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Zedler: Brunnen-Leber-Kraut u.a. HIS-Data
5028-4-1613-2
Titel: Brunnen-Leber-Kraut
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 4 Sp. 1613
Jahr: 1733
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 4 S. 822-829
Vorheriger Artikel: Brunnen-Kresse
Folgender Artikel: Brunnen-Saltz
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  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel

Übersicht

Stichworte Text Quellenangaben
Brunnen-Leber-Kraut Brunnen-Leber-Kraut, s. Brunnen-Kraut.  
     
Brunnen-Meister Brunnen-Meister, Röhr-Meister, Fontinarius, Maistre Fontainier, so werden in wohlbestellten Städten diejenigen genennet, deren Amt ist, die Brunnen und Röhr-Werck im guten Stande zu erhalten.  
   
Brunnen-Qvelle Brunnen-Qvelle, Scaturigo, Source, Qvelle, Fontium origo, wird der Ort an denen Wurtzeln derer Berge, oder auch anderswo, genennet, allwo das Wasser von freyen Stücken herausbricht, und den Anfang derer Bäche und Flüsse macht.  
  Die alten Griechen als Römer verehrten solche Qvellen auf das heiligste.
  • Euripides Med. 410.
  • Seneca Epist. XLI.
  • Spanhem. in Callimach. Hymn. in Apoll. 112.
  • Chiflet. Font. Aq. Virg.
  • Pitiscus Lex. Antiq. p. 796.
  • Siccama in Fast. 16.
  Hier ist nun bey denen Physicis eine wichtige Frage, wie dergleichen Brunnen-Qvellen entstehen, und woher sie ihr Wasser erhalten? Die Meynungen hiervon sind gewaltig von einander unterschieden; dahero nicht undienlich seyn wird, die Phaenomena solcher Qvellen, und was mit ihnen connectiret, zuvor einiger Massen zu berühren, ehe wir die verschiedenen Meynungen derer Physicorum hiervon anführen.  
  Es ist aber hier nur die Frage überhaupt von dem Ursprunge derer Qvellen, in so ferne sie ihr Wasser erhalten; nicht aber, woher dergleichen Wasser besondere Eigenschafften erhalte, daß sie Saltz-Qvellen, Gesund-Brunnen, warme Bäder, Sauer-Brunnen und so ferner abgeben; als welches besonderer Abhandlung würdig ist.  
  Die vornemsten Phaenomena und Obseruationes von denen Qvellen sind folgende:  
  1) das Wasser hat seinen Ursprung aus denen Qvellen, und aus diesen empfahen es die Flüsse, welche es endlich in die See führen.  
  2) die grossen Qvellen befinden sich meistentheils an denen Wurtzeln derer Berge; oder an einem solchen Ort, wo das übrige Land in Ansehung ihrer sehr hoch lieget; Hingegen die kleinern Qvellen haben meistentheils nicht so hoch Land über sich; jedoch findet man auch in der Höhe derer Gebürge Qvellen, welche starck Wasser geben. Ob aber auf denen Spitzen derer Berge selbst Qvellen vorhanden seyn sollen, wie einige vorgeben, und zwar dergestalt, daß kein Erdreich darüber befindlich, daß höher als die Qvelle selbst liege, wird billig gezweiffelt und unter die ungewissen Obseruationes gerechnet.  
  Mariotte Traité du Mouuement des eaux Part. I. disc. 2. führet an, daß er einen dergleichen Brunnen auf einem Berge 2 Meilen von Dyon gesehen, welcher sehr viel Wasser gab und wenn man gantz nahe darbey war; so sahe man darüber nicht mehr als etwan 40 Fuß hohe Erde, mit einem sehr jähen Abhang; Wenn man ihn aber von weiten betrachtete, bemerckte man, daß er sich durch einen gar mercklichen Abhang biß auf 500 Klafftern lang und 200, breit erstreckte.  
  Cassini hat in Italien auf einem Berge, einen sehr grossen See angetroffen, allwo zu beyden Seiten das Erdreich, welches mit Schnee be-  
  {Sp. 1614}  
  deckt gewesen, fast eine halbe Meile lang höher gelegen. Dergleichen Obseruationes führet Mariotte l. c. noch mehr an welche alle bekräfftigen, daß die Qvellen Erdboden um sich haben, welcher höher als sie lieget.  
  4) Ordentlicher Weise geben die Brunnen-Qvellen nicht viel Wasser; sondern durch den Zusammen-Fluß vieler kleinen Bäche wird endlich ein Fluß daraus; Doch hat man  
  5) Qvellen, welche eine starcke Menge Wasser von sich geben.  
  6) das Wasser derer Qvellen ist kalt und unschmackhafftig, süsse und nicht saltzig, als worinnen es von dem See-Wasser unterschieden ist; denn mit denen Saltz-Qvellen hat es eine gantz andere Beschaffenheit.  
  7) An denen Örtern derer Qvellen ist die Erde in der obern Fläche sehr porös, sandigt und steinigt.  
  8) Wenn man auf einem festen Erdboden, durch welchen das Wasser sonst gar schwerlich dringet, eine grosse Menge Sand- und Pflaster-Steine 10 oder 12 Schuh hoch mit Erden vermischet, schüttet; so siehet man da an dem niedrigsten Orte wenn es regnet, einen Brunnen entspringen; welcher immer fortlauffet, auch wenn es schon einige Zeit aufgehöret hat zu regnen, woferne das Erdreich wenigstens ein oder zwey Morgen Landes ist. Dergleichen Obseruation erzehlet Mariotte l. c.  
  9) Etliche Auctores führen an, daß unterschiedliche Brunnen bey beschehener Öffnung grosser Höhlen unter der Erden, woraus eine ziemliche Menge Dünste gegangen, welche sich sonst in diesen Höhlen in Wasser verwandelt, zu lauffen aufgehöret hätten.  
  Dergleichen erzehlet Perrault in Traité de l' Origine des Fontaines p. 819. Oper.Claud. fratris, aus der Nachricht eines Jesuitens von dem Berge Odmiloost in Sclavonien. Als man daselbst Steine und darunter sehr grosse oben auf dem Gebürge herausgegraben hatte und biß 10 Schuh in die Erde hinein kommen war, fand man eine gantze Schicht Steine wie eine Bettung über einander. So bald man sie heraus genommen hatte, brach unten durch die Ritze des Bodens ein Dampf wie ein starcker Nebel sehr schnelle hervor, welcher 13 Tage in einem fortdaurete. Kaum waren 24 Tage vorbey, als die Qvellen, welche unten aus dem Berge herum waren und die anliegenden Wiesen befeuchteten, kein Wasser mehr gaben, und deswegen Graß und Kräuter verdorreten.  
  Er führet noch ein ander Exempel aus der Gegend bey Paris an, wo durch Eröffnung eines Stein-Bruchs die Ausdünstung das Wasser der Qvelle benommen.  
  10) Einige Qvellen verseigen, wenn es lange Zeit nicht regnet; alle aber geben  
  11) alsdenn weniger Wasser, wie man solches an denen Flüssen abnehmen kan, darinnen das Wasser gar mercklich fällt, wenn man lange Zeit trocknes Wetter hat. Zu Ende des Augusti an. 1706 war die Elbe, nachdem es in drey Monathen nicht geregnet, um 1/3 eingetrocknet.  
  12) Wenn es aber lange geregnet oder der Schnee zergehet im Frühlinge, so lauffen die Flüsse starck an; überschwemmen auch öffters die umliegenden Gegenden.  
  13) In welchen Ländern es selten regnet, daselbst trifft man auch wenig Brunn-Qvellen an, z. E. in dem mittlern Theil von Africa.  
