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Zedler: Unterthan [1] HIS-Data
5028-49-2253-2-1
Titel: Unterthan [1]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 49 Sp. 2253
Jahr: 1746
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 49 S. 1142
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Hinweise:

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Übersicht
Einteilung
allgemeine Pflichten
  äusserliche Bezeugung der Untertanenschaft
Rechte und Privilegien
  Gehorsam bei Einschränkung
  Privilegienmißbrauch
Ende der Bürgerschaft
Bürgerliches Recht
  Begründung der Untertanenschaft durch:
 
  Niederlassung
  Geburt
  Aufenthalt
unmittelbare und mittelbare Untertanenschaft
besondere Pflichten
Abwerbungsverbot
Sachsen
  Lausitz
  Beziehungen zum Ausland

Stichworte Text Quellenangaben
  Unterthan, Unterthanen, Lat. Subditi, heissen alle diejenigen, welche einer Obrigkeit unterworffen, und deren Gesetzen und Befehlen zu gehorchen verbunden sind.  
  Das Wort Bürger ist bisweilen eben das: es hat aber noch andere Bedeutungen, wovon
  • Titius Obs. 563 ad Pufend. ...
  • Pufend. in jure ...
  • Hertius in elem. ...
  • Becmann in medit. ...
zu lesen sind.
  Wie die bürgerlichen Gesellschafften durch einen Vergleich aufgerichtet werden; also ist derselbige die Ursache, dadurch jemand ein Bürger, oder Unterthan wird. Solche Unterwerffung geschicht entweder ausdrücklich, welche durch die Huldigung zu geschehen pflegen; oder stillschweigend, wenn sich jemand im Lande aufhält, und als ein Unterthan bezeiget, und sich keine besondere Freyheit ausdinget. Ob sie wohl alle darinnen einander gleich sind, daß sie unter der Herrschafft der Obrigkeit stehen, so können sie doch in gewissen Umständen von einander untrschieden seyn.  
Einteilung Man bemerckt einen vierfachen Unterscheid:  
 
1) In Ansehung ihrer Freyheit. Denn obwohl die natürliche Freyheit verlohren wird, wenn man sich dem Regenten unterwirfft, so kan doch solche Unterwerffung ihre Grade haben, nachdem die Gewalt des Regenten mehr oder weniger eingeschränckt ist. Daher haben bisweilen in einer Republick die Unterthanen mehr Freyheit als in der andern, indem sie an der Ausübung der höchsten Gewalt in gewissen Stücken mit Theil bekommen, welche man die Stände zu nennen pfleget:
2) In Ansehung ihrer Unterthänigkeit, da man
 
  {Sp. 2254}  
 
  sie eingetheilet in unmittelbare Unterthanen, welche unter niemand anders, als unter dem Regenten stehen; und mittelbare, die andern Unterthanen unterworffen sind. Denn der Regent bestellt welche als Unter-Obrigkeiten, unter denen die andern, die blosse Unterthanen bleiben, stehen müssen:
3) In Ansehung ihrer Würde. Denn einige sind von Adel; andere von Bürgerlichen und Bauer-Stand. Unter den Adelichen sind einige von dem hohen Adel, dahin auch des Regenten Gemahlin, Kinder, und andere Anverwandten gerechnet weren; einige hingegen von dem niedern Adel;
4) In Ansehung ihrer Vereinigung. Denn entweder sind es eintzelne Personen, oder gantze Gesellschafften und Gemeinden, in welcher letztern Art die Städte, Dörffer, Kirchspiele, Academien, Handwercks-Zünffte u.s.w. gehören.
Siehe Kemmerichs Pufendorf. …
  Andere pflegen die Unterthanen auf eine andere Art einzutheilen, wie man aus dem
  • Pufendorf in jure ...
  • Hochstetter in colleg. Pufendorf. exercit. ...
  • Hertio in element. ...
sehen kan.
allgemeine Pflichten Die Pflichten der Unterthanen sind entweder gemeine oder besondere. Jene müssen alle ohne Unterscheid leisten, daß sie ihre Obrigkeit ehren und derselbigen gehorchen: Diese werden nur von denjenigen gefordert, die in einem gewissen Stande leben, dahin die Staats-Bedienten in Geistlichen, Politischen und Kriegs-Sachen gehören; ja so viel Stände, so viel Gesellschafften, Collegia und Zünffte in einer Republick sind, so viel besondere Pflichten entstehen daher, welche ein jeder nach dem Stand, darinnen er lebet, beobachten muß.  
