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Zedler: Thüringen [4] HIS-Data
5028-43-1861-1-04
Titel: Thüringen [4]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 43 Sp. 1885
Jahr: 1745
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 43 S. 956
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Übersicht
Bekehrung der Thüringer
  Natürliche Beschaffenheit des Landes
  Sitten der alten Thüringer

  Text Quellenangaben
  Dieses ist es also was wir der Thüringer Heydenthum haben beybringen wollen. Wir gehen also fort zu der, unter den Carolingischen Königen und Kaysern erfolgten  
     
  Bekehrung der Thüringer  
     
  und wollen die Zeit genau untersuchen, wenn dieselbe ihren Anfang eigentlich genommen habe.  
  Sagittarius und Pfefferkorn stehen in den Gedancken, als ob nicht nur vor der Ankunfft des Heil. Bonifacius in Thüringen ein Kern eines guten Christenthums in diesem Lande gewesen, sondern meynen auch, derselbe habe den Saamen der Christlichen Lehre ausgerottet und lauter Unkraut an dessen statt hinein geworffen.  
  Der erstere von diesen behauptet in Antiquit. Gentilismi et Christianismi Thuringici, daß die Christliche Lehre schon im sechsten Jahrhundert, als der Thüringische, obwohl damahls noch Heydnische König Hermenfried das Gothische Fräulein Amalfried geheyrathet habe, ihren Anfang genommen. Den Beweiß davon setzet er auf lauter Muthmassungen, desgleichen dieses wenn er spricht, Bonifacius habe allzusehr dem Päbstlichem Stuhle angehangen.  
  Pfefferkorn führet in seinen auserlesenen Geschichten von der berühmten Landgrafschafft Thüringen … einige Christliche Priester in Thüringen an, von welchen er vorgiebt, sie hätten vor und nach des Königs Chlodoväus, und also noch vor den Zeiten des Heil. Bonifacius in Thüringen, in Ermangelung der Kirchen im Felde bey Brunnen oder Bäumen einfältiglich geprediget. Dieser habe Bonifacius nach seiner Rückkehr von Rom verfolgt, sie vor Ehebrecher und Ketzer gehalten, die die Heydnischen Gebräuche wieder einführen wolten, und er habe nichts als von Ober- Herrschafft des Pabsts öffentlich gelehret.  
  Überdieses habe er den ehelosen Stand mit aller Macht und Eyfer in Thüringen vertheidiget und einzuführen gesucht, er selbst aber habe die Weiber Tecklam, Kundrunden, Walpurgen, Künhilden und ihre Töchter Brigitten, und Ostwythen gantz lieb gehabt, und wenn er zu Fulde gewesen wäre, hätte niemand als das Weib Lioba zu ihm in seine Kammer gehen dürffen.  
  Wenn man aber den Zeugnissen bewährter Geschicht-Schreiber nachgehet, so wird, man finden, daß die Christliche Religion zur Zeit des Bonifacius sich noch in gar schlechten Zustande befunden habe.  
  Denn erstlich waren die Christen noch gar rar um diese Zeit in Thüringen, und die noch etwa also hiessen, waren es nur dem Nahmen, aber nicht der That nach. Der Verfasser Vitae S. Bilhildis in Martyrologio membranaceo Ecclesiae S. Petri Frideslariensis beschreibet uns den Zustand der Christlichen Religion in Thüringen im siebenden Jahrhundert ebenfals noch sehr gering und beklagt, daß das Heydenthum  
  {Sp. 1886}  
  daselbst noch so sehr blühete, und man durch Anbetung der schändlichsten Götzenbilder das höchste Wesen verunehrete, und man von seinem Schöpffer auf solche Weise abfiele. So sahe es zur Zeit der Fränckischen Könige des Chlodoväus II, und Sigebert des III, kurtz vor des Bonifacius Ankunfft in Thüringen aus.  
  Der im 7 Jahrhundert lebende Thüringische Hertzog Gozberg war ebenfals noch ein Heyde. Diesen haben nicht die vorgegebenen Prediger des Pfefferkorns zur Christlichen Religion bekehret, sondern Kilian, ein Gefährde und Vorgänger des Bonifacius, welcher ihn durch seine Predigten zur Ablegung des Heydenthums bewogen und getaufft hat;
  • Rolewinck in fasciculo temporum
  • Serarius in Vita S. Kiliani.
