde ein gantz flüßiger
Cörper von einerley
Art, und bewegte sich
nicht um ihre Axe, würde sie Vermöge ihrer Schwere eine gantz
vollkommene runde
Kugel seyn, als welche nicht zuliesse, daß ein Theil mehr von dem Mittel-Puncte,
als der andere, entfernet wäre; Wenn hingegen die Erde in solchen
Zustande um
ihre Axe beweget würde, so könte sie, Vermöge der oben angeführten
Newtonianischen Theorie, ihre sphaerische Figur nicht behalten,
sondern bekäme eine Oval-Figur. Da nun unsere Erd-Kugel aus
Wasser und
festen Lande zusammen gesetzet ist, dieses aber jenes in
Schrancken halten muß,
so kan auch das feste Land zusamt dem Wasser nicht anders als eine dergleichen
sphaeroidische Figur haben; woraus erhellet, daß man à priori
die Rundung der Erden erweichen könne. |
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Wenn man die Beschaffenheit und Figur der Erden, wie sie würcklich
ist, subponiret, und fraget, ob denn der Mittel-Punct der Schwere der
Erden, mit dem Mittel-Puncte ihrer Grösse einerley sey; so kan man schwerlich
mit ja antworten die Erde bestehet aus Partibus heterogeneis, welche
verschiedene Gravitates specificas haben; ihre Figur ist auf
der Fläche unordentlich mit Bergen, Thälern, tieffen Klüfften etc.
versehen; Derowegen, wenn man gleich den Mittel-Punct der Grösse der Erden, in
so ferne man sie als eine Kugel betrachtete, ausfündig macht; so würde
schwerlich in eben demselbigen die gantze
Krafft, die aus der Schwere aller |
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{Sp. 1556} |
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Theile der Erden resultiret, beysammen seyn, daß kein Theil der
Erden in Ansehung dieses Puncts vor dem andern eine Uberwucht hätte; folglich
auch nicht der Mittel-Punct der Schwere seyn. |
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Festigkeit |
Was die Festigkeit des
Landes unser Erden anlanget, so
dependiret
solches nicht von der Schwere, oder wie einige sonst gewollt haben von dem
Drucke der Lufft; weil sonst in beyden Fällen die
Cörper gleich dichte seyn
müsten, sintemahl jede Particel der
Materie von einerley Schwere sollicitiret
wird. Wir nennen einen Cörper fester als den andern, wenn dessen Theile sich
schwerer von einander separiren lassen; die Separation aber
ist der Cohaesion entgegen gesetzet, so wir denen Cohaesions-Kräfften
als einer allgemeinen
Ursache zuschreiben müssen, wie unter diesem
Titel
Tom. VI. p. 614. seqq. erinnert worden; daher die
verschiedene
Festigkeit unserer Erden von der verschiedenen Cohaesion ihrer Theile
herrühret. Aus diesem allgemeinen Phaenomeno der Cohaesion und
aus der besondern Beschaffenheit jeder Theile entstehet eine verwundernswürdige
Structur der Erden, von der wir nur à posteriori und aus der
Erfahrung
urtheilen können. |
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Luft |
Wenn wir nur von aussen die Erde zu betrachten anfangen; so treffen wir,
gleichsam als ein Aussenwerck derselbigen, die
Lufft an. Diese ist das Behältniß
desjenigen was aus der Erden aufsteiget und fasset eine undenckliche Menge
Dünste von verschiedener
Art, wie endlich der Erden wieder gegeben werden, und
derselben, gleichsam zu einer neuen Nahrung dienen. |
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Oberfläche |
Die Obere Fläche der Erden sehen wir mit grossen Gebürgen, Thälern,
Meeren,
Flüssen, Quellen, und so ferner auf eine verwundernswürdige Art abgetheilet und
mit
Dingen von verschiedener
Art besetzet. |
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Erdboden |
Fangen wir an in die Erde zu graben, so treffen wir solche von verschiedener
Structur und Beschaffenheit an. Das Erdreich selbst ist nicht von einerley
Art,
siehe
Erdboden. Es liegen viele Schichten derselben, alle von