  Nach dem natürlichen Rechte haben diese Pflichten ihren Grund in dem Vergleich, den man mit dem Regenten getroffen, und ihn zu halten schuldig ist. Walchs Philos. Lexicon
  Es sind solchergestalt die Unterthanen entweder nach ihrer Unterwürffigkeit insgemein zu betrachten; in diesem Absehen ist über solche Unterwürffigkeit, und zwar durchgängig, daß sich niemand ausschliessen dürffe, mit allem Ernste, und zum Theil mit grosser Fürsichtigkeit zu halten; oder sie werden betrachtet nach den mancherley besondern Rechten, deren sie sich mit Fug anmassen können, oder unbefugter Weise möchten anmassen wollen.  
  Was nun die Unterthanen in Betrachtung ihrer Unterwürffigkeit insgemein anlanget, so ist deren Unterthänigkeit theils an sich selbst zu betrachten, theils in Ansehung der äusserlichen Bezeugung. In Betrachtung der Unterthänigkeit selbst ist durchaus im Lande niemand zu leiden, noch ihm häußlich sich nieder zulassen zu verstatten, der den Landes-Herrn nicht vor seine Landes-Obrigkeit sollte erkennen, und zu dem Ende demselbigen die schuldige Huldigungs-Pflicht leisten müssen; welches nicht allein bey Antretung und Veränderung des Regiments, sondern auch alsdenn geschehen und angeordnet werden muß, wenn sich neue Unterthanen in Städten und Ämtern niederlassen, oder aus der Unmündigkeit zu ihren Jahren, und eigenem Gewerbe gelangen; oder wenn Personen von Stande, als Grafen, Herren, die von der Ritterschafft, ihre Lehen zuerst empfangen, u.s.w. sintemahl hiervon keiner, auch in protestirenden Landen die geistlichen Personen nicht,  
  {Sp. 2255|S. 1143}  
  ausgenommen.  
  Es ist auch niemanden zu verstatten, schrifftlich oder mündlich, oder durch die That selbst, dieser obersten Bothmäßigkeit zu wiedersprechen, sich darwieder zu setzen, und sich vor frey, oder einer andern Obrigkeit vor unterworffen zu halten.  
äusserliche Bezeugung der Untertanenschaft Was die äusserliche Bezeugung oder Unterthänigkeit betrifft, so ist darüber zu halten, daß von jedem Stande der Unterthanen dem Landes-Herrn sein hoher gebührender Titel in Reden und Schrifften gegeben, auch sonst mit tiefster Ehr-Bezeigung begegnet, und hierwieder, es geschehe denn aus Einfalt und Versehen, vorsetzlich nichts verstattet, sondern über den hohen Respect gehalten werde, hingegen denen Ständen und Unterthanen solche Titel und andere Erweisung wiederfahren, dadurch das alte Herkommen behauptet, und der Unterscheid zwischen Obrigkeit und Unterthanen in acht genommen werde; wie denn von dem hieher gehörigen stylo curiae im Schreiben und Reden bey den Rathstuben und Cantzleyen der Fürsten und Herren nothdürfftige Nachricht vorhanden.  
Rechte und Privilegien In sofern die Unterthanen nach denenjenigen Rechten, deren sie sich nach den Landes-Gesetzen, und vermöge derer ihnen von Alter her ertheilten Privilegien mit Fug anmassen können, betrachtet werden, als da sind  
   
  so ist zwar der Klugheit so wenig als der Gerechtigkeit gemäß, treue Unterthanen in dem Genusse solcher wohl hergebrachten Rechte und Freyheiten, ohne dringende Nothdurfft des gemeinen Besten zu kräncken. Dem ungeachtet aber bleibet doch der Landes-Herr auch in Ansehung aller solchen Privilegien noch Landes-Herr, und denen Unterthanen ist durchaus nicht zu zugestehen, sich etwa einzubilden, daß solche Privilegien schlechterdings, und so zu sagen auch wieder allen Danck des Landes-Herrn, er möge wollen oder nicht, ihnen gebühren, daß er also in Ansehung derselben etwa nichts zu befehlen habe, vielweniger sie ihnen gar entziehen könne.  