  Damahls war noch keine Christliche Kirche in Thüringen, sondern dieses Hertzogs Sohn Hetanus hatte in dem südlichen Theile, der nachgehends Ostfrancken genennet worden, die erstere und zwar auf dem Berge bey Würtzburg erbauet. Eckarth Tom. I. Rer. Francic. …
  Doch hatte damahls das Heydenthum die Oberhand, und die Thüringer verehrten unter andern Abgöttern insonderheit die Diana, wovon wir oben weitläufftig gehandelt haben. In der Lebens-Beschreibung des Heil. Kilians, die in Ludewigs Würtzburgischen Geschicht-Schreibern … befindlich ist, wird gemeldet, daß, als dieser Christliche Lehrer das Evangelium Christi in Südthüringen, zu Würtzburg und in dasigen Gegenden geprediget hätte, so hätte sich das Volck über die neue Lehre verwundert. Dieses geschah im 7 Jahrhunderte.  
  Es ist zwar nicht zu läugnen, daß nicht vor des Bonifacius Zeiten dürfften Christen in Thüringen gewesen seyn; ihr Zustand aber war nicht viel besser als der Heyden, zudem nahmen sie sämmtlich ein Ende, starben aus, so daß nach des Hertzogs Hedenus und dessen Sohn Thuringo Tode, welche beyde im Jahr 716 in einem Treffen das Leben einbüsseten, fast gar nichts mehr von ihnen zu hören war. Ferner fielen die damahls noch Heydnischen Sachsen in dieses Land, und rotteten die Christliche Religion so aus, daß keine Spuren davon mehr übrig blieben.  
  Aus diesen, was wir zeither angeführt haben, wird man klar und deutlich erkennen, daß der Heil. Bonifacius derjenige Christliche Lehrer und Apostel gewesen, welcher die Christliche Religion in Thüringen verkündiget, und durch Lehren und Predigten ausgearbeitet habe. Solten aber wider Vermuthen einige so ungläubig seyn, und es bey den angeführten Zeugnissen nicht bewenden lassen, so verweisen wir sie auf den Othlonus in vita S. Bonifacii Lib. I. …
  • Serarius in der Sammlung der Send-Schreiben des Bonifacius,
  • von Falckensteins aufgesuchte Antiquitat. Nordgau. im Hochstift Eichstett.
  Weil aber noch vor dem Bonifacius einige Nachrichten von zwey Christlichen Lehrern vorhanden sind, als dem Heiligen Kilian, und Willibrord, deren Andencken annoch in dem Südlichen Theile, auch jetzigen Thüringen beybehalten wird, so wollen wir dasjenige, was einen Einfluß in der Thüringer Religion gehabt, kurtz berühren.  
  {Sp. 1887|S. 957}  
  Kilian verdient unter den Christlichen Lehrern, von welchen wir etwas gewisses wissen, oben angesetzt zu werden, da er mit seinen Predigten zuerst die Thüringer Christo zuzuführen gesucht. Er ist zwar, so viel man Nachricht hat, in unser heutiges Thüringen nicht gekommen, hat aber doch in dessen damahligen Südlichen Theile, der nachgehends Ost-Francken genennet worden, die Lehre von JEsu ausgebreitet, den Thüringischen Hertzog zu Christo bekehrt, und ihn getaufft.  
  Kilian ist demnach der erstere Christliche Lehrer in dem Südlichen Thüringen, von welchen man eine zuverläßige Nachricht hat, doch wollen wir gern uns belehren lassen, wenn uns jemand mit Grund einen andern und ältern wird zeigen können. Von seinem Leben wollen wir hier nichts berühren, als was zur Bekehrung der Heydnischen Thüringer gerechnet werden muß, und davon wir im XV Bande, p. 622 u.ff. unter dem Artickel Kilian keine Nachricht gegeben haben.  
