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Text |
Quellenangaben |
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Ebbe und Fluth, Fluxus et Refluxus maris,
Aestus maris, ist das bekannte, aber wunderbahre
Phaenomenon der
Bewegung des
See-Wassers, da
dasselbe des
Tages zweymahl an denen Ufern
aufschwellet und an denenselben höher zu stehen
kömmt; als wie, wenn die Gewässer in denen
Flüssen anlauffen; zweymahl aber auch wieder
abnimmt und niedriger an denen Ufern des
Meers
zu stehen kömmt; nach einer solchen Art, wie das
Gewässer in denen Flüssen zuweilen zu fallen
pfleget. |
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Wenn das Wasser im Meer anwächset,
nennet
man es die Fluth; wenn es aber fällt, die
Ebbe. |
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Es ist diese eine derer merckwürdigsten
Begebenheiten in der
Natur, deren
Ursache zu
ergründen, die
Weltweisen sich sehr
bemühet
haben. Ehe wir aber ihre
verschiedene
Meynungen
anführen,
müssen wir zuvor die Phaenomena
erzehlen, welche sich bey der Ebbe und Fluth
ereignen, um hernachmahls ein desto besser
Urtheil von der Übereinstimmung dererselben mit
der
Erfahrung und
Wahrheit fällen zu können. |
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1) Man hat gar bald wahrgenommen, daß diese
Bewegung des Meers sich nach der Bewegung des
Monds richte. Nemlich wenn der Mond in der
östlichen
Gegend des Himmels in den sechsten
Stunden-Circel kömmt, das ist, wenn er in seiner
täglichen Bewegung innerhalb 24.
Stunden, an den
Ort des Himmels ge- |
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{Sp. 10} |
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gen Morgen gelanget, von der
er noch biß zu dem
Mittags-Circel 6. Stunden zu lauffen hat, so hebet
sich die Fluth, und währet biß der Mond den
Mittags-Circel erreichet. |
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Wenn dieser solchen verläßt und gegen den
Abend-Horizont sich beweget, so hebet sich die
Ebbe an, oder das Fluth-Wasser fängt nun an
wieder zu fallen; und dieses so lange, biß der Mond
sich 6. Stunden von dem Meridiano entfernet hat,
oder in dem sechsten Stunden-Circel in den
westlichen
Theile des Himmels gelanget ist. |
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Von dar erhebet sich wiederum die Fluth, und
dauret, biß der Mond den untern Theil des Meridiani
erreichet, oder von unsern Antipodibus in dem
Mittags-Circel gesehen wird; da alsdenn die Ebbe
sich wieder ereignet und so lange fortwähret, biß
der Mond wiederum in den sechsten Stunden-Circel
des östlichen Theiles des Himmels zustehen
kommet; allwo sich das
gantze vorige Spiel von
Neuem anfänget. |
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Wir haben demnach erstlich 6. Stunden Fluth,
hernachmahls 6. Stunden Ebbe; dann wiederum 6.
Stunden Fluth, und endlich wieder darauf 6.
Stunden Ebbe, folglich innerhalb 24. Stunden oder
einem Tage zweymahl Fluth und zweymahl Ebbe,
und zwar ereignet sich allemahl der Anfang der
Ebbe, wenn der Mond den Mittags-Circel erreichet,
es
mag nun solches sich über oder unter unserm
Horizont zutragen; daß also unsere Antipodes mit
uns zu gleicher
Zeit Ebbe und Fluth haben. |
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Daß jede Ebbe und Fluth sechs Stunden daure,
bekräfftigen alle Obseruationes, und darff man sich
nichts anfechten lassen, wenn einige der
Astronomie unerfahrene Obseruatores melden; es
fange sich die eine Fluth an, wenn der Mond
aufgehe; und die andere, wenn er untergehe; jede
aber daure sechs Stunden, und darzwischen jedes
mahl die Ebbe gleichfalls sechs Stunden. |
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Denn, daß sich dieses nur in unsern
Ländern
ereignen könne, wenn der Mond in dem Aequatore
sich befindet, in übrigen Fällen aber niemahls
zwischen dem Aufgange des Monds biß zum
Mittags-Circel, und von dar biß zum Untergange
desselben eine Zeit von sechs Stunden enthalten
sey; sondern sich dieses nur allezeit zutrage, wenn
der Mond von dem einen sechsten Stunden-Circel
biß zum Meridianum und von dar biß zum andern
Circel der sechsten Stunde bewege; ersiehet ein
jeder leicht, der nur die ersten
Principia von der
Astronomie gefasset: dahero wir auch hier die
Astronomischen Benennung um der Accuratesse
willen behalten, und dieser Obseruatorum
ungeschickte Erzehlung ihrer Leichtsinnigkeit in
genauer Aufzeichnung der Obseruationen, bey
welchen sie nicht alles so genau zu nehmen
pflegen, zuschreiben müssen. |
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2) Diese abwechselnde Bewegung des Monds
ist dergestalt mit dem Lauff des Monds genau
verknüpffet, daß, da der Mond nach seiner
eignen
Bewegung innerhalb 24. Stunden sich von der
Sonne ungefehr 12. Grad nach Morgen zu beweget,
derselbe folglich des andern Tages ungefehr
dreiviertel Stunden, mehr oder weniger nach der
Declination des Monds, zu den Meridianum und in
den sechsten Stunden-Circel später gelanget; auch
hiernach die Fluth so wohl als die Ebbe um ¾
Stunden ungefehr später angehe, als den Tag
vorher; eben wie solches das vorhergehende
Phaenomenon praesupponiret, Vermöge dessen
der Anfang der Ebbe oder Fluth sich nach den
adpulsum lunae ad Meridianum vel circulum horae
sextae richtet; wobey man die Währung der
gedachten 6. Stunden nach dem Lauffe des Monds
beurtheilen muß, als welcher wegen seiner eigener
Bewegung, etwas mehr als |
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{Sp. 11|S. 21} |
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6. Sonnen-Stunden von
Nöthen hat, von dem
sechsten Stunden-Circel zu den Meridianum zu gelangen; weil nun die
Zeiten
der Ebbe und Fluth so gar genau dem Lauffe des Monds um die
Erde
correspondiren; so pflegen auch die Calender-Schreiber an denen
Orten, die an der
See liegen,
dieselben Zeiten in denen Calendern mit zu
bemercken, als welche sie gar leicht berechnen
können, wenn sie aus der ihnen bekannten
Bewegung des Monds die Zeit determiniren, wenn
derselbe zu den sechsten Stunden-Circel und
Meridianum gelanget. |
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Man
muß sich aber |
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3) nicht einbilden, als wenn die Ebbe und Fluth
praecise zu der bestimmten Zeit an allen Ufern zu
obseruiren wäre; Denn dieses findet nur Statt, wo
keine Hindernisse vorhanden sind, die eine solche
regulaire
Bewegung derer
Wasser aufhalten
können, dergleichen sich in der offenbahren See
ereignet; hingegen, weil solches in seiner
Bewegung unterwegens allerhand Zufällen
unterworffen ist, ehe es an die Ufer kömmt; so ist es
auch kein Wunder, daß, nach
veränderlicher
Beschaffenheit derer
Ursachen, so dergleichen
Zufälle
würcken, an jedem Ort und Ufer einiger
Unterscheid sich zeige. |
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Kircherus, welcher in Mundo subterraneo viele
Obseruationes von der Ebbe und Fluth
aufgezeichnet, meldet ... Maxima maris
intumescentia tum primum sit, cum Luna Meridiani
ejus loci supremum vel imum locum occupat; und
Quaest. 1. versichert er, quod in omnibus Oceani
locis, vbi nullum impedimentum intercedit, fluxus
sex horis fiat, e.g. in freto Magellanico, in canali ad
littora intra Africam et insulam S. Laurentii
interjecto. |
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In denen neuern Zeiten hat die
Academie der
Wissenschafften in Franckreich diese
Sache sich
angelegen seyn lassen und denen
Professoribus
Hydrographiae in denen
Häfen von Franckreich
Befehl ertheilet, nach einer ihnen ertheilten
Vorschrifft die Ebbe und Fluth genau zu
obseruiren. |
Histoire de l'Academie Royale
des Sciences an. 1701. … |
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Cassini, der jüngere, hat die aus
verschiedenen
Orten eingelauffenen Obseruationen mit einander
verglichen, |
wie aus denen Memoires
derselben Academie … zu ersehen; |
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aber befunden, daß man in einem jeden Hafen
besondere
Regeln von Nöthen habe, wenn man die
Zeit und Beschaffenheit der Ebbe und Fluth genau
bestimmen
will. |
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4) Was die Direction dieser Bewegung des
Meeres anlanget, so hat man wahrgenommen, daß
solche von Morgen gegen
Abend
allezeit geschehe
und gleichsam als eine Modification der generalen
Bewegung des Meers anzusehen sey, Vermöge
deren solches sich beständig von Morgen gegen
Abend beweget, so daß auch der stärckste Wind
solches nicht in dieser Bewegung aufhalten
kan. |
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Man darff sich aber diese Direction der
Bewegung des Meers nicht an denen Ufern
desselben einbilden, als an welchen solches bey
der Fluth sich in die Höhe erhebet und bey der Ebbe
wieder sencket, folglich sich dieses Aufschwellen
und Fallen nach der Direction derer Ufer richtet;
sondern es ist hier die Frage von der hohen See,
wo keine Verhindernisse vorhanden, die die
Direction verändern können. |
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Dieser ihre Direction währender Fluth ist vom
Morgen gegen Abend gerichtet, und verursachet
das Aufschwellen derer Wasser nach und nach an
den Ufern so lange biß der Mond in den Mittags-Circel kömmt, allwo die gröste Fluth ist. Von dar an
fängt sich das Meer ieder an wuz setzen und Ebbe
zu machen, doch so, daß |
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{Sp. 12} |
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des ablauffenden Wassers Direction gleichfalls
vom Abend gegen Morgen gerichtet ist. |
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Es könnten einige sich einfallen lassen, als ob
bey der Fluth die Bewegung des Meers vom
Morgen gegen Abend und bey der Ebbe vom Abend
gegen Morgen gerichtet sey, und folglich zu- und
abflüsse; dahero Varenius solchen
Zweiffel zu
benehmen in seiner Geographia generali …
folgende Obseruationes zur Behauptung unsers
Phaenomi anführet: |
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Nemlich in der offenbahren See unter der Zona torrida obseruiret man keine andere
Bewegung des Meers, als die, so vom Abend gegen
Morgen geschiehet. In denen Meer-Engen, die gerade vom Morgen
gegen Abend zu sich erstrecken, und mit der
offenen See connectiret sind, dergleichen wir an
dem freto Magellanico, Maniliensi, Jauae und
andern Indianischen Inseln antreffen, ist zwar
innerhalb 12.
