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Zedler: Kayser [13] HIS-Data
5028-15-285-3-13
Titel: Kayser [13]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 15 Sp. 336
Jahr: 1737
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 15 S. 179
Vorheriger Artikel: Kayser [12]
Folgender Artikel: Kayser ein adeliches Geschlechte
Hinweise:
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vorhergehender Text Teil 12 Artikelübersicht  

Übersicht
Deutscher Kaiser (Forts.)
  Reichsarchiv
  Reichsräte
  Reichsbediente
  Reichsgerichte
  Kammer-Staat
  Kriegs-Staat
  Regierungsende
 
  Tod
  Abdankung
  Absetzung

Stichworte Text Quellenangaben
Reichsarchiv Die Besorgung des Reichs-Archiv, in so ferne es mit der Reichs-Cantzley verknüpfft ist, gehört gleichfalls unter den Reichs-Vice-Cantzler, welcher auch Reichs-Siegel-Verwahrer ist. Uffenbach l.c. §. 9.
  Das wichtigste Reichs-Archiv aber ist zu Mayntz befindlich.  
Reichsräte Eigentliche Reichs-Räthe hat der Kayser nicht, und seine eigene geheimen Räthe haben mit dem Kayser nichts zu thun. Es heissen wohl in denen Capitulationen die Chur-Fürsten des Kaysers innerste geheimen Räthe, aber es hat mit diesem Rathnehmen gantz eine andere Bewandniß. Dahero auch bald erhellet, daß der Name derer Reichs-Räthe für Chur- und Fürsten viel zu niederträchtig herauskommt.  
Reichsbediente Die Zahl derer dem Reiche angehörigen Bedienten ist geringe, man müste denn die Cantzley-Bedienten die nebst dem Reichs-Pfennig-Meister und wenig andern, theils von denen angewiesenen Gefällen ihren Unterhalt genüssen, theils geringe Besoldung haben.  
Reichsgerichte Unter denen Reichs-Gerichten ist allein die Cammer siehe Cammer-Gericht Tom. V. p. 427. seqq.  
  Der Reichs-Hof-Rath ist zwar von der Zahl derer Reichs-Beamten nicht auszuschliessen, bekommt aber doch allein vom Kayser seine Besoldung. Siehe Reichs-Hof-Rath.  
Kammer-Staat Reichs-Cammer-Räthe bedarff er wegen derer wenigen Reichs-Gefälle auch nicht. Was ihm von dem Reiche zu eigener Eintheilung zufällt, damit mag er nach eigenem Willen verfahren. Die übrigen Bewilligungen zu Kriegs- oder andere Nothdurfft wollen die Stände auf dem Reichs-Tage ordentlich durch den Pfennig-Meister oder wen sie sonst darzu brauchen berechnet wissen. Es gehören also solche Reichs-Anlagen nicht zu des Kaysers besondern, sondern zu des Kaysers und des Reichs gemeinen Cammer-Staate.  
Kriegs-Staat Von einem besondern Kriegs-Staate des Kaysers ist gleichfalls nichts zu melden. Was er vor sich selbst hält, geht das Reich nichts an, welches ihm auch darinnen nichts vorschreibt. Werden aber einige Völcker in denen Reichs-Vestungen vom Reiche besoldet, oder stellt das Reich in dringenden Fällen ein Kriegs-Heer, so kan man dieses zugleich wie vor einen Kayserlichen so auch Reichs-Kriegs-Staat halten, weil in beyden Fällen die Generalität, Kriegs-Räthe und Directoren nebst dem gesammten Kriegs-Heere in des Kaysers und des Reichs Pflichten stehen. Doch ist es hierinnen auch so bewandt, daß er nicht anders darff gebraucht werden als es der Reichs-Schluß erfordert.  
Standesmäßige Einkünfte Wollte aber jemand fragen, ob bey so gestallten Umständen dem Kayser zustehe zur Anschaffung Standes-mäßiger Einkünffte in das Reich zu dringen; so wird sich solches aus oben angeführten Gründen, daß nemlich ein Kayser als einer derer mächtigsten Reichs-Fürsten, schon so viel besietze als zu Bestreitung der Kayserlichen Würde erfordert werden kan, leicht vor selbst beantworten lassen. Wozu noch kommt, daß sich der Kayser bey dem Antritte seiner Regierung verbindet nichts in gegenwärtigen Reichs Verfassung zu ändern oder die Stände zu beschweren oder beschweren zu las-  
  {Sp. 337|S. 180}  
  sen. Spener Teutsche Staats-Rechts-Lehre IV. 7.
Regierungsende Die Regierung eines Kaysers endet sich entweder durch den Tod, oder durch die freywillige Niederlegung des Regiments, oder auch endlich nach einiger Meynung durch die Absetzung.  
