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Text |
Quellenangaben |
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Thüringen, Thuringia, sonsten auch Toringia,
genannt, eine
Landschafft in
Ober-Sächsischen
Creis, welche gegen
Osten an
Meissen, gegen
Norden an das
Fürstenthum Anhalt, gegen
Westen
an
Hessen und das
Braunschweigische, gegen
Süden aber an
Francken
grentzet. |
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Sie hat vielerley
Herrschafften, jedoch besitzen
die
Hertzoge zu
Sachsen von der Ernestinischen
Linie das meiste, ingleichen hat der
Churfürst zu
Mayntz das Eisfeld und die
Stadt Erfurt
darinne. |
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Es war Thüringen anfangs ein sehr grosses
Land zwischen den
Francken
und
Sachsen,
welches vor
Alters, wenn wir auf die¶ |
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Eintheilung des Landes¶ |
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sehen, wie viele andere Länder, nach den 4
Haupt-Winden
eingetheilet worden in Ost-Thüringen, West-Thüringen, Süd-Thüringen und
Nord-Thüringen, wovon das letzte das
berühmeteste ist, und sich durch viele
Jahrhunderte
durch bey seinem alten
Nahmen Nord-Thüringowe
erhalten hat, auch zu der
Zeit, da es nicht mehr zu
Thüringen, sondern zu
Sachsen gerechnet
wurde. |
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Sagittarius
verstehet |
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- durch Ost-Thüringen (THURINGIAM
ORIENTALEM) Osterland und Meissen,
- durch West-Thüringen (THURINGIAM OCCIDENTALEM)
Hessenland,
- durch Süd-Thüringen das jetzige
Thüringer-Land samt einem guten
Theile Francken-Landes,
- durch Nord-Thüringen was von der
lincken Seite der Unstrut nach der Elbe bis an den
Hartz-Wald sich erstrecket.
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Aber die Alten machen diese Grösse noch
ansehnlicher, denn der ungenannte Erd-Beschreiber von Ravenna rechnet zu dem südlichen
Theile auch die Flüsse Nab und Regen, welche in
die
Donau fallen, und Siffrid Presbyter erweitert
den Nordlichen Theil über den Hartz bis an die
Nord-See. |
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Dieses ist
gewiß, daß die ersten Thüringer
hinter denen Alemannern und Francken in einem
sehr grossen Landesstrich
gewohnet haben. Wenn
man genau
wissen
will, was sich mit Thüringen in
Ansehung der Grentzen zugetragen habe, so
muß
man vor allen
Dingen, die älteste Zeit von der
mittlern, und die mittlere von der neuen
unterscheiden. |
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Will man also auf die älteste Zeit zurück gehen,
so wird sich wohl schwerlich etwas
Gründliches
ausfündig machen lassen Denn was die meisten
vorgeben, beruhet auf blossen
Muthmassungen,
und man kan, was diesen Zeitstrich anbetrifft, nichts
gewisses vorbringen, als daß sich damahls
Thüringen bis an die Donau gegen
Mittag
erstrecket; gegen
Mitternacht aber, nach der
unglücklichen Schlacht, die im
Jahr 524 zwischen
dem Fränckisch- und Thüringischen
Könige vorfiel,
durch die Unstrut von dem ehemaligen Nördlichen
Thüringen, welches nach dieser Zeit eine
Sächsische
Provintz wurde, abgesondert
worden. |
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Jene Grentzen sind nachgehends in den