Stunden einmahl Ebbe und Fluth, und
die Direction des Fluth-Wassers ist vom Morgen
gegen Abend gerichtet; allein bey der Ebbe flüsset
das Wasser nicht durch die Mündung der Meer-Enge, die gegen Morgen lieget, wieder ab, sondern
dieser Abfluß ereignet sich durch die Mündung
derselben an der Abend-Seite; woraus klärlich
erhellet, daß auch die Bewegung des abflüssenden
Wassers vom Morgen gegen Abend dirigiret sey;
eben so wie die Direction der
täglichen Bewegung
des Monds um die Erde vom Morgen gegen Abend
geschiehet. |
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5) Die Grösse der Fluth und Ebbe pfleget man
durch eine perpendicular-Linie zu messen, welche
die Distance der Horizontal-Linie auf dem Fluth-Wasser von der Horizontal-Linie des Wassers der
Ebbe zu
erkennen giebet; denn, wie groß diese
Linie ist, um so viel ist das Wasser von der grösten
Ebbe biß zur höchsten Fluth perpendiculariter
gestiegen. |
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Diese Stärcke der Fluth ist weder zu allen
Zeiten noch an allen Orten von gleicher Grösse.
Denn, was das erste anlanget, so richtet sich solche
nach der
eigenen Bewegung des Monds in seiner
Bahn, wie aus denen folgenden Phaenomenis
erhellen wird; und was das andere betrifft, so ist an
einigen Orten des Meers eine starcke Fluth und
Ebbe; an einigen eine mittelmäßige; und an einigen
Orten ist sie fast gar nicht mercklich. |
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Das erstere ereignet sich an denen Örtern des
Meers, die unter der Zona torrida liegen; ferner an
solchen, die sich gerade vom Morgen gegen Abend,
oder auch diesen zur Seite erstrecken; ingleichen
wo wenig Inseln, Vorgebürge und Klippen
vorhanden; wie denn auch in denen Meer-Busen,
die sehr lang aber nicht sonderlich breit sind, eine
starcke Fluth und Ebbe angemercket wird. |
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Geringer ist diese meistentheils in denen
Meeren, die weiter von der Zona torrida abgelegen
sind; und in dem mittelländischen Meer und Sinu
Balthico, ingleichen in dem gantzen mitternächtigen
Meere über England, Norwegen und Grönland ist,
solche fast gar nicht mercklich; wiewohl auch dieses
alles noch wegen der besondern Lage
verschiedener Orte, zuweilen seinen Abfall leidet. |
- Kircherus
l.c. …
- Fromondus Meteorolog. L. V.
- Honoratus Fabri in Phys. T. III.
- Varenius
l.c. …
- Sturm Phys. Eclect.
…
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Überhaupt aber ist die Fluth an denenjenigen
Orten respectiue am grösten, denen der Mond in
Zenith ist; wie denn alle Obseruationes einhellig
bekräfftigen, das gerade unter dem Monde das
Wasser am höchsten auf- |
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{Sp. 13|S. 22} |
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schwelle. Cassini hat über dieses angemercket,
daß je grösser die Fluth ist je grösser auch die Ebbe
sey, so, daß das Wasser in der Ebbe niedriger
stehe als es sonsten stehen würde, wenn keine
Fluth gewesen wäre. |
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6.) Aus denen bißherigen Phaenomenis erhellet
zur Gnüge, daß die Abwechselung der Ebbe und
Fluth und ihre Stärcke eine genaue Verwandniß mit
der täglichen Bewegung des Monds habe; allein
man hat auch über dieses vor alten Zeiten schon
angemercket, daß sich die Ebbe und Fluth,
besonders was ihre Stärcke anlanget, nach der
eigenen Bewegung des Monds von der Sonne
richte. |
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Denn man hat befunden, daß um den Neu-Mond und um den Voll-Mond an einem gegebenen
Orte der Erden die Fluth grösser sey als zu einer
andern Zeit; und daß sie von dem Neu-Mond an biß
zu dem ersten Viertheil ab, und von dar biß zu den
Voll-Mond wieder zunehme; von dem Voll-Mond
aber, biß zu den letzten Viertheil zum andern mahl
ab, und von dar biß zu dem Neu-Mond wiederum
zunehme. |
- Kircherus
l.c. …
- Varenius l.c.
…
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Jedoch trifft es hier auch nicht so genau biß auf
einen Tag ein, daß die gröste Fluth eben auf den
Tag fiele, wenn der Voll- oder Neu-Mond ist, und
hingegen die geringste Fluth eben auf den Tag, da
wir das erste oder letzte Viertheil haben; sondern es
verspätet sich etwas zu einer Zeit in einem Orte
mehr als in dem andern: insgemein rechnet man die
gröste Fluth auf den dritten Tag nach dem Neu-
oder Voll-Monde. |
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Die grosse Fluth zur Zeit der Neu- oder Voll-
Monde wird von denen
Holländern, Springvloet;
hingegen die Fluth zur Zeit derer Viertheil-Monde,
Schraelwater
genennet. |
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Es bekräfftiget das vorige die von dem Cassini
obgedachte Vergleichung der Obseruation, als
welche über dieses angiebet, daß die gröste Fluth
allezeit nach dem Neu- und Voll-Monde, niemahls
aber vor demselben komme, wie man sonst
geglaubet, daß es sich wohl auch zutragen
könne. |
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Eben so hat derselbe daraus befunden, daß die
kleinste Fluth zwey bis drey Tage nach denen
Viertheils-Monden sich ereigne, ingleichen, daß die
tägliche Verzögerung der Fluth kleiner ist von denen
Neu- u. Voll-Monden zu denen Viertheiln, als von
denen Viertheiln zu denen Neu- und Voll-
Monden. |
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7.) Eben dieser Cassini hat noch besondere
andere
Umstände entdecket, die zuvor von
niemanden wahrgenommen worden; wodurch er
noch eine viel genauere Übereinstimmung der Ebbe
und Fluth mit der eigenen Bewegung des Monds in
seiner Bahn herausgebracht. |
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Es zeiget nehmlich seine Vergleichung der
Obseruationen, daß die Grösse der Fluth sich nach
der Weite des Monds von der Erde richte, und sie
grösser sey, wenn der Mond der Erde nahe, als
wenn er weit davon weg ist. Und ist dahero als was
besonders anzusehen, daß die Fluth in denen
Quartier-Monden, wenn der Mond im Perigaeo ist,
so groß seyn kan, als in Neu- und Voll-Monden,
wenn in diesen der Mond das Apogaeum celebriret
oder von der Erde am weitesten wegstehet. |
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8.) Ferner hat Cassini befunden, daß die Fluth
sich auch nach der Declination des Monds oder
dessen Abstande von dem Aequatore richte, und
daß die
Würckung, wodurch die Fluth verursachet
wird, in Ansehung der Declination nur halb so groß
sey, als die in Ansehung der Weite des Monds von
der Erde. |
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Z.E. Wenn die Fluth deswegen, weil der Mond
in |
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{Sp. 14} |
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Perigaeo oder Erdnahe, zwey Schuh höher ist,
als sonst; so ist sie deswegen nur einen Schuh
höher, wenn solches von der Declination des Monds
herrühren
soll, da er keine hat, sondern im
Aequatore anzutreffen ist; wie denn überhaupt bey
zunehmender Declination des Monds die Fluth
abnimmt. |
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9.) Man hat auch schon vor
Alters die dritte
Bewegung in dem Meere erkannt, welche mit dem
jährlichen Lauffe der Sonnen zusammen stimmet,
und in einem Jahre zu Ende kömmt. |
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Nemlich man hat wahrgenommen, daß um die
Zeit, wenn Tag und Nacht gleich wird, als zu
welcher Zeit sich die Sonne in dem Aequatore
befindet, die gröste Fluth an einem gegebenen Orte
am grösten sey; und um die Zeit, wenn der Tag am
längsten oder kürtzsten, das ist, wenn die Sonne die
gröste Declination hat, die sonst
gewöhnliche gröste
Fluth an einem Orte kleiner sey als zu einer andern
Zeit des Jahrs. Und man hat schon vor diesem
dafür gehalten, daß die Fluthen von dem
Aequinoctio an biß zu denen Solstitiis ab, hingegen
von diesem biß zu dem andern Aequinoctio wieder
zunehmen. |
- Kircherus
l.c.