  Diese sind die vornemsten Phaenomena und Obseruationes, auf welche man bey Untersuchung des Ursprungs derer Brunnen zu reflectiren hat. Nunmehr ist es Zeit die verschiedenen Meynungen derer Physicorum anzuführen, auf welche sie gefallen sind, wenn sie haben Raison geben wollen, woher die Brunen-Qvellen ihr Wasser haben. Hier  
  {Sp. 1615|S. 823}  
  sind nun deren eine gewaltige Menge, welche doch meistentheils auf zwey Haupt-Meynungen hinaus lauffen, die mit der Zeit mehr und mehr sind excoliret worden.  
  Denn indem man theils wahrgenommen, daß so eine grosse Menge Wasser aus denen Flüssen täglich sich in die See ergüsset, und solche dadurch doch nicht anwächset; theils auch betrachtet, daß nach den 10, 11, 12, 13, Phaenom. das Lauffen derer Qvelle und deren Stärcke sich nach der Menge des Regens richtet, so in einem Lande fällt; so ist man auf zwey Haupt- Hypotheses gerathen, und hat den Ursprung derer Brunnen theils von dem Meer, theils von dem Regen- und Schnee- Wasser hergeleitet; iedoch in beyden auf verschiedene Art.  
  Ausser diesen hat man sich noch verschiedener chimaeren davon gemacht, welche wir zuvor anführen wollen, ehe wir jene untersuchen. Einige von denen alten Philosophen haben sich die Erde nicht anders als ein abscheulich grosses Thier vorgestellet: Denn, sagen sie, gleichwie die Thiere ihrer innerlichen Structur nach mit, Venis und Arteriis, in welchen das Geblüt circulire, und von denen Lebens-Geistern getrieben würde, versehen wären; also sey es auch mit der Erde beschaffen; massen man die unterirrdischen Gänge, welche mit Wasser angefüllet, gantz wohl mit denen Adern; das innerliche Feuer aber mit denen spiritibus vitalibus vergleichen könte.  
  Damit sie nun nicht aus ihrem gemachten Gleichnisse schreiten, sagen sie ferner, daß wie bey denen Thieren einige Theile sich befinden, welche, wenn sie nur ein wenig geritzet würden, gleich Blut von sich gäben; hingegen andere erfoderten, daß man, ehe sie bluteten, tieff hinein stechen müsse, es auch mit der Erden dergleichen Bewandniß habe, indem an einigen Orten das Wasser sich gar bald aus dem Erdreich begebe und einen Brunnen formire; da man anderswo tieff graben müsse, ehe man einen Brunnen antreffe; und so ferner, wie dieses vortrefliche simile weiter lautet. Casp. Schotti Anatomia Fontium ac Fluminum IV. 15.
  Dieser Meynung kommt der absurditaet nach fast bey, welche Jo. Baptista Helmontius in Suppl. deSpadanis Fontibus Paradox. I. angegeben, da er in dem Mittel-Puncte der Erden einen sandigen Grund mit einer gewaltigen Menge lebendigen Wassers angefüllt statuiret, aus welchen als aus einer Gebähr-Mutter, alle Qvellen und Flüsse entstehen, allwo hin sie von einem Geiste gebracht werden, von dar sie per circulationem sich in das Meer und von dannen in den obgedachten unterirrdischen Grund sich begeben.  
  Fast gleiche Meynung hat schon zuvor Plinius Histor. Nat. II. 61. geheget, da er annimmt, daß das Wasser in Höhlen und Canale durch die Erde geführet sey, in welchen es von einem Geiste beweget und biß zum Ursprung derer Qvellen erhoben werde. Andere haben noch andere Meynungen von dem Ursprunge derer Brunnen sich fingiret; wovon eine grosse Menge Casp. Schottus l. c. anführet.
  Fabri in Hydrographia Spagyrica hat seine Zuflucht zu dem Vniuersal-Geist genommen, welchen die Alten schon statuiret und Aristoteles Entelechiam, Plato animam mundi, Pythagoras den Geist der Welt, Virgilius mentem, Hippocrates die Krafft und Galenus die Substantz derer Facultaeten genennet haben. Dieser Vniuersal-Geist, welcher nach seiner Meynung aus allen Elementen und dem Lichte bestehet, produciret an besondern Orten, als in gewissen sonderlich darzu disponirten Gebähr-Müttern, die Brunnen und Wasser, weil er aus der Kälte und Feuchtigkeit des Orts nichts anders produciren kan.  
  {Sp. 1616}  
  Denn, meynet er, in der Qvelle und in dem principio des Brunnens, ist nichts anders als ein Kiesel oder ein harter hohler Stein-Felß, worinnen dieser General-Geist die Elementa vermischet und zur generation des Brunnens beweget, als in einem besondern Orte oder in einer zur Erzeugung geschickten Gebähr- Mutter. Der Kiesel oder Stein-Felß können keine Brunnen produciren, weil sie eine ungleiche und unterschiedene Natur mit denen Brunnen haben. Sondern dieser Geist thut solches allein, welcher die gantze Erde durchdringet, worinnen er in den allgemeinen Saamen aller Dinge verwandelt wird. Dieser General-Geist ist auch das Principium, von welchem die Qvellen ihre mineralischen Kräffte und Eigenschafften erhalten.  
  Wir wollen aber diese Geister in ihren Werckstätten arbeiten lassen, und uns vielmehr zu denen Meynungen wenden, aus welchen die obgedachten zwey Haupt-Hypotheses entsprungen. Einige alte Philosophi vor Aristotelis Zeiten haben schon den Ursprung derer Qvellen von dem Regen-Wasser hergeleitet, welches in denen Cauitaeten der Erde gesammlet würde, und in grossen Strömen darunter wegflüsse, aus welchen hernachmahls entweder alle andere unterirrdische Wasser-Canaele um selbige Gegenden, wo die grossen receptacula sich befinden, entstünden, und in Qvellen hervorbrechen, oder welche Canaele wiederum in Ramulos gleichsam dispergiret würden, und Qvellen verursachten.  
  Aus diesen Receptaculis komme nun alles Wasser her, und würde darinnen in denen Winter- Monathen gesammlet, damit allezeit eine gnugsame Menge Wasser zu denen immerfiüssenden Qvellen darinnen vorhanden wäre; und daher komme es auch, daß durch das starcke Regnen im Winter die Qvellen mehr Wasser von sich geben als im Sommer, und was dergleichen mehr die Phaenomena 10, 11, 12, 13 anmercken.  
  Diese Meynung ist bey denen neuern Philosophen wieder in das Aufnehmen gekommen und mehr excoliret worden, wie unten weiter soll ausgeführet werden.  
  Wieder diese Meynung hat sich Aristoteles Meteor. I. 13. starck gesetzet und besonders darwieder eingewendet, daß ein solches Receptaculum, woraus alle Wasser und Flüsse entspringen, und das gantze Jahr durchflüssen sollen, grösser seyn müsse als die gantze Erden. Er hingegen führet den Ursprung derer Brunnen her von der Lufft, so in denen Adern und Höhlen der Erden enthalten; wovon er folgende Ursachen angiebet,  
  1) daß gleichwie in der Lufft, so über der Erden ist, Wasser, nemlich Regen erzeuget würde; in denen Visceribus der Erden aber gleichfalls Luft vorhanden wäre, auch daselbst einerley Ursache der Condensation, nemlich die Kälte zu gegen sey; so müste man gar leichte zugeben, daß unter der Erden eben so wie über der Erden Wasser generiret würde.  
  2) So bezeugte die Erfahrung, daß in der Erde aus dem Zusammenfluß kleinen Tröpflein grosse würden und herabtröpfelten, welche, wann sie endlich an einem Orte zusammenflüssen, den Ursprung von einer Qvelle machen.  
  3) Die meisten Qvellen befänden sich an denen Gebürgen, wenige aber auf der Ebene; welches ein Anzeigen sey, daß das Brunnen-Qvellen-Wasser von einer verdichteten Luft oder Dunst entstehen müsse, weil allezeit die Dünste sich nach denen höhern Örtern zögen.  
