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Zedler: Teutschland [4] HIS-Data
5028-43-273-5-04
Titel: Teutschland [4]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 43 Sp. 287
Jahr: 1745
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 43 S. 157
Vorheriger Artikel: Teutschland [3]
Folgender Artikel: Teutschland, (Historie von)
Hinweise:
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Übersicht
Reichs-Stände in Teutschland
Beschaffenheit des Landes
heutige Einwohner
Macht von Teutschland
Religion
Literatur

Stichworte Text Quellenangaben
  Reichs-Stände in Teutschland.  
  Was die Reichsstände anlanget, so haben sie auf Reichstägen folgender Gestalt ihren Sitz.  
  Churfürstliches Collegium.  
 
Mayntz.
Trier.
Cölln, welche beyde mit
einander abwechseln.
Böhmen.
Bayern.
Sachsen.
Brandenburg.
Pfaltz.
Hannover.
 
  Fürstliches Collegium,  
  Geistliche Fürsten.  
 
Österreich.
Saltzburg.
Burgund.
Passau.
Trient.
Brixen.
 
  Österreich, u. Burgund sitzen wegen ihrer Prärogativ, die sie vor allen, auch Geistlichen Fürsten haben, auf dieser Banck oben an.  
 
Bisantz.
Teutschmeister.
Bamberg.
Würtzburg.
Worms.
Eichstädt.
Costnitz.
Augspurg.
Hildesheim.
Paderborn.
Freysingen.
Regenspurg.
Basel.
Lüttich.
Münster.
Chur.
 
  {Sp. 288|S. 158}  
 
Fulda.
Kempten.
Murbach.
Lüders.
Johanniter-Meister,
Berchtoldsgaden,
Weissenburg.
Prüm.
Stablo.
Corvey.
Schwäbische Prälaten,
Rheinische Prälaten,
 
  Weltliche Fürsten.  
 
Bayern.
Sachsen-Altenburg.
Magdeburg.
Pfaltz-Lautern.
Pfaltz-Simmern.
Pfaltz-Neuburg.
Bremen.
Pfaltz-Zweybrücken.
Pfaltz-Veldentz und
Lautereck.
Braunschweig-Zelle.
Braunschweig-Hanno-
ver u. Grubenhagen.
Braunschweig-Calen-
berg.
Verden.
Halberstadt.
Würtemberg.
Hessen-Cassel.
Hessen-Darmstadt.
Baden-Baden.
Baden-Durlach.
Sachsen-Coburg.
Sachsen-Weimar.
Sachsen-Gotha.
Sachsen-Eisennach.
Brandenburg-Ba-
reuth.
Brandenburg-Anspach.
Braunschweig-Wolf-
fenbüttel.
Holstein-Gottorp.
Savoyen.
Leuchtenberg.
Anhalt.
Henneberg.
Schwerin.
Camin.
Ratzeburg.
Hirschfeld.
Lothringen.
Mömpelgard.
Baden-Hochberg.
Mecklenburg-Güstrau.
Mecklenburg-Strelitz,
Vor-Pommern.
Hinter-Pommern.
Die 5 Häuser Würtem-
berg, Hessen, Baden,
Mecklenburg, Pom-
mern, wechseln in dem
Sitz mit einander ab, u.
werden dahero die 5 al-
ternirende Häuse ge-
nennet.
Sachsen-Lauenburg.
Minden.
Holstein-Glückstadt.
Arnberg.
Hohenzollern.
Eggenberg.
Lobkowitz.
Salm.
Dietrichstein.
Nassau-Hadamar und
Siegen.
Nassau-Dillenburg.
Auersberg.
Ost-Frießland.
Fürstenberg.
Schwartzenberg.
Oettingen.
 
  Querbanck.  
 
Lübeck oder Eutin.
Oßnabrüg, wenn der
Ordnung nach ein Pro-
testantischer Bischoff ist.
Die Schwäbische, Wet-
terauische, Fränckische
und Westphälische Gra-
fen.
 
  Reichsstädtische Collegium.  
  Rheinische Banck.  
 
Cölln.
Aacken.
Lübeck.
Worms.
Speyer.
Franckfurth,
Goßlar.
Bremen.
Mühlhausen.
Nordhausen.
Weissenburg am Rhein.
Landau.
Kaysersberg.
Münster im S. Grego-
rienthal.
Dortmund.
Friedberg.
Wetzlar.
Gelnhausen.
 
