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Quellenangaben
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Universität, Academie, Hohe Schule,
Lat.
Universitas, Academia,
Frantz.
Universitè,
Academie, Ital. Universita. |
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Die
Worte,
Universität und
Academie, sind
zwey
Nahmen, so man denen
Hohen Schulen
beyleget, aber gemeiniglich mit einander
vermenget werden. Denn eine Universität
bedeutet eigentlich ein
Collegium oder
Corpus
von Lehrenden und Lernenden, welche gleichsam eine
eigene
Republick unter sich machen, ihre eigene
Jurisdiction und
Gesetze haben, von niemand, als
des höchsten Landes-Obrigkeit,
dependiren, und
die Ehren-Grade aller
Facultäten denen
Candidaten conferiren können; welches letztere
im Gegentheil die Academien nicht thun dürffen,
und daher in diesem Puncte geringer sind als die
Universität. Solchergestalt ist eine Universität ein
Ort,
wo allerhand
freye Künste und
Wissenschafften floriren, und durch
öffentlich
darzu bestellete
Professoren gelehret, zugleich
auch
Doctoren,
Licentiaten,
Magister und
Baccalaurien creiert werden. |
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Die Italiäner nennen die Academien STUDIA,
wie das Studium Patavinum, Bononiense,
Jenense, welche alle Universitäten sind. Viele
Deutsche nennen in unserer Sprache die
Academien entweder privilegirte Schulen oder
hohe Schulen. Also benennete schon
Pfaltzgraf Rupertus in einer Urkunde vom Jahr 1386 die
Heydelbergische Universität das Studium, und die
Studenten
Scholares, gleichsam a schola, von der
hohen Schule. Am gewöhnlichsten gebraucht man
sich im Deutschen des Worts Universität; womit
man zu
verstehen geben will, daß eine
dergleichen
Gesellschafft aus vielen Gliedern, und
verschiedenen Zünfften zusammen gesetzt
sey. |
Gisberti Voetii Politicae
Eccles. …¶ |
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Ursprung der Studien und Academien
überhaupt.¶ |
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Es sind viele, auch unter den
Gelehrten, zu
befinden, die sich feste einbilden, daß in denen
Zeiten vor der Sündfluth eben so wohl
Schulen
und Academien gewesen, gleichwie jetzo, weil
sonsten, ihrer
Meynung nach, die
Welt unmöglich
hätte bestehen und die drey Haupt-Stände der
menschl. Gesellschafften erhalten werden
können. Ja einige sind |
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{Sp. 1772} |
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in dergleichen Vorgeben so weit gegangen,
daß sie einen Catechismum erdichtet, und alle
diejenigen Studia
her erzehlet, die man in gedachter ersten Welt getrieben, nicht anders als ob
sie gar eigentlich gesehen, wie die Leute vor der Sündfluth ein Catechismus-Examen
zusammen gehalten, und die Professores auf den
Universitäten gelesen hätten. |
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Alleine gleichwie alles dieses auf einer irrig
vorgefaßten Meynung beruhet, daß nehmlich die
Menschen sonder diese zwey Mittel nicht hätten
leben können; also will man sich über selbige
dermahlen nicht einlassen, sondern nur so viel
sagen, daß gantz nicht wahrscheinlich falle, oder
aus der
Schrifft erwiesen werden könne, daß es
Schulen oder Academien vor der Sündfluth
gegeben, oder die Leute derselben nicht hätten
entbehren können, ob man gleich nicht zu leugnen
begehret, das nicht Künste und Wissenschafften
solten bekannt gewesen seyn, ob selbige gleich
nicht auf solche Art tractirt worden, gleichwie jetzo
zugeschehen pfleget, auch dahin gestellt bleibt,
ob selbige der Cain erfunden habe, indem nicht
abzusehen, warum die andern Nachkommen des
Adams von solchen nicht auch Urheber seyn
könten. |
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Nachdem aber die Menschen nach der
Sündfluth sich wieder zu mehren begonnten, und
des einen Neigung auf dieses, des andern seine
auf was anders gienge, so haben sich auch
welche gefunden, die die in der durchs Wasser
verderbten Welt bekannt gewesenen Künste
wieder hervorgesucht, und selbiges verneuert,
einige auch in bessern
Stand gebracht, als sie vor
der Überschwemmung gewesen waren. Daß nun
solches wenig Zeit darauf, nachdem die
Menschen sich wieder zu mehren angefangen,
geschehen sey, ist unter andern daraus
abzunehmen, weil, wie die Chronologi insgemein
zu rechnen pflegen, und desfalls beym Boxhornio
und Ruperto in ihren Chronologischen Tabellen
zuersehen, der Bau des Babylonischen Thurms
kaum in das hundertste Jahr fällt, nachdem die
Erde mit Wasser war verderbt worden. |
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Nun beweiset die Nachricht, die Strabo … in
seiner Geographie und Herodotus … von
selbigem hinterlassen, zur Gnüge, daß es ein
überaus prächtiges und nach den
Regeln der Bau-Kunst wohl eingerichtetes Gebäude gewesen,
welches, wenn es zu seiner Vollkommenheit hätte
gelangen dürffen, vielleicht die herrlichsten, die
man jemahls gesehen, würde übertroffen haben.