  Es nimmt also Aristoteles dergleichen Receptacula unter der Erden selbst an, allwohin sich das aus denen Dünsten erzeugte Wasser ziehet und in Winter gesammlet wird, biß sich endlich einiger Fluß der Qvelle ereignen könne;  
  {Sp. 1617|S. 824}  
  wie er solches Meteor. XIII. 42. 44. ausdrücklich gestehet. Dahero differiren diese receptacula von jenen nur der Grösse nach; wenn anders dieses der Verstand von jenen receptaculis, daß sie mit einer solchen Menge Wasser in dem Winter zugleich und auf einmahl dergestalt erfüllet würden, daß sie hernachmahls suffisant wären, das Flüssen derer Qvellen durch ein gantzes Jahr zu erhalten.  
  Seneca Qu. Nat. III. 7. bringt noch mehr Zweiffel wieder die erstere Meynung von dem Ursprunge derer Qvellen aus dem Regen-Wasser, und unter andern diesen vor, daß das Regen-Wasser über 10 Fuß tieff nicht in die Erde dringe und folglich nicht zu einer solchen Tieffe, wo man Brunnen antreffe, gelangen könnte. Seine Meynung aber gehet dahinaus, daß man sich um den Ursprung derer Brunnen- Wasser nicht zu bekümmern habe, weil das Wasser so wohl als die Erde, die Luft und das Feuer ein Element wäre, derer Elemente Ursprung aber nicht dürfte und könte untersuchet werden.  
  Gleich als wenn hier die Frage wäre, wie das Wasser entstünde? sondern es wird hier nur untersucht, auf was Art und Weise das Wasser zu denen Örtern derer Qvellen gelange, weil man versichert ist, daß kein neues Wasser erschaffen werde, sondern was wieder zu Wasser wird, schon die Natur des Wassers bey sich haben muß; wie z. E. die Dünste, welche, wenn sie sich an einander hengen, Wasser-Tropfen machen. Denn die Transelementation, wie es die Alten statuiret, wird heut zu tage billig verworffen.  
  Und eben dieses ist auch ratione productionis aquae von dem obgedachten General-Geiste zu mercken; Denn wolte man gleich diesen Vniuersal-Geist mit der lebendigen Krafft des Leibnitii vergleichen, mit welcher alle Cörper begabet sind, und welche in ihnen beständig conseruiret würde; so müste man doch einen motum mechanicum zugestehen, durch welchen das Wasser in denen Gebähr-Müttern der Erden wiederum zusammen gebracht würde, weil alles, was durch selbige Krafft geschiehet, mechanicè sich zuträget. Dieser motus mechanicus wird eben von denenjenigen untersucht, welche ihre Betrachtungen über den Ursprung derer Qvellen anstellen.  
  Soll man sich aber den General-Geist als einen Engel vorstellen, wie ihn sich andere einbilden, Schottus l. c. IV. 19.
  Der durch Hülffe seiner Intelligentien die Brunnen mache und conseruire; so würde man eine Art zu philosophiren einführen, wie die Poeten thun, wann sie von denen Intelligentiis und Wasser-Nymphen dichten.  
  Cardanus stimmt mit dem Aristotele fast ein, nimmt aber noch die wässerichten Dünste, so ausserhalb der Erden sich befinden, zu Hülffe, und gestehet, daß diese auch das ihre mit beytragen müssen, indem die Qvellen alleine nach der Meynung des Aristotelis nicht in dem Stande wären, die Flüsse mit Wasser zu versehen, wenn das Wasser vom Regen und Schnee nicht durch die Ritze der Erden biß zu denen Qvellen dringe und selbige mit mehrern Wasser versehe. Aus der Erfahrung führet er hierzu an, daß man die Berge des Morgens gantz feuchte antreffe, und daß des Morgens die Flüsse allezeit und zwar am meisten an denenjenigen Orten etwas anwüchsen, welche denen Qvellen näher liegen.  
  Aus denen bißher erzehlten Meynungen sind nun die obgedachten zwey Haupt- Hypotheses entsprungen. Die Zeugung des Wassers aus denen Dünsten unter der Erde nach der Meynung des Aristotelis hat Anlaß gegeben, solche Ausdünstungen aus dem Meer-Wasser, welches aus dem Meere durch Canale zu denen Wasser-  
  {Sp. 1618}  
  schätzen unter der Erden gebracht würde, herzuleiten, wie Cartesius hernachmahls gethan, wovon wir unten hören werden; da zwar viele andere diesen Zufluß von dem See-Wasser gleichfalls annehmen, hingegen in der Art und Weise, wie solches Wasser aus denen unterirrdischen Höhlen an die hohen Örter derer Qvellen gebracht werde, gewaltig differiren.  
  Denn einige geben vor, es ereigne sich dieses, wie bey denen tubis communicantibus, da das Wasser in beyden Schenckeln einerley Höhe bekommt; derowegen da das Meer höher liege als die Erde, ja so hoch als manches Gebürge; so wäre kein Wunder, daß das Wasser in denen unterirrdischen Canaelen aus dem Meer biß in das Gebürge steigen u. daselbst eine Qvelle formiren könte.  
  Diese Meynung haben schon die  
 
  • Stoici beym Laertio VII. 140.
  • Balbus ein Stoicker beym Cicerone de Natura Deorum H. 9.
 
  und nach ihnen die heiligen Patres, als  
 
  • S. Basilius Homil. Hexaëm. IV.
  • S. Chrysostomus in Catena Job.
  • Theodoretus in Psal. 103.
  • S. Ambrosius Hexaëm. III 2.
  • und andere,
 
  einiger massen gehabt, auch die letztern solches aus der Heil. Schrifft Jerem. 5, 22. Job. 26,10. 38, 10. seqq. Prou. 8, 24. und so ferner erweisen wollen, ungeachtet sie von denen tubis communicantibus nichts gewust haben, da sie sich nur aus der Erfahrung vorgestellet, wie von dem Meer als aus einem höhern Orte, zu denen Örtern derer Ovellen als an niedere Örter das Wasser motu naturali dringen könne.  
  Marius Beltinus in Apiariis Apiar. 4. Progymn. I. prop. 15. in coroll. hat die Sache denen Phanomenis derer tuborum communicantium conformer vorgetragen. Mit diesem stimmet Nicolaus Cabeus Meteor. I. überein, daß er die Höhe derer Meere nicht allenthalben von gleicher Grösse setzet, ungeachtet sie einander contigna sind; worinnen ihn auch Emanuel Magnanus Philosoph. Natur. cap. 17. prop. 16. n. 6 seqq. beystimmet.  
  Allein die gantze Sache beruhet auf einem falschen Grunde, welcher wieder alle Regeln der Hydrostatic lauffet; denn da das Wasser wegen seiner Schwere natürlicher Weise nicht Berg an lauffen kan, indem es eine contradiction ist, schwer seyn, daß ist, beständig versus centrum terrae einen nisum zu exerciren, und dennoch von diesem durch eben dieselbige Krafft sich entfernen zu können; die Flüsse aber aus denen Qvellen entspringen und nach dem Meer zu lauffen per phaen. I. so folgt daraus unwiedersprechlich, daß das Meer niedriger, das ist dem Mittel-Puncte der Erden näher liegen müsse als das feste Land. Zudem, wenn die Superficies des Meers hoher wäre als das Ufer, würde eine unumgängliche Überschwemmung erfolgen; denn daß das Meer denen an Ufer höher zu liegen scheinet, dependiret a rationibus opticis.  
  Die Sache ist gantz vor sich klar, und kan auch a posteriori durch das Wasserwägen derer Gefälle an dem Ufer eines Flusses dargethan werden. Es wird dahero die angeführte Meynung von denen neuern gäntzlich verworffen. Es will zwar Olearius Persian. Reise-Beschreib. IV. 16. p. 409. seq. aus einer Obseruation darthun, daß das Caspische Meer höher liegen sollte als die umliegenden Länder und Berge, indem er einsmahls auf einem solchen besagten Meer nahe gelegenen Berge gestiegen, und daselbst die Eleuation des Berges über die obere Fläche des Meers mit einem Astrolabio untersucht; allwo er befunden, daß die obere Fläche des Meers mit der Höhe des Berges, auff welchem er sich befunden, in einer horizontal-Linie wäre, daraus er ordentlicher Weise geschlossen, daß das  
  {Sp. 1619|S. 825}  
  Caspische Meer höher als besagter Berg liegen müsse.  