  Schwäbische Banck.  
 
Regenspurg.
Augspurg.
Nürnberg.
Ulm.
Eslingen.
Reutlingen. {Sp.290}
Ißny.
Nördlingen.
Rotenburg an der Tau-
ber.
Donawerth.
Schwäbisch-Hall.
Rothweil.
Überlingen.
Heilbrunn.
Schwäbisch Gemünd.
Memmingen.
Lindau.
Dünckelspiel.
Biberach.
Kempten.
Winsheim.
Kaufbeuern.
Weil.
Wangen.

Schweinfurt.
Pfullendorf.
Offenburg
Leutkirchen.
Wimpffen.
Weissenburg im Nord-
gau.
Giengen.
Gengenbach.
Zell am Harmersbach.
Buchhorn.
Aalen.
Buchau am Federser.
Bopfingen.
 
  Es haben aber diese Stände gleichfalls das Recht ihre Versammlungen vor sich anzustellen, auch ohne des Kaysers wissen. Und zwar geschiehet solches  
   
  Sonsten exerciren die Reichsstände die hohe Landes-Obrigkeit in ihren Landen. Sie haben das Recht Krieg zu führen, jedoch nicht unter sich, sondern mit auswärtigen Potentaten, u. zwar so, daß das Reich nicht mit eingeflochten werde. Sie können Friede u. Alliantzen machen, haben das Recht Müntze zu schlagen, Gesetze u. Privilegia in ihren Landen zu ertheilen, Posten anzulegen, Steuern auszuschreiben, freye Religions-Übung, u. was der gleichen hohe Regalien mehr sind.  
  Jedoch müssen viele von Ihnen bey denen allgemeinen Landes Angelegenheiten der Einwilligung ihrer Landstände auf darzu angestellten Landtägen erfordern, einige aber, worunter man sonderlich Chur-Pfaltz und die Marggrafen von Baden rechnet, haben in ihren Landen keine Stände.  
Reichsglieder Ausser den berührten Ständen, sind noch die Glieder des Reichs, die zwar ohne Mittel unter dem Reiche stehen, aber nicht Sitz und Stimme auf dem Reichstage haben, als da sind  
   
Vasallen Blosse Vasallen des Teutschen Reichs sind die Fürsten von Italien, als Mayland, Mantua, Modena, Mirandola und andere, welche sonst mit den Teutschen Reiche nichts gemein haben, als was die Lehns-Rechte mit sich bringen.  
     
  Beschaffenheit des Landes.  
Fruchtbarkeit Was übrigens die Beschaffenheit von Teutschland betrifft: so ist dasselbe nicht allein wegen seiner guten Situation und temperirten Climatis, sondern auch wegen seiner Fruchtbarkeit an allen Dingen, welche zur Erhaltung und Bequemlichkeit des menschlichen Lebens dienen, bekannt. Man findet darinnen eine grosse Menge von Getraide, sonderlich in Francken, Thüringen, dem Magdeburger Land, Pommern und Holstein, daß auch die benachbarte Länder ihre Nothdurfft daraus ziehen können.  
  Hierbey ist gar merckwürdig, daß als 1591. in Italien, und sonderlich zu Rom, eine schwere Theuerung eingefallen, und die Kauffleute aus Holland, Holstein und den Seestädten viele mit Korn beladene Schiffe dahin brachten, der Pabst den Courier, welcher die Ankunfft der Teutschen Kauffleute zuerst hinterbrachte, mit 1000. Ducaten beschencket.   
Wein Der Weinwachs ist darinne sehr reich und herrlich, sonderlich der Rheinische, Moßler, Necktar, Österreicher, Tyroler und Francken-Wein, die ihrer Dauerhaftigkeit halber es allen frem-  
  {Sp. 291|S. 159}  
  den Weinen zuvor thun. In Bayern, Thüringen, Meissen und Sachsen wird zwar auch viel Wein gebauet; doch ist er nicht von so grosser Güte.  
Bier Hingegen wird der Mangel in selbigen Gegenden durch die gesunde und wohlschmeckende Biere ersetzet, worunter das  
 
  • Naumburger,
  • Zerbster,
  • Wurtzner,
  • Torgauer,
  • Hamburger,
  • Eilenburger,
  • Garleber,
  • Rostocker,
  • Braunschweiger Mumme, Breyhan, Keiderling, Tuckstein,
  • Merseburger
  • und andere zumahl Niedersächs. Biere
 
  absonderlich gut sind.  
Obst, Salz, Kräuter An Obst findet man in der Pfaltz, Schwaben, Sachsen und Francken, einen grossen Überfluß.  
 