- Varenius l.c. …
- J.C.
Sturm l.c. …
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Die neuern Obseruationes des Cassini
bekräfftigen solches, daß die Declinationes der
Sonne zur Verminderung in der Grösse der Fluth
etwas beytragen, ob zwar solche nicht so viel
effectuiren, als die Declinationes des Monds; jedoch
erinnert eben derselbe, daß hierzu Obseruationes
von etlichen
Seculis von Nöthen wären, wenn man
was
gewisses von der Grösse der Würckung, so
von der Declination der Sonne herrühre, bestimmen
wollte. |
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Dieses sind die
vornehmsten Phaenomena der
Ebbe und Fluth, aus welchen man wird
beurtheilen
können, welche
Hypothesis, die man die Ursache
derselben zu
erklären ausgedacht, den grösten
Grad der
Wahrscheinlichkeit habe. |
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Es
mangelt zwar allerdings noch an einer
vollständigen
Historie hiervon, und eine genugsame
Menge von Obseruationen aus verschiedenen
Orten müssen mit der Zeit ein
Licht geben, was vor
besondere Umstände die allgemeinen Phaenomena
in ihrer
Ordnung an verschiedenen Orten
verhindern, und solche irregulair machen; doch sind
die allgemeinen Phaenomena dergestallt
beschaffen, daß man noch eine
gute und
hinlängliche Ursache von der Ebbe und Fluth
anzugeben vermögend ist, aus welcher man
zugleich erlernen kan, auf was für Umstände man
bey denen künfftigen Obseruationen Acht zu geben
hat, und die Particular-Ursachen der Veränderung in
der Ebbe und Fluth auch zu entdecken. |
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Wir führen demnach folgende verschiedene
Meynungen derer
Weltweisen von der Ebbe und
Fluth an; und zwar erst kürtzlich diejenigen, die den
Grund hiervon anders woher, als von der Bewegung
des Monds, gesucht; hernachmahls dererselben,
die den Mond und dessen Bewegung als den
Haupt-Grund davon angesehen, worunter vor
andern von der Cartesianischen und Newtonischen,
als denen jetziger Zeit bekanntesten Hypothesibus
wird zu
reden seyn. |
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Unter denen Alten sollen Plato und seine
Anhänger in der Meynung gestanden haben, es
wären unter dem Grund des Meers grosse
Schlünde und Abgründe, aus welchen die immer zu
mit
Gewalt herausflüssende, und die wieder da
hinein dringende Wasser eine solche Meers-Bewegung verursachten; welche Meynung aber
Honoratus Fabri l.c. … |
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{Sp. 15|S. 23} |
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und Fromondus l.c. längstens
wiederleget. |
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Andere haben die Sache auf die kürtzeste
Weise zu erklären gesucht, indem sie gewisse
Geister angenommen, die unter dem Welt-Meer
bliesen, und durch solches Blasen die Ebbe und
Fluth erregten. |
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Einige hielten dafür, daß das unterirrdische
Feuer durch seine Entzündung das Meer unruhig
mache. |
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Noch andere
sagten, die unter dem Wasser
eingeschlossene
Lufft drücke das Meer, erhebe
solches, treibe es auswärts gegen seine Ufer, und
wenn dieses das Meer einige Zeit ausgestanden,
schlage es die Lufft mit eben solchem Ungestüm
wieder zurücke. |
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Allein alle diese Hypotheses sind dergestallt
beschaffen, daß sie mit einer so regulairen
Abwechselung der Ebbe und Fluth keines Weges,
und um desto weniger mit denen Phaenomenis
bestehen können.
Vernünfftiger ist die Meynung des
Galilei in Dialogis de Systemate Mundi Dial. 4.
welcher die Ebbe und Fluth und die tägliche
Bewegung des Monds, als mit einander
correspondirenden Dinge, von einer dritten
Ursache, nemlich von der Bewegung der Erde um
ihre Axe herleitet; denn weil von dieser die tägliche
Bewegung des Monds
dependiret; so hat er auch
diese als eine Ursache der Ebbe und Fluth
angegeben, indem nemlich das Meer-Wasser der
geschwinden Reuolution der Erden vom Abend
gegen Morgen nicht so geschwind folge, sondern
etwas gegen Abend zu zurücke stehen bleibe und
dadurch die Ebbe verursache; hernachmahls aber
bey continuirter Reuolution der Erden wieder an
seinen Ort gelange und Fluth mache. |
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Wallisius
Dissert. de Fluxu et Refluxu Maris hält
diese Hypothesin zwar vor vernünfftig; will aber
doch die Bewegung des Mondes nicht
ausgeschlossen haben; und Gassendus in
Animaduersionibus … nachdem er verschiedene
Meynungen hierüber angeführet, bezeuget vor
diese die gröste Hochachtung, ungeachtet er nicht
in Abrede ist, daß dieselbe noch vielen
Schwierigkeiten unterworffen; wie denn auch bey
dem Berigardo … Circul. Pisan. viele
Beweiß-Gründe zu finden, so wieder diese Meynung könten
angeführet werden. |
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Es hat aber Galileus schon zuvor gesehen, daß
aus dieser seiner Hypothesi folge, daß innerhalb
vier und zwantzig Stunden nur eine Fluth kommen
könne, und die andern nur zufälliger Weise Statt
finde; weswegen wir auch, da diese Meynung
denen übrigen Phaenomenis
gantz und gar kein
Genügen thut, uns nicht länger darbey aufhalten
wollen. |
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Unter denenjenigen, welche die Würckung der
Ebbe und Fluth denen Gestirnen, besonders dem
Monde unter Sonne zuschreiben, sind wiederum
verschiedene, die diesen influxum auf verschiedene
Art erklären. |
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Keplerus in Astronomia Lunari … eignet dem
Monde eine der magnetischen Kraft ähnliche
Ursache zu, wodurch sie das unter ihr auf der Erde
befindliche Wasser gleichsam in die Höhe ziehet.
Diese Hypothesis ist weit vernünfftiger als die
andern, welches unten bey der Newtonischen
Hypothesi erhellen wird, als welche ihren
Ursprung
daher genommen. |
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Andere als Isaac Vossius de Motu Marium et
Ventorum … Thomas Campanella in
Disquisitionibus Physiologicis … und unter denen
neuern Jo. Andreas Schmidt in Physica positiua …
wollen, die Sonne breite das Wasser durch ihre
Hitze aus; wenn nun das Wasser also aus einander
getrieben wird und grössern Platz erfordert, |
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{Sp. 16} |
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so trete es an denen Ufern aus, und komme
endlich, wegen der natürlichen Neigung
eingeschlossen zu seyn, wieder in seinen Strom.
