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Quellenangaben |
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Dieses ist es also was wir der Thüringer
Heydenthum haben beybringen
wollen. Wir gehen
also fort zu der, unter den Carolingischen
Königen
und Kaysern erfolgten¶ |
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Bekehrung der Thüringer¶ |
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und wollen die
Zeit genau
untersuchen, wenn
dieselbe ihren Anfang eigentlich genommen
habe. |
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Sagittarius und Pfefferkorn stehen in den
Gedancken, als ob nicht nur vor der Ankunfft des
Heil. Bonifacius in Thüringen ein Kern eines
guten
Christenthums in diesem
Lande gewesen, sondern
meynen auch, derselbe habe den Saamen der
Christlichen Lehre ausgerottet und lauter Unkraut
an dessen statt hinein geworffen. |
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Der erstere von diesen behauptet in Antiquit.
Gentilismi et Christianismi Thuringici, daß die
Christliche Lehre schon im sechsten
Jahrhundert,
als der Thüringische, obwohl damahls noch
Heydnische König Hermenfried das Gothische
Fräulein Amalfried
geheyrathet habe, ihren Anfang
genommen. Den
Beweiß davon setzet er auf lauter
Muthmassungen, desgleichen dieses wenn er
spricht, Bonifacius habe allzusehr dem
Päbstlichem Stuhle angehangen. |
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Pfefferkorn führet in seinen auserlesenen
Geschichten von der berühmten Landgrafschafft
Thüringen … einige Christliche Priester in
Thüringen an, von welchen er vorgiebt, sie hätten
vor und nach des Königs Chlodoväus, und also
noch vor den Zeiten des Heil. Bonifacius in
Thüringen, in Ermangelung der Kirchen im Felde
bey Brunnen oder Bäumen einfältiglich geprediget.
Dieser habe Bonifacius nach seiner Rückkehr von
Rom verfolgt, sie vor
Ehebrecher und Ketzer
gehalten, die die Heydnischen Gebräuche wieder
einführen wolten, und er habe nichts als von Ober-
Herrschafft des Pabsts
öffentlich gelehret. |
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Überdieses habe er den ehelosen
Stand mit
aller Macht und Eyfer in Thüringen vertheidiget und
einzuführen gesucht, er selbst aber habe die
Weiber
Tecklam, Kundrunden, Walpurgen, Künhilden und
ihre
Töchter Brigitten, und Ostwythen
gantz lieb
gehabt, und wenn er zu Fulde gewesen wäre, hätte
niemand als das Weib Lioba zu ihm in seine
Kammer gehen dürffen. |
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Wenn man aber den Zeugnissen bewährter
Geschicht-Schreiber nachgehet, so wird, man
finden, daß die Christliche Religion zur Zeit des
Bonifacius sich noch in gar schlechten
Zustande
befunden habe. |
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Denn erstlich waren die Christen noch gar rar
um diese Zeit in Thüringen, und die noch etwa also
hiessen, waren es nur dem
Nahmen, aber nicht der
That nach. Der
Verfasser Vitae S. Bilhildis in
Martyrologio membranaceo Ecclesiae S. Petri
Frideslariensis beschreibet uns den Zustand der
Christlichen Religion in Thüringen im siebenden
Jahrhundert ebenfals noch sehr gering und beklagt,
daß das Heydenthum |
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{Sp. 1886} |
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daselbst noch so sehr blühete, und man durch
Anbetung der
schändlichsten Götzenbilder das
höchste Wesen verunehrete, und man von seinem
Schöpffer auf solche Weise abfiele. So sahe es zur
Zeit der Fränckischen Könige des Chlodoväus II,
und Sigebert des III, kurtz vor des Bonifacius
Ankunfft in Thüringen aus. |
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Der im 7 Jahrhundert lebende Thüringische
Hertzog Gozberg war ebenfals noch ein Heyde.
Diesen haben nicht die vorgegebenen Prediger des
Pfefferkorns zur Christlichen Religion bekehret,
sondern Kilian, ein Gefährde und Vorgänger des
Bonifacius, welcher ihn durch seine Predigten zur
Ablegung des Heydenthums bewogen und getaufft
hat; |
- Rolewinck in fasciculo
temporum …
- Serarius in Vita S.
Kiliani.