  • Die vornehmsten Saltzwercke sind in Tyrol., Bayerland, in dem Hertzogthum Magdeburg und Lüneburg.
  • In Österreich findet man Safran,
  • in Mähren Weyhrauch und Myrrhen,
  • in Francken süß Holtz,
  • in Thüringen Weyd, Saflor, Anieß, Fenchel und Kümmel,
  • überall viele gesunde und herrliche Kräuter.
 
Wälder Die Felder und Wälder sind voll des schönsten und besten Weidwercks und Wildprets. Die vielen grossen Wälder geben das schönste Holtz, dessen jährlich eine grosse Menge zu Mast-Bäumen und zum Schiffbau nach Holland verführet wird.  
Viehwirtschaft An zahmen Vieh ist auch kein Mangel, und an Schaafen, Schweinen, Rindern und Feder-Vieh ein Überfluß. Insonderheit sind die Oldenburgische Pferde, die Westphälischen und Bayerischen Schweine, wie auch die Nieder-Sächsischen Käse bekannt. In dem Kriege sind die Teutschen Pferde sehr dauerhafftig, wodurch die Frantzosen ihre meiste Cavallerie beritten machen.  
  An Wolle ist, zumahl in Ober- und Nieder-Sachsen ein grosser Vorrath, welche so wohl verarbeitet als unverarbeitet ausgeführet wird, und vor einigen Jahren sind durch die Pfältzische und Frantzösische Flüchtlinge viele Manufacturen angeleget worden.  
  Der Leinewand-Handel floriret in Schwaben, Westphalen, Ober-Lausitz, Nieder-Sachsen, Schlesien und Meissen.  
  Die vielen Flüsse sind voller Fische.  
Bodenschätze Die Erde giebt Ertz in grosser Menge. Das Ertz-Stifft Saltzburg wie auch Tyrol und andere Kayserl. Erbländer, desgleichen Meissen, das Braunschweigerland, der Hartz, nebst den Grafschafften Henneberg, Mannsfeld, Stollberg, haben reiche Bergwerck, worinnen man Gold, Silber, Kupffer, Eisen, Bley, Zinn, Vitriol, blaue Farbe, und Kobold, Arsenic, Antimonium, Wißmuth, Quecksilber, Spath und andere Bergarten findet.  
  Daneben hat man viele Kupffer-Drath- und Eisen-Hämmer, Meßing, Blech- und Glas-Hütten, woraus man die darinnen bereiteten Stücke häuffig verführet. Auch ist  
 
  • in dem Rheinstrom,
  • in der Elbe und Saale, Goldsand;
  • in der Elbe, Iltz und Mulda finden sich Perlen, Edelgesteine und dergleichen, obschon bey weitem nicht so fein als im Orient.
 
  An den meisten Orten sind schöne Steinbrüche von Alabaster, Marmor, Jaspis, Agath, Porphyr, Serpentin und andere stattliche Steine.  
Bäder und Brunnen Über dieses hat es viele herrliche Bäder u. Sauerbrunnen, darunter  
 
  • das Töplitzer- und Carls-Bad,
  • das Einserbad,
  • Wildbad,
  • Zellerbad,
  • Schlangenbad,
 
  berühmt. Nicht weniger die Sauerbrunnen  
 
  • zu Eger,
  • zu Göppingen in dem Würtenbergerlande,
  • zu Pyrmont in der Grafschafft Waldeck,
  • zu Schwalbach in Nieder-Hessen,
  • und andere.
 
Kriegspersonal Über dieses ist Teutschland so Volckreich, daß die meisten Potentaten von Europa ihre besten Re-  
  {Sp. 292}  
  gimenter aus Teutschen bestehend haben.  
Flüsse Die vornehmsten und schiffreichsten Flüsse von Teutschland sind  
   
  nebst diesen sind  
 
  • die Enß,
  • die Saale,
  • die Nahe,
  • die Iser,
  • der Lech,
  • der Neckar,
  • die Lippe,
  • die Werne,
  • die Mosel,
  • die Spree,
  • die Emß,
  • die Unstrut
  • und verschiedene andere.
 
