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Quellenangaben
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Wahlkonklave |
Nach der Ankunfft des
neuerwählten Königs, wie auch bald darauf des
Kaysers,
welchen einige abgeordnete
Räthe in das Conclaue erbeten, und sämtliche
Chur-Fürsten im Creutz-Gange empfangen hatten, ward dem letztern der
Kayserliche
Ornat und die
Insignien
in einem besondern Gemache angelegt, und darauf der Zug in das Conclaue
gewöhnlicher Weise vorgenommen. |
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In diesem Zimmer setzte sich der
Kayser neben dem Altar zur rechten Seite,
oder, wie es sonst
genannt wird, ad Cornu Euangelii, und stund der neu erwählte
mit der
Ungerischen Crone bedeckt und die übrigen
Chur-Fürsten alle entdeckten
Haupts vor dem Kayser. Darauf ward von Chur-Mayntz bey dem Kayser die
Dancksagung wegen seiner Ankunfft abgestattet, und die auf seinen Printzen
ausgeschlagene
Wahl kund gethan, er auch zugleich im
Namen derer Chur-Fürsten
und Gesandten um seine Einwilligung dazu erbeten. Nach dem der Kayser seine
Meynung erkläret, und der Neu-erwählte die Wahl angenommen, wurden die
Glückwünsche bey dem Kayser und Könige, so wohl von Chur-Mayntz als iedem
Chur-Fürsten und Gesandten ins besondere abgelegt, welche Wechselsweise
Verpflichtungen und Glückwünsche in denen Wahl-Beschreibungen nachzusehen. |
- Theatr. Europ. …
- Ludolff Contin. …
- Ferrarius de Elect. …
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{Sp. 1253|S. 618} |
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Verkündung |
Nach abgelegtem
Eyde wegen Festhaltung der
Capitulation giengen der
Kayser und König nebst denen
Chur-Fürsten und Gesandten zum Altare, wo sich der
Kayser auf den Thon neben den Altar niederließ, und die
Erb-Ämter mit denen
Insignien zur rechten Hand, die fünf Herolde aber vor sich stehen hatte. Mit dem
Neu-erwählten, welcher vor dem Altar geführet, und auf denselben erhöhet ward,
wurden die gewöhnlichen Ceremonien vor die Hand genommen. Bey der Hervortretung
auf die höltzerne Bühne war der Kayser nebst dem Könige zugegen, und wohnte
nebst denen Chur-Fürsten und Gesandten der vom Maintzischen Dom-Dechante
geschehenen Ausruffung sietzend bey. Nach
verrichteten Wahl-Geschäffte aber nahm
man den gewöhnlichen Zug über die mit farbigen Tuche belegte Brücke. |
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Die übrigen dabey gewöhnlichen
Gewohnheiten sind bey
Zwantzigen
l.c. … Meibomio l.c. … und unter dem
Worte
Kayser
Tom. XV. p. 299. seq. auch an andern daselbst angeführten Stellen
nachzusehen. |
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Kurfürstenrecht |
Daß nun die
Chur-Fürsten
diese ausserordentliche Königs-Wahl so wohl als die
ordentliche Kaysers-Wahl alleine verrichten, ist bekannt. Nur hat das
Reich,
weil die
goldene Bulle von diesem ausserordentlichen Falle
nichts erwehnt, mit der Zeit, wie vor gemeldet, auch einige Ansprache daran
gemacht. Der scheinbare Vorwand bestund darinnen: die Römische Königs-Wahl würde
in des Reichs
Namen vorgenommen, es schiene aber nicht, daß durch die übergebene
Wahl in diesem Falle der Vacantz, auch dieselbe denen
Chur-Fürsten so
völlig und
frey zugestanden sey; es hätten also die gesammten
Reichs-Stände auf gemeinem
Reichs-Tage die
Frage, ob ein Römischer König zu
wählen sey, aller Dings vorläuffig auszumachen. |
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Man
sollte dero Wegen nach dieser
Meynung die Fragen: ob ein Römischer
König und wer zu wählen stünde? ins künfftige von einander sondern, und die
Erörterung der letzten denen
Chur-Fürsten alleine, der erstern aber dem
gesammten
Reiche überlassen. Es
mögte auch das Reich wohl schwehrlich einigen
Anspruch an die Chur-Fürsten wegen der Römischen Königs-Wahl gemacht haben, wo