Allein auch diese Hypothesis, der unzulänglichen
und noch nicht erwiesenen Art und Weise des
Ausbreitens nicht zu gedencken, thut denen
Phaenomenis kein Genügen, als welche einhellig
den Mond mit im Spiele haben wollen. |
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Kircherus in Mundo Subterraneo … suchet den
Grund im Monde, bildet sich aber ein, daß,
gleichwie unsere Wasser viel Saltz in sich hätten,
also wären auch die Wasser in dem Monde mit
Saltz-Theilgen, wiewohl von einer andern Art,
angefüllet, welche, indem sie mit denen Strahlen
aus denen Meeren des Mondens auf unser Welt-Meer zurück schössen, zugleich abflössen, und mit
dieses seiner Saltzigkeit vermischet würden, eine
Efferuescentiam und solche Aufkochung des Meer-Wassers verursachten, welche die Ebbe und Fluth
vorstellen könnte. Es scheinet aber diese Influentz
etwas gar zu Handgreifflich zu seyn. |
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Cartesius in Princip. Philos. … erkläret die
Sache durch einen Druck, und nimmt an, daß der
Mond die Himmels-Lufft drücke, und seinen Druck
durch unsere Lufft biß auf das Wasser in der See
propagire, wodurch dasselbe gegen die Ufer
getrieben werde. Es eignet nemlich derselbe einem
jeden Planeten einen Wirbel von subtiler Himmels-Lufft zu, welcher von denen andern umstehenden
Wirbeln eingeschlossen ist, und alles darinnen
befindliche um den Mittel-Punct des Planeten herum
treibe. |
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Einen dergleichen Wirbel giebt er auch der
Erden, welcher den Mond um sie herum führet, der
aber auch zugleich mit der Erde und dem Mond in
dem grossen Wirbel, der um die Sonne ist, mit
fortgerissen wird. Nun saget Cartesius, wäre in dem
Erd-Wirbel kein Mond, so bliebe derselbe innerhalb
seinen
Schrancken, und würde seine innere halb
ihm eingeschlossene Himmels-Lufft von nichts
zusammen gedrückt; allein da der Mond in dem
Erd-Wirbel oder zu Ende desselben stehet, und
einen ziemlichen Platz nach seiner Grösse ausfüllet,
so müste der Platz des Wirbels zwischen ihm und
der Erden um so viel kleiner werden, als der
Diameter des Monds selber sey; hierdurch würde
die darzwischen liegende Himmels-Lufft sehr starck
zusammen gedruckt, daß sie durch diese
Compression die Erde selbst in etwas aus ihrem
Mittel-Puncte schiebe, und diese der drückenden
Gewalt in so weit weichen müste, biß der
Raum
zwischen denen Antipodibus und dem untern Ende
des Erd-Wirbels, dem Raume zwischen der obern
Fläche der Erden und dem Monde gleich werde,
woraus folge, daß diese drückende
Krafft sich auf
das Wasser als ein flüßiges
Element erstrecke,
wodurch solches auf dem Welt-Meer gedruckt
würde, u. gegen die Ufer anlauffe, biß indessen die
Erde sechs Stunden in ihrer Bewegung um die Axe
zugebracht; als worauf sich nach geendigtem
Drucke der Ablauff oder die Ebbe
anfange. |
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Es erhelle hieraus ferner, daß, da die Erde
durch den Druck der Himmels-Lufft auf die gegen-überstehende Seite etwas aus ihrem Mittel-Puncte
gerücket würde, nicht nur oben, wo der Mond stehe,
sondern auch bey denen Antipodibus zu gleicher
Zeit, gleiche Bewegung des Meers müsse verspüret
werden; ingleichen, daß weil der Mond in seiner
Orbita alle Tage fortgehe und also den andern Tag
nicht mehr in dem Puncte des Himmels sich
befinde, |
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{Sp. 17|S. 24} |
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wo er heute gewesen, die Ebbe und Fluth den
andern Tag auch später, angehen müsse. |
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Er
erinnert ferner, daß diese Bewegung des
Meers zur Zeit derer Neu- u. Vollmonde deswegen
stärcker als sonsten sey, weil der Mond in eine
Ellipsi sich bewege, und sich zu derselben Zeit in
dieser ihrer kleinen Axe befinde, folglich der Erden
näher sey, und daher desto stärcker drucke;
hingegen zur Zeit der Viertheil-Monden befinde sich
der Mond in der grossen Axe seiner Elliptischen
Bahn, und sey daher der Raum zwischen ihm und
der Erde alsdenn grösser, als zur Zeit derer Neu-
und Voll-Monde, weswegen auch alsdenn die Ebbe
und Fluth zur selben Zeit geringer sey. |
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Es hat diese Hypothesis des Cartesii viel
Wahrscheinlichkeit, und thut vielen oben
angeführten Phaenomenis ein Gnügen, weswegen
sie auch von vielen Physicis angenommen und
vertheidiget worden, als von |
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- Antonio le Grand in Instit. philos. …
- Fromondo
in Meteorolog.
- du Hamel in Opp. Philosoph. …
- Varenio in Geographia generali …
- Honorato Fabri in
Phys. …, wiewohl dieser in etwas davon abgehet,
und die Schwere des Monds gegen die Erde, und
der Erde gegen den Mond und den daher rührenden
ungleichen Druck der Lufft mit zu Hülffe nimmt;
- von
Morhof in Polyhistor. …
- Jo. Christoph Sturm in
Phys. Elect. …
- Ludolph in dissert. de Fluxu et
refluxu maris,
Jena 1702
- und andern.
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Doch ist nicht zu
läugnen, daß diese
Hypothesis des Cartesii noch verschiedenen
wichtigen Schwierigkeiten unterworffen ist, und
daher keinen zulänglichen Grad der
Wahrscheinlichkeit hat. |
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Denn erstlich ist sie auf den schlüpfrichen
Grund der Cartesianischen Wirbel gebauet, deren
Ungrund verschiedene Phaenomena des Himmels,
besonders einiger Cometen, die sich in ihrer
eigenen Bewegung, wieder die Direction derer
Wirbel, von Morgen gegen Abend bewegen, zu
erkennen geben. Wenn aber keine eingeschloßene
Wirbel in der
Natur Statt finden, so fällt auch die
Zusammendrückung der innerhalb dem Erden-Wirbel befindlichen Himmels-Lufft von dem Mond,
weil sie alsdenn allenthalben ausweichen kan, über
den Hauffen, u. kan folglich durch deren Druck
keine Ebbe und Fluth hervor gebracht werden. |
|
|
Über dieses stimmet diese
Theorie mit denen
Phaenomenis selbst nicht überein, weil der Druck
nach des Cartesii
Sinne das Wasser auf der Erden,
so sich gerade unter dem Monde befindet, niedriger
machet und einen Quadranten davon oder in dem
sechsten Stunden-Circel beyderseits die Fluth
verursachet; da hingegen, wie wir oben angeführet,
alle Obseruationes einhellig bekräfftigen, daß unter
dem Monde die Wasser aufschwellen, und die
gröste Fluth erregen. |
|
|
Es geschehen auch nicht alle Neu- und Voll-Monde in dem kleinen Diameter der Elliptischen
Bahn, u. die Viertheil-Monde in dem grossen; daher
auch die Raison von der stärckern Fluth in denen
Syzigiis, und schwächern in denen Viertheiln nicht
zulänglich; und was dergleichen mehr, so diese
Hypothesin des Cartesii
unwahrscheinlicher
machen. |
|
|
Einen weit grössern Grad der
Wahrscheinlichkeit, ja fast ein Grad der
Gewißheit
hat die Newtonianische Theorie, indem sie nicht nur
auf ein Phaenomenon der Natur
gebauet ist,
welches alle zugestehen müssen, sondern auch von
alle dem, was man von der Ebbe und Fluth bißher
obseruiret, den Grund auf eine sehr natürliche und
begreiffliche Weise anzeiget. |
|
|
Es gründet sich aber diese Theorie des
Newtons auf die |
|
|
{Sp. 18} |
|
|
Schwere, welche der Mond gegen die Erde,
und hinwiederum die Erde gegen den Mond,
ingleichen die Sonne gegen die Erde, und die Erde
gegen die Sonne hat; welche, damit sie niemanden
einen Scrupel erwecket, zumahl da Newton durch
das willkührlich angenommene
Wort, Adtraction,
(welches so vielen nicht gefallen will) seine Theorie
erläutert, wir folgender Massen erklären. |
|
|
Es hat ein jedweder
Theil unserer Erde eine
Schwere, das ist, eine
Krafft, sich gegen den Mittel-Punct der Erde zu bewegen, wenn sie an ihrer
Action nicht verhindert wird; daher auch ein jeder
Cörper, der ausserhalb der Erden gebracht und sich
überlassen wird, freywillig gegen die Erde herunter
fällt. Dieses ereignet sich rund um die Erde herum,
und ist allemahl die Direction der Schwere gegen
den Mittel-Punct der Erden gerichtet; woraus
erhellet, daß die Schwere eine vis centripeta
sey. |
|
|
Man mag einen Cörper hoch, oder nicht allzu
hoch, über die Erde bringen, so wird er allezeit von
dieser Krafft, (sie
mag nun bestehen, worinnen sie
will, genung, daß sie in der Natur vorhanden) wieder
herunter getrieben; und können wir daher keinen
Terminum adsigniren, wo die Action dieser Krafft,
die Cörper gegen den Mittel-Punct der Erden zu
treiben, aufhören sollte, sondern es ist der
Vernunfft
gemäß, daß sie sich durch das gantze Systema
Mundi ausbreitet, ungeachtet sie an ihrer Force
beständig abnehmen (wie auch
würckl. geschiehet,
Vermöge des folgenden) und in einer sehr grossen
Weite von der Erden, wenn ihr nemlich von andern
viribus centripetis Einhalt geschiehet, keinen
Effect
mehr des Herabsteigens derer Cörper gegen die
Erde hervorbringen kan. |
|
|
Die Gewißheit hiervon giebt die eigne
Bewegung des Monds um die Erde zu erkennen.