Gebirge Die vornehmsten Gebürge sind  
 
  • der Taunus, welcher Mayntz gegen über gelegen, und jetzo der Heyrich, oder die Höhe genannt wird;
  • Melibocus, oder die Hartzgebürge, wiewohl heut zu Tage der in der Grafschafft Blanckenburg gelegene Bloxberg, worauf die Hexen auf Walpurgis Abend ihre Versammlungen haben sollen, meistens also genennet wird;
  • Abnoba, ein zwischen dem Rhein und dem Ursprunge der Donau gelegenes Gebürge, wovon die Boar ein Theil ist, und nun schon lange überhaupt der Schwartzwald heisset;
  • die Sudeten, oder Böhmischen Gebürge, nebst dem Fichtelberg,
  • der Kahlenberg bey Wien,
  • der Bremier in Tyrol, d
  • as Meißnische,
  • Thüringische,
  • Heßische,
  • Lothringische Gebürge,
  • und an den Grentzen
    • die Carpatischen Gebürge,
    • das Riesengebürge, worauf sich das bekannte Gespenste, der Rübezahl, soll sehen lassen;
    • der St. Gotthardsberg,
    • der Berg Jura nebst den Alpen.
 
Wälder Unter den Wälder war vor diesem der Hercynische sehr berühmt, welcher, nach Cäsars Bericht, 60 Tagereisen in die Länge, und 9 in die Breite ausmachte, und durch gantz Teutschland gieng, dahero er alle die übrigen Wälder in sich begriff.  
  Heut zu Tage sind die vornehmsten,  
 
  • der Lütticher-Wald,
  • Böhmerwald,
  • Hartz,
  • Schwartzwald,
  • Thüringerwald,
  • Wienerwald,
  • Spessard,
  • Odenwald,
  • Westerwald.
 
Inseln Von Insuln ist in Teutschland nichts sonderliches bekannt, ausser dem Fürstenthum Rügen, ingleichen Wollin und Usedom an der Ost-See, welche zu Pommern gehören. Die  
  heutigen Einwohner  
  dieses Landes sind theils des Phlegmatischen, theils des Cholerischen, meistens aber des Sanguinischen Temperaments, und werden sonsten vor den Brust-Kern von Europa gehalten. In Ansehung des Verstandes haben sie ein gutes Judicium und Ingenium; sind zu allen Künsten und Wissenschafft geschickt. Daher sind sie auch in öffentlichen Geschäfften, als in Gesandschafften, wohl zu gebrauchen, da sie vieles ausrichten.  
  Von ihren Neigungen zu gedencken, so sind sie, da sie was Cholerisches haben, treu, redlich, daraus sie sich eine Ehre machen, und Hinterlist als etwas schädisches ansehen, daher man auch ihren Muth und Tapfferkeit herzuleiten hat, massen selbige ein Kennzeichen der Cholericorum ist.  
Freiheitsliebe Sie lieben die Freyheit, haben aber doch keine rechte Freyheit. Sie sind standhafft in der Religion, welcher sie beypflichten; Liebhaber der Musick und guter Wissenschafften. Daneben aber sind sie langsam in ihren Rathschlägen, am allermeisten aber werden sie wegen ihrer Schwelgerey in übermäßigen Essen und zwar in Trincken getadelt.  
  Zum Kriege sind sie noch ziemlich geschickt, weil sie arbeitsam sind und Muth haben. Carl V pflegte daher zu sagen, seine Armee sollte ein Italienisch Haupt haben, Spanische Schultern und eine teutsche Brust und Hertz, das übrige sollte man aus andern Na-  
  {Sp. 293|S. 160}  
  tionen nehmen.  
  Zum Handel und Wandel sind sie auch nicht ungeschickt, und ob es ihnen gleich an der Gedult fehlet, so hat doch die Anführung zu Commercien-Sachen diese Beschwerlichkeit gehoben, daß sie auch Lust bekommen haben, nach Ost-Indien zu gehen.  
Französische Bräuche Die Frantzösische Nation ist veränderlich, dieses ist eine Weltbekannte Sache. Nachdem nun unsere Teutsche angefangen sie zu bewundern und nachzuahmen, und sie dißfals in ihrem Lande zu besuchen, so ist dieses veränderliche Wesen auch auf unsere Lands-Leute gekommen. Es hat auch die häuffige Aufnahme der aus Franckreich vertriebenen Reformirten, und ihre Ausbreitung in den Teutschen Provintzen nicht wenig beygetragen, daß unsere Teutschen halb Frantzösische worden, und sich nicht allein in ihren Kleidungen, sondern auch in der Art zu speisen, in Meubeln, in Equipagen, bey ihren Visiten, Assembleen, u.s.w. nach den Frantzosen richten.  
  Es hohlen zwar die Teutschen, als die überhaupt gerne allen Völckern nachahmen, eines und das andere von ihren Gebräuchen aus Italien, aus Engelland, Holland, Pohlen, Moscau u.s.f. inzwischen sind die Frantzösischen Gebräuche bey den Teutschen allgemein worden.  
     