nicht die Frage ob und wie weit diese Wahl dem Reiche
vortheilhafft sey, so
vielen Bedencklichkeiten unterworffen wäre. |
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Nutzen |
Der eine
Staats-Nutzen, daß hierdurch die dem
Reiche so gefährlichen
Zwischen-Reiche vermieden würden, ward, wie aus Leibnitzen
Cod. … zu ersehen, so vorlängst
erkannt. Man hätte auch deswegen das
Vicariat gestifftet, damit man behörige Sicherheit haben könnte. Dazu
zeigten die Fälle, wenn ein
Kayser immer abwesend, oder durch Kranckheit
unvermögend worden, den unläugbaren
Vortheil, den das Reich bey denen Römi- |
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{Sp. 1254} |
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schen Königs-Wahlen hätte, gar deutlich. |
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Hingegen fehlte es auch nicht an gnugsam dagegen gemachten Einwürffen. Da
hieß es, der Kayser könnte in jenen Fällen die
Regierung denen ordentlichen
Reichs-Vicarien anvertrauen, oder sich selbst einige ernennen. Durch die
Königs-Wahlen entgehe denen Vicariats-Rechten ein grosses, welche dadurch
fast fruchtlos würden. Das
Reich bekomme dadurch die
Gestallt eines Erb-Reichs,
und werde derer
Chur-Fürsten
Wahl-Recht gekräncket. Dem Reiche seye nach seiner
Verfassung nicht mit zwey Häuptern gedient, sondern vielmehr
geschadet. Die
Chur-Fürsten hätten also keine freye, sondern gezwungene Wahl. Ob es auch gleich
hiesse, dieselben mögten wider
Willen und Einstimmung des
regierenden Kaysers
einen König erwählen, so sey es doch ein blosses Blend-Werck, und mit keinem
Exempel bewähret, da hingegen die Kayser, wie offenbar am
Tage liege, meisten
Theils mit seiner Bitte Statt eines
Befehls bey denen Chur-Fürsten
durchgedrungen. |
- Hyppolitus a Lapide de Ratione
St. II.
- Schweder Syntagm. …
- Spener l.c. …
- Hofmann l.c. …
- Bilderbeck
l.c. …
- Conring
ad Lampadium
- Limnaeus ad Capit. … V.
Nutzen, … V. mit folgender Genehmhaltung.
…
- Pfeffinger
ad
Vitr. …
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Gegen diese
Sätze aber kann wieder eingewendet werden: die
Regierung in
einem kurtzen Zwischen-Reiche gebe denen
Vicarien mehr
Mühe und Unkosten
als Vortheile. Ist ein minderjähriger Printz erwählt, so kann denen Vicarien
gelegentlich ein langes Vicariat zu wachsen. Dem freyen Wahl-Rechte, wird, da
man gleich vor dem behörigen Falle zur Wahl schreitet, nichts benommen. Die
Gestallten
der erblichen Regierung, welche bey dem Hause Österreich, zu walten scheinen,
würde bereits so desselben Landes
Regiment veranlassen
müssen, ob
gleich währender Zeit keine eintzige Römische Königs-Wahl vorgekommen wäre.
Sehen auch über das die
Chur-Fürsten bey ihren Königs-Wahlen gar zu sehr auf den
Kayser, so leidet doch dabey das
Reich nicht das geringste; und endlich muß man
doch einräumen, daß das Reich unangesehen einiger erheblichen Bedencken mehr
wahrhafftigen
Nutzen als beweislichen
Schaden aus denen Römischen Königs-Wahlen
ziehet. |
-
Limnaeus ad Capit. …
- Conring ad Lampadium l.c.
- Pfeffinger ad Vitriarium l.c. …
- Schweder l.c.
-
Struv
Syntagm. …
- Hertius Paroem. …
- Spener l.c.
…
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Weil aber doch in nicht wenigen Fällen der
Nutzen und
Nothwendigkeit solcher
Wahl bestriten werden konnte, so gab fast
Chur-Sachsen und die übrigen
Protestirenden bey Ferdinands des I. Königs-Wahl den ersten Anlaß zu
Streitigkeiten. Man forderte
anfänglich, daß keine Wahl geschehen könne, wo
nicht alle
Chur-Fürsten, und aus dem
Fürstl. Collegio 6. Abgeordnete
reifflich überlegt und beschlossen hätten, ob und daß die Wahl dem
Reiche
würcklich
nützlich und zuträg- |
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{Sp. 1255|S. 619} |
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lich sey. Doch von denen Fürstlichen Beyständen
wollte Ferdinand der I.