  Der Anfang zu seinem Entschluß, die Heyden zu bekehren war folgender: Er überlegte einstmahls bey sich die Worte Christi: Wer mir folgen will verläugne sich selbst, nehme sein Creutz auf sich, und folge mir nach. Hierauf nahm er einige Gefährden zu sich, nehmlich den Colonatus, Gallo, Arnwald, drey Priester, Totnanus, einen Diaconus, und noch sieben andere. Diese ermahnete er, und sprach zu ihnen, sie möchten mit ihm ihr Vaterland verlassen, und bloß, nackend, und arm, Christo nachfolgen.  
  Da sich es nun diese gefallen liessen, begaben sie sich zusammen auf ein Schiff, fuhren über das Meer, kamen nach Deutschland, und zwar in den Südlichen Theil von Thüringen zu Würtzburg an. Damahls regierte zu Würtzburg der Thüringische Hertzog Gozbert, ein Sohn Hetans, des Ältern. Derselbe ließ den Kilian zu sich kommen, und unterredete sich mit ihm von der Lehre Christi, und als er durch seine Beweißgründe überzeugt und gerührt ward, ließ er sich 687 als ein Christ tauffen. Wie er ums Leben gekommen kan man im angeführten Bande nachsehen.  
  Den Willibrord kan man auf gewisse masse ebenfalls unter die Vorläuffer des Heiligen Bonifacius in Ansehung der Bekehrung der alten Heydnischen Thüringer ansehen. Kilian ist in Süd- Thüringen, nachgehends Ost-Francken, Willibrord in dem heutigen noch also genannten Thüringen, doch nicht so sehr als jener bekannt gewesen. Der Thüringische Hertzog Hetanus hat seiner Kirche einige Güter in Thüringen, als Arnstadt, Mühlberg und Machore übergeben, und zuvor hatte er in Frießland die Heyden zur Christlichen Religion bekehret. Sein Leben findet man unter andern in des Johannes de Becka Historia Episcoporum Trajectensium ... Desgleichen in den Actis Sanctorum Mabillonii.
  Endlich ist auch im sechzehenden Jahrhunderte die reine und unverfälschte Lehre des Evangelii nach D. Luthers vorgenommenen Reformation in Thüringen in ihrem Glantz erschienen. Die meiste Veränderung ist daselbst 1528 und zwar soweit es damahls dem Churfürsten zu Sachsen unterwürffig war, durch die geschehene General-  
  {Sp. 1888}  
  Visitation, vorgegangen, wiewohl schon zuvor im Jahr 1517 Myconius in Weymar zum Predigt-Amte beruffen ward, und in Thüringen zuerst gelehret hatte.  
  Nach Hertzog Georgens Tode stellte Hertzog Heinrich auch in seinem Theile 1539 eine Visitation durch Justus Menius an, worauf 1540 noch eine erfolgete. Insonderheit ist zu Erfurt schon um das Jahr 1522 durch einige gelehrte Leute viel geändert worden, zumahl da auch D. Luther auf der Reise nach Worms daselbst geprediget hat.  
  Zu Gotha fieng Myconius im Jahr 1524 öffentlich an, die gereinigte Lehre vorzutragen und fuhr darinne, wie auch zugleich mit der Aufsicht über die umliegenden Kirchen in die zwey und zwanzig Jahr, fort.  
  Zu Weymar ward im Jahr 1523 eine Disputation wieder die Messe gehalten, und zu Eisenach fieng eben damahls D. Jacob Straus an zu predigen, nachdem vorhero im Jahr 1521 zwey Mönche angefangen hatten, wieder das Pabstthum öffentlich zu lehren, wie denn auch in eben diesem Jahre D. Caspar Guttel von Eisleben auf dem Marckte zu Arnstadt einige Predigten gehalten hatte.  
  Es blühet auch bis jetzo diese Protestantische Religion im gantzen Thüringen, ausser dem Eißfelde, wie auch der Stadt Erfurt, da Protestanten und Catholicken untermengt seyn.
