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Zedler: Erde, oder Erdboden, Erd-Creiß [3] HIS-Data
5028-8-1532-2-03
Titel: Erde, oder Erdboden, Erd-Creiß [3]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 8 Sp. 1548
Jahr: 1734
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 8 S. 805
Vorheriger Artikel: Erde, oder Erdboden, Erd-Creiß [2]
Folgender Artikel: Erde oder Erdboden
Hinweise:
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Übersicht
geographisch (Forts.)
  Größe
  äußere Fläche
  Zonen
  Klimata usw.
  Verweise
physikalisch
  runder Körper
  Festigkeit
  Luft
  Oberfläche
  Erdboden
  Erdinneres
Gottes Werk
Burnet

Stichworte Text   Quellenangaben und Anmerkungen
Größe Wir verlassen nunmehro die Betrachtung von der Figur der Erden, und wenden uns zu der Abmessung derselbigen vermöge welcher verschiedene Mathematici ihre wahre Größe zu bestimmen sich haben angelegen seyn lassen.  
  Die Abmessung der Erden geschiehet auf verschiedene Art, entweder, da man die Grösse des Diametri, die Peripherie eines grösten Circels, so man den Umfang der Erden nennet, oder ihre äussere Fläche, oder ihren cörperlichen Inhalt suchet. Wenn eines von diesen bekannt ist, kan man das übrige per principia geometrica gar leicht ausfündig machen.  
  Hauptsächlich fraget man, wie groß der Diameter der Erden oder ihr Umfang in einem bekannten Masse sey. Diogenes Laërtius l.c. meldet von dem Anaximandro, so 550. Jahr vor Christi Geburth gelebet, daß dieser der erste gewesen, so sich der Ausmessung der Erde unternommen; man weiß aber nicht gewiß, wie er dieselbe angegeben. Nach diesem hat Eratosthenes, so 276. Jahr vor Christi Geburth berühmt gewesen, diese Arbeit von neuen unternommen; und den Umfang der Erden oder die Peripherie des größten Circels derselbigen 250000. Stadia angesetzet, welche nach der Auslegung des Plinii 315000 Römische Meile, deren jede 1000. Schritte hält, ausmachen.  
  Eratosthenes hat von der Geographie drey Bücher geschrieben, die aber verlohren gegangen. Strabo erzehlet von ihnen den Innhalt; und Cleomedes führet die Methode an, derer sich Eratosthenes bedienet, die Erde auszumessen. Es erinnert aber schon Hipparchus, so 100. Jahr nach dem Eratosthenes gelebet, daß solche alzustarck von der Wahrheit abweiche: wiewohl man von der Abmessung des Hipparchi nicht was besonders hat, ausser, daß derselbe dem Umfange der Erden, wie ihn Eratosthenes angegeben, noch 25000. Stadia beygefüget habe.  
  Zur Zeit des Ciceronis und Pompeji hat Posidonius, ein geschickter Mathematicus, die Erde von neuen abgemessen, und deren Umfang nach dem Bericht des Cleomedis 240000. nach dem Zeugniß des Strabonis hingegen 180000. Stadia befunden. Aus dieser verschiedenen Relation entstehet billig ein Zweiffel, welches die wahre Abmessung des Posidonii sey; doch trifft die Determination des Strabonis mit der Wahrheit näher überein, als das Cleomedis ungeachtet sie jener nur mit kurtzen Worten anführet; Dieser aber die angestellete Abmessung des Posidonii  
  {Sp. 1549|S. 806}  
  weitläufftig erzählet.  
  Man hat inzwischen die Abmessung des Eratosthenis biß zu Zeiten des Ptolemaei, welcher 144. Jahr nach Christi Geburth gelebet, beybehalten, der sich hernachmahls den Umfang derselbigen von 180000. Stadiis bedienet, und versichert, daß solcher der Wahrheit gemäß sey; weswegen ihm auch von dem Theone diese Erfindung zugeschrieben worden. Ptolemaeus in Geograph. I. 3. berichtet, daß der Marinus ein berühmter Geographus, in einer solchen Ausmessung etwas versuchet habe; von sich selbst aber meldet er, daß er gleichfalls eine Abmessung, und zwar auf eine gantz andere Manier, als seine Vorgänger, angestellet habe; er füget aber nicht hinzu, wie groß er den Umfang der Erden befunden, sondern bedienet sich desselben, wie ihn Marinus und andere seine Vorgänger, nemlich von 180000. Stadiis befunden haben.  