Denn aus dieser folget, daß der Mond eine vim
centripetam gegen die Erde haben müsse; indem,
wo diese nicht vorhanden wäre, auch nichts den
Mond in seiner Bewegung gegen die Erde zu zurück
halten könnte, daß er in einer krummen Linie sich
um sie bewegte, sondern es würde derselbe,
Vermöge des Grund-Satzes der Mechanic, nach
einer geraden Linie in infinitum sich fortbringen und
mehr und mehr von der Erden entfernen. |
|
|
Diese vis centripeta, welche den Mond zwingt,
daß er eine gewisse krumme Linie durch seine
Bewegung um die Erde beschreiben muß, ist eben
die Krafft der Schwere, die durch das gantze
Vniversum disponiret ist, und die Cörper gegen die
Erde zu treibet, wenn sie nicht von einer stärckern
Krafft daran verhindert wird. |
Es erweiset solches Nevvton in
Princip. philos. Natur. Nathem. … und aus ihm
Dauid Gregorius in Elem. Astron. Phys. et Geometr.
... |
|
Nemlich weil der Mond in seiner Bewegung
nicht nach einer geraden Linie fortgehet, sondern
davon beständig abweichet, und von der gedachten
vi centripeta gegen die Erde zu getrieben wird, so
fällt er gleichsam beständig gegen die Erde zu, und
zwar beträgt der Raum dieses Falles in einer Minute
15 ½ Fuß aus, wie sich aus Astronomischen
Gründen leichtlich zeigen läst. |
|
|
Es darff sich aber niemand einbilden, als wenn
der Mond, indem er beständig so fort falle, endlich
gar auf die Erde antreffen würde; denn dieses
Fallen ist nur von der Abweichung der geraden Linie
zu verstehen, nach welcher der Mond in seinem
motu progressiuo fortgehen würde, wenn ihm nicht
die vis centripeta gegen die Erde zurücke hielte; da
hingegen die Gleichheit der vis centripetae und der
aus dem motu herrührenden vis centrifugae, den
Mond zwingt, eine gewisse krumme Linie in seiner
Bewegung um die Erde zu beschreiben, und
keinesweges zuläßt, daß |
|
|
{Sp. 19|S. 25} |
|
|
der Mond gäntzlich gegen die Erde könne zu
getrieben werden. |
|
|
Nun hat Hugenius bey der unveränderlichen
Schwere, so in der Gegend der Ober-Fläche
unserer Erden Statt findet, durch Experimente die
Höhe ausfündig gemacht, durch welche ein Cörper
bey uns innerhalb einer Minute fallen muß, und
Nevvton hat, von der veränderlichen Schwere in
verschiedenen Weiten von der Erde erwiesen, daß
in einer solchen Weite von der Erden wie der Mond
davon hat, ein Cörper von der dort agirenden Krafft
der Schwere innerhalb einer Minute 15 ½ Fuß fallen
müsse; welches da es sich, wie oben gedacht, bey
dem Monde ereignet, klärlich
darthut, daß die vis
centripeta des Monds nichts anders sey als eine
Krafft der Schwere, die den Mond nach der Erden
zu vrgiret. |
|
|
Daß aber die Schwere veränderlich sey, und
beständig immer abnehme, ie weiter man sich von
der Erde entferne, erhellet daraus, daß der Mond in
einer Ellipsi sich bewege, als von welcher
Bewegung in der höhern Mechanic
demonstriret
wird, daß die darbey
arbeitenden vires centripetae
sich reciproce wie die Quadrate derer Weiten, von
dem Mittel-Puncte, nach welchen die Vires
centripetae dirigiret sind, verhalten. |
|
|
Vermöge dessen würde also ein Stück Bley, so
bey uns hier 1 Pfund wieget, wenn man es so weit
von uns entfernete, als der Mond stehet, nicht mehr
1 Pfund sondern weniger wiegen, und zwar würde
alsdenn dessen Schwere sich verhalten, zu der
Schwere eines Pfundes, welche es hier auf der
Erden gehabt, wie das Quadrat des Semidiametri
der Erden oder unserer Entfernung von dem Mittel-Puncte der Erden zu dem Quadrate der Weite des
Monds von der Erden, als wohin wir das Bley
gesetzt zu seyn angenommen haben. |
|
|
Es hat demnach der Mond und jedweder Theil
desselben eine Schwere gegen die Erde, und ist
dieselbe geringer, wenn der Mond weiter von der
Erden entfernet ist, grösser aber, wenn er derselben
näher stehet, und zwar sind diese Schweren in
ratione reciproca derer Quadrate ihrer Entfernung
einander proportioniret; welches auch von
jedwedem Theile des Monds zu
verstehen. |
|
|
Gleichwie dieses sich so in Ansehung der Erde
verhält; also findet auch solches umgekehrt von der
Erde in Ansehung des Monds Statt, und hat
dieselbe, wie auch ein jedweder Theil derselben
gegen den Mond eine Schwere, die dem Quadrate
der Entfernung reciprocé proportioniret ist. Es ist
nemlich der Mond ebenfalls ein
Welt-Cörper wie
unsere Erde, und dessen Theile müssen gegen
seinen Mittel-Punkt einen Nisum, das ist, eine
Schwere haben, weil sie sonst keinen solchen
festen und bey nahe runden Cörper formiren,
sondern aus einander gehen würden. |
|
|
Diese Krafft der Schwere befindet sich nun
nicht in dem Cörper des Monds allein, sondern
extendiret sich auch ausserhalb dem Monde, und
vrgiret die ausserhalb dem Monde befindlichen
Cörper gegen den Mittel-Punct; reichet also folglich
auch biß an unsere Erde, und verursachet, daß
auch die Theile unserer Erde einen Nisum oder
Schwere gegen den Mond haben, derer Force
reciproce dem Quadrate der Weite von dem Centro
des Monds proportioniret ist; |
wie Nevvton und Gregory in
angezogenen Örtern erweisen. |
|
Wäre dieser Nisus derer Theile unserer Erde
gegen den Mond stärcker, als eben derselbigen
ihrer Schwere gegen den Mittel-Punct der
Erden, |
|
|
{Sp. 20} |
|
|
so würden selbige von dieser abgerissen und
gegen den Mond zu getrieben werden. Allein da die
Schwere dieser Erd-Theile gegen das Centrum der
Erden weit stärcker ist, als der Nisus derselben
gegen den Mond, so können solche auch nicht von
ihr durch diesen Nisum abgerissen werden;
inzwischen destruiret doch dieser Nisus ein Stück
von der Schwere gegen das Centrum der Erden, als
zwey einander entgegen gesetzte Kräffte und
verursachet, daß die Theile der Erden nicht so
starck von ihrer Schwere gegen den Mittel-Punct
der Erden vrgiret werden, als sie würden davon
gedruckt werden, wenn kein dergleichen Nisus in
derselben gegen den Mond vorhanden. Mit einem
Worte, dieser Nisus macht die Theile unserer Erden
gegen ihren Mittel-Punct leichter, als sie würcklich
seyn würden, wenn gedachte Nisus cessirte. |
|
|
Was hier von der Schwere des Monds gegen
die Erde, und hinwiederum von der Schwere der
Erden gegen den Mond gesagt worden, findet auch
von denen übrigen Welt-Cörpern Statt, und hat
solchergestallt die Erde, welche sich um die Sonne
beweget, eine vim centripetam oder Schwere gegen
die Sonne, und hinwiederum die Sonne gegen die
Erde; und zwar ist diese gleichfalls reciprocé dem
Quadrate der Entfernung proportioniret. |
|
|
Der Mond hat zwar auch eine Schwere gegen
die Sonne, et vicissim; allein diese ist bey weitem
nicht so starck, als die Schwere des Monds gegen
die Erde, welches eben die Ursache ist, warum sich
der Mond um die Erde, und nicht in einer besondern
Orbita um die Sonne herumbeweget. |
|
|
Wenn man nun dieses alles annimmt, wie man
denn solches als eine von denen Mathematicis
unwidersprechlich demonstrirte
Wahrheit einräumen
muß; so kan man die Ursache der Ebbe und Fluth,
und deren phaenomena gar leichte darthun und
erweisen. |
|
|
Es sey ABCD die Erde, in T ihr Mittel-Punct in L
der Mond, welcher dem Orte auf der Erden C in
Zenith, dem Orte A in Nadir; und sey die Erde
endlich an der äussern Fläche um und um mit
Wasser umflossen, oder die Section der Erden
ABcD sey dieselbe, wo das grosse Welt-Meer sich
befindet. |
|
|
Weil der Ort C dem Monde näher liegt, als das
Centrum derselben, oder die von Mond mit
demselben gleich weit abstehenden Örter B, D, so
ist die Schwere in C gegen den Mond stärcker, als
in T oder denen Örtern B, D. Und zwar verhält sich
die Schweren in C zu der Schwere in T (oder B oder
D) wie das quadrat der Weite TL zu dem Quadrat
der Weite CL oder wie TL2 : CL2. |
|
|
Es sey TL2 : CL2 = LM : LT, und es wird LM die
Schwere in C, und LT die Schwere in T gegen den
Mond vorstellen; folglich wird um das Stück TM
nach der Direction MT die Schwere in C gegen den
Mond grösser seyn als in T oder in denen Puncten
B, D. |
|
|
Hieraus ist klar, daß, weil in C das Wasser
schwerer gegen den Mond, als in denen Örtern B
oder D; dasselbe in C nicht so starck gegen die
Erde grauitire, als das Wasser B oder D, dahero
wird es von diesem ex ratione tuborum
communicantium (indem die Wasser in dem Meer
gleichermaßen mit einander communiciren) in die
Höhe getrieben, biß es das Aequilibrium mit ihm
erhält. |
|
|
Denn von denen Tubis communicantibus ist
bekannt, daß, wenn man sie mit Liquoribus diuersae
grauitatis specificae, z.E. mit Wasser und Öl fül-
|
|
|
{Sp. ohne Zählung|S. 26} |
|
|
der Liquor von der leichtern Art als das Öl er
über der Horizontal-Linie stehe, als der von
schwerern Art z.E. das Wasser. Da nun die bey
allen denen zwischen C und B und C und D |
|
|
[Grafik] |
|
|
gelegenen Theilen des Wassers Statt findet,
oder diese nicht so schwer gegen den Mittel-Punct
der Erden grauitiren, als das Wasser in D oder B, so
müssen auch dieselben höher zu stehen kommen
als in D oder B. |
|
|
Allein ie näher ein Ort von C gegen B oder D
zulieget, ie geringer wird schon dessen Schwere
gegen den Mond und ie grösser gegen die Erde.