Wie hätte aber eine so kostbare Last aufgeführet,
und selbige so zierlich eingerichtet werden
können, wenn die Menschen in denjenigen
Wissenschafften, die dazu erfordert würden, nicht
wohl geübet gewesen wären? und wenn auch
dasjenige sich der
Wahrheit gemäß befinden
solte, was einige von dem Absehen
mehrgedachten Babylonischen Thurms
vorgegeben, daß nehmlich solches dahin
gegangen, in Babel gleichsam einen hohen Rath
oder Conseil souverain anzuordnen, von welchen
gantz Asien hätte dependiren und Gesetze
annehmen sollen (nicht aber die gantze Welt, wie
verschiedene irrig hinzuthun, denn solche war
damahlen mit
Einwohnern noch nicht völlig
versehen,) so wird daraus gewiß gnug zu
schliessen seyn, daß auch andere und
Politische
Wissenschafften allbereit bekannt gewesen; denn
sonst ein so gewaltiges
Reich ohne ein gutes
Regiment nicht füglich hätte bestehen
können. |
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Doch dem sey wie ihm wolle, nachdem die
Menschen nach ihrer Zerstreuung sich |
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{Sp. 1773|S. 902} |
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weiter ausbreiteten, und der Staaten ebenfalls
mehr wurden, sonderlich aber in Asien das
Babylonische Reich sonderlich hervorkam; so
begunten auch die Künste und Wissenschafften
sich zuvergrössern. Jedoch weil die damahligen
Zeiten gegen die jetzigen weit anders beschaffen
waren, indem die Menschen sich nicht so wohl auf
ein ruhiges Leben, als vielmehr auf den Krieg und
die Waffen sich befliessen, dahero meistens aus
diesen
Ursachen gewisse Leute zu Abwartung
des Gottesdienstes von den andern ausgelesen
wurden; so fiengen diese an, sich zugleich auf die
Wissenschafften zulegen, selbige immer besser
auszuarbeiten, und zuletzt deren Beybringung gar
an sich zu ziehen, darbey sie der damahls
einfältigen Welt so gleich eine sonderliche
Hochachtung gegen ihren
Stand einzupflantzen
sich bemüheten. |
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Vor allen Nationen aber thaten sich
sonderlich die Chaldäer, Perser und Egyptier
hervor, denen nachmahls die Brachmannen oder
Gymnosophisten in Indien folgten. Von jenen
gedencket Strabo … Geogr. daß sie vornehmlich
zu Borsippen und Orchorn (so einige vor Ur
halten) ihre hohe Schulen gehabt, allwo sie
andere
unterrichtet, obgleich ihr Fleiß mehr auf die
Theologie und Astrologie sich erstrecket, und
diese beyde Studia anfangs sonder Zweiffel viel
reiner gewesen, als sie nachmahls befunden
wurden, indem der Aberglaube oder auch wohl
politische Ursachen verschiedenes hinzugethan,
davon die Erfinder derselben nichts wusten; wie
denn die Astrologie mit der Astronomie einerley
Absehen gehabt, und bloß in Betrachtung der
Gestirne, dieser ihrer Zubereitung,
Würckung und
dergleichen bestanden, aus welcher nachmahls
eine Wahrsagerey geworden, als man nehmlich
gesehen, wie durch solche Grosse und kleine
füglich in Zaume der Ehrfurcht erhalten werden
konnten. Und mag es mit der Theologie
gleichmäßige Bewandtniß gehabt haben, die der
Leute Einfalt und Aberglauben von ihrer Lauterkeit
ebenfalls abzuleiten verursachet. |
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Es hatten auch diese Chaldäische Weisen
bey ihren Monarchen sich in solchen Credit und
Ansehen gebracht, daß sie, wie
Diodor. Sicul. L.
II. seiner Bibliotheck gedencket, nach selbigen
den höchsten
Rang führeten, welche
Gewohnheit
bey denen heutigen Persianschen
Monarchien
annoch in verschiedenen Stücken anzutreffen,
indem ihre Astrologi, die doch von denen Alten
weit unterschieden, ihnen fast stets zur Seite
stehen müssen, wie solches della Walle,
Samsons, Olearii und andere Reise-Bücher
besagen. |
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Mit denen Persianschen verhielt es sich
ebenso, als wie mit der Chaldäer ihren, indem sie
sich auch meistens die
Erforschung des Himmels-Lauffs und was deme anhängig, befliessen,
wiewohl sie die andern Studia nicht ausschlossen,
und sonderlich gute Staats-Leute abgaben,
weshalben sie auch von den
Königen mit zu
Rathe gezogen wurden, wie Brisson L. II. de
regno Persico, solches aus den alten
Scribenten
mehrers erwiesen hat. Dem
Ursprung nach waren
sie später als die Chaldäer, und mochten allem
Ansehen nach von diesem abstammen. Man
nennete sie mit einem absonderlichen
Worte
Magos, welches eigentlich einen Priester und
klugen Mann bedeutete, nachmahls aber von der
unverständigen Welt vor einen Zauberer
ausgebeutet wurde, wie denn dieses Wort
noch |
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{Sp.1774} |
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heut zu Tage bey einfältigen Leuten einen
dergleichen anzeigen muß. Ihr Stamm Vater wird
Zoroaster genannt, den zwar etliche jünger
machen aber ebenfalls vor einen Hexenmeister
ausschreyen wollen, allein mit dem grösten
Unrecht, weil seine Lehre unschuldige
Philosophische Sätze in sich enthielte. |
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Zwar was den Ursprung anlanget, so waren
unstreitig die Egyptier die allerältesten, indem
vermöge durchgängigen Beyfalls aller
Gelehrten
diese Nation nach der Sündfluth die allerälteste
gewesen, die die Wissenschafften wieder
hervorgesuchet, und solche in bessere
Forme
gebracht, als sie vorher gehabt. Sie blieben auch
bey der Theologie nicht alleine stehen, sondern
tractirten zugleich alles mit, was nach heutiger Art
zu reden, einen
Menschen artig und
geschickt
machen kan. Aus ihren
Schulen leiteten sich
vorbeniemte zwey Sorten her, wiewohl man nicht
sagen kan, wer der Chaldäer ihr allererster
Lehrmeister gewesen; wenn es aber dem Herrn
Gröning. in seiner Bibliotheca Jur. Gent. Teotica c.