mittlern Zeiten und den folgenden immer enger, und
zwar bis an den Thüringer-Wald eingeschlossen
worden; dieser aber sind bis jetzo geblieben. |
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Was aber der Thüringer Grentzen gegen Osten
und Westen anbetrifft, davon wird kein
Schrifftsteller
etwas zuverläßiges in den ältesten Zeiten
bestimmen kön- |
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{Sp. 1862} |
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nen, man müste denn die Lage der
Hermundurer, aus welchem
Volcke die Thüringer
entsprossen, abmessen. |
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Ein gleiches muß man auch von der Landes-Eintheilung in den allerältesten Zeiten sagen, doch
glauben einige nicht ohne
Grund, daß Thüringen zur
Zeit des Königs Odoacer und Theodoricus, Könige
von Italien, in drey grosse Pagos, nehmlich
Anglegewe, Thuringewe, und Werningewe
eingetheilet worden, dahero auch das alte
Gesetz
kömmt, welches den
Titel führet: Lex Anglicorum, et
Werinorum, h.e. Thuringorum. |
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Der Pagus Anglegewe war lincker Hand, an der
Unstrut, gegen die Witter zu gelegen, wo einige
Dörffer in dasiger
Gegend, als Kirchengel,
Feldengel, Holtzengel, Westengel das Andencken
hievon noch erhalten. Die
Einwohner sind
deswegen Angli genennet worden, weil sie
zwischen der Unstrut, Wipper und dem Hartz-Gebürge, gleichsam als in angulo in einem Winckel
wohneten, daher sie nicht mit denen Anglis zu
vermischen, welche mit den Sachsen in Britannien
übergegangen sind. |
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Die Werini sind nicht die in Wragien, und allda
herum wohnende Varini oder Warni gewesen,
sondern sie führen diesen Nahmen von dem Flusse
Wera, Wern, welcher auf einer Wiese, die des
Spietals zu Schweinfurth
Lehen ist, entspringt. Von
diesem Flusse Weren hat der Thüringische Pagus
den Nahmen bekommen, und ist Weringewe
genennet worden. Thüringewe an sich selbst ward
in das Mitternächtliche Thüringen, dessen in den
Traditionibus
verschiedene Meldung gethan wird,
und in das Mittägliche eingetheilt |
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Die
gewöhnliche Eintheilung der meisten
Geschicht-Schreiber ist in dem alten und noch
unzertheilten Thüringen, wie wir oben überhaupt
schon angemerckt haben, nach den vier Haupt-
Welttheilen eingerichtet. |
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Was Nord-Thüringen damahls in seinem Umfange anbetraf, so
schreibt Juncker davon in
der Einleitung zur Geographie der mittlern Zeiten,
also: So viel ist zur Gnüge erwiesen, daß Nord-
Thüringen, seine Grentzen gehabt habe an dem
Flusse Unstrut von dessen Ufer, es lincker Hand
sich Nord oder Mitternachtswerts fortgezogen bis an
und über den Hartz-Wald, ferner rechter Hand an
die Flüsse Saale, Elbe, wo das
Magdeburgische ist,
und Havel, lincker Hand aber an die Flüsse Bode,
Aller, und Ocker im
Hertzogthum
Braunschweig. |
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Weil aber dieser Theil nach der im Jahr 524
zwischen den Sachsen und dem Thüringischen
König Hermannfried erfolgten fatalen Schlacht, von
Thüringen abgesondert, und nach der Zeit nicht
wieder darzu gekommen, so haben wir nicht
nöthig
allhier eine weitläufftigere Beschreibung davon zu