  Macht von Teutschland.  
  Die Macht und Stärcke des Römischen Reichs teutscher Nation ist fast unbeschreiblich. Denn ob es schon bey weiten nicht mehr so groß, als vor etlichen 100 Jahren; nichts desto weniger kan es noch Volck genung zusammen bringen, indem so viel Könige, als Churfürsten und so viel Königreiche darinne als Creyse zu zählen sind: Ja mancher Fürst kan auch dem mächtigsten Potentaten die Spitze bieten. Hieher könnte man das Sprüchwort ziehen, daß der Kayser ein Herr über Könige sey, welcher in der Noth 200000 Mann aufbringen kan. Und so aus einer jeden Gemeine im gantzen Reich nur ein einiger Mann gezogen würde, könnte er eine Armee von 2000000 Mann aufrichten.  
  Wenn man das Römische Reich ansiehet und betrachtet, wird man befinden, daß daraus eine grosse Macht könne aufgebracht werden, denn es sind darinne  
   
  Die weltlichen Chur- und Fürsten, Grafen, Herren und Edlen haben unter sich 1263 Städte, 111000 Dörffer; Die Geistlichen aber haben unter sich 1261 Städte 219000 Dörffer.  
  Nun halten Fürstlichen und ander hohe vornehme und erfahrene Potentaten, so des Reichs Zustand wissen, dafür, daß wenn der 10 Mann von Adel und Bürgern ohne die Bauern ausgehoben würden, diese Summe 700000 Mann betragen würde. Das Ertz-Haus Österreich, alleine ist vermögend aus seinen teutschen Staaten eine Macht von anderthalb Hundert bis 200000 aufzubringen. Wir haben das Exempel an dem Kayser Carl dem V, der mit 90000 zu Fuß und 30000 zu Pferde Wien entsetzte. Kayser Maximilian II brach-  
  {Sp. 294}  
  te eine Armee von 10000 Infanterie und 35000 Cavallerie aus Deutschland zusammen und gieng damit nach Ungarn.  
  Und was will man erst aus den verstrichenen Zeiten Exempel der grossen Macht und Stärcke dieses Glorwürdigsten Hauses hervorsuchen, man darff nur die verschiedenen Armeen der jetztregierenden Königin von Ungarn und Böhmen zusammen rechnen, so wird man noch eine viel grössere Macht heraus bringen. Deutschland ist so mächtig, daß, wenn es seine Waffen vereinigte, von keinem Feinde würde können überwunden werden; und es daher allerdings seine Richtigkeit hat, daß Teutschland unüberwindlich ist. Die  
  Religion  
  betreffend, so waren die alten Teutschen, wie aus dem Artickel: Teutsche, im XLII Bande, p. 1680 u.ff. kan ersehen werden, blinde Heyden. Und obgleich die Wahrheit des Evangelii auch in diesem Lande erschollen, und sich eintzelne Familien zu Christo gewendet haben; so hat doch dasselbe vor dem 8 Jahrhunderte kein rechtes Wachsthum nehmen wollen. In dem Hieronymo de claris viris wird behauptet, der Apostel Thomas habe das Evangelium zuerst in Teutschland geprediget, weil aber an statt Germanien, in einigen Exemplarien Cormanien gelesen wird: so ist es ungewis, ob man der ersten oder der letztern Schreib-Art Glauben beymessen darf.  
  Sonst sollen auch noch ausser den Evangelisten Marcus folgende Lehrer das Evangelium geprediget haben:  
 
  • Nathanael,
  • Lucius von Cyrene,
  • Crescens des Paulus Jünger,
  • Clemens, dessen Gehülfe,
  • wie auch Petrus Jünger
    • Maternus,
    • Eucherius,
    • Valerius
    • und andre.
 