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Damahls war noch keine Christliche Kirche in
Thüringen, sondern dieses
Hertzogs
Sohn Hetanus
hatte in dem südlichen
Theile, der nachgehends
Ostfrancken
genennet worden, die erstere und zwar
auf dem Berge bey Würtzburg
erbauet. |
Eckarth Tom. I. Rer. Francic.
… |
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Doch hatte damahls das Heydenthum die
Oberhand, und die Thüringer verehrten unter
andern Abgöttern insonderheit die Diana, wovon wir
oben weitläufftig gehandelt haben. In der Lebens-Beschreibung des Heil. Kilians, die in
Ludewigs
Würtzburgischen Geschicht-Schreibern … befindlich
ist, wird gemeldet, daß, als dieser Christliche Lehrer
das Evangelium Christi in Südthüringen, zu
Würtzburg und in dasigen Gegenden geprediget
hätte, so hätte sich das Volck über die neue Lehre
verwundert. Dieses geschah im 7
Jahrhunderte. |
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Es ist zwar nicht zu
läugnen, daß nicht vor des
Bonifacius Zeiten dürfften Christen in Thüringen
gewesen seyn; ihr Zustand aber war nicht viel
besser als der Heyden, zudem nahmen sie
sämmtlich ein Ende, starben aus, so daß nach des
Hertzogs Hedenus und dessen Sohn Thuringo
Tode, welche beyde im
Jahr 716 in einem Treffen
das
Leben einbüsseten, fast gar nichts mehr von
ihnen zu hören war. Ferner fielen die damahls noch
Heydnischen
Sachsen in dieses Land, und rotteten
die Christliche Religion so aus, daß keine Spuren
davon mehr übrig blieben. |
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Aus diesen, was wir zeither angeführt haben,
wird man klar und deutlich
erkennen, daß der Heil.
Bonifacius derjenige
Christliche
Lehrer und Apostel
gewesen, welcher die Christliche Religion in
Thüringen verkündiget, und durch Lehren und
Predigten ausgearbeitet habe. Solten aber wider
Vermuthen einige so ungläubig seyn, und es bey
den angeführten Zeugnissen nicht bewenden
lassen, so verweisen wir sie auf den Othlonus in
vita S. Bonifacii Lib. I. … |
- Serarius in der
Sammlung der Send-Schreiben des Bonifacius,
- von
Falckensteins aufgesuchte Antiquitat. Nordgau. im
Hochstift Eichstett.
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Weil aber noch vor dem Bonifacius einige
Nachrichten von zwey Christlichen Lehrern
vorhanden sind, als dem Heiligen Kilian, und
Willibrord, deren Andencken annoch in dem
Südlichen Theile, auch jetzigen Thüringen
beybehalten wird, so wollen wir dasjenige, was
einen Einfluß in der Thüringer Religion gehabt, kurtz
berühren. |
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{Sp. 1887|S. 957} |
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Kilian verdient unter den Christlichen Lehrern,
von welchen wir etwas
gewisses
wissen, oben
angesetzt zu werden, da er mit seinen Predigten
zuerst die Thüringer Christo zuzuführen gesucht. Er
ist zwar, so viel man Nachricht hat, in unser
heutiges Thüringen nicht gekommen, hat aber doch
in dessen damahligen Südlichen Theile, der
nachgehends Ost-Francken genennet worden, die
Lehre von JEsu ausgebreitet, den Thüringischen
Hertzog zu Christo bekehrt, und ihn getaufft. |
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Kilian ist demnach der erstere Christliche
Lehrer in dem Südlichen Thüringen, von welchen
man eine zuverläßige Nachricht hat, doch wollen wir
gern uns belehren lassen, wenn uns jemand mit
Grund einen andern und ältern wird zeigen können.
Von seinem Leben wollen wir hier nichts berühren,
als was zur Bekehrung der Heydnischen Thüringer
gerechnet werden muß, und davon wir im XV
Bande, p.