geben. |
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Ost-Thüringen
Lat. Osterlandia Ostlandia,
Libonothria, wird von D. Adam Rechenberg
in seiner
Dissertation de veteri Osterlandia also
beschrieben, daß selbiges sich bey dem Ursprung
der Elster anfange, nachgehends sich herabwärts,
an der Saale und Mulde fortziehe und bis an die
Städte Merseburg und
Halle
lincker Hand, rechter
Hand aber bis an die Städte Rochlitz, Colditz und
Leißnig gehe. Dahero hat das alte Osterland die
heutige
Burg-Graf-
und Herrschafften |
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{Sp. 1863|S. 945} |
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- Weida,
- Gera,
- Zwickau,
- Graitz,
- Weißenfels,
- Eisenberg,
- Groitzsch,
- das Pleisner-Land,
- Altenburg,
- Wettin,
- Brene,
- Landsberg,
- Eulenburg,
- Wurtzen,
- Rochlitz,
- Colditz,
- Leißnig
- und Penig
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in sich begriffen |
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Die Pagi, worein dieser Theil von Thüringen zur mittlern Zeit
vertheilt gewesen, sind folgende: |
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1) |
Nedelice, |
2) |
Tuchuruno, |
3) |
Geraha, welches in der
Gegend, wo das jetzige Gera liegt, gestanden
haben
soll. |
4) |
Vedu, hat nach Ditmarus
von Merseburg Zeugnisse zu dem
Stifft Merseburg
gehöret. |
5) |
Plisai, und |
6) |
Orla, worunter alles
dasjenige verstanden wird, was an dem Flusse
gleiches Nahmens gegen seinen Eingang in die
Saale gelegen. |
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Süd-Thüringen, Lat Thuringia Australis, wird
vor das heutige Thüringen gehalten, welches seinen
Anfang von der Werra nehmen, und sich bis an den
Mayn erstrecken soll. |
Sagittarius in Antiquit. regni
Thuringici … |
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Wenn dieses von den ältesten Zeiten zu
verstehen ist, da die, unter dem Nahmen der
Hermundurer verborgen gelegene Thüringer noch
nicht die von den Haruden und Sedusiern
verlassene Wohnsitze und Länder eingenommen,
so
möchte dieses noch in den damahligen Zeiten
angegangen seyn. Da aber bekannt ist, wie nach
der unglücklichen Niederlage des Königs
Ariovistus unter dessen Armee sich auch die,
zwischen der Donau und dem Mayn wohnenden
Haruden und Sedusier befanden, welche nebst dem
Marcomannen ihre besessene Wohn-Plätze aus
Furcht vor der Römer ankommenden
Macht
verliessen, hingegen die Hermundurer ihr Land bis
an die Donau erweiterten, so breitete sich der
Hermundurer, nachgehends der Thüringer Land, als
sich jener Nahme
verlohr, bis an die Donau aus, in
welcher Beschaffenheit es auch bis in das achte
Jahrhundert, auch wohl noch länger verblieb. Die
hierzu gehörigen Pagi sind folgende gewesen: |
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1) |
Ilmin, es soll bey der Stadt
Ilm gelegen haben. |
2) |
Langenwize, wo jetzo
Langenwiese liegt, |
3) |
Albogau, |
4) |
Hoerselgau, und |
5) |
Vatergowe. Zwischen den
Städten Mühlhausen und Tennstädt. |
6) |
Vinne, |
7) |
Westergau, zwischen der
Stadt Mühlhausen, und dem Schlosse
Gleichenstein. |
8) |
Altgebe. |
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Von West-Thüringen findet man bey den alten
Geschicht-Schreibern nichts ausführliches.