Gehorsam bei Einschränkung Denn wenn das gemeine Beste eine Einschränckung oder gäntzliche Einziehung solcher Privilegien erfordert, so kan sie der Landes-Herr mit gutem Gewissen ergehen lassen; und gesetzt, daß es ohne genugsame Ursache geschähe, so handelt er zwar wider sein Gewissen, und die Unterthanen handeln ihren Rechten gemäß, wenn sie ihre Befugnisse mit diensamen Gründen demüthig vorstellen, und das Beginnen ihres Landes-Herrn, durch Bitten und Flehen abzuwenden sich bemühen; wenn aber dieses nicht fruchtet, und der Landes-Herr dennoch dabey verharret, so sind sie zur Gedult verbunden, und nicht befugt zu widerstehen. Müllers Einleitung in die Philosophischen Wissenschafften …
  Es ist nehmlich wohl zu mercken, daß, wenn wir in dergleichen Fällen gehorchen, nicht wir unrecht thun, oder wider das Gesetze der Natur handeln, sondern nur geschehen lassen, daß die Obrigkeit solches thut, weil wir es zu hindern nicht in unserer Gewalt haben. Da wir nun das Böse in allen Fällen müssen geschehen lassen, wenn wir es zu hindern nicht vermö-  
  {Sp. 2256}  
  gend sind; so müssen, wir um so vielmehr die Obrigkeit unrecht thun lassen, weil solches zu hindern nicht in unsern Kräfften stehet. Wollte aber die Obrigkeit etwas befehlen, da wir unrecht thun müssen, als z.E. einen unschuldigen Menschen todt schlagen; so muß man alsdenn allerdinges seinen Gehorsam verweigern.  
  Weil nun das natürliche Gesetze zugleich das Göttliche Gesetze ist, so muß man solchergestalt GOtt mehr gehorchen als den Menschen. GOtt selbst richtet sich nach dieser Regel: Er lässet das Böse zu, aber er thut es nicht selbst. Wolff von dem gesellschafftlichen Leben der Menschen §. 434.
Privilegienmißbrauch Inzwischen hat doch der Landes-Herr, auch darinnen über seine Rechte und Macht zu halten, daß niemand auf seine Privilegien allzu kühn und unverschämt zu trotzen sich unterfangen dürffe. Doch ist der Klugheit gemäß, wenn allenfalls das gemeine Beste erfordert, mächtigen Land-Ständen ihre gemißbrauchte Privilegien zu schmählern oder einzuziehen, solches nicht gewaltsamer Weise, sondern lieber mit Manier, nach und nach zu thun. Müllers Philosophie …
Ende der Bürgerschaft Aus dem Stand der Bürgerschafft kan man auf verschiedene Art kommen. Ist die Republick in gutem Wohlstande, so kan sich ein Bürger mit ausdrücklicher, oder stillschweigender Einwilligung der Obrigkeit anderswo hin begeben; oder er wird Verbrechens wegen ins Elend geschickt, und verlieret sein Bürger-Recht; oder wird durch feindliche Gewalt in das Land des Überwinders gebracht. Leidet die Republick einige Veränderung, oder geht wohl gar zu Grunde, so kan dieses auf mancherley Weise geschehen. Man lese Pufend. de offic. … und Titii observ. … und in jure Thomas. in jurispr. … Böhmer in introd. … u.ff. welcher diese Materie weitläufftig vorgetragen. Verschiedene besondere Schrifften, welche hieher gehören, werden in der bibliotheca Juris imperantium quadripartita p. 103 angeführet. Walchs Philosoph. Lexicon.