  Nach der Zeit, da die Studia anfiengen liegen zu bleiben, haben in dieser Sache weder die Griechen noch Römer etwas vorgenommen. Die Araber hingegen und Saracenen, welche der mathematischen Wissenschafften, gleichsam allein sich angemasset hatten, liessen auch diese Abmessung nicht unberühret. Es berichtet Abelfedea ein Arabischer Geographus, der um das Jahr 1300. gelebet, daß um das 800. Jahr nach Christi Geburth, Maimon, König derer Araber oder Califa zu Babylonien, ein grosser Liebhaber der Mathematic, seinen Mathematicis befohlen habe, den Umfang der Erden auszumessen. Deme zu Folge haben sie in Mesopotamien durch Astronomische Observationes unter einerley Meridiano zwey Örter bestimmet, bey denen die Pol-Höhe um einen Grad differirte, die Weite dieser Örter von einander haben sie mit Geometrischen Instrumenten genau ausgemessen, und solche 56. oder 56 ½. Meile befunden; dahero, da sie inseriret 1. Grad am Himmel gibt 56. oder 56 ½. Meile auf der Erden, wie viel werden 360, oder die gantze Peripherie eines Circels geben, man den Umfang der Erden 20060. oder 20340. Meilen befunden hat.  
  Von dieser Zeit biß auf das letzt vergangene Seculum hat man sich über diese Arbeit nicht wieder gemacht; sondern die Araber haben ihre Abmessung beybehalten; die Lateiner hingegen, welche die Astronomie zu tractiren anfiengen, nahmen mit dem Ptolemaeo 180000. Stadia vor den Umfang der Erden an, den sie nach ihrer Rechnung 324000, Italiänische oder 5400. Teutsche Meilen groß setzten, weilen sie einem Grade auf der Erden 15. Teutsche oder 60. Italiänische Meilen adsignirten.  
  Endlich hat im vorigen Seculo Snellius der berühmte Professor Matheseos zu Leiden, da er gesehen, daß die ungegebene Größe der Erden in Teutschen Meilen, deren 15. man auf einen Grad gerechnet, sehr Zweifelhafftig sey, von neuen mit grossen Fleiß eine Abmessung unter verschiedenen Meridianis angestellet, und daraus erwiesen, daß einem Grade eines grösten Circels der Erden 28500. Rheinländische Ruthen, deren jede 12. Rheinländische Schuhe in sich begreiffet respondiren; folglich 8640. Meilen im Umfange habe, indem er nemlich der Grösse einer Meile 1500. Ruthen, oder 18000. Rheinländische Fuß adsigniret. Die Beschreibung dieser Außmessung hat Snellius in seinem Eratosthene Batavo gegeben.
  Ricciolus Geograph. Reform. V. ff. 25. hat sich in diesem Stück auch viel Mühe gegeben, und nach  
  {Sp. 1550}  
  verschiedenen Ausmessungen den Umfang der Erden 29349540. Römische Schritte gefunden, deren jeder 5. Römische Schuhe hält; woran er hat dargethan, daß, wenn man 5000. Römische Schritte auf eine Teutsche Meile rechnete, wie gemeiniglich zu geschehen pfleget, 16 3035000. Teutsche Meilen auf einen Grad gehen; da solcher aus der Vergleichung des Römischen mit dem Rheinländischen Schuh nach der Ausmessung des Snellii 16 15265000. Teutsche Meilen fassen würde.  
  An. 1635. hat Norwoodus in England die Weite zwischen London und Yorck 905751. Londensche Fuß gemessen, den Unterscheid aber derer breiten, 2. Grad 28. Minuten befunden, und daraus geschlossen, daß ein Grad auf der Erden 367196. Londensche Fuß, oder 57300. Pariser Toisen groß sey. Picard hat an. 1669. auf Befehl des Königs in Franckreich Ludovici XIV. die Weite zwischen Sourdon in der Picardie und Malooisine gemessen, und solche mit dem Unterscheide der Breite beyder Örter, so 1. Grad, 22. Min. 55. Sec. betrug verglichen, dadurch er die Grösse eines Grads auf der Erden durch 57060. sechsfüßige Pariser Ruthen oder Toisen bestimmet. Er hat seine Ausmessung selbst in Tractatu de Mensura terrae, seu enarratione quarumdam observationum hunc in finem factarum á nonnullis Academiae scientiarum Parisiensis membris in Frantzösischer Sprache geschrieben, woraus er hernachmahls vom Richardo Waller ins Englische übersetzet worden.