3. nachgehet, so hat er auch Zoroaster geheissen,
angesehen dergleichen weise
Männer
verschiedene gewesen. Und wer weiß ob man
nicht in alten Zeiten dergleichen Wort gebraucht,
durch solches einen klugen Mann oder
Lehrer
zubemercken, weil doch gewiß, daß die
Babylonische Sprach-Verwirrung nicht so gar total
gewesen, daß nicht viele Worte geblieben wären,
die alle damahlige
Völcker hätten
verstehen
können. |
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Sonsten hatten sie zwar durch gantz Egypten
ihre Schulen, jedoch stunde die zu Theben,
Memphis und Heliopolis in dem grösten Ansehen,
allwo sich viele berühmte Männer der Egyptischen
Weißheit halber hingegeben. Von selbigen sind
die Wissenschafften auch in der gantzen Welt
ausgebreitet worden, angesehen man die
Politische
Klugheit, die bey andern Völckern
etwan anzutreffen, allein denen Egyptiern
verdancken muste; wie denn nicht geleugnet
werden kan, daß selbige die gescheidesten und
vernünfftigsten gewesen, so jemahlen auf der
Erden sich befunden, und in deren Weißheit, nach
Aussage der
Schrifft
Moses selber unterrichtet
war. |
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Ihre Theologie ist lange Zeit rein geblieben,
ob sie gleich gar heimlich damit giengen, und von
solcher dem gemeinen Volck zu offenbaren nicht
vor nöthig hielten dahero noch heut zu Tage der
Asiater und sonderlich der Africaner Naturel nicht
zulassen würde, wenn sie in Religions-Sachen so
viel Freyheit geniessen solten, als die Europäer.
Allein der Menschen eigener Aberglaube
besudelte nachmahls selbige durch die beliebte
Abgötterey, da denn die Egyptischen Weisen wohl
wusten, daß dieses wieder die
Vernunfft, und dem
ewigen Wesen nicht gemäß sey: Doch die
Änderung in den einmahl erwehlten Gottesdienst
war der Gemüths-Beschaffenheit des Volcks in
den damahligen Zeiten gefährlich. |
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Hiernechst gehöret auch denen Egyptiern die
Erfindung der tieffsinnigen Hieroclyphischen
Schrifften, in welcher gewiß eine solche Weißheit
verborgen, welche die heutige Welt nicht
geschickt ist aufzulösen. Wie denn der Jesuit
Pater Kircherus in seinen Oedipo Aegyptiaco zwar
vieles getroffen, vieles aber auch versehen, wie
ihm solches Rüdbeck in seiner Atlantica P. I.
gewiesen, noch ein mehrers aber |
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{Sp. 1775|S. 903} |
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nur aus seinen Kopffe hin gesetzt und
gemuthmaßt hat. |
Eine mehrere Nachricht von
der Egyptier ihren
Studiis ist sonderlich bey dem
Conring in seiner
Medicina Hermetica L. I.
zufinden. |
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Was endlich die Indianischen Brahmenen
oder Bramanen, die vor diesem Gymnosophisten
hiessen, anlanget, so sind selbige sonder Zweifel
von den Egyptiern entsprossen, wie sie denn so
wohl ehemahls als jetzo den Gottesdienst und die
Weltweißheit tractiren, auch bey ihren Königen in
grossen Ansehen stehen. Alleine ihre
Gelehrsamkeit war bey weitem nicht so fein als
der Egyptier ihre, sintemahl sie auch noch jetzo in
blossen Theologischen und Philosophischen
Speculationen sich vertieffen. Sie geben auch
keine so gute Hof-Leute ab, als wie jene: Und
kurtz; sie kommen den Persischen Weisen viel
näher als denen Egyptischen. Sie haben nie
gewisse
Örter gehabt, da sie ihre Wissenschafften
trieben, sondern wie der eine hie, der andere dort
einen Platz zu seinem Aufenthalt erwehlet, so
stellet er auch allda seine Vorlesungen an. Von
selbigen und ihren verschiedenen Secten ist vor
erwähnter Herr Gröning in Biblioth. Jur. Gent.
