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Quellenangaben |
Reichsarchiv |
Die Besorgung des Reichs-Archiv, in so ferne es mit der
Reichs-Cantzley verknüpfft ist, gehört gleichfalls unter den Reichs-Vice-Cantzler,
welcher auch Reichs-Siegel-Verwahrer ist. |
Uffenbach l.c. §. 9. |
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Das wichtigste Reichs-Archiv aber ist zu Mayntz befindlich. |
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Reichsräte |
Eigentliche Reichs-Räthe hat der Kayser nicht, und seine
eigene
geheimen
Räthe haben mit dem Kayser nichts zu
thun. Es heissen wohl in denen
Capitulationen die
Chur-Fürsten des Kaysers innerste
geheimen Räthe, aber es
hat mit diesem Rathnehmen
gantz eine andere Bewandniß. Dahero auch bald
erhellet, daß der
Name derer Reichs-Räthe für Chur- und
Fürsten
viel zu
niederträchtig herauskommt. |
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Reichsbediente |
Die
Zahl derer dem
Reiche angehörigen
Bedienten ist geringe, man
müste denn
die Cantzley-Bedienten die nebst dem Reichs-Pfennig-Meister und wenig andern,
theils von denen angewiesenen
Gefällen ihren Unterhalt genüssen, theils geringe
Besoldung haben. |
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Reichsgerichte |
Unter denen
Reichs-Gerichten ist allein die Cammer siehe
Cammer-Gericht
Tom. V. p. 427. seqq. |
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Der Reichs-Hof-Rath ist zwar von der Zahl derer
Reichs-Beamten nicht auszuschliessen,
bekommt aber doch allein vom Kayser seine Besoldung. Siehe Reichs-Hof-Rath. |
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Kammer-Staat |
Reichs-Cammer-Räthe bedarff er wegen derer wenigen Reichs-Gefälle auch
nicht. Was ihm von dem
Reiche zu
eigener
Eintheilung zufällt, damit
mag er nach
eigenem
Willen verfahren. Die übrigen Bewilligungen zu
Kriegs- oder andere
Nothdurfft
wollen die
Stände auf dem
Reichs-Tage
ordentlich durch den
Pfennig-Meister oder wen sie sonst darzu brauchen berechnet
wissen. Es gehören
also solche Reichs-Anlagen nicht zu des Kaysers besondern, sondern zu des
Kaysers und des Reichs gemeinen Cammer-Staate. |
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Kriegs-Staat |
Von einem besondern
Kriegs-Staate des Kaysers ist gleichfalls nichts zu
melden. Was er vor sich selbst hält, geht das
Reich nichts an, welches ihm auch
darinnen nichts vorschreibt. Werden aber einige
Völcker in denen
Reichs-Vestungen vom Reiche besoldet, oder stellt das Reich in dringenden Fällen
ein Kriegs-Heer, so kan man dieses zugleich wie vor einen Kayserlichen so auch
Reichs-Kriegs-Staat halten, weil in beyden Fällen die Generalität,
Kriegs-Räthe und
Directoren nebst dem gesammten Kriegs-Heere in des
Kaysers und des Reichs
Pflichten stehen. Doch ist es hierinnen auch so bewandt,
daß er nicht anders darff
gebraucht werden als es der Reichs-Schluß erfordert. |
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Standesmäßige Einkünfte |
Wollte aber jemand
fragen, ob bey so gestallten
Umständen dem Kayser zustehe
zur Anschaffung
Standes-mäßiger
Einkünffte in das
Reich zu dringen; so wird sich
solches aus oben angeführten
Gründen,
daß nemlich ein Kayser als einer derer
mächtigsten
Reichs-Fürsten, schon so viel besietze als zu Bestreitung der
Kayserlichen
Würde erfordert werden kan, leicht vor selbst beantworten lassen.
Wozu noch kommt, daß sich der Kayser bey dem Antritte seiner
Regierung verbindet
nichts in gegenwärtigen Reichs Verfassung zu ändern oder die
Stände zu
beschweren oder beschweren zu las- |
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{Sp. 337|S. 180} |
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sen. |
Spener Teutsche Staats-Rechts-Lehre IV.