Sagittarius, Pfefferkorn, Juncker, Weiße, und
vielleicht noch andere mehr führen diesen Nahmen
an, und behaupten, das Land Hessen werde
dadurch verstanden, worinne sie nicht
unrecht
haben. Nur kommt es auf die
Frage an, ob
gantz
Hessen West-Thüringen ausmache, oder nur ein
Theil davon? Brower rechnet Buchonia, oder die
heutige
gefürstete
Abtey Fulda darzu |
in Antiquit. Fuldens. …
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und beziehet sich auf den Marianus Scotus,
und Sigebertus Gemblacensis, welche ihm in
seiner
Meynung, die er behauptet voran gegangen
sind. |
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Ob aber nicht noch ein grösserer Theil von dem
heutigen Lande Hessen zu West-Thüringen zu
zählen seyn möchte, solches ist gar wohl |
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{Sp. 1864} |
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zu vermuthen. Dieser Westliche Theil von
Thüringen wurde ehedem in folgende Pagos
eingetheilt, als |
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1) |
Grabfeld, welches in das
gegen Morgen und gegen
Abend
getheilet
wird, |
2) |
Tullifeld, |
3) |
Baringe, |
4) |
Salagewe, |
5) |
Sinnagewe, |
6) |
Asefeld, und |
7) |
Weringewe. |
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In dieser Verfassung und in einem solchen
Umfange befand sich Thüringen in denen ältesten
und mittlern Zeiten. Nachdem aber die
Sachsen
Nord-Thüringen, die Sorben Ost-Thüringen, die
Francken
und Bayern Süd-Thüringen, bis an den
Thüringer-Wald nach und nach an sich gezogen;
und West-Thüringen auch davon auf mancherley Art
ist abgerissen worden; so hat dieses Land heutiges
Tages gantz andere Grentzen, immassen dasselbe
gegen Morgen die Saale, gegen Mittag den
Thüringer-Wald, gegen Abend die Werra und gegen
Norden die Unstrut zu Grentzen hat. |
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Wir wissen zwar wohl, daß einige die Gräntzen
von Thüringen bis an den Hartz ausdehnen, weil
aber nach der 524 geschehenen Niederlage der
König Thedoricus einwilligen muste, daß die
Unstrut zu einem Grenzflusse zwischen dem
Südlichen Thüringen und Sachsen gemacht würde,
so kan man nicht sehen, wie andere behaupten
wollen, Thüringen erstrecke sich heutiges Tages
gegen Mitternacht über die Unstrut. |
Eckhardt Corporis historici
medii aevi T. I. … |
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Wo der¶ |
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Einwohner
Nahme¶ |
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herkomme, und daß sie Thüringer
Lat.
Thuringi oder Toringi
genennet worden seyn,
darüber ist man zur
Zeit noch nicht einig. Es fehlt
zwar nicht an
Muthmassungen; sie sind aber so
gezwungen und
unwahrscheinlich, daß man sie
lieber mit Stillschweigen übergehet. |
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Sagittarius, der die Thüringer ein Gothisches
Volck zu seyn erachtet, leitet ihren Nahmen von den
Mitternächtischen Abgott Thor her, und
soll
derselbe so viel
bedeuten als Kinder GOttes, oder
Kinder und Nachkommen des Thors, doch getrauet
er nicht zu
beweisen, daß die Thüringerin jemahls
diesen Abgott verehret. |
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Was den¶ |
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Ursprung des
Volcks¶ |
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betrifft, so ist derselbe eben so dunckel als sein
Nahme, und fast noch mehr Schwierigkeiten
unterworffen. Cluverius erhält die Thüringer für ein
altes
Deutsches Volck, und zwar für eben
diejenigen, so Tacitus Reudingos nennet deren
Nahme, nach seinem
Urtheil, durch die Abschreiber
verfälschet worden. Allein daß die Reudinger ein
wahrhafftes, und keinesweges durch Versetzung
der
Buchstaben
entstandenes Volck gewesen, solches ist aus dem, was oben bey dem
Artickel
Reudigni, im XXXI
Bande, p. 878 angemercket
worden, zu ersehen. |
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Barth hält die Thüringer für ein Gothisches
Volck, und zwar für dieselben Gothen, so von dem
Marcellinus, Eutropius und andern |
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{Sp. 1865|S. 946} |
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Thervingi genennet worden. Und diese
Meynung würde sich wegen Gleichheit der Nahmen
vor allen andern recommendiren, wenn die
Wanderung dieses Volcks damit überein käme. Nun
aber findet sich, daß die Thervinger zwar aus
Sarmatien in Mösien, und von dannen in Italien,
Gallien und Spanien, aber nicht nach
Deutschland
gezogen seyn. |
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Sagittarius holet sie nicht aus Sarmatien, wie
Barth, sondern
unmittelbar aus den mitternächtigen
Ländern, und
sagt, daß sie aus Scandinavien nach
dem Cimbrischen Chersones gekommen, und
nachdem sie eine Zeitlang daselbst gewohnet,
durch die Sachsen über die Elbe vertrieben worden.