  • von Seckendorffs historia Lutheran. …
  • Scultetus Annal
  • Uhse in der Kirchen-Historie des 16 und 17 Jahrhunderts …
  Weil wir bisher von den vornehmsten Sachen, die aus den alten Geschichten her zuholen waren, und die Benennung so wohl des Landes Thüringen, als auch dessen Ursprung, Regiment und Religion betraffen, weitläufftig gehandelt haben, so müssen wir nun ferner die  
   
  Natürliche Beschaffenheit des Landes  
     
  vor uns nehmen, wobey wir uns nicht zu lang aufzuhalten haben werden.  
  Das Land Thüringen an sich selbst war in denen ältesten Zeiten voller Wälder und Moräste, wie insgemein gantz Teutschland. Nachdem es aber nach und nach von den Einwohnern angebauet worden, so ist es heutiges Tages ein Kornreiches und sehr fruchtbares Land, so daß es von einigen die Schmaltzgrube von Teutschland genennet wird. Diesen Nahmen mag Thüringen wohl wegen der acht W. besonders verdienen, wegen der Wälder, Wasser, Wein, Wantzen, Weyd, Wiesen, Wolle, daran es einen Überfluß hat.  
  Petrus Franck, Silusianus, hat von Thüringen und Gotha folgendes Epigramma verfertiget:  
  Conciliare solent tria W. nomenque decusque
Waid, Woll, et Weitzen, Terra Thuringa tibi
Sic itidem tria W. protollunt nomen ad astra
Weitz, Wilck, et Walther, Gotha beata tuum.
  Die letztern Verse gehen auf drey berühmte Männer welche zu einer Zeit zu Gotha in Kirchen und Schulen gelehrt, und grossen Nutzen gestifftet haben. Zeilers Itinerarium Germ. …
  {Sp. 1889|S. 958}  
  Der Ruhm des Waids ist zwar nunmehro ziemlich gefallen, nachdem die Engelländer aus Thüringen Saamen bekommen, und der Indig in dieses Land gebracht worden ist. Denn da vormahls ein Schock Ballen vor einen halben Thaler bezahlet worden, so will es den Thüringern nicht mehr anständig seyn, dasselbe jetzo vor zwantzig, ja bisweilen nur vor vierzehn Pfennige wegzugeben.  
  Jedoch was an diesem Gewächse abgehet, wird hier und da, absonderlich bey Erffurt mit Aniß, und andern Dingen wieder ersetzet. Ferner trägt Thüringen viel Saffran oder Saflor, und an etlichen Orten hat es grosse Wälder.  
  Von dieses Landes Fruchtbarkeit und Güte fälleten die Räthe des Meißnischen Marggrafens Heinrichs des Erlauchten ein artiges Urtheil. Denn als Sophia, Hertzogin in Brabant, Landgrafens Ludovicus VI. in Thüringen Tochter, wegen ihres Sohns Heinrich Anspruch, bey dem erst bemeldeten Heinrich auf Thüringen machte, und er seine Räthe deswegen um Rath fragte, wie er sich bey dieser Forderung verhalten möchte, so gaben sie ihm zur Antwort:  
  "Das Land Thüringen, Gnädigster Herr, ist edel und reich; Dahero gebt es weder weg, noch zertheilet es. Es ist so gut, daß wenn Ew. Fürstliche Gnaden einen Fuß im Himmel, und den andern auf der Erden, in Thüringen hätten, so solten sie den aus den Himmel zum andern zurück ziehen, und Thüringen behalten.„ Historia de Landgraviis Thuringiae
  Thüringen ist demnach fast durchgehends fruchtbar, ob gleich hier und da bergigtes Land mit ist. Rocken, Weitzen, Gerste, Haber, und allerley Hülsenfrüchte wachsen daselbst reichlich, und werden theils von Nordhausen, über den Hartz, von Mühlhausen auf Wannfried, Minden, und Bremen, theils aber von Arnstadt und Ordruff über den Thüringer-Wald ausgeführet.  