7. |
Regierungsende |
Die
Regierung eines Kaysers endet sich entweder durch den
Tod,
oder durch die freywillige Niederlegung des
Regiments,
oder auch endlich nach einiger
Meynung durch die Absetzung. |
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Tod |
Durch das Ableben eines Kaysers werden alle
Bande zwischen ihm und dem
Reiche
getrennet und alle
nöthige Absichten auf sein Haus aufgehoben. Das Reich
gelanget in einen solchen
Zustand, da es, wenn kein
Römischer König da ist, eine
Zeitlang zwischen Furcht und
Hoffnung schweben muß. Welches sich
vornemlich
in denen
ältern Zeiten, ehe die
Vicariate recht
ordentlich eingerichtet
wurden, ereignete. |
- Tangmar in Vita Bervv. …
- Wippo Vita Conradi …
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So bald das Ableben eines Kaysers berichtet worden, bekommen die
Chur-Fürsten freye Hand, einen andern nach ihrer Einsicht zum Reichs-Haupte zu
erwählen. Die
Vicarien führen
unterdessen biß nach geschehener
Wahl die
Haupt-Regierung. Dem verstorbenen Kayser wird nach eines ieden
Landes-Herrn
Ermessen, mit Anstellung der Trauer, Läutung derer Glocken, Errichtung eines
Castri doloris, und bey denen
Catholischen mit Anordnung vieler Seel-Messen,
die letzte Ehre erwiesen. |
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Ein Kayserliches Erb-Begräbniß ist im
Reiche nicht anzutreffen. Vor und nach dem
Interregno
schien es Speyer zu seyn, es hatte aber keinen Bestand. |
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Abdankung |
Ob die freywillige Abdanckung einem Kayser
frey stehe, wird noch gestritten.
Alle Geschichte derer Teutschen Kayser wissen nicht mehr als ein doppeltes
Beyspiel anzuführen. Das eine von Henrich dem II. das andere von Carln
dem V. Der erste
wollte nach dem gemeinen Vorgeben, aus Heiligkeit
abdancken. |
- Schadaeus Argentorat. Templ. …
- Albericus ad an. 1019.
- Chron. M. Belg. p. 96.
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Der andere aber legte wegen seines kräncklichen
Zustands, oder vielleicht
weil er von dem
Glücke verlassen zu seyn schien, das
Regiment nieder. |
-
Obrecht. de Abdicatione …
- Godeleuaeus apud Schardium
Script. Rer. Germ. …
- Reichs-Abschied 1559.
Prooem.
- Capitulatio Ferdinandi I. Prooem.
- Struv
S.H.G. Dissert. …
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Die meisten
Staats-Rechts-Lehrer machen einen
Unterschied unter des
Reichs
ruhigen und unruhigen
Zustande. Sie
meinen in dem ersten Falle seye es ihm
erlaubt, bey dem andern aber nicht, weil der Kayser krafft derer Verträge
verbunden wäre, das Reich bis an sein
Lebens-Ende zu
regieren und zu schützen
und also ohne genugsame
Erkänntniß derer
Reichs-Stände die
Regierung nicht
aufgeben dürffte. |
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- Rachelius de Capit. Regni Ger. …
- Böcler Notit. Proc. …
-
Fritsch de
Resignationibus …
- Schurtzfleisch Dissert. de eo…
- Horn
J.P. …
- Bilderbeck Teutsch.
Reichs-Staat …
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Im ersten Falle scheint auch nicht einmahl der Kayser
Ursache zu haben, die
Gründe, |
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{Sp. 338} |
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warum er das
Reich verlassen wolle, anzuführen. Andere meynen, es stehe auch
dem Kayser im letzten Falle
frey, die
Regierung nach Belieben aufzugeben, weil
er durch keine
Capitulation noch
Reichs-Gesetz davon abgehalten werde.
Weil sein Versprechen, das Reich zu beschützen, sich nicht weiter als auf die
Zeit, da er die Kayserliche
Würde behalten wolle, erstrecken könne und weil
endlich das Reich, wenn der Kayser des
Regiments überdrüßig sey, wenig
Vortheil
von ihm zu gewarten hätte. |
- Kemmerich J.P. …
- Stamler de Reseruat. …
- Seldius apud
Goldastum Reichs-Händel …
- Grotius de
Jure Belli …
- Böhmer Introd. J.P. …
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Wenn es nun auch ausgemacht ist, daß der Kayser seine
Würde niederlegen
könne, so entsteht wieder eine neue
Frage in wessen Hände dieselbe geschehen
möge. Der Pabst
begehrte zu Carls des V. Zeiten, daß es ohne seine
Einwilligung nicht hätte geschehen sollen und wollte deswegen Kayser Ferdinandum
I. auch nicht eher vor einen Kayser
erkennen, biß der Kayser Carl der V.