Exot. desgleichen der
Artickel
Gymnosophisten im
XI
Bande,
p. 1514. u.ff. mit mehrern
zusehen. |
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Es müssen aber hier die übrigen Asiaten,
sonderlich die Juden und Hebräer nicht mit
Stillschweigen übergangen werden. Gleichwie nun
diese in Egypten erst anfiengen ein sonderlich
Volck zu werden, da sie vorher nur in eintzeln
Familien bestunden, daher selbige, als sie sich
blos des Schäfer-Lebens befliessen, und noch
keinen mit förmlichen Ceremonien versehenen
Gottesdienst hatten, weil solcher, wie Justinus selber
bekennet, erst von Mose angeordnet ward, der Studien auch nicht groß mögen
geachtet haben. Allein als sie nachmahlen in Egypten kamen, führete sie der
öfftere Umgang mit denen Egyptischen Priestern und Gelehrten dahin an, daß sie
sich mit mehrern Fleiß auf selbige legten, wiewohl, ehe sie sich in Gelobten
Lande recht einrichten können, ist kein gewisser Ort unter ihnen gewesen, auf
welchen sie die guten Künste getrieben hätten. |
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Sie haben aber solches nach verrichteten
Regiment zu thun nicht unterlassen und wie aus der Schrifft
2 Sam. XX, 19. zu ersehen, vornehmlich Abel dazu erwehlet, wie denn die
allda gebrauchten Worte, da sie eine
Mutter in Israel genennet wird, nicht füglich einen andern
Verstand zulassen. Unter dem Salomon haben
die sogenannten schönen Wissenschafften und darunter, wie ebenfalls aus der
Schrifft 1. Kön. IV, 31. 32. erhellet, sonderlich die Poesie und Music
in grösten Flor gestanden: Doch sind sie durch die nachfolgenden verwirrten
Zeiten nicht wenig in Verfall gerathen. |
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Dieses stehet nicht zuleugnen, daß der
Hebräer Philosophie dermassen berühmt war, daß
auch die Heyden selbige zuerlernen sich die Lust
ankommen liessen, wie denn Pythagoras und
andere selbiger das meiste zu dancken hatten.
Übrigens brechen wir jetzo davon ab, weil wir in
einem besondern Abschnitte dieses Artickels von
den Universitäten der Hebräer zu handeln uns
vorbehalten. |
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Allein lange vor den Hebräern und
wahrscheinlich gleich in den ersten Zeiten gab es
in Canaan oder Palästina Leute, die die
Wissenschafften lehrten, wie |
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{Sp. 1776} |
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dieses wiederum durch das Zeugniß der
Schrifft bestärcket wird und in dem B. Richt. XV,
15. ausdrücklich zulesen: Daß Debir vor diesem
oder vor vielen Jahrhunderten, Kiriath-Sepher
oder die Schreiber-Stadt geheissen habe. Nun
gehet der Ausleger
Meynung abermahls einhellig
dahin, daß hierdurch ein solcher Ort
zuverstehen
sey, der nach heutiger Mode eine
Academie
gewesen. Es kan auch wohl nicht anders seyn.
Denn warum solte man ihn sonst diesen
Nahmen
gegeben haben, ob man gleich nicht zubestimmen
vermag, welche
Arten von Gelehrsamkeit allda
eigentlich getrieben worden. |
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Letztlich seynd auch noch die Scythen nicht
zurücke zu lassen, obgleich dieser ihr Nahme bey
denen Völckern, die dessen wahre Bedeutung
nicht wusten, sehr barbarisch klunge, deswegen
sie auch eine solche Nation daraus machten, die
von einiger Artigkeit und
Geschicklichkeit nicht die
mindeste
Wissenschafft habe. Doch gleichwie
selbiger eigentlich nichts anders als einen guten
Schützen bemerckete; also muß man sich die
Scythen nicht so einbilden, wie sie die Griechen
und Römer beschrieben, die ohnedem aus
eingebildeten Stoltz alle andere Völcker vor dumm
hielten: sondern sie waren eben solche
Menschen, die ihre gewisse
Philosophos hatten,
und bey denen es kluge und verschmitzte
Köpffe
genung gab, wie denn Plato vieles von ihnen
erlernet hatte; daher gantz glaublich, daß gewisse
Örter gewesen, wo sie die Weißheit nach denen
bey ihnen eingeführten Grund-Sätzen
gelehret. |
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Mit wenigen von den Arabern was
beyzubringen, so ist unter denen Gelehrten
ausgemacht, daß von gantz uralten Zeiten her bey
denen die in glücklichen Arabien wohneten, die
edleren Künste einen herrlichen Sitz gefunden,
und bringet Conring in Supplement. … aus des
Pinedä seinem Salomone bey, daß durch die
Morgenländer, derer die Schrifft gedencket, daß
Salomon weiser gewesen, als selbige, nicht die
Chaldäer, als die den Juden hätten Abendländer
heissen müssen, sondern nur gedachte Araber
verstanden würden. So viel ist gewiß, daß sie
jederzeit der
Wissenschafften sich befliessen,
auch von selbigen noch jetzo ziemlichen
Staat
machen: Und wird bey dem Porphyrio in vita
Pythagorae ausdrücklich gedacht, daß er ihre
Weisen besucht und gehört habe. |
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Lange Zeit darnach, als bisher erzehlte
Völcker mit ihrer Weißheit bereits in grossen
Ruhm gestanden hatten, fiengen die Griechen erst
an, sich auch auf solche zulegen, wiewohl es
anfangs ziemlich schlecht, damit bewand war, wie
Conring