  Endlich hat gleichfalls auf Befehl des vorigen Königs in Franckreich Cassini an. 1700. die neueste Ausmessung der Erden anstellen müssen, worzu die Weite zwischen dem Observatorio zu Paris und dem Orte Colioure in Roussillon, die der Breite nach um 6. Grad. 18. Minuten 55. Secund. von einander entfernet sind, erwählet worden; da er denn gefunden, daß wenn man die Erde als eine Kugel annehme, einem Grade der Erden 57292. Pariser Toisen respondirten; welches von der Größe, die Norwoodus adsigniret, um was sehr weniges unterschieden ist. Histoire de l'Academie Royale des sciences an. 1700. p. 120. seqq. … und in denen Memoires an. 1701. …
  Es hat aber Cassini bey dieser Ausmessung angemercket, daß die Grade am Himmel mit einerley Maß auf der Erden nicht respondirten, folglich daher die Grade der Erden ungleich, und zwar gegen Mittag zu grösser, gegen Mitternacht kleiner werden; woraus er geschlossen, daß die Erde um die Polos herum niedriger seyn müsse, als unter dem Aequatore. Allein da bereits Eisenschmidt dargethan, daß aus den Abnehmen der Grade gegen Mitternacht zu, folgen müsse, die Erde sey um die Polos höher, als unter dem Aequatore; so hat man auch dieses in der Histoire de l'Academie an. 1713. p. 63. und Memoires an. 1713. p. 192. corrigiret, allwo auch die Grösse eines Grads nur durch 57100. Toisen bestimmet wird.  
  Hieraus haben nun die Französischen Mathematici in denen Memoires de l'Academie Royale des sciences an. 1718. p. 323. Die Erde als eine Ellipsin zu betrachten angefangen, deren grössere Axe die Axe der Erden, die kleinere hingegen der Diameter unter dem Aequatore wäre. Jene haben sie 6579368; diesen 6510796 Toisen groß angesetzet. Dem nächst ersten Grade der Erden an dem Aequatore in einen Meridiano eignen sie 58020, Toisen zu; hingegen in eben demselben Meridiano  
  {Sp. 1551|S. 807}  
  machen sie den ersten Grad, der an den Polo anlieget 56225. die Differentz zwey aneinander liegender Grade in dem Meridiano setzen sie 31. Toisen und geben folglich der Peripherie eines Meridiani der Erden hingegen der Peripheri des Aequatoris der Erden 20563100. hingegen der Peripherie des Aequatoris der Erden 20454274. Toisen. Und aus dieser Abmessung haben sie die oben gedachte Meynung von der sphaeroidischen Figur der Erde erweisen wollen.  
  Newton welcher, gedachter massen, der Erden auch eine Oval-Figur aber just umgekehret, zueignet, machet die Axe der Erden 39146000, und den Diametrum derselben unter dem Aequatore 39317200. Pariser Füssen gleich, welches dort 6524333 ; hier, 6552866 Toisen ausmacht. Acta Erud. an. 1727. p. 76.
  Wir haben schon oben dargethan, daß in der Astronomie und Geographie kein allzumercklicher Fehler entstehe, wenn wir die sphaerische Figur der Erden annehmen; dahero können wir in solcher Betrachtung die Grösse eines Grads der Erden mit dem Cassino gar wohl 57292, oder mit dem Picardo 57060. Toisen annehmen, von welchem letztern Muschenbroeck in dissert: Phys. et Geom. anmercket, daß solche seiner revidirten Ausmessung des Snellii, die er 57033 Toisen vor einen Grad befunden, am nächsten komme. So wir hingegen die mittlern proportional-Zahl zwischen denen beyden von denen Frantzosen adsignirten Diametris der Erden vor den wahren Diameter der Erden, wenn solche eine Kugel ist, annehmen wollen; so wird solcher 6545077. Toisen; und der Semidiameter 3272538 ½ halten. Die Peripherie eines grösten Circels, wird alsdenn 20548077, und ein Grad 5718949 Toisen ausmachen.  
  Man setzet insgemein ein Grad der Erden begreiffe 15. Teutsche Meilen der halbe Diameter derselben sey 860, und der Umfang 5400 dergleichen Meilen; allein man hat nirgends die Grösse einer solchen Meile genau determiniret. Insgemein saget man, es halte eine Teutsche Meile 4000. Schritte; allein es bleibet billig die Frage, was dieses vor Schritte sind. Nimmt man davor wie gewöhnlich 5. Fuß an, so käme für den Umfang der Erden 108000000. dergleichen Füsse heraus. Was aber dieses vor Füsse seyn mögen, bleibet allezeit undeterminiret. Wären es Pariser-Füsse, und es gienge deren 20000 auf eine Teutsche Meile so würde, da nach der Ausmessung des Cassini, der einen Grad der Erden 57292. Toisen, oder 343752. Pariser Fuß groß setzet, der Umfang der Erden 123750720. groß ist; der Umfang der Erden, nicht 5400, sondern 6187 ½ Teutsche Meilen halten.  