  Diese Obseruation könte manchen einen Scrupel machen, wenn man nicht aus dem, daß, unterschiedene Flüsse in das Caspische Meer sich ergüssen, versichert wäre, daß solches nothwendig niedriger als das umliegende Land seyn müsse; dahero ist ein Fehler in dieser Obseruation vorhanden, welcher entweder dem Instrumente oder auch modo obseruandi zuzuschreiben, oder, welches das Hauptwerck ist, der Refraction derer Licht-Strahlen, so von weit entfernten Objectis ausgehen und in der um den horizont sehr dichten Lufft starck gebrochen und die Sachen dahero höher gesehen werden, wie einem jeden bekannt ist; ja auch Olearius c. l. selbst bekennet, daß es dazumahl stürmisch gewesen,und also das Meer sich in die Höhe getürmet.  
  Julius Scaliger, nachdem er die Schwäche dieser Meynung erkannt, hat in Exercit. in Cardanum 46. einen andern modum zeigen wollen, wie das Meer-Wasser durch die unterirrdischen Canaele zu denen Bergen gebracht werde und daselbst Qvellen formire. Er bildet sich nemlich ein, daß der natürliche Ort des Wassers um die Erde herum seyn und dasselbe solche bedecken müsse, weil es leichter als die Erde; nun wäre aber das Wasser aus diesen seinem natürlichen Orte durch die Höhe derer Berge und Örter an denen Meeren gebracht worden; Dahero derjenige Theil des Meers, welcher an denen Orten, wo sich jetzo Berge und erhabene Örter befinden, ordentlicher Weise seyn solte, und sich solchergestalt nicht in seinem natürlichen Orte befindet, auf das unter ihm vorhandene Wasser, welches an seinem natürlichen Orte ist, drucket; da nun solches gedruckte Wasser nirgends hin als auf die Seite weichen kann, so würde es auch dahin gedruckt und biß zum Ursprung derer Qvellen exprimiret, fast auf die Art, als wenn man ein Gefässe, so auf der Seite mit einem tubulo versehen, dadurch man das in dem Gefässe enthaltene Geträncke, wie z. E. bey einer Theé-Kanne, heraus güssen kan, fast biß oben an mit Wasser füllet , hernachmahls einen Stein, welcher oben das Gefässe genau ausfüllet, daß neben ihm das Wasser nicht heraus dringen kan, auf solches Wasser setzet; so wird solches dadurch gedruckt, und fängt in dem Tubulo an in die Höhe getrieben zu werden und heraus zulauffen.  
  Allein die gantze Sache mit dem natürlichen Orte des Wassers, wie Scaliger ihn sich einbildet, und dem daher entstehenden Druck, ist eine Fiction, indem nach denen hydrostatischen Gründen, kein solcher Druck, wie er beschrieben worden, geschehen kan, woferne das Meer selbst nicht höher lieget als die Örter derer Qvellen, welches doch Scaliger leugnet; zugeschweigen dererjenigen Einwürffe, welche überhaupt wieder die gantze Hypothesin des Ursprungs derer Qvellen von dem Meer können gemacht werden; wie unten zu sehen.  
  Fast nach des Scaligers Methode wollen Franciscus Vallesius in Philos. Sacra 63, und Athanasius Kircherus in itinere Ecstatico 2. cap. I. den Ursprung derer Qvellen von einem violent geschehenen Drucke des Meers, wiewohl auf eine andere Art herleiten. Sie nehmen nemlich hier die Ebbe und Fluth der See zu Hülffe, und wollen, daß dadurch in denen unterirrdischen Canälen das See-Wasser biß zu denen Wasserschätzen gebracht, und in solche durch die gewaltsame Bewegung der See, gleichsam als durch ein Pump- Werck, gespritzet werde; daher entstünden nun die Qvellen.  
  Allein diese thesis bestehet auf eben solchen Gründen, wie die vorigen, und ist solcher Druck  
  {Sp. 1620}  
  keinesweges suffisant, das Wasser biß in das Gebürge zu bringen; anderer Ursachen zu geschweigen.  
  Viel wahrscheinlicher hat Cartesius Princip. Phil. Part. IV. §. 64. die Sache vorgetragen. Denn nachdem das Wasser durch unterirrdische Canäle, man mag solche sich groß oder klein einbilden, zu denen Bergen, wo Qvellen entspringen, gebracht worden; so wird solches in denen unterirrdischen Höhlen von der innern Wärme der Erden in Dünste aufgelöset, welche durch lange ductus, so der Höhe nach in denen Bergen sich befinden, in die Höhe steigen, an denen Steinen in denen obern Höhlen hangen bleiben, daselbst zusammen flüssen, in einer Höhle sich wiederum versammlen und endlich durch enge Wege einen Ausgang suchen und dadurch Qvellen verursachen.  
  Daß es in denen Bergen grosse Höhlen giebet, die mit Steinen versetzet sind, ist kein Zweiffel, indem die Erfahrung solches bekräfftiget; auch secundiret diese hypothesin das oben angeführte 9te Phaenomenon.  
  Noch näher treten diejenigen der Wahrheit, welche ex Phaenomenis tuborum capilllarium das Aufsteigen des unterirrdischen See-Wassers in die Höhlen derer Berge erklären wollen. Wenn man einen zarten gläsernen Tubum, dessen innere Weite sehr gering ist, ins Wasser stellet, so erhebet sich ex principio cohaesionis das Wasser darinnen vltra reliquam aquae tubum ambientis superficiem, und zwar um so viel mehr; ie enger der Tubus ist. Solches trägt sich auch zu, wenn man einen weiten Tubum mit Sande füllet, und solchen in etwas Wasser setzet, da sich das Wasser durch den Sand vsque ad summitatem tubi und weit über die Horizontal-Höhe des Wassers, in welches der Tubus gesetzet worden, ziehet. Schwamm, Erde, Holtz, Zucker und viele andere porose Cörper stimmen darmit überein, als welche durch ihre an einander liegende poros nichts anders als viele series von tubis capillaribus vorstellen.  
  Auf solche Art erläutert Derham in Physico-Theologia II. 5 den Ursprung derer Brunnen aus dem See-Wasser folgender Massen: Was die Art und Weise anlanget, spricht er, wie das Wasser, in denen Hügeln und Bergen in die Höhe steiget; so kan man sich solches gantz leichte und natürlich vorstellen, wenn man ein Häufgen Sand oder Asche, oder einen kleinen Laib Brod nimmt und in ein Becken voll Wassers leget: der Sand repraesentiret das trockne Land oder eine Insel, und das Becken mit Wasser die rings herumliegende See oder das Meer, so das Land umgiebet. Wie nun das Wasser im Becken sich biß oben, oder nahe biß zu der Spitze des Sand-Hauffens hinaufziehet; so steiget auch das Wasser aus dem Meere, Seen und dergleichen in denen Hügeln empor u. in die Höhe.  
  Die Sache ist an sich selbst wahr, und sind viele andere dieser Meynung; auch scheinet Varenius Geograph. Gen. l.16. prop. 5. und andere schon darauf gefallen zu seyn; besonders aber hat Robertus Plot dieses genauer untersucht und über dieses noch andere Ursachen des Aufsteigens des Wassers unter der Erde angegeben.  
  Allein wenn man die neuern Phaenomena derer tuborum capillarium und virium cohaesionis ansiehet, so wird man zwar befinden, daß in dem obgedachten gläsernen mit Sande gefüllten Tubo, das Wasser vsque ad summitatem tubi, wenn solcher nicht gar zu lang, steigen, keinesweges aber daselbst überlauffen werde, indem alsdenn das principium cohaesionis cessiret.  