Dahero ob es schon an denenselben zwischen C
und B oder D gelegenen Örtern höher stehet als in
B und D, so stehet es doch nicht so hoch als in C,
sondern nimmt von dar biß gegen B und D an
seiner Höhe beständig ab, und repraesentiret
folglich eine halbe Oual-Figur BcD, deren gröste
Höhe unter dem Mond in c ist. |
|
|
Der Ort auf der Erden in A, dem der Mond in
Nadir, ist weiter von Mond L entfernet, als der Mittel-
Punct der Erden T oder die Örter B, D. Dahero ist
auch die Schwere in A gegen den Mond
geringer |
|
|
{Sp. 22} |
|
|
als in T, B oder D; und zwar verhält sich diese
Schwere in A gegen der Schwere eggen den Mond
inn T = TL2. |
|
|
Es sey TL2.LA2 : LA2 = LN:LT, und es wird
alsdenn die Linie LN die Schwere gegen den Mond
in A, und LT, die Schwere in T, D oder B gegen den
Mond vorstellen, folglich die Schwere in A gegen
den Mond um TN und zwar nach der Direction NT geringer seyn als in
T, B oder D. |
|
|
Es kömmt aber die Direction AT der Schwere,
welche das Wasser in A gegen den Mittel-Punct der
Erden T hat mit der Direction AL der Schwere des
Wassers in A gegen den Mond; dahero wenn diese
Schwere in A gegen den Mond von gleicher Grösse
wäre mit der Schwere in T gegen den Mond, so
würde sich in A keine
Veränderung des Wassers
zeigen: allein weil um NT die Schwere in A gegen
den Mond geringer ist als in T; dieses NT aber der
Schwere in A, welche so wohl aus der Schwere
gegen den Mittel-Punct der Erden, als gegen den
Mond, eben so starck als wie in T. per hypoth.
resultiret, entgegen gesetzet ist; so wird auch der
Druck, den das Wasser in A nach der Direction AT hat, geringer als zuvor: und wird folglich weniger
gegen den Mittel-Punct der Erden gedruckt, als die
Materie um das Centrum, T, gegen dasselbe,
dahero ist das Wasser in A leichter als in T, oder
auch in denen Örtern B oder D. |
|
|
Es muß derowegen in A aus eben der Ursache,
wie zuvor in C, das Wasser in die Höhe treten,
welches sich auch an denen Örtern zwischen A und
B, A und D ereignet, weil daselbst gleichfalls die
Schwere gegen den Mittel-Punct, der geringer ist,
als in B oder D; und formiret folglich des
aufgeschwollene Wasser in dem dem Monde
entgegen gesetzten hemisphaerio der Erden BAD,
ebenfalls eine halbe Oual BaD. |
|
|
Hieraus lassen sich nun die Phaenomena der
Ebbe und Fluth sehr deutlich erklären. Es sey der
Ort in B, wo jemand die Ebbe und Fluth obseruiret.
Wenn der Mond in dem sechsten Stunden-Circel
gegen den Morgen-Horizont stehet, so ist er um
einen Quadranten von dem Orte B entfernet und
stehet demnach dem Orte C in Zenith; dahero
bekömmt das Wasser auf der Erden die Oual-Figur
cBaDc, Vermöge deren das Wasser in dem Orte B
am niedrigsten stehet und daselbst die gröste Ebbe
machet. |
|
|
Wenn nun der Mond sich gegen den Mittag-Circel des Ortes B zu bewegt, so drehet er
gleichsam die Oual-Figur des Wassers mit herum,
und die gröste Höhe derselben c kömmt dem Orte B
immer näher zu liegen, daher nimmt die Fluth in
dem Orte B beständig zu, biß der Mond in den
Mittags-Circel und die gröste Höhe des Wassers c
in B selbst gelanget, da alsdenn die gröste Fluth
ist. |
|
|
Wenn der Mond von dem Mittags-Circel sich
gegen A zu beweget, entfernet sich gleichfalls der
Ort des höchsten Wassers von B gegen A, und
nimmt dahero die Fluth an dem Orte B nach und
nach ab. Kömmt der Mond über A oder in den
sechsten Stunden-Circel gegen Abend zu stehen,
so erhält die Oual-Figur des Wassers wiederum ihre
Lage, wie in der Figur, und ist alsdenn in B die
gröste Ebbe. |
|
|
Trifft der Mond in den Mittags-Circel über D
oder stehet dem Orte B in Nadir, so trifft auch die
grosse Axe, ac, der Oual-Figur des Wassers auf die
Örter D und B wiederum die gröste Fluth. Und wenn
endlich der Mond in seiner täglichen Bewegung
wieder in das Zenith des Orts |
|
|
{Sp. 23|S. 27} |
|
|
C gelanget, so ist auch wieder in B die gröste
Ebbe, und das gantze vorige Spiel hebet sich nun
von neuem wieder an. Und dieses ist die Erklärung
des ersten Phaenomeni. |
|
|
Weil der Mond in seiner eigenen Bewegung
täglich ungefehr 14 Grad vom Abend gegen Morgen
fortrücket; so kömmt er auch den andern Tag
ungefehr um drey viertel Stunden später in das
Zenith des Orts C; dahero ist auch um so viel später
die gröste Ebbe in B, oder die Fluth fängt sich
daselbst um drey viertel Stunden später an.