Tod Durch das Ableben eines Kaysers werden alle Bande zwischen ihm und dem Reiche getrennet und alle nöthige Absichten auf sein Haus aufgehoben. Das Reich gelanget in einen solchen Zustand, da es, wenn kein Römischer König da ist, eine Zeitlang zwischen Furcht und Hoffnung schweben muß. Welches sich vornemlich in denen ältern Zeiten, ehe die Vicariate recht ordentlich eingerichtet wurden, ereignete.
  • Tangmar in Vita Bervv. …
  • Wippo Vita Conradi
  So bald das Ableben eines Kaysers berichtet worden, bekommen die Chur-Fürsten freye Hand, einen andern nach ihrer Einsicht zum Reichs-Haupte zu erwählen. Die Vicarien führen unterdessen biß nach geschehener Wahl die Haupt-Regierung. Dem verstorbenen Kayser wird nach eines ieden Landes-Herrn Ermessen, mit Anstellung der Trauer, Läutung derer Glocken, Errichtung eines Castri doloris, und bey denen Catholischen mit Anordnung vieler Seel-Messen, die letzte Ehre erwiesen.  
  Ein Kayserliches Erb-Begräbniß ist im Reiche nicht anzutreffen. Vor und nach dem Interregno schien es Speyer zu seyn, es hatte aber keinen Bestand.  
Abdankung Ob die freywillige Abdanckung einem Kayser frey stehe, wird noch gestritten. Alle Geschichte derer Teutschen Kayser wissen nicht mehr als ein doppeltes Beyspiel anzuführen. Das eine von Henrich dem II. das andere von Carln dem V. Der erste wollte nach dem gemeinen Vorgeben, aus Heiligkeit abdancken.
  • Schadaeus Argentorat. Templ. …
  • Albericus ad an. 1019.
  • Chron. M. Belg. p. 96.
  Der andere aber legte wegen seines kräncklichen Zustands, oder vielleicht weil er von dem Glücke verlassen zu seyn schien, das Regiment nieder.
  • Obrecht. de Abdicatione …
  • Godeleuaeus apud Schardium Script. Rer. Germ. …
  • Reichs-Abschied 1559. Prooem.
  • Capitulatio Ferdinandi I. Prooem.
  • Struv S.H.G. Dissert.
  Die meisten Staats-Rechts-Lehrer machen einen Unterschied unter des Reichs ruhigen und unruhigen Zustande. Sie meinen in dem ersten Falle seye es ihm erlaubt, bey dem andern aber nicht, weil der Kayser krafft derer Verträge verbunden wäre, das Reich bis an sein Lebens-Ende zu regieren und zu schützen und also ohne genugsame Erkänntniß derer Reichs-Stände die Regierung nicht aufgeben dürffte.
  • Rachelius de Capit. Regni Ger. …
  • Böcler Notit. Proc. …
  • Fritsch de Resignationibus
  • Schurtzfleisch Dissert. de eo
  • Horn J.P. …
  • Bilderbeck Teutsch. Reichs-Staat …
  Im ersten Falle scheint auch nicht einmahl der Kayser Ursache zu haben, die Gründe,  
  {Sp. 338}  
  warum er das Reich verlassen wolle, anzuführen. Andere meynen, es stehe auch dem Kayser im letzten Falle frey, die Regierung nach Belieben aufzugeben, weil er durch keine Capitulation noch Reichs-Gesetz davon abgehalten werde. Weil sein Versprechen, das Reich zu beschützen, sich nicht weiter als auf die Zeit, da er die Kayserliche Würde behalten wolle, erstrecken könne und weil endlich das Reich, wenn der Kayser des Regiments überdrüßig sey, wenig Vortheil von ihm zu gewarten hätte.
  • Kemmerich J.P. …
  • Stamler de Reseruat. …
  • Seldius apud Goldastum Reichs-Händel …
  • Grotius de Jure Belli
  • Böhmer Introd. J.P. …
  Wenn es nun auch ausgemacht ist, daß der Kayser seine Würde niederlegen könne, so entsteht wieder eine neue Frage in wessen Hände dieselbe geschehen möge. Der Pabst begehrte zu Carls des V. Zeiten, daß es ohne seine Einwilligung nicht hätte geschehen sollen und wollte deswegen Kayser Ferdinandum I. auch nicht eher vor einen Kayser erkennen, biß der Kayser Carl der V. das Regiment in seine Hände niedergelegt hätte, ward aber mit seinen Ansprüchen bald abgewiesen.