  Dahero wann gleich das Wasser beschriebener  
  {Sp. 1621|S. 826}  
  massen unter der Erde in die Höhe steiget, so würde dieses doch nur in so weit geschehen, in wie weit noch das principium cohaesionis des Wassers mit dem Sande oder Erde vorhanden ist; keinesweges aber entstehet in der Höhe dahero ein Zusammenfluß des Wassers und Ursprung der Qvelle; wie denn auch der Einfall des Bernouilli, welchen er einsmahls als ein corollarium an eine disputation angehenget, vergebens gewesen, da er aus dem angeführten Experimente des mit Sande gefüllten gläsernen tubi ein perpetuum mobile naturale hat vorstellen wollen, indem sich nemlich das Wasser durch den Sand daselbst in die Höhe ziehet, hernachmahls nach seiner Meynung überlauffen, und solchergestalt zu dem unten befindlichen Wasser, in welches der Tubus gesetzet, herab fallen, von dar in den Tubum steigen und das Spiel von neuem anheben soll; allein die Experimente zeigen, daß der Tubus nicht oben überläuffet, weil alsdenn, wie schon gesagt, die caussa cohaesionis cessiret.  
  Zwar könte noch dieses Phaenomenon der Sache eine Erläuterung schaffen, da man einen tubum capillarem instar siphonis beuget, dergestalt, daß das längere crus ein tubus amplior, hingegen das kürtzere ein capillaris sey. Denn wenn das kürtzere in ein Glaß voll Wasser gehangen wird, so steiget solches von sich selbst darinnen in die Höhe und laufft in dem tubo ampliori vi grauitatis wiederum heraus. Allein, ob sich dieses Phaenomenon aus den Ursprung derer Brunnen adpliciren lasse, ist billig ein Zweifel, weil die Canäle unter der Erden, die den tubum ampliorem repraesentiren sollen, mit ihren Enden unter der Erde tieffer müssen zu liegen kommen, als diejenigen Örter sind, wo das Wasser, wie in denen tubis capillaribus, anfängt in die Höhe zu steigen; welches aber nicht geschehen kan, weil eben durch die anziehende Krafft der Erden das Wasser höher steigen soll, als es würcklich von dem Meere durch unterirrdische Canäle dahin gebracht wird.  
  Die meisten von denenjeniqen, welche den Ursprung derer Qvellen von dem Meer auf verschiedene bißher erzehlte Manieren herleiten, leugnen zwar nicht, daß einige Qvellen, und zwar diejenigen, so bey heissem Wetter verseigen, von dem Regen und Schnee-Wasser entstehen können, indem die oben angeführten Phaenomena selbige hierzu persuidiren; doch aber von denen immerlauffenden Qvellen leiten sie alle den Ursprung von dem See-Wasser. Schottus in anatomia fontium II. et III allwo er dergleichen Meynungen anführet.
  Wieder solche Meynung ist nun das wichtigste und biß ietzo noch nicht aufgelösete dubium vorhanden, welches das Phaen. 6. an die Hand giebet. Es ist nemlich die Frage, wie das See-Wasser sein Saltz verliehren kan, weil man in denen Qvellen ordentlich kein Saltz antrifft; und doch zeiget die Erfahrung, daß das See- Wasser auch saltzig bleibet, wenn es gleich durch Erde und Sand durchgehet. Es ist wohl wahr, daß der Sand davon saltzig wird, und demnach etwas von dem Saltze annehmen muß; allein man hat hier auf zweyerley zu sehen.  
  Einmahl ist gewiß, daß Sand und Erde ebenso wohl als das Wasser nur ein gewisses Maaß von dem Saltze annehmen; Derowegen, wenn das See-Wasser auch in denen unterirrdischen Gängen etwas von seinem Saltze anfangs loß würde; so würde doch solches nur eine Weile geschehen, und dannenhero in so vielen Jahren, da die Qvelle einmahl wie das andere geflossen, längst aufgehöret haben. Dabey weiß man auch, daß der Sand von dem Wasser Saltz annimmt nach Proportion,  
  {Sp. 1622}  
  in der es bey ihm zu finden. Von sehr saltzigem Wasser, wird auch der Sand saltziger, als von andern, so nicht so saltzig.  
  Und dieses hat man deswegen zu mercken, daß man nicht vermeinet, die Länge des Weges könne darzu etwas beytragen; vielmehr würde die Länge des Weges unterweilen das Wasser von neuen saltzig machen: Denn wenn in vorhergehenden Zeiten in von der See weit entlegenen Orten der Gang schon saltziger worden wäre, als das Wasser, welches dahin kommet; so nähme er nicht mehr Saltz von Wasser an, sondern gäbe vielmehr dem Wasser etwas von seinem Saltze ab; eben fast auf solche Art, wie es mit der Communication der Wärme zugehet.  
  Zudem müssen wir vor das andere erwegen, daß, wenn das Wasser biß unter den Berg saltzig kommen solte, es zwar durch die Ausdünstung in des Cartesii hypothesi, von dem Saltze befreyet und in der Qvelle süsse würde; allein es würde auf solche Weise sich unten eine allzugrosse Menge Saltz sammlen, und mit der Zeit das Saltz der See gantz unter die Berge gebracht werden, ohne daß es wieder an den Ort hinkommen könte, wo es hingehöret; welches aber dem Verfahren der Natur nicht gemäß ist; auch kein Abgang des Saltzes im See-Wasser verspühret wird.  
  Dieser Zweiffel nebst an den oben angeführten hat allerdings einige auf andere Gedancken bringen müssen; denn da man hier so viel Schwierigkeiten gefunden, und gleichwohl doch erkannt hat, daß die See denen Qvellen das Wasser wieder geben müsse, indem solche nicht zunimmt, ungeachtet täglich eine entsetzliche Menge Wasser durch die Flüsse in selbige sich ergießet. Man hat dahero wieder seine Zuflucht zu der Meynung derer Alten, welche Aristoteles angefochten, genommen, und ist auf die Gedancken gerathen, ob nicht so viel Wasser aus der See täglich ausdunstet, als durch die Flüsse hinein gebracht wird, und daher die Qvellen durch Regen und starcken Thau, wie nicht weniger durch den Schnee ihr Wasser wieder bekommen.  
  Peirescius, wie Gassendus in Vita Peirescii ad an. 1632 berichtet, ingleichen Isaacus Vossius de Origine Nili aliorumque Fluminum und andere haben schon diese Gedancken gehabt; Halley in England ist gleichfalls darauf gefallen, als er an. 1677 in der Insel St. Helena bey nächtlicher Weile die Sterne obseruirte, und bey gantz heitern Himmel wahrnahm, wie des Nachts so viel Dünste fielen, daß davon das Papier und die Gläser ven dem Fern-Glase so naß worden, daß auf jenem die Dinte zusammen lief, wenn er darauf schreiben wolte, dieses aber mit dem Schnupfftuche abtrocknen muste, wie die Acta Erud. Lips. an. 1692. p. 308. 311. bezeugen.