622 u.ff. unter dem
Artickel Kilian keine
Nachricht gegeben haben. |
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Der Anfang zu seinem Entschluß, die Heyden
zu bekehren war folgender: Er überlegte einstmahls
bey sich die
Worte Christi: Wer mir folgen will
verläugne sich selbst, nehme sein Creutz auf sich,
und folge mir nach. Hierauf nahm er einige
Gefährden zu sich, nehmlich den Colonatus, Gallo,
Arnwald, drey Priester, Totnanus, einen Diaconus,
und noch sieben andere. Diese ermahnete er, und
sprach zu ihnen, sie
möchten mit ihm ihr Vaterland
verlassen, und bloß, nackend, und
arm, Christo
nachfolgen. |
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Da sich es nun diese gefallen liessen, begaben
sie sich zusammen auf ein
Schiff, fuhren über das
Meer, kamen nach
Deutschland, und zwar in den
Südlichen Theil von Thüringen zu Würtzburg an.
Damahls
regierte zu Würtzburg der Thüringische
Hertzog Gozbert, ein
Sohn Hetans, des Ältern.
Derselbe ließ den Kilian zu sich kommen, und
unterredete sich mit ihm von der Lehre Christi, und
als er durch seine Beweißgründe überzeugt und
gerührt ward, ließ er sich 687 als ein Christ tauffen.
Wie er ums Leben gekommen kan man im
angeführten Bande nachsehen. |
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Den Willibrord kan man auf gewisse masse
ebenfalls unter die Vorläuffer des Heiligen
Bonifacius in Ansehung der Bekehrung der alten
Heydnischen Thüringer ansehen. Kilian ist in Süd-
Thüringen, nachgehends Ost-Francken, Willibrord
in dem heutigen noch also genannten Thüringen,
doch nicht so sehr als jener bekannt gewesen. Der
Thüringische Hertzog Hetanus hat seiner Kirche
einige
Güter in Thüringen, als Arnstadt, Mühlberg
und Machore übergeben, und zuvor hatte er in
Frießland die Heyden zur Christlichen Religion
bekehret. |
Sein Leben findet man unter
andern in des Johannes de Becka Historia
Episcoporum Trajectensium ... Desgleichen in den
Actis Sanctorum Mabillonii. |
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Endlich ist auch im sechzehenden
Jahrhunderte die reine und unverfälschte Lehre des
Evangelii nach
D. Luthers vorgenommenen
Reformation in Thüringen in ihrem Glantz
erschienen. Die meiste
Veränderung ist daselbst
1528 und zwar soweit es damahls dem
Churfürsten
zu
Sachsen unterwürffig war, durch die geschehene
General- |
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{Sp. 1888} |
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Visitation, vorgegangen, wiewohl schon zuvor
im Jahr 1517 Myconius in Weymar zum Predigt-Amte beruffen ward, und in Thüringen zuerst
gelehret hatte. |
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Nach Hertzog Georgens Tode stellte Hertzog
Heinrich auch in seinem Theile 1539 eine Visitation
durch Justus Menius an, worauf 1540 noch eine
erfolgete. Insonderheit ist zu Erfurt schon um das
Jahr 1522 durch einige
gelehrte Leute viel geändert
worden, zumahl da auch D. Luther auf der
Reise
nach Worms daselbst geprediget hat. |
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Zu Gotha fieng Myconius im Jahr 1524
öffentlich an, die gereinigte Lehre vorzutragen und
fuhr darinne, wie auch zugleich mit der Aufsicht
über die umliegenden Kirchen in die zwey und
zwanzig Jahr, fort. |
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Zu Weymar ward im Jahr 1523 eine
Disputation
wieder die Messe gehalten, und zu Eisenach fieng
eben damahls D. Jacob Straus an zu predigen,
nachdem vorhero im Jahr 1521 zwey Mönche
angefangen hatten, wieder das Pabstthum öffentlich
zu lehren, wie denn auch in eben diesem Jahre D.