Dissert. Acad. I. aus dem Thucidide
beweiset. Es blieb auch in dergleichen Stande, bis
auf die Zeiten des Platonis, der am ersten eine
Academie anrichtete, unter dem dieser Nahme
auch am ersten bekannt ward, wiewohl man die
freyen Künste mehr auf Unkosten der Privat-Personen triebe, als daß die
Obrigkeit einige
Unkosten dazu solte hergeschossen haben. |
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Nachher wurde zwar, wie aus dem Diogene
Laertio zu ersehen, zu Athen, eine eigene Schule
angerichtet, allein die meisten Philosophi
behalffen sich noch mit ihren Häusern, allwo sie
lehreten, und andere unterwiesen. Jedoch zuletzt
erlangte gemeldetes Athen einen so grossen
Ruhm, daß allda jederzeit der gröste
Zusammenfluß von gelehrten |
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{Sp. 1777|S. 904} |
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Leuten zu finden war, und die trefflichsten
Männer sich in selbiger
Stadt aufhielten, deren
Gedächtniß noch bis diese Stunde in ihren übrig
gebliebenen
Schrifften blühet; denn eine grosse
Menge derselben haben die ungütigen Zeiten uns
entzogen, dergestalt, daß man von vielen ausser
dem blossen Nahmen sonst wenig mehr zusagen
weiß. |
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Gleichwie aber die Griechen innerhalb der
Gräntzen ihres
Vaterlandes sich nicht enthielten,
sondern aller Orten in der damahls bekannten
Welt sich niederliessen; also fanden sich auch
deren viele in Egypten, dem uralten Sitz der
Wissenschafften ein. Weil nun dieses durch die
öfftere Kriege ziemlich herunter gekommen, und
die alten Lehr-Plätze, deren oben erwehnet
worden, meistens zerstört waren; die allda
regierenden Könige aber, die aus des grossen
Alexanders zerfallenen Monarchie dieses Reich
wieder anrichteten, gröstentheils eine sonderbare
Liebe vor die Studien bezeugeten, so ward ihnen
zu Alexandria ein neuer Wohnplatz zugerichtet,
solche auch mit einer vortrefflichen
Bibliotheck
versehen, zu deren Errichtung die Könige ihre
Schätze reichlich aufthaten, und aus allen Enden
der Erden, von raren Schrifften zusammen suchen
liessen, was nur zubekommen war. |
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Gedachte Bibliotheck, die, wie Strabo …
schreibet mit guten
Recht eine Königliche
Academie genennet werden konnte, war so
unvergleichlich, und ihre Professores mit so
überflüßigen Auskommen versehen, daß man
billig zweiffelt, ob sie ihres gleichen in der Welt
jemahls gehabt, oder annoch haben werde,
wiewohl man dasjenige, was einige von der fast
unbegreifflichen
Bücher-Menge sagen, damit sie
versehen gewesen seyn soll, in seinen Werth und
Unwerth beruhen lässeßt: so viel ist gewiß, das ist
eine der Zahlreichsten war, so die damahlige Welt
kannte. |
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Hiernechst breiteten sich die Griechen mit
ihren Wissenschafften sich auch in Italien aus,
und brachten selbige nach Rom, welche Stadt
vorher in ziemlicher Barbarey lebte, und von einer
manierlichen Aufführung nicht viel wuste, indem
sie ihre meiste Beschäfftigung sich mit den Waffen
machte. Jedoch der Anfang war ebenfalls sehr
schlecht: es wolte auch einige Zeit nicht recht
damit fort, weil derer Römer kriegerische
Gemüther denen stillen Musen nicht viel Gehör
zugeben verlangten. Dieses währete mit
verschiedenen Abwechselungen so fort, bis
endlich die Republick ihre alte
Gestalt ablegte,
und sich in eine Monarchie verwandelte, da dann
einige Kayser ihre milde Hand gegen die
Gelehrten aufthaten, und sie mit einigen Unterhalt
versorgeten, denn gar zu viele gaben sie ihnen
auch nicht, wie alles dieses aus den Gellio … des
Plutarchi seinen Quaestionibus Rom. und aus
dem Svetonio Grammatico mit mehrern zu
ersehen. |
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Nachdem nun die Römer von den Griechen
solchergestalt klug gemacht worden, so fiengen
sie an, die erlangten Wissenschafften auch denen
unter ihre
Regierung gebrachten
Ländern
mitzutheilen, derohalben sie an verschiedenen
Orten ihres Reichs gute
Schulen erbaueten, unter
welchen die Berytiensische vor allen den
Vorzug
hatte, die aber vor dem 4ten Jahrhunderte nach
Christi Geburth in denjenigen Ruf nicht kam,
darinnen sie sich nachmahls befand. Selbige war
unter denen Asiatischen, soweit das |
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{Sp. 1778} |
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Römische
Gebiete gienge, die vornehmste,
und wurden auf solcher meistens die
Römischen Rechte getrieben. Der sonderbare Vorzug, den sie
bey denen Constantinopolitanischen Käysern
geführet, ist aus dem
Corpore Juris civilis
hin und
wieder zu befinden, woraus zugleich
vorherstehendes bestärcket wird, daß man
nehmlich auf selbiger hauptsächlich die
Rechtsgelehrsamkeit gelehret habe. |
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Nebst dieser stund auch die
Constinopolitanische in Ansehen, die in noch
besseres Aufnehmen gerieth, als der Kayserliche
Sitz von Rom in gemeldete Stadt verleget ward.