  • Thuanus
  • Conring ad Lampad. …
  Titius J.P. … vermeinet, bey ruhigen Zeiten möge der Kayser die Regierung nach Belieben aufgeben und es denen Chur-Fürsten, dem Reichs-Tage oder auch nur einem eintzigen Stande zum bekannt machen eröffnen. Stünden aber gefährliche Zeiten bevor, so müste die Aufgebung auf dem Reichs-Tage an alle Stände geschehen, die auch darüber zu erkennen, ob die Ursachen erheblich genug wären. Kayser Carl der V. übergab das Regiment in die Hände seines Bruders als Römischen Königs, doch mit Vorwissen und Einwilligung derer Chur-Fürsten.
  Es scheint auch genug zu seyn, daß die Niederlegung des Regiments mit derer Chur-Fürsten Vorwissen, wenn kein Römischer König vorhanden, in ihre Hände geschehe. Rachelius de Capit. Regni
  Nach geschehener Abdanckung hören alle Pflichten des Kaysers und des Reichs gegen einander auf, ausser daß, wie billig, gegen das noch lebende gewesene Reichs-Haupt eine beständige Ehrerbietung getragen wird, die Chur-Fürsten erklären wo nicht schon ein Römischer König da ist, das Interregnum und schreiten zur neuen Wahl. Hat auch ein Kayser einmahl die Regierung aufgegeben, so kan er sich derselben so wenig wieder unterzühen als es ihm vor der Wahl zugestanden hätte.  
Absetzung Die dritte Gelegenheit dadurch eines Kaysers Regierung ihre Endschafft erreicht, soll endlich die Absetzung seyn. Das Reich wird nie wünschen in dergleichen Umstände zugerathen und lieber alle Mittel vorkehren als sich dazu entschlüssen. Wenn man aber hier fraget, ob dergleichen erlaubt sey? so sind etliche sehr fertig damit und führen an, daß Kayser Carolus Crassus, Henricus und Otto IV., Adolphus und Wenceslaus ihrer Würde entsetzet worden. Zudem scheine die goldene Bulle 1. §. 1. in denen Worten: Quandocunque fu-  
  {Sp. 339|S. 181}  
  turis temporibus Necessitas sive Casus electionis Regis Romanorum in Imperatorem promovendi emerserit, selbst dergleichen zu billigen, indem allhier Casus vor das Absterben Necessitas aber vor die Abdanckung oder Absetzung eines Kaysers zu nehmen sey.  
  Uber dieses hätten ausdrück. die Stände mit in Kaysers Leopoldi Capitulation einzurücken begehret, daß, im Fall Ihro Kayserliche Majestät wider die Capitulation handeln würden, Sie alsdenn ipso facto des Kayserthums und aller durch die Wahl erlangten Rechte verlustig, hingegen die Stände sammt und sonders ihrer Pflichten erledigt, darauf auch denen Chur-Fürsten nicht verhinderlich seyn sollte, einen andern Kayser nach Innhalt der G.B. zu erwählen.
  • Cuspinianus Vita Adolphi …
  • Arumaeus ad A.B.
  • Buxtorff ad A.B. …
  • Arnisaeus de Potest. …
  • Lampadius de Republ.
  • Reinking l.c. …
  • Carpzov l.c.
  • Besoldus Polit. …
  • Schütz l.c. …
  • Grotius l.c. …
  • Rachelius l.c. …
  • Limnaeus J.P. …
  Was aber das erste anbelangt, so ist bekannt, daß die angeführten Exempel wenig oder nichts beweisen und noch vieles dabey auszusetzen ist. Vor das andere ist auch nicht vermuthlich, daß sich der Kayser in der G.B. selbst das Urtheil sprechen wollen. Und es ist auch nichts ungewöhnliches daß eine Sache darinnen mit mehr Worten gegeben wird. Man kan auch das Wort Necessitas gar wohl vor die gemeine Art, zu einer Vacanz zu kommen, nehmen. Das Reichs-Erkänntniß endlich, so man in Kaysers Leopoldi Capitulation eingerückt haben wollte, blieb auf Chur-Sächsisch- und Brandenburgischen Widerspruch aussen und woher dergleichen Anmuthung ihren Ursprung hatte, ist bekannt. Es behaupten dannenhero andere mit entgegen gesetzten Gründen das Gegen-Theil.
  • Rhetius Instit. J.P. …
  • Schilter de Libertate
  • Schurtzfleisch Dissert. de Eo
  • Bechmann de Imp. Rom. …
  • Böhmer Jurispr. publ.
  So viel ist gewiß, daß die Absetzung eines Kaysers sich mit seiner höchsten Majestät nicht allzuwohl reimen will. Da ihm aber die höchste Majestät mit gewissen Bedingungen übergeben worden und die Art derer Verträge erfordert, daß auch der andere Theil seinen Pflichten frey werde, so der eine denenselben nicht nachkömmt; so ist dem Reiche nicht zu verübeln, sich bey so gestalten Sachen nach einem andern Haupte umzu-  
  {Sp. 340}  
  sehen.  