  Inzwischen ist der Pariser-Fuß doch einer von dem grösten, und Vermöge dessen doch nicht zulänglich nach der gemeinen Hypothesi daß eine Teutsche Meile 20000. Fuß lang sey, den wahrhafftigen Umfang der Erden zu exhauriren; dahero siehet man, daß diese Hypothesis von der Grösse derer Teutschen Meilen, sehr ungereimmet sey. Man kan aber die wahre Grösse einer Teutschen Meile nach ermeldeter Ausmessung des Cassini bestimmen, wenn man annimmt, daß praecise 15. Teutsche Meilen auf einen Grad gehen; Denn solcher Gestallt würde eine Teutsche Meile 22916  45 . Pariser oder 23716. Rheinländische Fuß zu ihrer Grösse bekommen, und 5400. dergleichen Meilen würden praecise den Umfang der Erden, und 860, den halben Diametrum der Erden abmessen. Nimmt  
  {Sp. 1552}  
Abmessung der Erde man hingegen, wie oben, 57189. Toisen vor einen Grad der Erden an; so wird man vor die Grösse einer Teutschen Meile 3812 915 Toisen, oder 22876. Pariser Fuß finden. Dieses ist die Abmessung der Erde nach ihrer wahren Grösse. Die Methoden deren sich die Alten hierinnen bedienet. Erzählet
  • Ricciolus Geograph. Reform. V. 25.
  • Varenius Geograph. General I. 4.
  • Liebknecht Geograph. Gener. II. 3.
Die neuern Methoden findet man in denen darbey bißher mit angemerckten Schrifften.
äußere Fläche Wir wollen nun mehr hinfort die Erde als eine Kugel betrachten; und anitzo untersuchen, auf was Art und Weise die Mathematici sich dieselbige haben einbilden und abtheilen müssen, um hinter die Beschaffenheit, Grösse, Lage und Figur der äusseren Fläche der Erden, als der Residentz derer Menschen zu gelangen. Hierzu haben sie kein ander Mittel vor sich gesehen, als durch Hülffe der Gestirne solches zu bewerckstelligen, weilen diese gleichsam die Merckmahle sind, davon man von der Situation eines Landes urtheilen kan.  
  Denn ob es wohl möglich und accurater wäre ein Land durch geometrische Operationes auszumessen, und dessen Figur, Lage und Grösse dadurch vorzustellen; so würde doch dieses bey nicht allzugrossen Landschafften, jedoch nicht ohne unbeschreibliche Mühe, angehen; hingegen über das Meer weg solchergestalt zu messen würde gantz unmöglich fallen. Da man nun durch Hülffe derer Sterne zu der Abmessung der Erden hat gelangen müssen; so hat man auch ihre mathematische Abtheilung dergestalt eingerichtet, daß solche genau mit der Abtheilung des Himmels correspondire.  
  Nun sind in Ansehung der täglichen Bewegung zwey unbewegliche Puncte am Himmel, um welche sich das gantze himmlische Heer von Morgen gegen Abend innerhalb 24. Stunden herum zu drehen scheinet. Von diesen Puncten hat man durch den Mittel-Punct der Erden eine gerade Linie gezogen, welche folglich auf der Fläche der Erden gleichfalls zwey einander diametraliter entgegen gesetzte Puncte designiret haben, die in der That unbeweglich sind, die Erde innerhalb 24. Stunden sich um dieselben einmahl von Abend gegen Morgen herum drehet. Diese beyden Punkte heissen die Poli der Erden, und eine gerade Linie, diese connectiret, die Erd-Axe, und correspondiren so wohl mit denen Polis als der Axe des Himmels.  
  In der Weite von 90. Graden von diesen Puncten hat man einen Circel auf der Fläche der Erden gezogen, und solchen dem Aequatorem genennet, weil es mit dem Aequatore am Himmel zutrifft. Bey denen Schiffern heisset er die Linie. Der Entzweck an dieser Abtheilung ist, einem jeden Orte auf der Fläche der Erden seine gehörige Stelle zu adsigniren. Man hat dahero durch ieden Ort und durch die Polos der Erden einen Circel sich eingebildet, welcher der Meridianus desselben Orts heisset, und dessen Bogen, der zwischen dem Orte und Aequatore desselben enthalten ist, den Abstand desselben von dem Aequatore, oder seine Breite mißt. Durch diese Breiten wird demnach die Lage eines Orts in Ansehung des Aequatoris bekannt.  