  Niemand aber hat noch besser und umständlicher diese Meynung behauptet als Perrault in Traite de l' origine des fontaines und Mariotte in Traite du Mouvement des eaux Part. I. disc. 2. Der letztere erweiset aus einem Experiment, daß das Regen-Wasser zu Unterhaltung derer Qvellen und Flüsse, suffisant gnug sey. Das Experiment ist auf sein Bitten von einem habilen und in seinen Experimentis sehr behutsamen Manne gemacht worden. Es hatte nemlich derselbe gegen die Höhe seines Hauses ein viereckigtes Gefäß ungefehr 2 Schuh weit, gesetzet, in dessen Boden war eine Röhre, durch welche das Regen-Wasser in ein rundes Faß, wo man es gar leichte, so offt es regnete, abmessen konte, lieffe. Denn wenn das Wasser in dem runden Fasse war, verflog davon in 5 oder 6 Tagen gar wenig in die Lufft; das Gefäß von 2 Schuhen stund auf einer Stange, welche mehr als 6  
  {Sp. 1623|S. 827}  
  Schuh von dem Fenster, allwo es eingemacht worden, herausgieng. Mit einem Worte, es dürftte nicht mehr von dem Regen-Wasser, als was immediate auf die Breite des Gefässes und Öffnung fiel, auffangen; es dürffte auch nicht mehr hineingehen, als nach proportion seiner Weite hinein kommen solte. Aus diesem Experimente wurde man gewahr, daß in einem Jahre ordinair biß auf 17 Zoll hoch Wasser herunter fiel.  
  Nach der Zeit hat man hin und wieder dergleichen obseruationes in denen Memoires de I' Academie Royale des Sciences, ingleichen in denen Transactionibus Anglicanis aufgezeichnet, und die Höhe des Regen-Wassers über dem Erd-Boden nach gemeldeter Grösse öffters darüber manchmahl auch darunter, aber wenig, befunden. Die Instrumente nebst dem modo obseruandi und calculo hiervon zeiget Weidler in Diss. de Hyetoscopio selectisObseruationibus instructo. (Witteb. 1727.)
  Es nimmt dahero Mariotte I. c. in seinem calculo an, daß in einem Jahre nur 15 Zoll hoch Regen-Wasser herunter fiele, und zeiget, daß nach diesem supposito doch auf eine Toise in einem Jahre 45 cubische Schuh Wasser kommen. Wenn man nun ferner rechnet, daß eine Frantzösische Meile 2300 Toises lang sey; so würde eine Quadrat Meile 5 290000 Quadrat-Toises ausmachen, welche, wenn man sie mit 45 multipliciret, 238050000 cubische Schuhe Wasser angeben, welche auf einer Quadrat-Meile stehen würden, wenn das Regen-Wasser, so das gantze Jahr durch darauf fällt, daselbst verbleiben solte: Aus diesem Fundamente und der umliegenden Gegend der Seine, wie auch, wie viel Wasser in der Seine jährlich vorbey flüsset, zeiget er, daß wenn auch der dritte Theil von dem Regen-Wasser, wenn es gefallen, sich wiederum in Dünste verwandeln; und wenn die Helffte in der obern Fläche der Erden, dieselbe zu befeuchten (wie ordinair geschiehet) verbliebe; und unter der Erden oder unter denen grossen Flächen, nur das übrige durch kleine Canäle fortlieffe, um Qvellen unten am Bergen oder Abhängen zu machen; es gnug seyn würde, Qvellen hervorzubringen, und die Seine und andere umliegende Flüsse, wie sie sind, zu unterhalten.  
  Nachdem man nun solchergestalt erkannt, daß das Regen-Schnee- u. Thau-Wasser zulänglich gnung sey, die Qvellen und Flüsse zu unterhalten; so hat man sich folgenden Begriff von dem Ursprunge derer Qvellen gemacht. Es dunstet den Tag über nicht wenig Wasser aus, wenn es von der Sonne beschienen wird oder auch von starcken Winden, und vielleicht auch noch von andern Ursachen. Da nun die See einen grossen Theil, bey nahe die Helffte von der Fläche des Erd-Bodens einnimmt und insonderheit in der Zona torrida der gröste Theil Wasser ist; so lässet sich leicht erachten, was für eine ungemeine Menge Wasser einen Tag über, geschweige denn ein gantzes Jahr, aus der See ausdunstet.  
  Die Winde führen die Dünste von der See weg, und bringen sie über das feste Land, und daselbst auch zu denen Gebürgen; wo sie nicht allein durch den Regen, sondem auch besonders auf die Gebürge durch starken Thau bey nächtlicher Weile hernieder fallen. Dieses Wasser dringet durch die kleinen Canäle, so es in der Erden antrifft, und formiret solchergestalt einen Brunnen, dergleichen das Phaen. 8. beschreibet; wie man denn, wenn man die Erde etwas tieff gräbet, ordinair dergleichen kleine Canäle findet, davon das im Grunde, welchen man gegraben, sich zusammen gesammlete Wasser, zu Brunnen-Wasser  
  {Sp. 1624}  
  worden. Dasjenige Wasser und der Thau, so auf denen Bergen niedergefallen, trifft, wenn es in die Erde in etwas hinein gedrungen (zumahl wenn die Erde lucker, kiesigt und voller Wurtzeln von denen Bäumen ist) offtmahls thonigte Erde oder Felsen, so sich weit erstrecken, an, darauf es denn fortläufft und nicht durchkommen kann; biß es endlich unten am Berge, oder einem grossen Theil von der Höhe, an die Lufft und in das freye wiederkommet und solchergestalt einen Brunnen macht.  
  Bey denen beständigen Qvellen muß man nun eben, wie bey denen vorigen hypothetibus annehmen, daß durch dergleichen kleine Canäle das Regen-Wasser in gewisse Behältnisse geführet, und dadurch darinnen ein Vorrath gesammlet werde, der auf einige Zeit den Lauff derer Qvellen, welche insgemein einen kleinen Ausgang hat, conseruiren könne. Diejenigen, welche den Ursprung derer grossen Flüsse untersucht, haben gefunden, daß sich einige aus denen Bergen so starck ergüssen, daß sie bald schiffreich werden.  
  Wo das Wasser in solcher Menge hervorbricht, kan es nicht wohl anders seyn, als daß es schon unter der Erden durch viele Bäche zusammen geflossen, wie wir insgemein sehen, daß auf solche Art die Flüsse über der Erden groß werden. (Phaen. 4.) Dieses ist die andere berühmte Hypothesis von dem Ursprunge derer Qvellen aus dem Regen-Wasser, welche in der That wenigern Schwierigkeiten, als alle andere angemerckte Hypotheses unterworffen sind.  
  Die oben angeführte Phaenomena stimmen alle mit ihr überein und bekräfftigen solche. Das phaen. 2. und 3. zeiget augenscheinlich, warum man bey denen Qvellen höher Land antrifft, weil sonst kein Zufluß von solchen unterirrdischen Canaelen zu dem Orte derer Qvellen geschehen könnte, woferne das Land um die Qvelle herum, als welches das auf sie weit und breit gefallene Wasser auffängt und zu dem Ursprung der Quelle durch die Canaele leitet, nicht höher als sie liege.  
  Es könte zwar das 9te phaen. jemand einen Zweiffel erregen; jedoch wenn man die Sache genau ansieht, ist solchen auch leicht abzuhelffen: Denn es kan gar wohl seyn, daß die Behältnisse, da das Wasser gesamlet wird, sehr tieff in der Erden sind, und daraus dasselbe starck ausdunstet, welche Dünste durch die Ritze und Räumlein zwischen denen Steinen durchdringen und sich in andern Behältnissen versammlen,wo sie durch Gänge heraus rinnen können; dahero auch die Qvellen, die auf solche Art entstehen, verseigen müssen, wenn die Dünste durch eine Eröffnung oder Steinbruch Lufft erhalten. Jedoch wird dieses bey denen wenigsten Qvellen sich also zutragen.  
  Diejenige Schwierigkeit, welche man wieder die Hypothesin gemacht, daß nemlich das Regen- Wasser zur Conseruation derer Qvellen nicht zulänglich wäre, ist schon oben gehoben worden. Es hat aber noch einen andern Zweiffel hierwieder de la Hire in denen Memoires de l' Academie Royale desSciences an. 1703. p. 68. erreget, und die Unmöglichkeit derselben daher erweisen wollen, weil das Regen-Wasser nicht sonderlich tieff in die Erde dringet. Zu dem Ende hat er besondere Versuche angestellet, um dadurch darzuthun, daß das Wasser nur 16 Zoll tieff in die Erde dringe.  