  Fragt man aber, in was vor Fällen es erlaubt sey einen Kayser seiner Würde zu berauben? so wollen einige auch die geringste Ubertretung der Capitulation und derer Gesetze vor zulänglich halten. Hippolitus a Lapide de Rat. Status
  Einige aber begehren, daß das Reich das äusserste abwarte und halten die Absetzung so lange vor unbillig, biß er sich offenbahr feindselig gegen das Reich erkläret, und derer Stände Freyheit zu unterdrücken sich bestrebt hätte. Andere hingegen meynen, daß die Absetzung eine höchst schädliche und verderbliche Verabsäumung oder Mißbrauch der dem Kayser aufgetragenen Regierung zum Grunde haben müsse, als wenn er sich gantz und gar nicht ums Reich bekümmerte und alles drunter und drüber gehen liesse, oder einen unnöthigen Reichs-Krieg anfinge, einem Reichs-Stande unter allerley Vorwande diese oder jene Vestung wegnähme, denen Ständen Schatzung auflegte und sie durch Soldaten eintreiben liesse, einen Reichs-Stand in die Acht erklärte und selbst verjagte und endlich keine deswegen angethane Vorstellungen etwas vefangen wollten.  
  Die Art und Weise der Absetzung zeigt uns das Herkommen darinnen, daß auf einem Reichs-Tage darüber gehandelt, von denen Chur-Fürsten die Absetzung bekannt gemacht und zu einer neuen Wahl geschritten werden.
  • Helmoldus Chron. Sclau. …
  • Struv S.H.G.
  Dieses alles scheint die Gestalt eines Gerichts gehabt zu haben, wobey aber billig alle Obrigkeitliche und Richterliche Gewalt wegfällt. Denn als Bundes-Genossen, die sich ein Haupt erwählt hatten, konnten sie wohl da sie sich aus dringenden Umständen dessen entledigen wollten, die Art eines Bundes-Gerichts bestellen, aber ihr Haupt nicht nöthigen sich mit ihnen als Richtern einzulassen, sondern mit ihm nur nach denen Verträgen zu handeln.  
  Daß dergleichen Absetzung nie anders als auf die Art eines Krieges vor sich gehen könne, wollen Titius J.P. … und Horn J.P. …behaupten. Es scheint aber aus obigen daß dieses hier nicht nöthig sey. Es wäre, daß der Reichs-Tags-Schluß mit gewaffneter Hand ausgeführt werden müste.  
  Des Rechts der Absetzung maßte sich ehedessen der Pabst an, mit dessen Erkänntniß auch die Chur-Fürsten Kayser Adolphum und Wenceslaum abgesetzt haben.
  • Egolismensis Mon. Vita Caroli M. …
  • Chron. Colmar. …
  • Buxtorff ad A.B.
  Darauf aber heut zu Tage niemand mehr groß achtet, und die Catholischen Publicisten selbst dieses widerlegen.
  • Hermes Fasc. J.P. …
  • Limnaeus J.P.
  Einige meinen das Recht den Kayser abzusetzen stehe denen Chur-Fürsten und unter solchen sonderlich Chur-Pfaltz zu.
  • Bertram de Comitiis ...
  • Carpzov de Lege Reg. Germ. ...
  • Otto J.P. ...
  • Rume-
  {Sp. 341|S. 182}  
   
  linus ad A.B. ...
 
  Andere hingegen halten davor, daß es vor das gantze Reich gehöre, weil auch die Reichs-Satzungen demselben das Recht zusprechen, daß ausser demselben in wichtigen Reichs-Sachen nichts soll geschlossen werden.
  • Stammler de Reseruat. …
  • Buxtorff ad A.B.
  • Fritsch Mannual. J.P.
  • Schweder J.P.
  • Conring ad Lampadium
  Titius l.c. … meynet, die Absetzung eines Kaysers finde auch statt, wenn er in den Stand käme, daß er der Regirung unfähig wäre. Es ist aber dieses also zu verstehen wenn seine Untüchtigkeit vom hohen Alter oder beharrlicher Unpäßlichkeit herrühret, so ist in der neuesten Capitulation ausdrücklich ausgemacht, daß in solchem Falle ein Römischer König zu erwählen stünde. Ist aber ein Kayser von der Regirung ausgeschlossen, so ist eben so wohl eine Vacanz bey der ordentlichen Haupt-Regirung, als ob er gestorben wäre oder selbst abgedanckt hätte. 
     

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Stand: 8. April 2023 © Hans-Walter Pries