  Die Meridiani sind die grösten Circel, die in denen Polis zusammen gehen, und folglich zum Maß ihres Abstands von einander einen Bogen des Aequatoris haben, der zwischen ihnen enthalten ist. Dieser Bogen heisset differentia Meridianorum, wenn die-  
  {Sp. 1553|S. 808}  
  se von denen Meridianis zweyer Örter, benebst denen Breiten derer Örter gegeben sind, so kan man diesen beyden Örtern gar bald ihre Stelle auf der Erd-Kugel adsigniren.  
  Inzwischen, da die Erde eine Kugel ist, und folglich an sich keinen Anfang hat; ein Anfang aber doch von einem gewissen Orte gemacht werden muß; nach deme man denen übrigen Meridianis ihre Lage geben kan; so hat man einen gewissen Ort freywillig angenommen, dessen Meridianum man den Meridianum primum genennet; von deme man hernachmahls den Abstand derer Meridianorum von andern Örtern in dem Aequatore, das ist, die Längen derer Örter gezählet, ihre Meridianos solcher Gestalt gezogen, und darinnen die Lage eines jeden Orts vermittelst seiner Breite determiniret hat.  
Zonen Mit dem Aequatore hat man in einer Weite von 23 ½ Grad, als um wie viel die Sonne davon abweichet zu beyden Seiten Parallel-Circel, nemlich die Tropicos; und in eben einer solchen Weite von denen Polis die Polar-Circel gezogen. Hieraus ist die Abtheilung der Erden in Zonas entstanden, davon die, so zwischen beyden Tropicis enthalten, Zona torrida die beyden, welche die Tropici und Polares umgräntzen, Zona[1] temperatae; und die beyden, so innerhalb denen beyden Polar-Circeln liegen, Zonae frigidae genennet werden. Diese Abtheilung ist von der Witterung und Abstand der Sonnen in Ansehung derer Länder entstanden. Von diesem Abstande der Sonnen und der daher rührenden Lage des Schattens derer Cörper hat man wiederum eine Eintheilung der Erden in gewisse Striche gemachet, und denen Einwohnern derselben die Nahmen derer Asciorum, Amphisciorum, Heterosciorum, Perisciorum beygeleget.
[1] HIS-Data: korrigiert aus: Tona
Klimata usw. Die verschiedene Größe des längstens Tages an verschiedenen Örtern hat wiederum Anlaß zu einer neuen Abtheilung nemlich in Climata und Parallelos gegeben; und was dergleichen Abtheilungen mehr sind, die man auf der Erden sich gemacht hat, und die wir hier nur kürtzlich haben recapituliren wollen, dessen weitere Ausführung der Leser unter gehörigen Titeln finden wird.  
Verweise Wir wollen hier nicht untersuchen, wie die Politici und Historici, in Ansehung derer Herrschafften; die Physici in Ansehung der natürlichen Beschaffenheit die Erde abtheilen, als welche das Objectum der Geographiae, Historicae, Politicae, Physicae, etc. ist, unter welchen Titeln ein mehreres nachzusehen; Sondern wir wenden uns nun mehr zu der Physicalischen Beschaffenheit des Erd-Gebäudes, in so ferne derselben überhaupt diese oder jene Eigenschafft zukomme; denn was die speciellen Dinge betrifft, verweisen wir billig auf Geographiam Physicam oder vielmehr Historiam naturalem, und unter gehörige Titel.  
physikalisch Wir haben im Anfange stracks dargethan, die Erde sey ein Planet, und schwebe, folglich wie alle andere Himmels-Cörper in der freyen Himmels-Lufft; so fraget sich billig, was das sey, daß die Erde, solcher Gestallt frey erhalten könne? Den Grund hiervon haben wir ebenfalls bereits angezeiget; denn weil die Erde um die Sonne sich beweget, und, gedachter massen, die Gleichheit der Vis contripetae und centrifugae Schuld davon sey, daß sie eine gewisse krumme Linie durch ihre Bewegung beschreibe; so ist auch eben dieselbe Gleichheit Ursache, daß sie diese Bahn nicht verläßt und uns daher, wie wir die Bewegung der Erden an uns selbst nicht empfinden, als in der Himmels-Lufft schwebend vorkommt.  