Bürgerliches Recht In denen Bürgerlichen Rechten heisset Unterthan, Unterthänig, oder Unterwürffig, und Untersaß, Lat. Subditus oder Subjectus, Fr. Sujet, nach gemeiner Bedeutung einer, der entweder wegen seiner Geburt, oder wegen seines Aufenthaltes und seiner Ansässigkeit, desgleichen wegen eines geschlossenen Contracts, oder wegen eines begangenen Verbrechens, eine gewisse Obrigkeit zu erkennen, und derselben gewisse Pflichten zu leisten schuldig ist,
  • c. 1 §. ex parte … ibique  Gloss. et DD. …
  • Gail in Tract. …
Niederlassung Eigentlich aber ist ein Unterthan, der sich an einem Orte häuslich niedergelassen.
  • l. domicilium 20 ff. ad municip.
  • l. si patris 5 l. cives 7 C. de Incol. L X.
  • Gloss. in Clem. …
  • Vers. subditos ibique Johannes de Ligno,
  • Carl Zabarella
  • Gail Lib. … und in Tract. …
  • Frider Lib. …
    Und so lehren auch noch viele andere, welche Schrader Vol. … anführet.
Geburt Wieweit sich das Recht der Unterthänigkeit wegen der Geburt erstrecke, ist ungewiß, und dasselbe nach Gelegenheit enger oder weiter erstrecket worden. Insgemein wird davor gehalten, daß ein eingebohrner Unterthan,  
  {Sp. 2257|S. 1144}  
  um eines erlittenen empfindlichen Unrechts willen, oder wenn er unter seinem natürlichen Herrn seinen Unterhalt nicht finden kan, sein Vaterland verlassen und sich der Unterthänigkeit entziehen möge.  
Aufenthalt Der blosse Aufenthalt, zumahl, wenn er nur auf eine Zeitlang und nicht auf eine beständige Wohnung gemeinet ist, oder besondere Ursachen hat, macht eigentlich keinen Unterthan, so wenig als der Besitz eines Gutes unter einer Obrigkeit, da der Inhaber desselben nicht wohnhafft ist, daher auch ein blosser Lehnmann kein Unterthan seines Lehn-Herrn genennet werden mag; zumahl wenn derselbe anderwärts seine ordentliche Wohnung hat.
  • per l libertus
  • Matthäus de Aflictis in
  • Schrader d. Consil. …
  Also heißt auch derjenige, welcher aus einem Orte gebürtig ist, wenn er sich aber anderwärts häußlich niedergelassen, oder allhier seine wesentliche Wohnung hat, nicht ein Unterthan des Ortes, von wannen er gebürtig ist.
  • Aegidius Boß in Tract. …
  • Schrader
  Ausserdem kan auch der, welcher sich zwar an einem Orte aufhält, aber nicht wie die andern Unterthanen, die ihnen obliegende Beschwerden übertragen hülfft, kein Unterthan des Ortes genannt, oder davor geachtet werden.
  • Baldus Lib. …
  • Boß c.l. …
  • und Schrader d. Consil. …
  Es kan aber doch jemand zwey verschiedene Wohnstäten haben, in deren einer er sich mehr, in der andern aber weniger aufhält, und also auch unterschiedener Herren Unterthan seyn, wie auch eine doppelte Gerichtsbarkeit über sich erkennen.
  • c. cum Capella. … und c. ex literis …
  • Glossa in verb. …
  • Baldus Consil. …
  Besiehe hierbey die unter dem Worte: Domicilium, im VII Bande, p. 1198 u.ff. befindlichen Artickel.  
  Sonst ist hierbey auch noch zu mercken, daß in Ansehung des blossen Besitzes eines Gutes oder einer angefallenen Erbschafft von Rechtswegen niemand ein Unterthan genennet werden könne.
  • l. libertus
  • Castrensis Lib. …
  • Matthäus de Aflictis in c. 1. …
  • Rolland a Valle Vol. …
  • Gail in Tract. …
  Daher auch die Verpflichtung, welche wegen einer Sache, und bey Gelegenheit derselben, entstehet, vielmehr dinglich, als persönlich ist.