  Er grub nemlich bey dem Königlichen Obseruatorio an. 1688. acht Schuh tieff unter die Erde ein Gefässe von Bley, dessen obere Fläche 4 quadrat-Schuhe hielte. Es war 6 Zoll tieff und von der einen Seite etwas erhaben, von der andern aber etwas niedergebogen. Hier war  
  {Sp. 1625|S. 828}  
  eine bleyerne Röhre angelöthet, die 12 Schuh lang war und ziemlich abhängig in einen Keller gieng, damit das Wasser leicht flüssen konte. Es war das Gefässe eine gute Weite von der Mauer abgerückt, damit Erde genug herum wäre und die Erde nicht durch die Nähe der Mauer ausgetrucknet würde. Wo die Röhre war, waren in dem Gefässe Kiesel-Steine von verschiedener Grösse, damit die Erde derselben nicht so nahe kam. Das Erdreich an demselbigen Orte war etwas sandigt, daß das Wasser leicht durchkommen könte, und die obere Fläche eben und gleich, daß sich der Regen hinein ziehen muste u. nirgends abflüssen konte. Er setzte noch ein anderes Gefässe auf eben die Art, aber nur 8 Zoll tief unter die Erde, dessen obere Fläche 64 Qvadrat-Zoll hielt, die innere Höhe 8 Zoll war, und zwar an einem Orte, wo die Sonne und der Wind keinen freyen Zugang hatten, damit das Erdreich nicht austrocknen könte. Er riß auch alles Graß aus, damit nichts von dem Regen verzehret ward.  
  Er fand, daß von dem 12 Junii an biß zu dem 19 Februarii in dem Gefässe, das so weit oben stund, nicht das geringste Tröpflein Wasser durch die Röhre floß. Als aber zu der Zeit ein großer Schnee auf der Erde lag und aufthauete; fieng die Röhre an zu lauffen. Und weil die Erde nach diesem immer sehr feuchte war, so lief sie auch, wenn es regnete; hörete aber bald wieder auf, indem immer ein gewisses Maaß Wasser in der Erde blieb, und nicht eher in die Röhre rinnete, als biß neues hinzu kam.  
  Das Jahr darauf wiederholte de la Hire seinen Versuch, und setzte das Gefässe 16 Zoll, oder noch einmahl so tief, wie vorhin unter die Erde, und es ereignete sich eben so, wie in dem vorigen Jahre, ausser daß die Erde trocken ward, wenn es lange nicht regnete , und alsdenn ein kleiner Regen die Erde bloß anfeuchtete. In das Gefässe, das 8 Schuhe unter der Erden war, kam gar kein Wasser. Er pflantzte nach diesen Kräuter auf das Erdreich, darinnen das Gefässe stund. Da sie ein wenig erwachsen waren, kam kein Wasser mehr in das Gefässe, welches nur 16 Zoll tief unter der Erden stund. Ja alles Wasser, was von dem Regen darauf fiel, war nicht genug die Pflantzen zu ernähren. Wenn es lange trocken war, muste man sie begüssen, woferne sie nicht verdorren solten.  
  Dieses Experiment, vermeynet de la Hire sey bündig genug, die gedachte Hypothesin von dem Ursprunge derer Qvellen aus dem Regen-Wasser, über den Hauffen zu werffen, indem daraus zu ersehen, daß das Regen-Wasser nicht so tief in die Erde dringen könne, biß es eine Materie antrifft, wo es sich hineinziehen und weiter durchkommen kan, wie diejenigen annehmen, welche den Ursprung derer Qvellen von dem Regen-Wasser herleiten, wieder welche schon Robertus Plot in Tentamine Philosophico de Origine Fontium, (Oxonii 1685. in 8.) disputiret, und dadurch dem de la Hire Anlaß gegeben, die Sache genauer zu untersuchen.  
  Dessen angeführtes Experiment nun zeiget einestheils, daß der Ursprung eines Brunnens nach des Mariotte hypothesi allerdings möglich sey, indem die bleyerne Röhre daselbst die durch den Kieß und Felsen gehende Canäle vorstellet, wodurch das Wasser zu denen Behältnissen derer Qvellen geführet wird; andern Theils aber scheinet es auch gedachte hypothesin zu vernichten, indem das Regen-Wasser nicht über 16 Zoll tief in die Erde dringe, in solcher Tieffe aber sich nicht allezeit dergleichen Canäle befanden. Und in der That würde dieser Zweifel wichtig seyn,  
  {Sp. 1626}  
  wenn die Berge, wo Qvellen entspringen, aus solchem Erdreich bestünden, dergleichen diejenige gewesen, darinnen de la Hire seinen Versuch angestellet; allein das 7 und 8 phaen. geben ein anders an die Hand; und wir wissen, daß steinigte und sandigte Materie, ingleichen fette Lette, das Wasser nicht so annimmt, wie die Erde, und daß es dazwischen schief hinab rinnen kan.  
  An denen Bergen ist dergleichen anzutreffen; derowegen kan man denen Gebürgen nicht absprechen, daß in ihnen nicht das Regen-Wasser in die innern Höhlen hinein rinnen könne. Und wenn auch gleich Qvellen an solchen Orten gefunden werden, wo die obere Erde in denen Bergen von der Art ist, die das Wasser nicht wohl durchlässet; so hindert dieses doch nicht, daß sie ihren Ursprung von dem Regen und Schnee nehmen. Denn es ist ja eben nicht nöthig, daß das Wasser an dem Orte zusammen geflossen, wo es heraus qvillt; sondern es kan besondere Gänge obbeschriebener Massen in der Erde haben, dadurch es aus andern Orten, wo es sich gesammlet, dahin fiüßt, wo es seinen Ausgang findet.  
  Zwar hat de la Hire l. c noch einen Versuch von der Transpiration derer Pflantzen angeführet, u. dadurch den erstern obberührten Zweiffeln de insufficientia aquae pluuialis ad alendos fontes von neuen etabliren wollen, und behaupten, daß das Regen-Wasser eintzig und allein kaum zulänglich sey, die Pflantzen zu ernähren.  
  Er hat den 30 Junii frühe um halb 6 Uhr in ein Glaß mit einem engen Halse ein Pfund Wasser gegossen und zwey eben nicht allzu grosse Feigen-Blätter darein gesetzet, die zusammen 25 Drachmas und 48 Gran (die Drachmam zu 72 Gran gerechnet) wogen. Damit das Wasser nicht anders als durch die Blätter ausdunsten könte; hat er das Glaß oben feste verkleibet. Er setzte das Glaß mit denen Blättern, die gantz frisch waren, in die Sonne, die dazumahl sehr helle und warm schien. Als er gegen Mittag um 11 Uhr das Glaß wegnahm, war es 2 Drachmas leichter worden.  
  Es ist an dem, daß in weniger Zeit durch 2 Blätter 2 Drachmae Wasser ausgedunstet, welches eine grosse Menge für einen grossen Baum geben würde, wenn man eine Rechnung machen wolte: allein es ist noch nicht gewiß, daß die Blätter auf denen Bäumen so starck ausdunsten, als wenn sie mit denen Stielen im Wasser stehen; und liesse sich viel eher das Wiederspiel behaupten.  
  Zudem ist zu mercken, daß das Wasser, welches aus denen Pflantzen ausdunstet, nicht verlohren gehet, sondem mit dem Thau doch wieder herunter kommet, auch durch die Winde mit zu denen Qvell-reichen Bergen gebracht wird. Über dieses hat man sich auch nicht zu bekümmern um das Regen-Wasser, welches in den Ort fällt, wo Pflantzen und Graß wachsen: denn dieses hat bey denen Qvellen nichts zu thun, ausser in so weit es ausdunstet, und die Dünste zu denen Qvell-reichen Bergen geführet werden. Zu denen Qvellen kommt bloß dasjenige, was solche Gebürge befeuchtet, die davon Qvellen zu erzeugen geschickt sind. Es wirft also auch dieses Experiment des de la Hire gedachteHypothesin nicht über den Hauffen.  