Man hatte in selbiger einen sonderlichen Hör-Saal
errichtet, welches das Capitolium hiesse,
dergleichen sich in Rom auch befande. Dessen
nachdrückliche Begnadigungen und Vorzüge
stehen in dem
Codice Theodosiano
… und
Justinianeo … Allda waren viele Jahrhunderte
hintereinander die berühmtesten Leute
anzutreffen, dergestalt, daß sie sich mit allen
andern in einen Wett-Streit einlassen kunten. Und
obgleich nachher die vielen Kriege mit den
Saracenen und Türcken ihr in etwas einigen
Abbruch thaten, so fanden sich doch allemahl
noch Gelehrte, die den alten Ruhm und Glantz
nicht wolten nehmen lassen, sondern nach
Möglichkeit zuerhalten sich befliessen. |
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In dem Palästinischen Cäsarien hatten die
Römer ebenfalls gar eine ansehnliche Academie
gestifftet, wiewohl es fast scheinet, als ob selbige
erst in ein rechtes Aufnehmen gediehen, als die
Christliche Religion zuwachsen anfieng:
wenigstens ist aus den Worten Gregorii
Nazianzeni, die er in der dem Gregorio Magno zu
ehren gehaltenen Lobrede führet, nicht undeutlich
zuschliessen, daß gedachter Basilius nebst dem
Nazianzeno sie am meisten in Ansehen gebracht
habe. Doch die grausamen Einfälle der Saracenen
und Türcken in Orient und die Überschwemmung
der entsetzlichen Menge der aus
Deutschland
eingebrochenen Völcker richteten alle im Ost- und
Westlichen
Römischen Reiche befindliche
Academien völlig zu
Grunde, dergestalt, daß von
Zeit des 6 Jahrhunderts an bis in das siebende
keine eintzige von alle denselben mehr zuhören
war; sondern sie sahen sich völlig in ihren Ruinen
begraben. |
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Man darf aber nicht meinen als ob die bisher
erzehlten Völcker nur alleine auf gute Künste und
Wissenschafften befliessen gewesen wären, die
übrigen hingegen, sonderlich die
Deutschen, wie
das Vieh, gelebt hätten, wie einige Römische
Schrifftsteller ihnen
unbillig beymessen wollen,
denen doch disfalls nicht in allen zutrauen. Es ist
bekannt, daß die Scythen die Stamm-Väter aller
Europäer seyn. Weil nun dieses grosse Volck, so
unfreundlich als es seinen Nachtbaren auch
ausgeschrien, dennoch von denen Studien kein
Feind gewesen; so steht leicht zuerweisen, daß
selbige unter denen von ihnen sich herleitenden
Absprößlingen ebenfalls fortgepflantzt
worden. |
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Vor allen aber waren bey diesen letztern die
Druiden sehr gemein, welcher Cäsar … aus
Engelland und der Insul, die jetzo Angelsey
heisset, herleitet doch
sagt er nicht, wie oder
woher sie in selbige gekommen. Daß aber diese
Druiden auch in Deutschland mögen bekannt
gewesen seyn, wollen viele Umstände geben. Die
Gallier sind ursprünglich |
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{Sp. 1779|S. 905} |
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Deutsche oder Celten, denn unter diesem
General-Nahmen waren in den gar alten Zeiten
aller Europäer begriffen, wie dieses der gelehrte
Cluver in seiner Germania Antiqua und Rüdbek in
der Atlantica Part. I. zur Genüge dargethan,
wiewohl der letztere von denen Schweden
wunderliche
Principia hat, und was sonst denen
Deutschen zukömmt, auf diese deuten will; solte
denn nun so gar unwahrscheinlich fallen, wenn
gedachter Druiden Aufkunfft in Deutschland selber
gesetzt würde obgleich aus Mangel alter
Urkunden nicht gewiß determinirt werden kan, an
welchem Ort sie erstlich entstanden, und ob die
Deutschen nicht gleich bey ihrer Herauskunfft aus
Asien dergleichen Leute gehabt, die sich
nachmahls immer weiter ausgebreitet. |
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Die Englischen hingegen können von den
Griechen viele Principia eingezogen haben,
angesehen ihre und des Pythagorä Meynung von
Wanderung der
Seelen ziemlich zusammen
stimmet. Und weil der Cäsar am angezogenen
Orte bloß von den Gallischen Druiden redet, von
Deutschland aber gedencket, als ob es weder
Priester noch Opffer gehabt, da doch aus dem
Tacito und andern Scribenten gar ein anders
erhellet; so ist daraus leichte der
Schluß zu
machen, wie viel auf diese seine Erzehlung
dißfalls zufussen. Wäre Deutschland dem
Schreiben und Aufzeichnen so wohl ergeben
gewesen, und hätte, wie Tacitus sagt, nicht alles
auf das blosse Auswendiglernen ankommen
lassen, gewiß wir würden von selbigen gar andere
Sachen zu lesen haben, als uns die Römer
hinterlassen. Doch eben die sich offt selbst
wiedersprechenden Nachrichten legen ein
unverwerfliches Zeugniß an Tag, daß ihre
Berichte nicht allemahl tüchtige Brücken sind,
worauf der Historische Glaube kühnlich und
sonder Gefahr sich wagen könnte. |
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Dem sey aber, wie ihm wolle, so waren die
Druiden eigentlich Priester, die nach Aussage des
Cäsaris L. VI. de Bell. Gallico neben dem
Gottesdienste zugleich die Jugend unterrichteten.