das
Regiment in seine Hände niedergelegt hätte, ward aber mit seinen Ansprüchen
bald abgewiesen. |
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Titius J.P. … vermeinet, bey ruhigen
Zeiten möge der Kayser die
Regierung nach Belieben aufgeben und es denen
Chur-Fürsten, dem
Reichs-Tage oder auch nur einem eintzigen
Stande zum bekannt
machen eröffnen. Stünden aber gefährliche Zeiten bevor, so müste die Aufgebung
auf dem Reichs-Tage an alle Stände geschehen, die auch darüber zu
erkennen, ob
die
Ursachen erheblich genug wären. Kayser Carl der V. übergab das
Regiment in die Hände seines Bruders als
Römischen Königs, doch mit Vorwissen
und Einwilligung derer Chur-Fürsten. |
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Es scheint auch genug zu seyn, daß die Niederlegung des
Regiments mit derer
Chur-Fürsten Vorwissen, wenn kein
Römischer König vorhanden, in ihre Hände
geschehe. |
Rachelius de Capit. Regni … |
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Nach geschehener Abdanckung hören alle
Pflichten des Kaysers und des
Reichs
gegen einander auf, ausser daß, wie
billig, gegen das noch
lebende gewesene
Reichs-Haupt eine beständige Ehrerbietung getragen wird, die
Chur-Fürsten
erklären wo nicht schon ein
Römischer König da ist, das Interregnum und
schreiten zur neuen
Wahl. Hat auch ein Kayser einmahl die
Regierung aufgegeben,
so kan er sich derselben so wenig wieder unterzühen als es ihm vor der Wahl
zugestanden hätte. |
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Absetzung |
Die dritte
Gelegenheit dadurch eines Kaysers
Regierung ihre Endschafft
erreicht, soll endlich die Absetzung seyn. Das
Reich wird nie wünschen in
dergleichen
Umstände zugerathen und lieber alle
Mittel vorkehren als sich dazu
entschlüssen. Wenn man aber hier fraget, ob dergleichen erlaubt sey? so sind
etliche sehr fertig damit und führen an, daß Kayser Carolus Crassus, Henricus
und Otto IV., Adolphus und Wenceslaus ihrer
Würde entsetzet
worden. Zudem scheine die
goldene Bulle 1. §. 1. in denen
Worten:
Quandocunque fu- |
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{Sp. 339|S. 181} |
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turis temporibus Necessitas sive
Casus electionis Regis Romanorum in Imperatorem
promovendi emerserit, selbst dergleichen zu billigen, indem allhier Casus
vor das Absterben Necessitas aber vor die Abdanckung oder Absetzung eines
Kaysers zu nehmen sey. |
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Uber dieses hätten ausdrück. die
Stände mit in Kaysers Leopoldi
Capitulation einzurücken
begehret, daß, im Fall Ihro Kayserliche
Majestät wider die Capitulation handeln würden, Sie
alsdenn ipso facto des Kayserthums
und aller durch die Wahl erlangten Rechte verlustig, hingegen die Stände sammt
und sonders ihrer Pflichten erledigt, darauf auch denen Chur-Fürsten nicht
verhinderlich seyn sollte, einen andern Kayser nach Innhalt der G.B. zu
erwählen. |
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Was aber das erste anbelangt, so ist bekannt, daß die angeführten
Exempel
wenig oder nichts
beweisen und noch vieles dabey auszusetzen ist. Vor das andere
ist auch nicht
vermuthlich, daß sich der Kayser in der
G.B. selbst das
Urtheil
sprechen
wollen. Und es ist auch nichts ungewöhnliches daß eine
Sache darinnen
mit mehr
Worten gegeben wird. Man kan auch das Wort Necessitas gar wohl
vor die gemeine Art, zu einer Vacanz zu kommen, nehmen. Das
Reichs-Erkänntniß endlich, so man in Kaysers Leopoldi Capitulation
eingerückt haben wollte, blieb auf
Chur-Sächsisch- und
Brandenburgischen
Widerspruch aussen und woher dergleichen Anmuthung ihren
Ursprung hatte, ist
bekannt. Es behaupten dannenhero andere mit entgegen gesetzten
Gründen das
Gegen-Theil. |
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Rhetius Instit. J.P. …
- Schilter
de Libertate …
- Schurtzfleisch Dissert. de Eo …
- Bechmann de Imp. Rom. …
- Böhmer Jurispr. publ. …
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So viel ist
gewiß, daß die Absetzung eines Kaysers sich mit seiner höchsten
Majestät nicht allzuwohl reimen will. Da ihm aber die höchste Majestät mit
gewissen Bedingungen übergeben worden und die
Art derer Verträge erfordert, daß
auch der andere
Theil seinen
Pflichten
frey werde, so der eine denenselben nicht
nachkömmt; so ist dem
Reiche nicht zu verübeln, sich bey so gestalten
Sachen
nach einem andern Haupte umzu- |
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{Sp. 340} |
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sehen. |
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Fragt man aber, in was vor Fällen es erlaubt sey einen Kayser seiner
Würde
zu berauben? so wollen einige auch die geringste Ubertretung der
Capitulation
und derer
Gesetze vor zulänglich halten. |
Hippolitus a Lapide de Rat.