  {Sp. 1554}  
  Hier könte man fragen, ob die Erde diese ihre Bewegung in Ewigkeit so fortsetzen, oder endlich abgemattet würde, und von der praepollirenden Vi centripeta gegen die Sonne gar zu getrieben würde, daß sie endlich in den Sonnen Cörper fallen, und derselben zu einer neuen Nahrung ihres Feuers diene? Wenn nichts vorhanden wäre, so dieser ihre Bewegung Wiederstand thäte, so würde die Erde würcklich in Ewigkeit selbige einmahl wie das andere per principia mechanica fortsetzen; wir finden auch nichts, so hier einen gewaltigen Wiederstand thun könte, daher schiene fast die Sache ausser Zweiffel zu seyn. Doch da wir eine Himmels-Lufft, so das gantze Systema ausfüllet, zu geben müssen; und solche materiell ist, folglich auch an sich eine vim inertiae haben muß; so subtil auch dieselbe Himmels-Lufft, und so geringe diese Krafft sey; so muß doch die Erde einige Krafft in ihrer Bewegung anwenden, den Wiederstand der Himmels-Lufft zu heben; wodurch aber dieser ihre Bewegung etwas nach und nach abgehet, und solche langvesciret. Dieser Abgang muß inzwischen was geringes seyn, weil die Erde so viel 1000. Jahre durch keinen mercklichen Abgang ihrer Bewegung erlitten; derowegen, ob wir gleich nicht statuiren können, daß die Erde in Ewigkeit sich fortbewegen werde; so müssen wir doch zugeben, daß sie diese ihre Bewegung eine sehr lange und undenckliche Zeit werde fortsetzen können.  
runder Körper Wir wissen demnach auf was Art es möglich sey, daß die Erde in der Himmels-Lufft erhalten werden könne; Nun fragt sich aber, wie dieses zugehe, daß die Erde und Wasser einen runden Cörper zusammen formiren, das Wasser auf der entgegen gesetzten und unter uns befindlichen Fläche der Erden nicht verschüttet werde; auch was unsre Antipodes zurücke halte, daß sie nicht in den Himmel fallen? Der Pöbel und diejenigen, denen die Kräffte der Natur und ihre Beschaffenheit unbekannt sind, können sich hiervon gar keinen Begriff machen, und stehen deshalben in grossen Sorgen. Sie sehen, wenn sie ein Gefäße mit Wasser auf die Seite neigen, daß das Wasser heraus lauffe; sollte nicht, schlüssen sie, das Meer-Wasser auf der Seiten der Erden gleichfalls solcher Gestallt verschüttet werden? Noch mehr wird diese Furcht bey ihnen vermehret, wenn sie hören, die Erde solle sich herum drehen, als welches sie ohne allen Ruin derer Gebäude, verschüttung derer Gewässer, und gar nicht concipiren können.  
  Allein man fraget billig solche Leute, warum denn wir auch nicht in den Himmel fallen? Die einfältigsten antworten, weil der Himmel über uns ist. Allein da über uns seyn, nicht anders als relative werden kan, so heist es über uns seyn, so viel, als weiter von dem Mittel-Puncte der Erden seyn; indem nothwendig bey einer Kugel, dergleichen wir die Erde zu seyn demonstriret haben, der terminus â quo der Mittel-Punct derselben seyn muß. Allein in diesem Verstande haben unsern Antipodes, den Himmel eben so wohl über sich, als wir. Andere werden antworten: Wir sind schwer, daher können wir von der Erde nicht weg fliehen; es gilt aber gleich die Replic: Unsere Antipodes und das Wasser sind auch schwer; derowegen haben wir von ihnen gleichfalls nicht zu befürchten, daß sie in den Himmel fallen werden.  
  Man muß sich nur einen rechten Begriff von der Schwere machen. Ein Cörper fällt allezeit, wenn er frey gelassen wird, nach einer perpendicularen Linie auf den Horizont, es mag das Experiment  
  {Sp. 1555|S. 809}  
  an einem Orte der Erden geschehen, wie es will. Nun ist die Erde eine runde Kugel; dahero müssen diese Directions-Linien derer schweren Cörper in ihrem Mittel-Puncte zusammengehen; und ist daher die Schwere nichts anders als die Krafft eines Cörpers, Vermöge welcher er sich beständig dem Mittel-Puncte der Erden zu nähern bemühet, auch sich würcklich dahin beweget, wenn nichts vorhanden, so ihm daran Einhalt thut. Was ist demnach Wunder, daß sich alle schwere Materie um ihren Mittel-Punct versammlet, und solcher Gestalt unsere feste Erd-Kugel formiret habe.  