Von selbigen ist des Schurtzfleischii eigene
Dissertation, wie auch was Gröning in Biblioth.
Jur. Gent. … davon entworfen; ingleichen der
Articul: Druiden, im VII Bande, p. 1485. u.ff.
mehrers nachzuschlagen. |
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In Deutschland aber alleine stehen zubleiben,
so hatte dieses Volck seine Priester und Barden,
deren jene, gleichwie die Druiten bey denen
Galliern nebst dem Gottesdienste auch die Sorge
trugen, damit die Jugend in denen bey ihnen
bekannten Wissenschafften unterwiesen würde,
welche die Barden nebst denen
Thaten der alten
Deutschen Helden in Reime verfasseten, und
solche die Knaben auswendig lernen liessen, so
nach Taciti nur angeführten Berichte de Mor.
Germ. Das eintzige Mittel war, etwas auf die
Nachkommen zubringen. Denn daß sie von
Buchstaben und Schreiben viel gehalten haben
solten, will sich fast nicht finden. Und eben dieses
ist die Ursache, warum so wenig zuverläßliches
von der alten Deutschen ihren getriebenen
Studien anzutreffen, in dem bey aufgehenden
Christenthum diese Reime vergessen, und
allmählig abgeschaffet worden. |
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Doch ist aus mehr erwehntem Tacito soviel
zu ersehen, daß |
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{Sp. 1780} |
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sie eine andere Art zur Erlernung der Thaten
ihrer Helden gehabt, und wieder eine andere zu
der Philosophie, von denen aber ebenfalls aus
Ermangelung zuverläßiger Urkunden nichts
gewisses ist zu melden. |
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Dergleichen Amt, die Jugend zu unterrichten,
pflegte sich auch das
Frauenzimmer anzumassen,
und wurden nur die Vornehmsten in den Priester-Stand genommen. Ja so gar die Prinzeßinnen
bekleideten diese grosse
Würde. Sie hiessen
meistens, doch nicht alle, Aurinnien, welche
scheinen eine sonderliche Secte gewesen zu
seyn. Eine solche war die bey dem Tacito Hist. …
vorkommende Velleda, von der aber und ihren
Verrichtungen dieser Verfasser eine mit sehr viel
vorgefaßten Meynungen angefüllte Beschreibung
giebt. Und gleichwie die Männer die Knaben
lehreten, also hatten diese die jungen
Töchter der
vornehmen
Standes-Personen in ihrer Aufsicht
und
Unterricht, wie hier von Cluver l.c.
Rüdbek Atlant. P. I. und der sehr gelehrte Verfertiger des
Deutschen Arminii P. I. wie auch Rosse von den
Gottesdiensten der Welt, weiter
nachzuschlagen. |
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Nachdem nun gewiesen, daß das alte
Deutschland der freyen
Künste nicht unkundig
gewesen, dabey man sich wohl bescheidet, daß
sie keine solche Figur gemacht, oder so hoch
getrieben worden als jetzo; so ist noch übrig zu
untersuchen, wenn der Griechen und Römer ihre
eigentlich dahin gebracht worden. Oben hat man
gedacht, daß diejenigen Schulen, die zu der
Römer und Constantinopolitanischen Kayser
Zeiten berühmt gewesen, durch der Saracenen
und Deutschen Einfälle gäntzlich zu Grunde
gegangen. Nun richteten zwar jene in Asien und
Africa hin und wieder etliche neue auf, aus denen
auch viele vortreffliche Männer hervor, kamen,
von denen man jetzo nur des Avincennä, Averroes und Elmacini gedencken will; es hatten auch die
Juden verschiedene Schulen, aus denen
gleichfalls berühmte Leute hervorsprosseten, als
der Rabbi Maimonides, Rabbi Kimchi und andere;
Jedoch hinderte zum Theil die Barbarische
Lebens-Art der Völcker, unter denen solche sich
befanden, daß sie nicht alle und jede Nationen
besuchen kunten, zum Theil
verdienten sie auch
nicht rechte Academien genennet zu werden.
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Gleichwie es aber in der Welt öffters
geschicht, daß des einen Untergang, des
andern sein Aufnehmen heißt; also war es mit
denen freyen Künsten auch bewand. Denn
nachdem sie aus ihren alten Sitzen vertrieben, so
fiengen sie allmählig an, in denen damahlen
entstehenden
Klöstern sich neue zusuchen.