Hierauf sollen sie eine Zeitlang in dem Lande
Hadeln, Lat. Hadeloa, gewohnet haben, nachmahls aber wiederum durch die
Sachsen bis an den Hartz, und endlich zum dritten mahl durch die Sachsen über
den Hartz zu weichen, und sich in die Oberländer zwischen der Saale u. Werra zu
begeben, gezwungen worden seyn, allwo sie heut zu Tage gefunden werden. Seine
vornehmste
Autores sind Witichind und Adam Bremensis von
den ältern, und Rolevinck und Brotuff von den
jüngern. |
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Ob nun gleich diese Erzehlung nicht
übel
zusammen hänget, so werden doch so viele
Zweiffel von den selbst dagegen erwecket, daß es
scheinet, der
gelehrte
Verfasser sey seiner
Meynung selbst nicht gewiß gewesen, bevorab weil
er die Zeit, wenn solches geschehen, nicht
anzeigen kan. |
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Hertius hat von der Ankunfft der Thüringer eine
andere Meynung, die mit der Grösse dieses Volcks
und ihres Landes besser überein kömmt, als die
vorhergehende. Er hält sie für viele unter einem
Bund und Bunds-Nahmen zusammen vereinigte
Deutsche Völcker, nach dem Beyspiel der
Alemannen, Francken und Sachsen. Es wäre zu
wünschen, daß dieser Grund-Satz von ihm oder
jemand andern wäre ausgeführet worden, damit
man klärlich sehen könnte, daß die Thüringer auf
dem deutschen Boden kein ausländisches noch
neulich angekommenes, sondern altes ingebohrnes
Volck seyn, zu denen sich viele andere alte Völcker
geschlagen, welche, ob sie wohl ihre
eigenen
Nahmen und Könige hatten, dennoch um des
gemeinen Bundes
willen für Thüringer gehalten
worden. |
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Es ist sehr
wahrscheinlich, daß die Angler und
Variner von dieser Gattung gewesen seyn. Denn die
oben schon angeführte Überschrifft ihres Gesetzes
giebt solches zu
erkennen, welche also lautet: Lex
Angliorum et Werinorum, hoc est Thuringorum, d.i.
das Gesetz der Angler und Weriner, das ist der
Thüringer. Woraus erhellet, daß die Angler und
Weriner zu den Thüringern in einem weitläufftigen
Verstande gerechnet worden. |
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Daß aber auch die Thüringer, bey denen der
Thüringische Bund und Nahme aufgekommen,
dasselbe Gesetz gehabt haben, ergiebt sich aus
dem Anfange desselben, da die
Worte stehen:
Incipit lex Angliorum, et Werinorum, et Thuringorum.
Hier fängt sich an das Gesetz der Angler, und
Weriner, und Thüringer. Da nun diese Völcker
eingesetzet mit einander gemein hatten, so ist kein
Zweiffel, daß selbige auch Feld-Nachbarn und
Bundesverwandten unter einander gewesen
seyn. |
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Zu diesem Bunde können auch gerechnet
werden die Heruler, ein |
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{Sp. 1866} |
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Gothisches Volck, welche deswegen von dem
Caßiodorus Heruli Gothorum genennet werden.
Man erkennet solches aus einem Briefe des Ost-Gothischen Königs Theodoricus, den er wegen der
zunehmenden Macht des Chlodoväus an die
Könige der Heruler, Weriner, und Thüringer zugleich
geschrieben, welches sich für Nachbarn und
Bundesgenossen am besten schicket. |
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In dem Artickel Heruli, im VIII Bande, p. 851.
u.ff. ist angezeiget, daß sie hinter denen Alemannen
gewohnet, und es scheinet, daß sie mit der Zeit sich
bis an Gotha erstreckt, und selbiger Stadt den
Nahmen gegeben haben. Es ist auch kein Zweiffel,
daß andere Völcker mehr, ungeachtet sie nicht
können nahmhafft gemacht werden, in dem
Thüringischen Bunde begriffen gewesen.