  Die Pferde in Thüringen sind von den ältesten Zeiten her schon sehr bekannt gewesen, und Vegetius, welcher die erste und älteste Nachricht hiervon giebt, und der Thüringer überhaupt zuerst erwehnet, rühmt besonders an den Thüringischen Pferden, daß sie zur Arbeit sehr tüchtig wären. Der König Hermenfried aus Thüringen, überschickte auch dem König Theodoricus, als er seine Enckelin heyrathen wolte, dergleichen Thüringische Pferde, daraus man auch ihren grossen Werth schliessen kan. Als Theodoricus jenem in einem Briefe antwortet, so hält er diesen Pferden eine lange Lob-Rede. Falckensteins Thüring. Chron. I Th. …
  Sonst ist Thüringen nicht allein seiner vielen Residentzen und anderer Örter, besonders der beyden Universitäten zu Jena und Erffurt, sondern auch der Menge der Einwohner wegen ein sehr schönes und nahrhafftes Land. Pfefferkorn schreibt in seinen auserlesenen Thüringischen Geschichten, daß in demselben, über hundert Flecken und Städte, die Grenzstädte mit eingerechnet befindlich wären. Wenn man die alten Merckmahle und wüsten Thürme mit nehme, so dürffte sich die Anzahl der Schlösser wohl auf hundert belauffen; der Dörffer aber nebst Einrechnung der Höfe, und Vorwercke wären auf zwey tausend.  
  Unter den Bergen sind die berühmtesten der Kiffhäuser, an der  
  {Sp. 1890}  
  Finda, welche Finda ein gebürgigter Ort Landes ist, um Franckenhausen, Sondershausen bis gen Lohr, daran die alten zerbrochenen Schlösser, Sachsenburg, Kiffhausen, Rotenburg liegen; fast in der Mitten ist der Heydelberg, auf welchen man den gantzen Strich bis an die Hainleuten übersehen kan. Zwischen dem Kiffhäuser-Berge, und dem Hartzgebürge ist die güldene Aue, ein besonders fruchtbares Getreydeland, welches von Nordhausen, bis an Sangerhausen gehet.  
  Der andere berühmte Berg ist, der Hörselberg, der bis an Eisenach reicht, von welchem man viele Fabeln sich erzehlen lassen kan.  
  Bey Sangerhausen und um Saalfeld giebt es auch Bergwercke, die Kupffer und auch Silber halten. Zu Franckenhausen, Saltzungen, und Sultza wird Saltz gemacht, und vielleicht auch bey Attern.  
  Und ob schon Thüringen ziemlich bergigt, und diese Höhen auch nicht, wie andere Gebürge, viel frische Quellen haben; so sind doch in den Gründen hin und wieder viel feine fliessende Wasser, welche den Einwohnern sehr wohl zu statten kommen.  
  Der Flüsse, welche alle Fischreich sind, werden folgende gezählet: Die  
 
  • Unstrut,
  • Helbe,
  • Werra,
  • Nessa,
  • Rahna,
  • Helme,
  • Lossa,
  • Giessel;
  • ferner
    • der grosse und kleine Weissensee,
    • Schwansee,
    • u.d.m.
 
  Von den  
  Sitten der alten Thüringer  
  schreibet Melchias Nehel von Witstahl in seiner Chronographia decennali … daß sie sehr ungezogen und grob wären, und sich sehr hart und unhöflich gegen die Fremden bezeugten. Über dem hätten sie eine grosse Begierde nach der Freyheit, wären aber sonst arbeitsam, und der Hoffart und Wollust fast gar nicht ergeben.  
  Wegen des erstern, nehmlich der Unhöfflichkeit, will die alten Thüringer niemand vertheidigen, unter geringen und gemeinem Volcke mag sie auch noch ziemlich starck seyn; die Städte aber, und Leute, auch nur von Mittelstande, haben sich schon von dieser Beschuldigung los gemacht, indem sie andern Ländern an Höflichkeit nichts nachgeben, wie denn auch die Thüringer, gelehrte Leute aufzuweisen haben, die mit sehr vielen auswärtigen Gelehrten nicht nur in Vergleichung gestellet werden, sondern auch ihnen den Vorzug streitig machen können.  
  Endlich wollen wir noch untersuchen woher es komme, daß man die Thüringer Heringsnasen genennet habe, welcher Zunahme bis auf diesen Tag noch nicht von ihnen genommen ist. Man hat so gar den bekannten Vers auf ihre Eßbegierde nach Heringen, gemacht:  
  Halec assatum Thuringis est bene gratum
De solo capite faciunt tibi fercula quinque.