durchaus nichts
wissen. |
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Bey denen
Westphälischen Friedens-Handlungen kam es aufs neue vor. Die
Frantzösischen und Schwedischen Gesandten wollten mit aller
Gewalt im
Namen
derer
Reichs-Stände, daß diese Wahlen gar nicht mehr Statt hätten. Als man damit
nicht fortkommen konte,
begehrte man, daß künfftig keine solche Wahl
vorgenommen werden
sollte, wo nicht zuvor die
Frage: Ob ein Römischer König zu
wählen sey? auf dem
Reichs-Tage ausgemacht wäre. So weit aber konnte man sich
Chur-Fürstlicher Seits, bey noch so wenig bescheinigten Befugnisse derer übrigen
Reichs-Stände, nicht einlassen. Die
Kayserlichen Gesandten selbst setzten sich
mit äussersten
Vermögen wider dieses Ansinnen. Derowegen hieß es lediglich im
Osnabrügischen Frieden Art. 8. §. 3. auf dem nächsten
Reichs-Tage mit gemeiner Einwilligung derer Stände über eine Römischer
Königs-Wahl gehandelt, und ein
Schluß darinne gefaßt werden. |
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Nahmen nun gleich die übrigen
Stände dieses so an, als wenn ihnen würcklich
ihr Anspruch von denen
Chur-Fürsten eingeräumet worden wäre, und beredeten sich
auch im 1652.
Jahre auf dem Lüneburgischen
Creiß-Conuente, wie man das
Werck nunmehro auf dem
Reichs-Tage ferner zu treiben hätte, so liessen sich die
Chur-Fürsten dessen ungeachtet im Besitze ihres hergebrachten
Rechts nicht
irren, sondern hatten noch gnugsame Gegen-Gründe, welche sie denen übrigen
entgegen setzen konnten. |
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Die
Stände konnten zwar darauf antragen, daß die
Chur-Fürsten so bey denen
älteren als neuern Römischen Königs-Wahlen den
Vortheil und
Nutzen des gesammten
Reichs immer im Munde geführet, daß also nicht abzusehen wäre, warum es nicht
auf des gesammten Reichs-Ermässen ankommen sollte, ob würcklich ein anmaßlicher
Reichs-Vortheil oder
Nutzen bey der vorhabenden Wahl anzutreffen; in dem solche
Wahl gar zu sehr in die eigentliche Verfassung des
gantzen Reichs einschlage:
wohin auch die Nieder-Sächsische
Creiß-Stände in ihrem Bedencken gestimmet. |
- Theatr. Europ. …
- Spener
l.c. …
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Weil aber dennoch denen
Chur-Fürsten gantz unumschränckte Wahl-Rechte
zustehen, die ihnen zwar
ursprünglich von dem
Reiche überlassen, doch aber
dadurch
völlig zugleich ihr
eigen worden sind; die Chur-Fürsten über dieses bey
der ordentlichen Wahl beyde obgedachte Fragen in ihrer Maße alleine ohne je
Mahls gehabten Einspruche des Reichs zu
untersuchen und zu entscheiden gehabt
haben, diesem ferner alles widrige Einstreuen wenig entgegen stehet, sinte Mahl
die
G.B. der römischen Königs-Wahl gar nicht zuwider ist, als
welche vielmehr in der
Erklärung von denen
Vacantz- und Erledigungs-Fällen, die
übrigen gesammten Wahl-Rechte stillschweigend bloß in |
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{Sp. 1256} |
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derer Chur-Fürsten Hände stellet; da zu dem der
Westphälische Friede
denen
Ständen nichts zugesprochen, sondern nur die freundliche Vernehmung dieser
Streit-Sache auf dem
Reichs-Tag verwiesen, welche die Chur-Fürsten mit Vorbehalt
ihrer
Rechte leichte haben geschehen lassen können. |
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Hiernächst ist die so
nöthige als thunliche Sonderung gedachter beyden
Fragen leichter angezogen, als
bewiesen, in dem die Ermässung des
Reichs-Vortheils meistens auf die sichere Kundschafft der
Person, welche gewählt
werden soll, ankömmet, davon aber die
Reichs-Stände
unmöglich
gewiß seyn können.