Anfänglich gerieth es auch ziemlich gut, in dem
die darinnen lebenden Mönche sich deren
Beybehaltung bestens befliessen. Und um diese
Zeiten, wie auch aus dergleichen Grunde begunte
Teutschland ebenfalls aus seinem rauhen
Leben
sich allmählich herauszuwickeln, indem die
angenommene Christliche Religion, und die hin
und wieder erbaueten vielen
Klöster,
Stiffte, u.
dergl. die Leute von ihrer alten ungezogenen Art
abbrachten, und sie zu einer neuern und bessern
angewöhnten; da denn die Mönche nicht
unterliessen, sie in allerley guten Wissenschafften
zu unterrichten. Dahero waren in selbigen Zeiten
die Klöster auch rechte Werckstätte |
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{Sp. 1781|S. 906} |
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der Weißheit, welche Weise, wenn sie so
unverletzt wäre beybehalten worden, endlich nicht
würde zu verwerffen gewesen seyn. |
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Als aber die Geistlichkeit von ihrer ersten
Reinigkeit abzuweichen begunte, sich auf die
faule Seite legten, und nach weltlicher Herrschafft
strebte, da lernte sie auch die Studia gar ärgerlich
mißbrauchen und zu einem
Nutzen zu machen,
mit welchen sie die Layen, wie sie diejenigen, die
ausser ihrem Stand lebten, zu nennen pflegte,
meisterlich bezwingen, und sich ihnen
unterwerffen könnte. Hiezu halff das empor
gestiegene Pabstthum nicht wenig, welches viele
der Seinigen dahin verleitete, daß sie die freyen
Künste und guten Wissenschafften fahren liessen,
und sich auf solche Dinge legten, dadurch sie eine
geistliche
Gewalt über die gantze Welt erlangen
möchten. |
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Doch in eben dergleichen verwirrten Zustand
ließ der Himmel auch wieder einige hellere Zeiten
erscheinen, indem er verschiedene Leute
erweckte, die die in denen finstern Klöstern bisher
verborgen gelegenen Studia wiederum ans
Tageslicht und zu ihrem rechten Gebrauch
brachten. Hierzu kam noch, daß die anwachsende
Macht der Türcken die gelehrten Griechen hin und
wieder vertriebe, und sie ihre alte Sitze zu
verlassen nöthigte, daher diese mit Hauffen sich
nach Italien begaben, und allda zu denen noch
heut florirenden Academien den Grund
legten. |
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Zwar ist nicht zu leugnen, daß von Carl dem
Grossen so wohl in Deutschland als in
Franckreich hin und wieder Schulen errichtet
worden, unter denen sonderlich die Parisische die
älteste seyn soll; allein sie waren in der That
nichts mehr als Klöster, und die Parisische selber
kam in keine sonderliche Achtung, wie dieses
beym Conring im 39. Supplemento zu sehen, da
er zugleich Supplemento 46. anführet, daß vor
dem 12 Jahrhundert auf solcher kein Doctor der
Gottesgelahrheit gemacht worden. Die Deutschen
hingegen verfielen in diejenige Mängel und
Verderben, davon kurtz vorher erwehnet worden.
Da nun im 12 Jahrhundert in Italien die
Bononische berühmt zu werden begunte; so war
solche gleichsam ein fruchtbarer
Acker, der seine
erzeugten Früchte weit und breit austheilete. |
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Wiewohl wir werden hier nicht von dem
Anfange und der Abkunft jeder Academie
insbesondere
reden, weil solches in den
besondern Artickeln von denen Ländern und
Städten, wo sie befindlich, geschehen. Hier haben
wir nur, obwohl kürtzlich, zeigen wollen, wie gute
Künste und Wissenschafften, deren Haupt-Sitz die
Universitäten sind, von denen Menschen nach der
Sündflut jederzeit getrieben worden; dieselbige
von einem Volcke zum andern gelanget, und in
diesem Lande bald etwas verfinstert, in einem
andern aber gar verdunckelt worden; da sie
hingegen in einem andern neue Sitze erlangt, und
sich in selbigen mit grösserer Zierde als
anderwerts hervorgethan: darbey denn niemand
wird in Abrede seyn können, daß die heutigen
Academien sich in weit grössern Ansehen und
Glantz als die alten befinden, man möchte denn
die Egyptischen und Alexandrinischen ausnehmen
wollen, obgleich auch dieses wahr, daß die
vorigen zwar weniger Zierde und solche
Einrichtung nicht aufzuweisen vermöchten, als wie
die heutigen; man traf aber allda insgemein mehr
gründliche Gelehrsamkeit an, |
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{Sp. 1782} |
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wolte auch nicht ein jeder von Studiren
Profeßion machen, da hingegen heut zu Tage bey
vielen nur superficielle Gelehrsamkeit zu seyn
pfleget, und jedes
Bauren- und
Handwercksmanns Sohn (welches doch
circa
injuriam einiger Menschen gesaget, noch dies
oder jenes Individuum insbesondere verstanden
wird, als wowider man feyerlichst protestiret) sich
aufs Studiren leget, und mit Gewalt ein Gelehrter
heissen will, ob ihm gleich viel gesünder wäre,
seines
Vatern Profeßion erwählt zu haben. |
Kurtze Nachricht von denen
Academien und Universitäten überhaupt, Cap.
I. |
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