 
  Allein der Zunahme kömmt nicht von dem grossen Appetit, den Grosse und Kleine nach den Heringen haben, wie Zeiler in Itinerario German. behaupten will; sondern er beruhet auf eine alte Geschichte. Denn wie kämen die ehrlichen Thüringer zu der Ehre, daß sie allein von den Heringen einen Nahmen bekommen solten, da doch andere Nationen, absonderlich die die Leute in und um die Seestädte, die Heringe eben so gerne, als die Thüringer essen, deren weit mehr bey ihnen verzehret werden, als in dem Thüringischen Lande. Wenn nun der  
  {Sp. 1891|S. 959}  
  Zunahme von dem Appetit nach Heringen herrühren solte, so müssen gar viele Nationen Heringsnasen heissen. Ferner so werden in Thüringen keine Heringe gefangen, so daß man gar nicht den Ursprung dieses Nahmens errathen kan.  
  Der Herr von Falckenstein hat in seiner Thür. Chron. hiervon folgende Meynung. Der letztere Thüringische König Hermanfried soll einen vertrauten Minister, welcher Heringus oder Hering hieß, gehabt haben. Da nun Scheidingen an der Unstrutt im Jahr 524. von den mit den Francken in ein Bündniß gegen die Thüringen stehenden Sachsen zur Nachtzeit überstiegen, und eingenommen worden ist, worinne besagter Thüringischer König Hermanfried; jene aber, nehmlich Hering, bey dem gegen die Thüringer streitenden Fränckischen König Theodericus sich befand, hingegen Hermanfried glücklich aus der überstiegenen Festung, mithin seinen Feinden aus den Händen entronnen; so ward dieser Hering seinem Herrn und Könige untreu, und ließ sich von dem Fränckischen Könige dahin bereden, dem flüchtigen Hermanfried nachzureisen, und ihn dahin zu bewegen, daß er mit ihm zu dem Könige Theodericus sich begeben, und seine Gnade suchen möchte, wie er denn ihm allen Schutz und Sicherheit versprach.  
  Wie sich nun Hermanfried von Heringen ins Netz locken, und eine Nase andrehen ließ, auch sich mit ihm zu dem Theodericus begab, und fußfällig um Gnade bat; so war Hering, der bey dem Theodericus als ein Waffenträger, mit entblöstem Schwerdte stunde, so leichtfertig, daß er seinem Herrn dem König den Kopff abschlug.  
  Dieses erzehlet Wittichind, der zwar einige Dinge mit einmischet, denen von dem Gregor von Tours wiedersprochen worden: so viel aber ist doch gewiß, daß die Thüringer von Heringen hinters Licht geführet, und ihnen eine Nase gedrehet worden, daher sie von den Sachsen Heringsnasen genennet worden sind.
  • von Eckhart in Annotationibus ad leges Salicas
  • von Falckensteins Thüringische Chronicka I Th. …
  • Zeilers Itinerarii Germaniae nov-antiquae Compendium
  • Abels Teutsche Alterthümer. I Th. …
  • Caßiodor var. …
  • Gregor. Tur.
  • Geographus Ravennat.
  • Siffrid Presb. epit. …
  • Ad Bremens. hist. eccl. …
  • Veget. Renat. de arte veterinaria
  • Aimon. de gest. Franc. …
  • Trithem. Annal. Franc.
  • Sidon. Apollin. carm. 7.
  • Cluver. Germ. ant. …
  • Barth. animadv. …
  • Hort. comment. …
  • Werlhof not. imp. …
  • Sagittar. antiq. reg. Thuring. …
  • Spener not. Germ. Ant. …
  • Wittichind. annal. Albini specim. hist. novae Thuringor. …
  • Paullini Annal. Isenac. …
  • Reinhard. antiquit marchionat. et origin. Landgraviat. Thur.
  • Wecks Beschreib. Dreßden …
  • Ludwigs Germ. Princ. Dom. Sax. …
  • Lünigs Reichs-Archiv. …
     

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Stand: 16. Februar 2014 © Hans-Walter Pries