Zu geschweigen, daß die
Chur-Fürsten, wenn die Erörterung der Frage, ob ein
König zu wählen sey? auf derer
Fürsten
und
Stände Ermässen ankommen sollte, sich
Statt ihrer unabhangenden Wahl-Rechte nunmehro bloß mit denenselben nach derer
Stände Gutachten richten müsten. |
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Giebt man gleich zu, daß die Römische Königs-Wahl des
Reichs-Vortheil
mercklich anbetrifft, so folgt doch deshalben nicht, daß das Reich solches auch
vorläuffig zu erörtern habe. Denn sonst könnten sich die
Stände mit gleichem
Vorwande in das
Kayserliche Wahl-Geschäffte selbst einflechten, da Niemand
läugnen wird, daß der
Staats-Nutzen daselbst eben Falls bey der Wahl einer
Person vor der andern alle Zeit gewaltig mit im Spiel seye. |
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Es mögte sich denn so gestallteten
Sachen nach derer
Stände Anspruch wohl
schwehrlich haben rechtfertigen lassen, und es scheinet auch dieser Streit durch
die Satzung der neuesten
Kayserlichen
Capitulation, welche sich auf derer
Chur- und
Fürsten
zu Regenspurg getroffenen und vom Kayser bestättigten
Vergleich bezühet, so gut als aus dem
Grunde gehoben und geschlichtet. Vermöge
dieser Satzung soll zwar die Wahl eines Römischen Königs nicht leichte mehr
vorgenommen werden; fänden sich aber gleich wohl Fälle der nöthigen, beständigen
oder allzulangen Kayserlichen Abwesenheit, hohen
Alters oder beharrlichen
Unpäßlichkeit, wie auch eine anderweite hohe
Nothdurfft, daran des
Reichs
Erhaltung und Wohlfahrt gelegen; so ist alsdenn die Wahl
Rechts-beständiger
Weise wohl vorzunehmen. |
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In allen solchen Fällen aber weiß doch die
Capitulation weiter nichts
von derer
Fürsten und
Stände
Erkenntniß, sondern es soll von denen
Chur-Fürsten
der goldenen Bulle auch ihrem vom
Römischen Reiche tragenden
Amt und
Pflichten
nach aller Dings
frey und ungehindert in der Römischer Königs-Wahl verfahren
werden. Die ins gemein berührte hohe Nothdurfft aber haben allen Falls die
Chur-Fürsten zu
erwägen, sich unter ein ander darüber zu vernehmen, und eines
einmüthigen
Schlusses zu vereinigen, welches füglich nach dem
Sinne der
goldenen Bulle von denen meisten Stimmen zu
verstehen ist, die so gut
als die einmüthigen Stimmen zu achten. |
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Denn ob man wohl auch in diesem Handel auf Seiten einiger
Chur- und
Fürsten
nicht auf die Vielheit oder den mehrern
Theil derer Stimmen, wie bey der
ordentlichen Kayser-Wahl, sondern auf die
würckliche Einmüthigkeit aller |
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{Sp. 1257|S. 620} |
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dererselbigen zusammen angetragen; so hat man doch darauf nicht geachtet,
sondern es bey der ein Mahl beliebten
Ordnung bleiben lassen. |
- Spener
l.c. …
-
Capit. Caroli VI. art. 3.
- Ludolff.
Contin. …
- von
Herden Grund-Feste des H.R.R. …
- Rechtliches Bedencken und Gegen-Bedencken wozu die gesammten Stände berechtiget
etc. 1689. in
Lunigs Staats-Consil. … in
Lundorpii
Act. …
- Faber Staats-Cantzley XXVII.
- Hofmann Comment. …
- Schilter
Jur. …
- Muldener
Praef. ad Capitul. Harm.
…
- Struv
Syntagm. …
- Horn
Jur. publ. …
- Pfeffinger
ad
Vitriarii…
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hohe Notdurft |
Was die hohe
Nothdurfft daran des
Reichs Erhaltung und Wohlfahrt gelegen,
eigentlich sey, ist zu mehrern Mahlen, sehr bedencklich.
Kayser Carl der IV.
wuste wohl, so sehr er sich auch bey seines
Sohns Wahl damit breit machte,
selbige schwerlich zu rechtfertigen. So sehr auch Kayser Carl der V. des
Reichs
Nutzen bey der Wahl seines Bruders anrühmte, so fand er doch sonderlich
bey
Chur-Sachsen und denen
Protestanten wenig
Glauben. Bey der letzern
Josephinischen Wahl aber fiel der
Staats-Nutzen und Nothdurfft offenbahr in die
Augen. Die Crone Franckreich versuchte da Mahls auf mancherley Art, denen
Chur-Fürsten den Dauphin aufzudringen. Wäre der Kayser Leopold also
währender
Kriegs-Läuffte mit
Tode abgegangen, hätte dieses
verschiedene
gefährliche Neuerungen nach sich ziehen können. |
- Pfeffinger ad Vitriarii
…
-
Goldastus Polit.
Reichs-Händel …
- Spener l.c. …
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