Caspar Guttel von Eisleben auf dem
Marckte zu
Arnstadt einige Predigten gehalten hatte. |
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Es blühet auch bis jetzo diese
Protestantische
Religion im
gantzen Thüringen, ausser dem
Eißfelde, wie auch der
Stadt Erfurt, da Protestanten
und
Catholicken untermengt seyn. |
- von
Seckendorffs historia Lutheran. …
- Scultetus Annal …
- Uhse in der
Kirchen-Historie des 16 und 17 Jahrhunderts
…
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Weil wir bisher von den
vornehmsten
Sachen,
die aus den
alten Geschichten her zuholen waren,
und die
Benennung so wohl des
Landes Thüringen,
als auch dessen
Ursprung,
Regiment und
Religion
betraffen, weitläufftig gehandelt haben, so
müssen
wir nun ferner die¶ |
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Natürliche Beschaffenheit des Landes¶ |
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vor uns nehmen, wobey wir uns nicht zu lang
aufzuhalten haben werden. |
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Das Land Thüringen an sich selbst war in
denen ältesten Zeiten voller
Wälder
und Moräste, wie insgemein
gantz
Teutschland. Nachdem es
aber nach und nach von den
Einwohnern
angebauet worden, so ist es heutiges
Tages ein
Kornreiches und sehr fruchtbares Land, so daß es
von einigen die Schmaltzgrube von Teutschland
genennet wird. Diesen
Nahmen
mag Thüringen
wohl wegen der acht W. besonders verdienen,
wegen der Wälder,
Wasser, Wein, Wantzen, Weyd,
Wiesen, Wolle, daran es einen Überfluß hat. |
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Petrus Franck, Silusianus, hat von Thüringen
und Gotha folgendes Epigramma verfertiget: |
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Conciliare solent tria W. nomenque decusque
Waid, Woll, et Weitzen, Terra Thuringa tibi
Sic
itidem tria W. protollunt nomen ad astra
Weitz,
Wilck, et Walther, Gotha beata tuum. |
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Die letztern Verse gehen auf drey
berühmte
Männer welche zu einer
Zeit zu Gotha in Kirchen
und
Schulen gelehrt, und grossen
Nutzen gestifftet
haben. |
Zeilers Itinerarium Germ.
… |
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{Sp. 1889|S. 958} |
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Der
Ruhm des Waids ist zwar nunmehro
ziemlich gefallen, nachdem die Engelländer aus
Thüringen Saamen bekommen, und der Indig in
dieses Land gebracht worden ist. Denn da vormahls
ein Schock Ballen vor einen halben Thaler bezahlet
worden, so will es den Thüringern nicht mehr
anständig seyn, dasselbe jetzo vor zwantzig, ja
bisweilen nur vor vierzehn Pfennige
wegzugeben. |
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Jedoch was an diesem Gewächse abgehet,
wird hier und da, absonderlich bey Erffurt mit Aniß,
und andern
Dingen wieder ersetzet. Ferner trägt
Thüringen viel Saffran oder Saflor, und an etlichen
Orten hat es grosse
Wälder. |
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Von dieses Landes Fruchtbarkeit und Güte
fälleten die
Räthe
des Meißnischen
Marggrafens
Heinrichs des Erlauchten ein artiges
Urtheil. Denn
als Sophia, Hertzogin in Brabant,
Landgrafens
Ludovicus VI. in Thüringen
Tochter, wegen ihres
Sohns Heinrich Anspruch, bey dem erst bemeldeten
Heinrich auf Thüringen machte, und er seine Räthe
deswegen um
Rath fragte, wie er sich bey dieser
Forderung verhalten möchte, so gaben sie ihm zur
Antwort: |
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"Das Land Thüringen, Gnädigster Herr, ist edel
und reich; Dahero gebt es weder weg, noch
zertheilet es. Es ist so gut, daß wenn Ew. Fürstliche
Gnaden einen Fuß im Himmel, und den andern auf
der Erden, in Thüringen hätten, so solten sie den
aus den Himmel zum andern zurück ziehen, und
Thüringen behalten.„ |
Historia de Landgraviis
Thuringiae … |
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Thüringen ist demnach fast durchgehends
fruchtbar, ob gleich hier und da bergigtes Land mit
ist. Rocken, Weitzen, Gerste, Haber, und allerley
Hülsenfrüchte wachsen daselbst reichlich, und
werden theils von Nordhausen, über den Hartz, von
Mühlhausen auf Wannfried, Minden, und Bremen,
theils aber von Arnstadt und Ordruff über den
Thüringer-Wald ausgeführet. |
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Die Pferde in Thüringen sind von den ältesten
Zeiten her schon sehr bekannt gewesen, und
Vegetius, welcher die erste und älteste Nachricht
hiervon giebt, und der Thüringer überhaupt zuerst
erwehnet,
rühmt besonders an den Thüringischen
Pferden, daß sie zur
Arbeit sehr tüchtig wären. Der
König Hermenfried aus Thüringen, überschickte
auch dem König Theodoricus, als er seine
Enckelin heyrathen wolte, dergleichen Thüringische
Pferde, daraus man auch ihren grossen Werth
schliessen kan. Als Theodoricus jenem in einem
Briefe antwortet, so hält er diesen Pferden eine
lange Lob-Rede. |
Falckensteins Thüring. Chron.