  Vor allen aber ist Bonifacius besonders zu mercken, als welcher in verschiednen Orten Teutschlandes, absonderlich aber in Thüringen, das Evangelium von Christo mit grossen Nutzen geprediget hat. In Bayerland haben sich Severin, und St. Rupertus, in Schwaben Ansgarius, in Francken Kilian, in Holstein aber Vicelinus, die Ausbreitung der Lehre JEsu besonders angelegen seyn lassen.  
  Teutschland war hierauf etliche 100 Jahre der Römisch-Catholischen Religion zugethan; es fand sich aber 1517 D. Martin Luther, welcher wider den Ablaß schrieb und lehrte, woraus hernach die grosse Religions-Änderung entstund. Anfänglich wurden diejenige, welche der Lehre Luthers anhiengen, überal verfolget, auch auf dem Reichstage zu Worms 1521. und auf dem zu Speyer 1529 sehr harte Reichsschlüsse wider sie gemacht. Weil nun hierwider diejenigen Stände, welche der Lehre Luthers beyfielen, protestirten, bekamen sie den Nahmen der Protestanten.  
  Nach übergebener Augspurgischen Confeßion erhielten sie auf dem Reichstage zu Nürnberg 1532 einige Religions-Freyheit, doch nur so lange, bis auf einer allgemeinen Kirchen-Versammlung oder Reichstage etwas anders ausgemacht werden würde. Ob nun gleich diese Freyheit durch den bald darauf erfolgten Smalkaldischen Krieg wieder gehemmet wurde, so brachte doch der Churfürst Moritz von Sachsen durch den Passauischen Ver-  
  {Sp. 295|S. 161}  
  trag 1552 den Protestanten neue Religions-Freyheit zuwege, welches nachgehends auf einem allgemeinen Reichstage zu Augspurg 1555 durch den Religions-Frieden bestätiget wurde. Dieser ist hernach in allen Kayserl. Wahl-Capitulationen, und zumahl durch den Westphälischen Friedens-Schluß von neuem bekräfftiget, auch durch denselbigen auf die Reformirten extendiret worden.  
  Diesemnach wird die Catholische, Lutherische und Reformirte Religion im Reiche zugelassen, ausser denselben aber keine andere gedultet. Wiewohl nicht zu läugnen, daß sich in den neuern Zeiten viele Religions-Zwistigkeiten in Teutschland gefunden haben.   
Literatur Wer von der Teutschen Historie geschrieben, zeiget
  • Hertz in Bibl. Germ.
  • Struv. in Bibl. Hist. c. 17.
  • Meibom in seiner Rede de historiae germaniae fontibus.
  Der alten Teutschen Zustand zu erkennen, dienen
  • Julius Cäsar,
  • Tacit,
  • Strabo,
  • Ptolem.
  • Ammian.
  • Marcell.
  Von ihren alten Göttern hat Elias Schede geschrieben, und von ihren Gewohnheiten
  Zu der Geographie geben Anweisung
  • Frantz Irenicus,
  • Peter Bertius,
  • Mart. Zeiller,
  • Christ. Cellar.
  Zu der Hist. der mittlern Zeiten dienen die so genannten scriptor. rer. Germanic.
  • Rhegino,
  • Hermann Contractus,
  • Lambert Schafnaburgens.
  • Marian Scotus,
  • Sigebert Gemblacens.
  • Otto Frisingens.
  • Albert Stades.
  • und andere, welche von dem und andern zusammen getragen sind.
  Zur Historie der folgenden Zeit dienet Christ Lehmann in seiner Speyerischen Chronick.
  Von denen Grentzen von Teutschland ist Conring zu lesen.
  Von der Reformation Sleidan, Hortleder und Seckendorf.
  Von der neuen Historie Puffendorf und Lundorp.
  Zum Staats-Rechte von Teutschlande dienen
  Den gantzen Staat von Teutschland hat beschrieben Franckenberg Europ. Herold.
  Von der teutschen Kirche und besonders den Urkunden, welche dieselbe betroffen, ist nachzusehen Lünigs Germaniae sacra Diplomatica.
     

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Stand: 11. September 2016 © Hans-Walter Pries