Status … |
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Einige aber begehren, daß das
Reich
das äusserste abwarte und halten die Absetzung so lange vor
unbillig, biß er
sich offenbahr feindselig gegen das Reich erkläret, und derer
Stände
Freyheit zu unterdrücken sich bestrebt hätte.
Andere hingegen
meynen, daß die Absetzung eine höchst
schädliche und
verderbliche Verabsäumung oder Mißbrauch der dem Kayser aufgetragenen
Regierung
zum
Grunde haben müsse, als wenn er sich
gantz und gar nicht ums Reich
bekümmerte und alles drunter und drüber gehen liesse, oder einen
unnöthigen
Reichs-Krieg anfinge, einem Reichs-Stande unter allerley Vorwande diese oder
jene Vestung wegnähme, denen Ständen Schatzung auflegte und sie durch Soldaten
eintreiben liesse, einen Reichs-Stand in die
Acht erklärte und selbst verjagte
und endlich keine deswegen angethane
Vorstellungen etwas vefangen wollten. |
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Die Art und Weise der Absetzung zeigt uns das
Herkommen darinnen, daß auf
einem
Reichs-Tage darüber gehandelt, von denen
Chur-Fürsten die Absetzung bekannt
gemacht und zu einer neuen Wahl geschritten werden. |
- Helmoldus Chron. Sclau. …
- Struv
S.H.G. …
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Dieses alles scheint die
Gestalt eines
Gerichts gehabt zu haben, wobey aber
billig alle
Obrigkeitliche und
Richterliche
Gewalt wegfällt. Denn als
Bundes-Genossen, die sich ein Haupt erwählt hatten, konnten sie wohl da sie sich
aus dringenden Umständen dessen entledigen wollten, die Art eines
Bundes-Gerichts
bestellen, aber ihr Haupt nicht nöthigen sich mit ihnen als
Richtern einzulassen, sondern mit ihm nur nach denen Verträgen zu handeln. |
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Daß dergleichen Absetzung nie anders als auf die Art eines
Krieges vor sich
gehen könne, wollen
Titius J.P. … und
Horn J.P.
…behaupten. Es scheint aber aus obigen daß dieses hier nicht
nöthig sey. Es
wäre, daß der Reichs-Tags-Schluß mit gewaffneter Hand ausgeführt werden müste. |
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Des Rechts der Absetzung maßte sich ehedessen der Pabst an, mit dessen
Erkänntniß auch die
Chur-Fürsten Kayser Adolphum und Wenceslaum
abgesetzt haben. |
- Egolismensis Mon. Vita Caroli M.
…
- Chron. Colmar. …
- Buxtorff ad A.B. …
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Darauf aber heut zu Tage niemand mehr groß achtet, und die
Catholischen
Publicisten selbst dieses widerlegen. |
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Einige meinen das
Recht den Kayser abzusetzen stehe denen
Chur-Fürsten und
unter solchen sonderlich Chur-Pfaltz zu. |
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-
Bertram de Comitiis ...
-
Carpzov de Lege Reg. Germ. ...
- Otto J.P. ...
- Rume-
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{Sp. 341|S. 182} |
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Andere hingegen halten davor, daß es vor das gantze
Reich gehöre, weil auch
die
Reichs-Satzungen demselben das
Recht zusprechen, daß ausser demselben in
wichtigen Reichs-Sachen nichts soll geschlossen werden. |
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Titius l.c. … meynet, die Absetzung eines
Kaysers finde auch statt, wenn er in den
Stand käme, daß er der
Regirung unfähig
wäre. Es ist aber dieses also zu
verstehen wenn seine Untüchtigkeit vom hohen
Alter oder beharrlicher Unpäßlichkeit herrühret, so ist in der neuesten
Capitulation ausdrücklich ausgemacht, daß in solchem Falle ein
Römischer
König zu
erwählen stünde. Ist aber ein Kayser von der Regirung ausgeschlossen,
so ist eben so wohl eine Vacanz bey der
ordentlichen Haupt-Regirung, als
ob er
gestorben wäre oder selbst abgedanckt hätte. |
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