  • Johannes de Imola in Clem. …
  • Rudinger Cent. …
     
unmittelbare und mittelbare Im Römisch-Deutschen Reiche werden die Unterthanen in unmittelbare und mittelbare abgetheilet. Jene sind, die niemand, als den Kayser und das Reich, zu ihrem Ober-Herrn haben; diese aber sind, welche eine Landes-Obrigkeit erkennen, und derselben mit der nächsten Unterthänigkeit verwandt sind. Sonst heissen jene auch besonders unmittelbare freye Reichs-Stände; diese aber Landsassen, und beyde zusammen mit einem Haupt-Nahmen Reichs-Unterthanen. Siehe Reichs-Unterthan, im XXXI Bande, p. 192, und Landsassen,  
  {Sp. 2258}  
  im XVI Bande, p. 447 u.ff. Und so viel die letztern oder die Landsassen insbesondere anbelangt; so theilet man solche wiederum in Vasallen, und Lehnleute, oder Bürger und Bauern ab, von denen am gehörigen Orte unter ihren besondern Artickeln bereits mit mehrerm gehandelt worden.  
  Ob nun gleich das Wort Unterthan in mancherley Verstande genommen wird; so pflegt man doch nach dem gemeinen Gebrauch eigentlich nur diejenigen, welche eines andern Gewalt und Gerichts-Zwange unterworffen sind, Unterthanen, oder auch Untersassen und Hintersassen zu nennen.
  • Gylmann Tom. …
  • Wehner in Obs. Pract. v. Unterthan, und Hintersassen.
  Mithin sind die Unterthänigkeit und die Obrigkeit oder Herrschafft solche Dinge, die unter und gegen einander das genaueste Verhältniß haben; dergestalt, daß kein Unterthan ohne Obrigkeit, wie hingegen wiederum keine Obrigkeit ohne Unterthanen seyn kan; von deren Gewalt, Ursprung und Beschaffenheit unter denen Artickeln:  
   
  ein mehrers nachzulesen.  
besondere Pflichten Die Pflichten der Unterthanen anlangend; so sind dieselbigen ihrem Landes-Herrn Treue und Gehorsam, seinem Gebot und Verbot sich zu unterwerffen, bey demselben Recht zu nehmen, Steuern und Gaben zu entrichten, auch auf Land-Tägen, wo dergleichen gewöhnlich, und wenn solche ausgeschrieben werden, zu erscheinen schuldig. Und ist alsdenn solche Erscheinung ein Beweis der Unterthänigkeit, nicht aber die blosse Beschreibung oder Beruffung, wenn darauf keine Gestellung erfolget.  
  Die Unterthanen eines Erb-Gerichts sind bisweilen zugleich auch eigene Leute, die ohne des Erb- oder Gerichts-Herrn Willen sich anders wohin nicht wenden, und, wenn sie ausgetreten sind, wieder zurück gefordert werden mögen. Und ist besonders wider die, so ausgetretene Unterthanen wider ihre Obrigkeit enthalten, am Cammer-Gericht erster Instantz zu handeln. Cammer-Gerichts-Ordn. von 1548 und 1555 P. II. tit. 14. Besiehe auch die
  • R.A. zu Trier und Cöln von 1512 §. Und nachdem sich etc.
  • und R.A. zu Augspurg von 1555 §. Als sich dann auch etc. u.ff.
  Ob es aber auch schon billig und nöthig ist, die Unterthanen mit Steuern und Contribution zu belegen; so soll dennoch in Ansehung der Verarmten Unterthanen damit solche Maas gehalten werden, daß solche wo nicht gar verschonet, wenigstens doch nicht, weder mit deren Anlegung, noch Abforderung, über die Gebühr beschweret werden. R.A. zu Regenspurg von 1576 §. Und nachdem diese etc.
  Insgemein aber sind die Unterthanen derer Erb- und Gerichts-Herren diesen noch besonders Dienste, Zinsen, und andere Gülten, nach dem Herkommen zu leisten und zu entrichten schuldig. Doch kan es auch seyn, daß die Unterthanen einer Obrigkeit einer andern, wegen gewisser vorgegangener Verträge, oder aus einer langen hergebrachten Gewohnheit, oder aus andern gegründeten Ursachen, ebenfalls Dienste oder Zinsen und Pächte zu entrichten ha-  
  {Sp. 2259|S. 1145}  
  ben.
  Wie denn auch, nach der eingeführten Gewohnheit, die zu einem Gute geschlagenene leibeigenen Bauern und Unterthanen so gar an andere veräussert werden mögen, wenn nur die in denen Rechten zur Veräusserung unbeweglicher Güter, als welchen solche leibeigene Bauern und Unterthanen gleich geachtet werden, vorgeschriebene Solennitäten insgesamt genau beobachtet worden.