  Gesetzt auch, daß das Regen-Wasser nicht zulänglich zur conservation derer Pflantzen wäre; so hat man noch dieses zu erwegen, daß in Gebürgen, wo zersplitterte Lagen von Steinen und gedörrter Lette sich zu denen Seiten zeigen, auch durch andere Ritze und Öffnungen die Lufft in die innere Höhlen derer Berge hinein kommen kan, die Lufft viel Dünste hinein bringet, wie Halley  
  {Sp. 1627|S. 829}  
  obbeschriebener Massen erfahren. Wenn man nun die Menge Thau erweget, der ein Jahr überfällt, und bedencket, daß die Kälte derer Berge die Lufft bey nächtl. Weile noch mehr zusammen ziehen muß als das viel wärmere Erdreich, folgends noch viel mehr Thau verursachen als auf dem platten Lande; so wird man gar gerne zugeben, daß dadurch denen Qvellen nicht wenig Wasser zugeführet wird, und sie vielleicht den grösten Theil von dem bekommen, was bey warmen Sommer-Tagen aus der Erde und dem Wasser ausdunstet, wo solche Gebürge vorhanden sind, die sich davon bereichern können.  
  Und dieses ist, was von dem Ursprunge derer Brunnqvellen zu erinnern gewesen.  
  Sonst trifft man noch viele Eigenschafften derer Qvellen an, so denen Physicis öffters vieles Nachdencken verursachen. Man hat viele Qvellen, welche mit der Ebbe und Fluth des Meers gleichfalls Ebbe und Fluth halten; sie sind aber von dem Meer nicht allzuweit entfernet. Dergleichen Brunnen erzehlet Varenius Geograph. Gen. l. 17. prop. 17.
  P. Aubert. Explication Physique du Flux et du Reflux d' un Pais Situé aux environs de Brest sur leBord de la mer (a Paris 1720) hat Obseruationes von einem dergleichen Brunnen, welcher 2 Meilen von Brest in Franckreich an dem Meer-Busen gelegen, der sich gegen die Stadt Landernau zu erstreckt, angestellet, und dessen Ursache zu ergründen sich bemühet. Der Brunnen hat ordentlichen Wechsel mit der Ebbe und Fluth des Meers gehalten, doch dergestalt, daß er in die Höhe gestiegen und also Fluth gehalten, wenn bey dem Meer Ebbe gewesen; hingegen an seinem Wasser wieder abgenommen, zur Zeit, da das Meer die Fluth gehabt.  
  Das Aufschwellen des Brunnens hat 2 Stunden gedauert, in welcher höchsten Höhe des Wassers er alsdenn 2 Stunden lang verblieben; darauf er 4 Stunden lang wieder abgenommen; biß er endlich eine Stunde nach dem Anfange der Ebbe des Meers, wieder angefangen hat aufzuschwellen. Der Ort der Qvelle ist zur Zeit der Ebbe des Meers 150 Fuß, zur Zeit der Fluth aber 70 Fuß von demselben entfernt gewesen; und hat die Höhe, durch welche der Brunnen aufgeschwollen und wieder gefallen, 10 biß 11 Zoll betragen.  
  P. Aubert führet die Ursache hier von dem Meere her, und hält davor, daß das Meer- Wasser gar leicht 6 Stunden Zeit zubringen könnte, ehe es durch die Erde zu dem Orte der Qvelle gelangete; weil aber doch die Qvelle süsses Wasser führet, so beruft er sich auf die Erfahrung, daß das Saltz sich an die Theile der Erden anhange; führet auch zu dem Ende die methode derer Schiff-Leute an, welche aus Meer-Wasser süsses zubereiten, indem sie solches durch Sand oder Erde seigen lassen. Ob aber dieses die gedachte obiection wieder des Cartesii hypothesin habe, und nicht vielmehr eine andere Ursache von denen Phaenomenis dieses Brunnens Statt finden müsse, überlässet man dem Leser zur Beurtheilung.  
  Es wird auch viel Redens von Brunnen-Qvellen gemacht, die Holtz in Stein verwandeln sollen, wovon Varenius Geograph. Gener. I. 17. prop. 11. verschiedene Exempel anführet.
  Es ist aber ein Unterscheid unter ihnen zu machen. Denn in einigen überziehen sich bloß die Sachen, die man darein leget, oder auch in den Bach, darinnen das Wasser aus der Qvelle herunter rinnet, mit einem Sand-Steine, als wie in dem sogenannten Fürsten-Brunnen bey Jena geschiehet, von dem man auch schreibet, daß er Holtz in Steine verwandele. Andere hingegen machen  
  {Sp. 1628}  
  das Holtz, so darein gehangen wird, so harte und feste, wie einen Stein, daß man es nicht mehr schneiden kan. Im ersten Falle hat es eben die Bewandniß, wie mit Erzeugung derer Steine, da sich eine zähe Materie nach und nach anleget, harte und gleichsam wie ein Stein wird. Im andern Falle wird viel Fabelhafftes vorgegeben, wie selbst Varenius l. c. erinnert, und fehlet es hier an ausführlicher Nachricht, daraus man mit Gewißheit was schlüssen kan.  
  Derowegen darff man hier mit Muthmaßungen sich nicht übereilen. Man siehet freylich wohl, daß die pori des Holtzes mit einer Materie müssen erfüllet werden, die im Wasser anzutreffen ist, und harte werden kan: Was aber dieses vor eine Materie sey, und wie sie darinnen harte wird, solches lässet sich so leichtlich nicht errathen, biß man noch andere Umstände bey solchen Brunnen observiret hat, welches andere, die davon geschrieben, zu thun unterlassen haben.  
  Man will auch noch verschiedene Eigenschafften von besondern Brunnen erzehlen, daß z. E. hineingeworffene leichte Sachen absorbiren sollen; andere, welche sie wieder auswerffen sollen; noch andere, welche das bevorstehende Ungewitter anzeigen; oder auch selbsten, wenn was darein geworffen wird, ein Ungewitter erregen und so ferner; dergl. Varenius l.c. prop. 17. u. Berckenmeyer in seinem Antiquario hin und wieder nebst vielen andern in Reise-Beschreibungen gedencken.
  Allein theils sind es Fabeln, da die Observatores aus ignorantz oder Erzehlung anderer solche Sachen vor Wunder-Dinge angesehen, theils sind die Umstände nicht angemercket worden, aus welchen man etwas von dergleichen Beschaffenheit schlüssen könte; dahero muß man dergleichen Untersuchungen anstehen lassen, biß von habilen und in Experimentiren geschickten Männern bessere Relationes gegeben werden.  
  Was aber von denen mineralischen Qvellen denen Thermis, und andern zu erinnern, die ihre Eigenschafften von demjenigen Erdreich und Mineralien, durch welche die unterirrdischen Canäle, welche der Qvelle das Wasser zuführen, gehen, ist einer speciellen Betrachtung würdig, und muß unter gehörigen Titeln nachgesuchet werden.  
   
Brunnen-Qvellen Brunnen-Qvellen, sind, welche von sich selbst durch das Erdreich brechen, auch andere Wasser, so nur mit Tag-Röschen, und nicht Bergmännisch mit Gruben-Gebäuden nach Klüfft und Gängen erschroten werden, können dem Erb-Besitzer derer Güter nicht entzogen, noch von Berg-Meister verliehen werden.  
  Dergleichen Brunnen-Qvellen sind eine Anzeigung verhandener Gänge, und nicht weit davon, denn bey denen Gängen und Klüfften sind allezeit die meisten Wasser in der Gruben.
  • Agricola de Re Met. 11.
  • Herttwigs Berg-Buch p. 92. seq.

HIS-Data 5028-4-1613-2: Zedler: Brunnen-Leber-Kraut u.a. HIS-Data Home
Stand: 15. Oktober 2016 © Hans-Walter Pries