I Th. … |
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Sonst ist Thüringen nicht allein seiner vielen
Residentzen und anderer
Örter, besonders der
beyden
Universitäten zu
Jena und Erffurt, sondern
auch der Menge der
Einwohner wegen ein sehr
schönes und nahrhafftes Land. Pfefferkorn
schreibt
in seinen auserlesenen Thüringischen Geschichten,
daß in demselben, über hundert
Flecken und
Städte, die Grenzstädte mit eingerechnet befindlich
wären. Wenn man die alten Merckmahle und
wüsten Thürme mit nehme, so dürffte sich die
Anzahl der Schlösser wohl auf hundert belauffen;
der
Dörffer aber nebst Einrechnung der
Höfe, und
Vorwercke wären auf zwey tausend. |
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Unter den Bergen sind die berühmtesten der
Kiffhäuser, an der |
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{Sp. 1890} |
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Finda, welche Finda ein gebürgigter Ort Landes
ist, um Franckenhausen, Sondershausen bis gen
Lohr, daran die alten zerbrochenen Schlösser,
Sachsenburg, Kiffhausen, Rotenburg liegen; fast in
der Mitten ist der Heydelberg, auf welchen man den
gantzen Strich bis an die Hainleuten übersehen kan.
Zwischen dem Kiffhäuser-Berge, und dem
Hartzgebürge ist die güldene Aue, ein besonders
fruchtbares Getreydeland, welches von
Nordhausen, bis an Sangerhausen gehet. |
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Der andere berühmte Berg ist, der Hörselberg,
der bis an Eisenach reicht, von welchem man viele
Fabeln sich erzehlen lassen kan. |
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Bey Sangerhausen und um Saalfeld giebt es
auch Bergwercke, die Kupffer und auch Silber
halten. Zu Franckenhausen, Saltzungen, und Sultza
wird Saltz gemacht, und vielleicht auch bey
Attern. |
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Und ob schon Thüringen ziemlich bergigt, und
diese Höhen auch nicht, wie andere Gebürge, viel
frische Quellen haben; so sind doch in den Gründen
hin und wieder viel feine fliessende Wasser, welche
den Einwohnern sehr wohl zu statten kommen.
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Der Flüsse, welche alle Fischreich sind, werden
folgende
gezählet: Die |
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- Unstrut,
- Helbe,
- Werra,
- Nessa,
- Rahna,
- Helme,
- Lossa,
- Giessel;
- ferner
- der grosse und kleine
Weissensee,
- Schwansee,
- u.d.m.
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Von den¶ |
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Sitten der alten Thüringer¶ |
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schreibet Melchias Nehel von Witstahl in
seiner Chronographia decennali … daß sie sehr
ungezogen und grob wären, und sich sehr hart und
unhöflich gegen die Fremden bezeugten. Über dem
hätten sie eine grosse
Begierde nach der
Freyheit,
wären aber sonst
arbeitsam, und der Hoffart und
Wollust fast gar nicht ergeben. |
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Wegen des erstern, nehmlich der
Unhöfflichkeit, will die
alten Thüringer niemand
vertheidigen, unter geringen und gemeinem
Volcke
mag sie auch noch ziemlich starck seyn; die
Städte
aber, und Leute, auch nur von Mittelstande, haben
sich schon von dieser Beschuldigung los gemacht,
indem sie andern Ländern an Höflichkeit nichts
nachgeben, wie denn auch die Thüringer,
gelehrte
Leute aufzuweisen haben, die mit sehr vielen
auswärtigen
Gelehrten nicht nur in Vergleichung
gestellet werden, sondern auch ihnen den
Vorzug
streitig machen können. |
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Endlich
wollen wir noch
untersuchen woher es
komme, daß man die Thüringer Heringsnasen
genennet habe, welcher Zunahme bis auf diesen
Tag noch nicht von ihnen genommen ist. Man hat
so gar den bekannten Vers auf ihre Eßbegierde
nach Heringen, gemacht: |
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Halec assatum Thuringis est bene gratum
De
solo capite faciunt tibi fercula quinque. |
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Allein der Zunahme kömmt nicht von dem
grossen Appetit, den Grosse und Kleine nach den
Heringen haben, wie Zeiler in Itinerario German.