  Diese Schwere ist es, welche niemand in die Höhe fallen oder von dem Centro der Erden entfernen läst; sie hält das Wasser zurücke von der Verschüttung, und in seinen Grentzen, und macht, daß dadurch die Erd-Kugel aus Wasser und Land zusammen gesetzet seyn kan. Die Lufft, so unsere Erde umgiebet, ist selbst schwer und machet folglich einen Theil unserer Erd-Kugel aus; daher auch diese Globus terraqueo-aerius genennet wird; woraus zugleich erhellet, daß man vergebens den Druck der Lufft, als die Ursache des Zusammenhanges, der Rundung und Festigkeit der Erden zu geschrieben habe; wie einige Philosophen behauptet.  
  Der Druck der Lufft hat einerley Ursache mit der Schwere derer Cörper. Diese Schwere ist es, welche bey der täglichen Revolution der Erden um ihre Axe, der daraus entstehenden vi centrifugae derer Cörper Einhalt thut, daß solche sich nicht von dem Mittel-Punct der Erden weg entfernen können. Dahero wird kein Gebäude hierdurch in die Lufft geschnellet werden, auch nicht übern Hauffen fallen. Die Schwere verhindert solches, und die Geschwindigkeit, so bey allen Theilen der Erden währender Revolution allezeit einerley ist, macht daß kein Theil in Ansehung des andern seine Stelle verändere; ebenso wie die innere Theile eines Schiffes ihre Lage unter einander beständig erhalten, ungeachtet das gantze Schiff beweget wird.  
  Wäre die Erde ein gantz flüßiger Cörper von einerley Art, und bewegte sich nicht um ihre Axe, würde sie Vermöge ihrer Schwere eine gantz vollkommene runde Kugel seyn, als welche nicht zuliesse, daß ein Theil mehr von dem Mittel-Puncte, als der andere, entfernet wäre; Wenn hingegen die Erde in solchen Zustande um ihre Axe beweget würde, so könte sie, Vermöge der oben angeführten Newtonianischen Theorie, ihre sphaerische Figur nicht behalten, sondern bekäme eine Oval-Figur. Da nun unsere Erd-Kugel aus Wasser und festen Lande zusammen gesetzet ist, dieses aber jenes in Schrancken halten muß, so kan auch das feste Land zusamt dem Wasser nicht anders als eine dergleichen sphaeroidische Figur haben; woraus erhellet, daß man à priori die Rundung der Erden erweichen könne.  
  Wenn man die Beschaffenheit und Figur der Erden, wie sie würcklich ist, subponiret, und fraget, ob denn der Mittel-Punct der Schwere der Erden, mit dem Mittel-Puncte ihrer Grösse einerley sey; so kan man schwerlich mit ja antworten die Erde bestehet aus Partibus heterogeneis, welche verschiedene Gravitates specificas haben; ihre Figur ist auf der Fläche unordentlich mit Bergen, Thälern, tieffen Klüfften etc. versehen; Derowegen, wenn man gleich den Mittel-Punct der Grösse der Erden, in so ferne man sie als eine Kugel betrachtete, ausfündig macht; so würde schwerlich in eben demselbigen die gantze Krafft, die aus der Schwere aller  
  {Sp. 1556}  
  Theile der Erden resultiret, beysammen seyn, daß kein Theil der Erden in Ansehung dieses Puncts vor dem andern eine Uberwucht hätte; folglich auch nicht der Mittel-Punct der Schwere seyn.  
Festigkeit Was die Festigkeit des Landes unser Erden anlanget, so dependiret solches nicht von der Schwere, oder wie einige sonst gewollt haben von dem Drucke der Lufft; weil sonst in beyden Fällen die Cörper gleich dichte seyn müsten, sintemahl jede Particel der Materie von einerley Schwere sollicitiret wird. Wir nennen einen Cörper fester als den andern, wenn dessen Theile sich schwerer von einander separiren lassen; die Separation aber ist der Cohaesion entgegen gesetzet, so wir denen Cohaesions-Kräfften als einer allgemeinen Ursache zuschreiben müssen, wie unter diesem Titel Tom. VI. p. 614. seqq. erinnert worden; daher die verschiedene Festigkeit unserer Erden von der verschiedenen Cohaesion ihrer Theile herrühret. Aus diesem allgemeinen Phaenomeno der Cohaesion und aus der besondern Beschaffenheit jeder Theile entstehet eine verwundernswürdige Structur der Erden, von der wir nur à posteriori und aus der Erfahrung urtheilen können.  
Luft Wenn wir nur von aussen die Erde zu betrachten anfangen; so treffen wir, gleichsam als ein Aussenwerck derselbigen, die Lufft an. Diese ist das Behältniß desjenigen was aus der Erden aufsteiget und fasset eine undenckliche Menge Dünste von verschiedener Art, wie endlich der Erden wieder gegeben werden, und derselben, gleichsam zu einer neuen Nahrung dienen.  