Welches das andere Phaenomenon war. |
|
|
Der Mond beweget sich in seiner täglichen
Bewegung vom Morgen gegen Abend um die Erde,
und drehet nach eben dieser Direction die Oual-Figur des aufgeschwollenen Wassers mit um die
Erde herum; dahero ist die Direction dieser
Bewegung des Meers allezeit von Morgen gegen
Abend gerichtet; welches dem vierten
Phaenomenon respondiret. |
|
|
Weil die Erde ebenfalls, wie gegen den Mond,
eine Schwere gegen die Sonne hat; so muß auch
dieses alles in Ansehung der Sonne erfolgen, was
bishero in Ansehung des Monds ist erwiesen
worden, und schwillt daher das Wasser auf der
Erden unter der Sonnen in eben einer solchen Oual-Figur auf, wie wir solches bey dem Monde
sehen. |
|
|
Allein weil die Sonne gar viel weiter von der
Erden wegstehet als der Mond; so muß auch die
Schwere der Erden gegen die Sonne weit geringer
als gegen den Mond, folglich auch die in dem
Gewässer unserer Erden dependirende
Veränderung von der Sonnen weit geringer seyn;
doch kan die Sonne den Effect des Monds
vermehren und vermindern helffen, nachdem
nemlich die von der Sonnen herrührende Oual-Figur
des Wassers, mit der, so von der Würckung des
Monds entstehet, übereinkommt oder nicht. |
|
|
Wenn Neu-Mond ist, so stehet die Sonne und
der Mond zugleich in dem sechsten Stunden-Circel
eines Orts: da nun durch beyde das Aufschwellen
des Wassers unter ihnen verursachet wird, so muß
solches durch die correspondirende Würckung der
Sonne und des Monds ietzo höher aufschwellen, als
geschehen würde, wenn der Mond nur alleine
würckte, daher ist im Neu-Mond die Fluth stärcker
als sonsten. |
|
|
Zur Zeit des Voll-Monds, stehet der Mond der
Sonnen gegen über, daher fallen die grossen Axen
derer Oual-Figuren des Wassers, welche so wohl
die Sonne, als der Mond effectuiret, zusammen, und
wird zu gleicher Zeit an einerley Ort die gröste Fluth
gemacht; derowegen muß durch diese
zusammenstimmende Würckung die Fluth zur Zeit
des Voll-Monds grösser als sonsten seyn. |
|
|
Hingegen, wenn das erste Viertheil ist, so
stehet die Sonne über B, wenn der Mond in L über
C stehet; daher macht die Sonne in B, Fluth und
hingegen der Mond eben daselbst Ebbe; und
hinwiederum in C macht der Mond Fluth, da die
Sonne Ebbe macht, durch diese Ebbe aber wird der
Grösse der Fluth, die sonst der Mond allein erregen
würde, etwas benommen, und ist also schwächer
als sonst. |
|
|
Eben so verhält es sich in dem letzten Viertheil
wenn die Sonne über D und der Mond über C
stehet; dahero muß in denen Viertheils-Monden, die
von dem Mond dependirende Fluth geringer als
sonsten seyn, indem alsdenn die Würckungen der
Sonne und des Monds einander entgegen gesetzt
sind, und eine die andere hindert diese so regulaire
Veränderung in der Stärcke der Fluth, muß aber
doch etwas irre- |
|
|
{Sp. 24} |
|
|
gulaires erdulten, so zwar nicht von der
Würckung der Sonne und Mond herkömmt, sondern
von der Reciprocation der Bewegung, welche das
Meer hat, wenn es einmahl in Bewegung gesetzet
worden ist, seinen Ursprung nimmt. |
|
|
Wenn nemlich durch die Reuolution des Monds
um die Erde das Meer einige Abwechselungen der
Ebbe und Fluth erhalten, so würde solches diese
Bewegung einige Zeit continuiren, wenn auch gleich
alle Würckung des Monds auf einmahl aufhörete, so
lange nemlich biß diese Bewegung durch entgegen
gesetzte Hindernisse destruiret würde; fast auf die
Art, wie in denen Tubis communicantibus das in
Bewegung gesetzte Wasser einige Zeit das Auf-
und Nieder-steigen fortsetzet, wenn gleich die
Ursache dieser Bewegung cessiret. |
|
|
Eine dergleichen Reciprocation der Bewegung,
welche das Meer durch die Würckung des Monds
und der Sonne erhalten, verringert den Unterscheid
derer abwechselnden und durch die Mit-Würckung
der Sonne veränderlichen Fluthen, und verursachet,
daß die gröste Fluth sich nicht selbst in dem
grossen Neu- oder Voll-Mond, und die geringste in
denen Viertheiln ereigne, sondern wenige Tage
darnach erst sich zutrage, wenn nemlich der durch
die Reciprocation der Bewegung verringerte
Unterscheid derer abwechselnden Fluthen nach und
nach gehoben worden. Und dieses ist die Ursache
des sechsten Phaenomeni. |
|
|
Vermöge der Newtonischen Theorie richtet sich
die Würckung des Monds nach seiner Weite von der
Erde, und ist geringer, wenn der Mond von
derselben weiter wegstehet, hingegen grösser,
wenn er der Erden näher ist. Und mit diesem
stimmet überein, was Cassini (Phaenom. 7)
angemercket, daß die Fluth grösser sey, wenn der
Mond im Perigaeo, als wenn er in Apogaeo ist. |
|
|
Die gröste Weite des Monds ist nach dem de la
Hire in Tabb. Astron. beynahe 63 ½, und die
geringste noch nicht völlig 56 halbe Erd-Diameter,
und beläufft sich demnach der Unterscheid
zwischen der grösten und kleinsten Weite auf 7 ½
Semidiametros der Erden. |
|
|
Da wir nun oben gesehen, daß die Weite eines
Erd-Diameters zu dem Unterscheide der Ebbe und
Fluth genung, indem eben der Ort A von dem Ort B
um einen Erd-Diameter entfernet war; so kan man
leicht erachten, daß die Veränderung der Weite des
Monds von der Erde gar einen mercklichen
Unterscheid darinnen hervorbringen könne. |
|
|
Wenn der Mond in dem Aequatore ist, so
befindet sich die unter ihm aufgeschwollene Oual-Figur des Wassers gleichfalls in dem Aequatore
oder der Linie auf der Erden, und beweget sich
folglich in einem der grösten Circel derselben; wenn
hingegen der Mond eine Declination hat, so ist sein
diurnus ein kleinerer Circel als der Aequator, und das
Wasser beweget sich in einem kleinern Circel auf
der Erden. |
|
|
In beyden Fällen bringt der Mond bey nahe
einerley Zeit zu, ehe er eine Reuolution in seiner
täglichen Bewegung um die Erde vollendet; dahero
folget, daß in dem ersten Falle, das Wasser sich
geschwinder bewegen müsse als in dem andern,
weil dort in einerley Zeit, ein grösserer Raum, als
hier durchlauffen wird; demnach ist auch in jenem
Falle die gefaste Bewegung des Meers stärcker als
in diesem; und folglich auch die Fluth stärcker,
wenn der Mond im Aequatore ist, als wenn er eine
Declination hat; wie solches das Phaen. 8. haben
will. |
|
|
Eine gleiche Bewandniß |
|
|
{Sp. 25|S. 28} |
|
|
hat es mit der Sonne, daß ihre Würckung
stärcker ist als sonst, wenn sie in dem Aequatore,
oder doch wenigsten demselben nahe ist; und
hingegen am schwächsten wenn sie die gröste
Declination hat oder in denen Tropicis sich beweget;
weil wir oben gesehen, daß die Sonne auf gleiche
Art, wie der Mond, ob wohl nicht so starck, Fluth
und Ebbe erregen könne. |
|
|
Um dieser Ursachen willen müssen die Fluthen
um den Anfang des
Frühlings und
Herbstes grösser;
hingegen um den Anfang des
Sommers und
Winters geringer seyn; welches das 9te
Phaenomenon. |
|
|
Jedoch, da die Würckung der Sonne in
Ansehung des Monds geringe ist, so kan es wohl
geschehen, daß nach Beschaffenheit derer
Umstände, der Mond die Fluth vermindert, als sie
zur Zeit derer Aequinoctiorum vergrössert wird, und
man dahero nicht spüret, daß die grösten Fluten zur
selben Zeit grösser sind, als zu einer andern Zeit
des Jahres. |
|
|
Gleichergestallt kan nach Beschaffenheit derer
Umstände der Mond zur Zeit derer Solstitiorum die
Fluth mehr vermehren, als sie zu derselben Zeit die
Sonne wegen ihrer Declination vermindert, und
solchergestallt kan man alsdenn nicht spüren, daß
alsdenn die grösten Fluthen kleiner sind als zu einer
andern Zeit. |
|
|
Überhaupt aber ist in denen Neu- und Voll-Monden zur Zeit derer Solstitiorum die Fluth allezeit
kleiner, als in denen Neu- und Voll-Monden zur Zeit
derer Aequinoctiorum. Hingegen sind um jene Zeit
in denen Quadraturis oder Viertheiln die Fluthen
stärcker, als in denen Viertheiln zur Zeit derer
Aequinoctiorum, indem dort die Sonne weniger als
hier destruiret. |
|
|
Die grösten Fluten ereignet sich in denen
Syzigiis und die kleinsten in denen Quadraturis um
die Zeit, wenn Tag und Nacht gleich ist. In denen
Winter-Monathen ist die Sonne der Erden näher als
in denen Sommer-Monathen, und daher hat sie
auch zur selben Zeit mehr Würckung in
Hervorbringung der Ebbe und Fluth, und kan folglich
nach Beschaffenheit derer Umstände in denen
Winter-Monathen den Mond mehr helffen oder mehr
hindern, als in denen Sommer-Monathen. Es
geschiehet auch daher, daß sich die grösten Fluten
öffters von dem Frühlings-Aequinoctio, und öffters
nach dem Herbst-Aequinoctio ereignen. |
|
|
Wir haben bißher auf den Unterscheid der
Breite derer Örter auf der Erden, oder ihre
Entfernung von dem Aequatore nicht gesehen,
welche doch gleichwohl etwas effectuiren kan, weil
der Mond von einem Orte weiter wegstehet als von
dem andern; die Stärcke der Fluth aber sich nach
der Weite des Monds richtet. |
|
|
Wir haben bißher gleichfalls das Meer
betrachtet, als wenn es die gantze Erde umflüsse
und in dieser seiner regulairen Bewegung von
nichts verhindert würde; allein da Erde und Wasser
ein Corpus formiren und wunderlich mit einander
combiniret sind, so sind auch viele Hindernisse
vorhanden, welche diese regulaire Bewegung des
Meers an verschiedenen Orten hemmen und
irregulair machen können, wie solches das dritte
und fünffte Phaenom. angeben. |
|
|
Man wird aber auch diese Irregularität
entdecken, wenn man durch fleißige Obseruationes
die Beschaffenheit derer Ör- |
|
|
{Sp. 26} |
|
|
ter, an welchen sich dergleichen ereignet,
ausfündig machet, und mit der Newtonianischen
Theorie vergleichet. Man muß dahero auch ausser
der Haupt-Ursache der Ebbe und Fluth, welche
diese angiebt, einige Neben-Ursachen zugeben,
welche die Würckung derselben in einigen Stücken
ändern. |
|
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Es sind aber diese Neben-Ursachen entweder
beständig oder veränderlich. Die beständigen
kommen von dem Unterscheide des
Landes her,
was hin und wieder zwischen der See lieget, und
den Lauff des Wassers hindert oder in seiner
Direction gegen eine gewisse
Gegend ändert. Eines
derer merckwürdigsten
Exempel, so man hiervon
anführen kan, ist, daß in dem
Hafen zu Tunquin in
China innerhalb einem Tage nur einmahl Ebbe und
Fluth ist, und zweymahl im Monathe gar keine,
nemlich wenn der Mond dem Aequatori nahe
stehet. |
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Hierzu kommen diese Umstände: Mit der
Declination des Monds nimmt die Fluth zu biß an
den Tropicum, zu welcher Zeit dieselbe am grösten
ist; und zwar, wenn der Mond im Tropico Cancri ist,
so ist die Fluth, indem derselbe über dem Horizont
zu Tunquin stehet, und die Ebbe, wenn er unter
dem Horizont sich befindet, dergestallt, daß die
gröste Fluth mit dem Untergange, und die gröste
Ebbe mit dem Aufgange des Monds zusammen
trifft. |
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Wenn hingegen der Mond den Tropicum
Capricorni erreichet, so ist die Fluth, wenn der Mond
unter dem Horizont, und die Erde, wenn er über
denselben sich befindet, dergestallt, daß die Fluth
am grösten, wenn der Mond aufgehet, und die Ebbe
am grösten, wenn er untergehet. |
Transact. Philosoph.