Sagittarius selbst ist nicht ungeneigt, die Chatten
gäntzlich, und die Cheruscer zum Theil, für
Thüringer zu erkennen. |
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Der Thüringische Nahme aber ist in dem
fünften Jahrhundert in der
Historie zuerst bekannt
worden, theils durch die Thüringische Pferde, theils
durch die Waffen Chlodions, theils auch durch den
Feldzug des Attila, des Hunnen Königes. Denn vor
dem 5ten Jahrhundert findet sich keine beständige
Nachricht von diesem Nahmen, ungeachtet
derselbe wohl eine Zeitlang vorher mag
aufgekommen seyn, ehe er in
Schrifften verfasset
worden. |
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Vegetius erwehnet zuerst der Thüringer, oder
vielmehr ihrer Pferde, in seiner Malomedicina, da er
den Thüringischen und Burgundischen Pferden
wegen der Dauerhafftigkeit vor vielen andern den
Preiß giebt. Eben dieses findet man auch bey
andern, doch etwas jüngern
Scribenten,
insonderheit bey dem Caßiodorus in einem Briefe,
welchen er im Nahmen seines Herrn und Königs
Theodoricus in Italien, an dem König der Thüringer
Herminfrid abgehen lassen, als worinn er von den
Pferden, so dieser König an jenen geschickt, eine
sehr schöne Beschribung macht. |
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Was die Thüringer selbst betrifft, so wird ihrer
am ersten gedacht in der
Fränckischen
Geschichte in dem
Leben Chlodions. Man siehet aus einer
Stelle des Gregorius von Tours, wenn selbe mit
des Aimonius Worten verglichen wird, daß Chlodio
einen Einfall in Thüringen gethan, die Festung
Disparg in termino Thoringorum eingenommen, und
seinen Königl. Sitz dahin geleget habe. |
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Man findet auch bey Trithemen die
Ursachen
dieses
Krieges, indem die Thüringer, so bisher in
den Fränckischen Bund gestanden, (welches
vornehmlich von den Hessen zu verstehen ist), von
den Francken abgesetzt. |
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Wo aber die Dispargische Burg sey gelegen
gewesen, darüber sind die
Gelehrten nicht einig. Es
scheinet, daß es im Paderbornischen auf dem alten
und zerfallenen Berg-Schlosse Desenberg müsse
gesucht werden. Denn daß einige dasselbe nach
Brabant auf die Grentzen von Tongern setzen
wollen, ist eine vergebliche Bemühung, weil alle
Scribenten darinnen überein kommen, das Chlodio
von Disparg aus, seine Kundschafter über den
Rhein geschickt, und auch selbst von dannen nach
erlangter Kundschafft über den
Rhein gezogen
sey. |
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Endlich muß auch unter die ersten
Bewegungen der Thüringer gezählet werden,
diejenige, so bey der Hunnen Einbruch in |
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{Sp. 1867|S. 947} |
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Gallien von Sidonius Apollinaris geschiehet.
Was die Thüringer bewogen habe, mit dem
Hunnischen Heer über den Rhein zu ziehen, ob es
aus
Begierde zur Beute, oder aus Haß gegen die
Francken, oder aus Zwang geschehen sey, lässet
man dahin gestellet seyn. Daß Attila mit seiner
Armee die Thüringer berühren können, daran ist
wohl kein Zweiffel, wenn man die alten Grentzen
ansiehet. Daß er aber zu Eisenach einen Hof- und
Land-Tag, auch Beylager und Ritter-Spiele
gehalten; und daß man für seiner einbrechenden
Macht die Stadt Erfurt mit Mauren umzogen, und
was dergleichen mehr, so von den Chronicken-Schreibern mit allerhand
Umständen
ausgeschmücket wird, solches wird von dem
Sagittarius
billig in Zweiffel gezogen, weil die alte
Geschichts-Bücher nichts davon erwehnen.¶ |
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