behaupten will; sondern er beruhet auf eine alte
Geschichte. Denn wie kämen die ehrlichen
Thüringer zu der
Ehre, daß sie allein von den
Heringen einen
Nahmen bekommen
solten, da doch
andere Nationen, absonderlich die die Leute in und
um die Seestädte, die Heringe eben so gerne, als
die Thüringer essen, deren weit mehr bey ihnen
verzehret werden, als in dem Thüringischen Lande.
Wenn nun der |
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{Sp. 1891|S. 959} |
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Zunahme von dem Appetit nach Heringen
herrühren solte, so müssen gar viele Nationen
Heringsnasen heissen. Ferner so werden in
Thüringen keine Heringe gefangen, so daß man gar
nicht den
Ursprung dieses Nahmens
errathen
kan. |
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Der
Herr von Falckenstein hat in seiner Thür.
Chron. hiervon folgende
Meynung. Der letztere Thüringische
König Hermanfried soll einen
vertrauten Minister, welcher Heringus oder Hering
hieß, gehabt haben. Da nun Scheidingen an der
Unstrutt im
Jahr 524. von den mit den
Francken
in
ein Bündniß gegen die Thüringen stehenden
Sachsen zur Nachtzeit überstiegen, und
eingenommen worden ist, worinne besagter
Thüringischer König Hermanfried; jene aber,
nehmlich Hering, bey dem gegen die Thüringer
streitenden Fränckischen König Theodericus sich
befand, hingegen Hermanfried
glücklich aus der
überstiegenen Festung, mithin seinen Feinden aus
den Händen entronnen; so ward dieser Hering
seinem Herrn und Könige untreu, und ließ sich von
dem Fränckischen Könige dahin bereden, dem
flüchtigen Hermanfried nachzureisen, und ihn
dahin zu bewegen, daß er mit ihm zu dem Könige
Theodericus sich begeben, und seine
Gnade
suchen möchte, wie er denn ihm allen Schutz und
Sicherheit versprach. |
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Wie sich nun Hermanfried von Heringen ins
Netz locken, und eine Nase andrehen ließ, auch
sich mit ihm zu dem Theodericus begab, und
fußfällig um Gnade bat; so war Hering, der bey dem
Theodericus als ein Waffenträger, mit entblöstem
Schwerdte stunde, so leichtfertig, daß er seinem
Herrn dem König den
Kopff abschlug. |
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Dieses erzehlet Wittichind, der zwar einige
Dinge mit einmischet, denen von dem Gregor von
Tours wiedersprochen worden: so viel aber ist doch
gewiß, daß die Thüringer von Heringen hinters
Licht geführet, und ihnen eine Nase gedrehet
worden, daher sie von den Sachsen Heringsnasen
genennet worden sind. |
- von Eckhart in
Annotationibus ad leges Salicas …
- von
Falckensteins Thüringische Chronicka I Th. …
- Zeilers Itinerarii Germaniae nov-antiquae
Compendium …
- Abels Teutsche Alterthümer. I Th.
…
- Caßiodor var. …
- Gregor. Tur. …
- Geographus
Ravennat. …
- Siffrid Presb. epit. …
- Ad Bremens. hist. eccl. …
- Veget. Renat. de arte veterinaria …
- Aimon. de gest. Franc. …
- Trithem. Annal. Franc.
- Sidon. Apollin. carm. 7.
- Cluver. Germ. ant. …
- Barth. animadv. …
- Hort. comment. …
- Werlhof not. imp. …
- Sagittar. antiq. reg. Thuring. …
-
Spener not. Germ.
Ant. …
- Wittichind. annal. Albini specim. hist. novae
Thuringor. …
- Paullini Annal. Isenac. …
- Reinhard. antiquit marchionat. et origin. Landgraviat. Thur.
- Wecks Beschreib. Dreßden …
- Ludwigs
Germ.
Princ. Dom. Sax. …
-
Lünigs Reichs-Archiv.
…
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