besonderer Natur über einander. Man trifft hin und wieder Felsen, Steine,
Grüffte, Höhlen, die wie Adern unter der Erden weggehen, und andere
Combinationes von dergleichen Dingen an, die die Behältnisse derer
Mineralien abgeben; auch sind mit
Wasser angefüllte Behältnisse unter der
Erden nicht seltsam. |
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Erdinneres |
Komt man endlich ziemlich tieff unter die Erden, trifft man endlich einen
Felsen an, welchen durchzuarbeiten, wegen seiner Festigkeit, denen Bergleuten
unmöglich fällt. Er wird der Grund-Fels genennet, und erfüllet
vermuthlich das
gantze innere Stück der Erden. Denn Wasser oder
Feuer in die innere Mitte der
Erden zu setzen, scheinet denen Principiis physicis zu wieder zu seyn,
und beydes nähme man ohne zureichenden
Grund an. Wir
wissen, daß das Meer, wo es
am tieffsten nicht tiefer als die höchsten Berge sey, im übrigen einen
Grund von
Erde oder Felsen habe. Warum
sollen wir derowegen das Wasser biß zu dem
Mittel-Punct der Erden dringen, und daselbst eine besondere wässerichte Kugel
formiren lassen, die mit einen Crusta terrea überzogen wäre. Sollte ein
feuriges
Corpus in der Mitte der Erden seyn, würde dessen beständige
continuirte Action die Erde endlich zu nichte machen. |
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Mit einem
Worte, es sind diese
Dinge, von denen wir nichts wissen; und
scheinet der
Wahrheit gemäßer, daß ein sehr dichter und fester
Cörper die Mitte
der Erden occupire; zumahl, da aus der natürlichen Historie bekannt,
daß, ie tieffer man unter die Erde komme, ie dichtere und festere Strata
man von Erde und Felsen antreffe. Hierauf |
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{Sp. 1557|S. 810} |
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ist unsern äussern crusta der Erden mit allen ihren
verwunderns-würdigen Abwechselungen gleichsam feste gegründet. |
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Gottes Werk |
Nichts von allem diesen ist ohne
Ursache gemachet und die Weißheit GOttes
leuchtet allenthalben hervor; |
Derham Physico-Theologie. |
Burnet |
Wie denn
billig die der Weißheit GOttes zu nahe tretende
Meynung des
Burnetii in Theoria telluris sacra zu
verwerffen, wenn er an verschiedenen Orten derselbigen
saget: Unsere Erde, wenn
wir sie überhaupt ansehen, ist nicht eine
ordentliche und artig
eingetheilte
Verfassung von vielerley
Dingen; sondern ein grosser Klumpen, darauff
untereinander alles ohne
Ordnung und
Annehmlichkeit gehäuffet ist. Wer wollte
glauben, daß dieses von
GOtt also gemacht sey. Was vor mehr als Herculis
Arbeit wäre
nöthig gewesen eine solche Klufft der Erden auszuhöhlen? Wenn diese
Höhle
unmittelbahr von GOtt selber wäre gemacht worden, würde zum wenigsten doch
eine Ordnung, Maaß und Proportion davon abzunehmen seyn an derselben
Gestallt und an der Eintheilung derer
Theile derselben; aber da ist alles
untereinander. Da unsere Erde nur klein ist, ist sie rauh und wilde, und bey
derselben Kleinigkeit ist doch viel Ding überflüßig und gar nicht hübsch. Die
Helffte von Fläche der Erden überschwemmet das Welt-Meer, welches mir grossen
Theils wenig nütze zu seyn scheinet etc. Wie denn gedachter
Burnet alsdenn sich gar unternimmt, zu zeigen, wie die
Schöpffung in diesem Stücke hätte können geändert und
verbessert werden. |
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Es ist wohl
wahr, daß unsere Erde durch die Sündfluth und andere Zufälle
viele
Veränderungen hat erleiden müssen, so die äussere Fläche derselben
betroffen haben; allein ob die innere Structur der Erden ohne
Ursache so
geordnet, scheinet der
Vernunfft selbst zu wiederstreiten. |
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