Oberfläche Die Obere Fläche der Erden sehen wir mit grossen Gebürgen, Thälern, Meeren, Flüssen, Quellen, und so ferner auf eine verwundernswürdige Art abgetheilet und mit Dingen von verschiedener Art besetzet.  
Erdboden Fangen wir an in die Erde zu graben, so treffen wir solche von verschiedener Structur und Beschaffenheit an. Das Erdreich selbst ist nicht von einerley Art, siehe Erdboden. Es liegen viele Schichten derselben, alle von besonderer Natur über einander. Man trifft hin und wieder Felsen, Steine, Grüffte, Höhlen, die wie Adern unter der Erden weggehen, und andere Combinationes von dergleichen Dingen an, die die Behältnisse derer Mineralien abgeben; auch sind mit Wasser angefüllte Behältnisse unter der Erden nicht seltsam.  
Erdinneres Komt man endlich ziemlich tieff unter die Erden, trifft man endlich einen Felsen an, welchen durchzuarbeiten, wegen seiner Festigkeit, denen Bergleuten unmöglich fällt. Er wird der Grund-Fels genennet, und erfüllet vermuthlich das gantze innere Stück der Erden. Denn Wasser oder Feuer in die innere Mitte der Erden zu setzen, scheinet denen Principiis physicis zu wieder zu seyn, und beydes nähme man ohne zureichenden Grund an. Wir wissen, daß das Meer, wo es am tieffsten nicht tiefer als die höchsten Berge sey, im übrigen einen Grund von Erde oder Felsen habe. Warum sollen wir derowegen das Wasser biß zu dem Mittel-Punct der Erden dringen, und daselbst eine besondere wässerichte Kugel formiren lassen, die mit einen Crusta terrea überzogen wäre. Sollte ein feuriges Corpus in der Mitte der Erden seyn, würde dessen beständige continuirte Action die Erde endlich zu nichte machen.  
  Mit einem Worte, es sind diese Dinge, von denen wir nichts wissen; und scheinet der Wahrheit gemäßer, daß ein sehr dichter und fester Cörper die Mitte der Erden occupire; zumahl, da aus der natürlichen Historie bekannt, daß, ie tieffer man unter die Erde komme, ie dichtere und festere Strata man von Erde und Felsen antreffe. Hierauf  
  {Sp. 1557|S. 810}  
  ist unsern äussern crusta der Erden mit allen ihren verwunderns-würdigen Abwechselungen gleichsam feste gegründet.  
Gottes Werk Nichts von allem diesen ist ohne Ursache gemachet und die Weißheit GOttes leuchtet allenthalben hervor; Derham Physico-Theologie.
Burnet Wie denn billig die der Weißheit GOttes zu nahe tretende Meynung des Burnetii in Theoria telluris sacra zu verwerffen, wenn er an verschiedenen Orten derselbigen saget: Unsere Erde, wenn wir sie überhaupt ansehen, ist nicht eine ordentliche und artig eingetheilte Verfassung von vielerley Dingen; sondern ein grosser Klumpen, darauff untereinander alles ohne Ordnung und Annehmlichkeit gehäuffet ist. Wer wollte glauben, daß dieses von GOtt also gemacht sey. Was vor mehr als Herculis Arbeit wäre nöthig gewesen eine solche Klufft der Erden auszuhöhlen? Wenn diese Höhle unmittelbahr von GOtt selber wäre gemacht worden, würde zum wenigsten doch eine Ordnung, Maaß und Proportion davon abzunehmen seyn an derselben Gestallt und an der Eintheilung derer Theile derselben; aber da ist alles untereinander. Da unsere Erde nur klein ist, ist sie rauh und wilde, und bey derselben Kleinigkeit ist doch viel Ding überflüßig und gar nicht hübsch. Die Helffte von Fläche der Erden überschwemmet das Welt-Meer, welches mir grossen Theils wenig nütze zu seyn scheinet etc. Wie denn gedachter Burnet alsdenn sich gar unternimmt, zu zeigen, wie die Schöpffung in diesem Stücke hätte können geändert und verbessert werden.  
  Es ist wohl wahr, daß unsere Erde durch die Sündfluth und andere Zufälle viele Veränderungen hat erleiden müssen, so die äussere Fläche derselben betroffen haben; allein ob die innere Structur der Erden ohne Ursache so geordnet, scheinet der Vernunfft selbst zu wiederstreiten.  
     

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HIS-Data 5028-8-1532-2-03: Zedler: Erde, oder Erdboden, Erd-Creiß [3] HIS-Data Home
Stand: 4. Januar 2023 © Hans-Walter Pries