… |
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Nevvton hat hiervon in seinen Principiis Philos.
natural. … allwo er diese seine Theorie von der
Ursache der Ebbe und Fluth gegeben, den Grund
schon angezeiget, und Halley in Transact. Philos. …
allwo er die Newtonianische Theorie auf eine
leichtere Weise fürträget, solches umständlicher
dargethan, und erwiesen, daß solches daher rühre,
weil in demselben Hafen das Wasser aus zweyen
Orten gelange, nemlich aus der Sinesischen See
zwischen dem festen Lande und der Insel Luconia,
und auf der andern Seite, aus dem Indischen Meer
zwischen dem festen Lande und der Insel
Borneo. |
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Nemlich wenn der Mond in dem Aequatore
stehet, so erreget er in beyden Meeren gleich
starcke Fluthen, welche demnach in dem gedachten
Hafen nach entgegen gesetzten Directionen
anlangen, folglich einander aufhalten, und gar keine
Fluth verursachen. Wenn hingegen der Mond eine
Declination bekömmt, so entstehet die Fluth in
beyden Meeren verschieden, nemlich
Wechselsweise grösser und kleiner; dahero
geschiehet auch der Zufluß in den Hafen
Wechselsweise grösser und kleiner. |
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Aus denen beyden grösten wechselnden
Zuflüssen, wird in der Mitte der Zeit zwischen
diesen beyden in dem Hafen nur eine Fluth, und
mitten zwischen der Zeit derer geringsten Zuflüsse
wegen derer entgegen gesetzten Directionen nur
eine Ebbe erreget; daher hat man auch daselbst
innerhalb einem Tage nur einmahl Ebbe und
einmahl Fluth. |
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Und solcher gestallt muß man auch von dem
Unterscheide derer Fluthen an andern Örtern, von
ihrer Lage ur- |
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{Sp. 27|S. 29} |
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theilen; worzu aber freylich noch ein
gnugsamer Vorrath von Obseruationen desideriret
wird. |
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Unter die veränderlichen Ursachen der Ebbe
und Fluth gehören unter andern mit die Winde, auf
welche man allerdings mit zu sehen hat, wenn man
genaue Obseruationes von der Ebbe und Fluth
anstellen will. Denn, wenn der Wind dem Wasser
entgegen bläset, hält er solches nicht allein in seiner
Bewegung auf, daß es nicht so geschwinde
zuflüssen kan, und folglich die Fluth länger
verzögert; sondern er kan auch hindern, daß sie
nicht so starck wird, als sie sonst geworden
wäre. |
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Wenn hingegen der Wind eben den Strich hält,
darnach sich das Wasser beweget, so kan er die
Geschwindigkeit der Bewegung vermehren, daß die
Fluth nicht allein kürtzere Zeit dauret, sondern auch
stärcker wird, als sie werden sollen, und
Überschwemmungen verursachet, die um so viel
grösser werden, wenn das Ufer davon
durchgerissen wird. |
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Was die Ebbe und Fluth in denen Flüssen in
der Gegend, wo sie sich ins Meer ergüssen,
anlanget, so läßt sich solches gar leicht erklären.
Ordentlicher Weise stehet nemlich das Wasser in
der See niedriger als in denen Flüssen, weilen diese
darein flüssen. Allein weil das Wasser in der Fluth
höher in der See stehet als in der Ebbe, so stehet
es auch alsdenn in der See höher als in dem
Flusse. Da nun die Höhe der Fluth nach und nach
zunimmt, so läßt die See auch kein Wasser mehr
aus dem Flusse hinein, sondern es hält solches
zurücke, daß es auch nach und nach in dem Flusse
höher werden muß. |
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Und solcher gestallt beweget sich das Wasser
in dem Flusse gleichsam zurücke biß an den Ort,
der so hoch lieget als das Wasser in der See stehet.
Derowegen je grösser die Fluth ist, je weiter schwillt
das Wasser in dem Flusse auf, und je näher man
der See ist, je grösser ist die Fluth, die man in dem
Flusse verspüret. |
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Es kan auch zuweilen eine solche Fluth eine
Überschwemmung verursachen, wenn nemlich die
Fluth in der See ausserordentlich groß ist, und das
Wasser alsdenn in dem Flusse höher steiget, als die
Ufer desselben sind. |
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Es giebt auch verschiedene Brunnen, so nicht
weit von denen Ufern des Meers liegen, und eine
gleiche Abwechselung in der Ebbe und Fluth
obseruiren; von welchen man folglich leicht wird
schlüssen können, daß solche eine Communication
mit der See haben müssen. Es finden sich aber
auch bey verschiedenen verschiedene Umstände,
die einiger Überlegung und genauer
Untersuchung
würdig sind. |
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Ein Exempel hiervon giebt ein Brunnen in
Franckreich, der zwey Meilen von Brest gegen das
Ufer des Meer-Busens, so sich biß an die Stadt
Landernau erstrecket, lieget, derselbe führet süß
Wasser, und obseruiret zugleich mit dem Meer die
Ebbe und Fluth, doch mit diesen Umständen, daß
das Wasser in Brunnen steiget, wenn das Meer
Ebbe machet; hingegen fällt, wenn bey dem Meer
Fluth ist. |
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Die Fluth dieses Brunnens dauret 2 Stunden,
worauf das Wasser gleichsam 2 Stunden stille
stehet, hernachmahls aber 4 Stunden hinter
einander Ebbe macht, biß nach einer Stunde nach
angegangener Ebbe des Meers das Wasser
darinnen wieder zu steigen anfängt. Der
Unterscheid der Höhe des Wassers in der grösten
Fluth und in der grösten Ebbe, beträget 10 biß 11
Zoll; der Brunnen aber ist zur Zeit der Ebbe in der
See 150 Fuß, zur Zeit der Fluth aber 70 Fuß von
dem Meer entfernet. |
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Die Ursachen von der Abwechselung dieses
Brunnens, hat Aubert dan l'Explication Physique …
Paris 1729 ausfündig zu |
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{Sp. 28} |
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machen sich bemühet; und hält dafür, daß das
Meer-Wasser gar leicht 6 Stunden zubringen könne,
ehe es durch die unterirrdischen Canäle zu den
Brunnen gelange, dahero auch in diesem erst Fluth
werde, wenn im Meer schon wieder Ebbe. Daß aber
doch der Brunnen süß Wasser behalte,
meynet er,
daß das See-Wasser in dem Durchmarsch durch
die unterirrdischen Canäle sein Saltz ablege. |
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Ob diese Ursachen zulänglich, scheinet
zweiffelhafft zu seyn, weil doch durch so vieles
Anlegen des Saltzes das Wasser endlich wieder
saltzig werden und solcher gestallt zum Brunnen
kommen müste; wovon wir aber eine weitere
Untersuchung dem Leser desselbigen
Buches
überlassen wollen. |
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