  • l. 22. …
  • Nov.
Abwerbungsverbot Doch soll absonderlich in Deutschland kein Reichs-Stand dem andern seine Unterthanen abzupracticiren suchen, oder wider jede Obrigkeit in Schutz und Schirm nehmen; jedoch einem jeden, so dergleichen von Alters her berechtiget gewesen, an seiner Schutz- und Schirm-Gerechtigkeit unbeschadet.
  • R.A. zu Speyer von 1544 §. Doch soll kein Stand etc.
  • und R.A. zu Augspurg von 1548 tit. Friedbrecher und solche Thäter etc. §. Und nachdem.
  Vielmehr soll ein jeder seine Unterthanen in ihren ordentlichen Gerichten, Rechten und Obrigkeiten bleiben lassen und halten, nach eines jeden Fürstenthums, Grafschafft, Herrschafft und Obrigkeit löblichen Herkommen und Gebrauche. Cammer-Gerichts-Ordn. zu Worms von 1495 tit. Die Unterthanen in ihren Gerichten etc.
Sachsen Im Churfürstenthum Sachsen werden die Unterthanen ebenfalls in mittelbare und unmittelbare eingetheilet. Resol. Grav. von 1603 ... tit. Renth-Sachen, ...
  Die mittelbaren sind, die entweder nicht ohne Mittel vor der Landes-Regierung, sondern unter den Ämtern oder Consistorien, Grafen, Herren, der Ritterschafft oder Städten, Landes-Ordn. von 1555 tit. Daß niemand untersuchet etc.
  oder die nicht unter den Ämtern, sondern unter derer von Adel und Städte Gerichten stehen. Resol. Gravam. von 1612 tit. Renth-Sachen §. 23 und von 1661 eodem tit. und §.
  Die unmittelbaren aber sind diejenigen, welche unter die Churfürstlichen Ämter gehören, und daher auch gemeiniglich Amts-Unterthanen genennet werden. Ibid.
  Bey jenen ist die erste Instantz nicht zu übergehen, Landes-Ordn. von 1555 tit. daß niemand etc.
  es würden den einem daselbst die Justitz versagt. Ibid.
  Beyde müssen zu der gemeinen Landes Nothdurfft Bau und Hand-Dienste leisten. Resol. Gravam. von 1612 tit. Renth-Sachen §. 23 und von 1661 tit. Cammer-Sachen §. 23.
  Jedoch mit diesem Unterschiede, daß die mittelbaren zu denen Amts- und Bau-Fuhren neben denen unmittelbaren Amts-Unterthanen jedes mahl nur die dritte Fuhre, da hingegen die unmittelbaren darzu allemahl zwey Fuhren thun. Ibid.
  Die Amts-Unterthanen müssen auch die Amts- und Gerichts-Folge, Resol. Gravam. von 1603 n. 4 und von 1661 §. 47
  und dem Landes-Herrn Jagd-Dienste und Wildprets-Fuhren leisten, Resol. Gravam. von 1603 n. 5
  ingleichen vor die Hofhaltung, Nacht- und Jagd-Läger und Auslösung die Victualien um einen gewissen Preiß lieffern, Ibid. n. 5
  dessen sich aber die Beamten bey Straffe nicht anzumassen haben. Ibid. Mandat von1722 und Mandat von 1724.
  Die mittelbaren Unterthanen leisten ih-  
  {Sp. 2260}  
  rem Erb-Herrn Bau-Dienste C. 52 p. 2
  nicht allein zu den Wohn-Gebäuden, sondern auch zu den Forbergen, Decision 33
  verrichten die beym Ritter-Sitze nöthigen Wachen,
  • C. 51 p. 2
  • Resol. Grav. von 1661 Cammer-Sachen §. 7.
  • Erläut. Bef. 1717
  lassen auch ihre Kinder zwey Jahr Zwang-Dienste leisten.
  • Gesinde-Ordn. von 1651 ...
  • Policey-Ordnung von 1661 ...
  Bey dem zwischen ihnen und dem Erb-Herrn der Dienste halber entstehenden Streite ist sonderlich die Güte zu pflegen,
  • Erläut. Proc. Ordn. ...
  • Vorbesch. Mandat ...
  sonst aber erst auf die Posseß zu erkennen, Resol. Grav. ...
  und wenn es zur Zeit der Saat, Heu- und Getreyde-Ernde geschicht, sind die Dienste, ihrem Rechte unbeschadet, vor dieses mahl fortzuleisten, Ibid. ...
  Wenn in Anhaltung derselben zu den schuldigen Diensten die Obrigkeit ausschweiffet, ist solches nicht nach dem Duell-Mandat, Rescript 1712
  sondern nach den Landes-Gesetzen zu bestraffen Ibid. ...
  Die Mäßigung der Bau-Dienste und die Bestimmung der Lieferung dabey, gehöret vor die Landes-Regierung, C. 52 p. 2
  und die der Contribution, deren Ausschreibung, Eintreibung und Moderation halber zwischen Unterthanen und der Obrigkeit eintstehenden Irrungen nicht mehr vor die Justitz-Expedition, Rescript 1660
  sondern zur Ober-Steuer-Einnahm. Mandat 1673
  Unterthanen können sonst zwar von ihrem Gerichts-Herrn vor seinen eigenen Gerichten belanget werden.
  • Proceß-Ordn. ...
  • Erläut. Proceß-Ordn. ...
  Es muß aber der Gerichtshalter in ihrem Beyseyn vereydet, Ibid. ...
  die Sache auch sonderlich, wenn sie wichtig und zweiffelhafftig, nicht von ihm entschieden, Erläut. Proceß-Ordn. ...
  sondern die Acten verschicket werden. Ibid. ...
  Zu ihrem Behuff sollen jährlich auf dem Lande gewisse Gerichts-Tage gehalten, Ibid. ...
  und ihnen wissend gemacht werden. Ibid. ...
  Die peinlichen Unkosten tragen sie, in so weit es Brauchs und Herkommens. Landes Ordnung 1555 t. Unkosten der peinlichen Rechtf.
  Wenn sie ihre Güter übergeben, sind sie in Abgaben und Frohnen als Hausgenossen, Generale von 1709
  oder wenn sie besondere Häusgen aufbauen, als Häusler zu tractiren Ibid. ...
Lausitz Was nun insonderheit die Unterthanen in der Lausitz anbelanget; so sind solches zwar Glebae adscriptii und den alten Colonis, Censitis und Originariis zu vergleichen,
  • Confirm. von 1552 ...
  • Landes-Ordnung von 1651 ...
  aber keine leibeigene Knechte und Sclaven, Ibid. ...
  daher sie heyrathen, das ihrige verkauffen, Testamente machen können, u.d.g. Confirm. a. 1.
  Und wie sie der Herrschafft nicht allein durch die Geburt, Ibid. ...
  sondern auch durch Angelobung, ein Gut zu beziehen, unterthänig werden, Landes-Ordn. 1651 ...
  Also werden sie solcher Unterthänigkeit ohne Laß-Brieffe nicht wieder erlediget.
  • Ibidem ...
  • Confirm. 1652
  Sie dürffen auch ohne solche von niemand angenommen werden. Mandat 1656
Sachsen und Ausland Daß übrigens die Chur-Sächsischen Unterthanen nicht vor ausländische Gerichte,  
  {Sp. 2261|S. 1146}  
  noch zur Zeugen-Verhör bey denenselben, und so gar auch nicht einmahl vor das Cammer-Gerichte, gezogen werden mögen, ist bereits in dem Artickel: Regierung, im XXX Bande, p. 1807 u.ff. Wie hingegen unter dem Artickel: Sächsische Vasallen, im XXXIII Bande, p. 41 u.f. gezeiget worden, daß und in wie fern auswärtige, ingleichen Sächsische, ausserhalb Landes befindliche Unterthanen, wenn sie entweder Contracte schliessen; oder ein Verbrechen begehen, vor Gerichte handeln, u.s.w. nach denen Sächsischen Rechten verbunden seyn.  
     

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Stand: 13. November 2016 © Hans-Walter Pries