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Zedler: Wittenberg [4] HIS-Data
5028-57-1687-11-04
Titel: Wittenberg [4]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 57 Sp. 1725
Jahr: 1748
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 57 S. 876
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Übersicht
  Universität
 
  [16. Jahrhundert]

  Text Quellenangaben und Anmerkungen
  Universität.  
  Die Wohnstadt der Musen, wir meynen die
Universität zu Wittenberg, ist ein Ort, dem es nie-
mahls an Ruhm und gelehrten Leuten gefehlet.
Das 16. Jahrhundert, mit dessen Eintritt
sie gestifftet wurde, hätte sich, wenn es gleich die
Wahl gehabt, keine glorieusere Sache, und die
mehr zu seinem Ruhm beygetragen, als die Pflan-
tzung dieser Universität aussuchen können. Es
ereigneten sich bey und nach ihrer Stifftung die
merckwürdigsten Omina, aus welchen allen man
schliessen konnte, daß ihre Hoheit sich weit über
das gemeine Ziel der menschlichen Wissenschafften
erstrecken würde.
 
  Sie wurde bekannter massen
von Churfürst Friedrichen dem Dritten zu Sach-
sen, einem Herrn, den der Kayser Maximilian
 
  {Sp. 1726}  
  der Erste seinen Vater, und die gantze Welt den
Weisen Churfürsten nennete, nach glücklicher Zu-
rückkunft aus dem Gelobten Lande, wohin er 1493
gereiset gewesen, und zwar 1502 auf Anrathen
des damahligen Churfürstlichen Leib-Artztes, D.
Martin Pollichius, sonst Möllerstadt genennet,
ingleichen D. Johann Staupitzens, fundiret,
auch nach Art der Universität zu Tübingen ange-
leget,
wovon M. Hermann Beckers Diss. de Fri-
derico III Sapiente
…,
so zu Wittenberg 1702
gehalten worden, … mehrere Nachricht gie-
bet.
 
  Besagter Churfürstliche Leib-Medicus, D.
Martin Pollichius, thate den ersten Vorschlag,
die Universität nach Wittenberg zu legen. Es fan-
den sich aber bald viele Hindernisse und Einwürf-
fe, theils wegen der dürftigen Einwohner und übel
conditionirten Häuser, theils wegen des sandigen
und unfruchtbaren Bodens, daß also zu befürch-
ten, es dürfften die Lebens-Mittel für eine zahlreiche
Universität nicht zulänglich seyn. Allein diese Ein-
würffe wurden glücklich gehoben.
 
  Den 2. Febr.
besagten 1502ten[1] Jahres ertheilte der Cardinal,
Raymund, Legatus a Latere Pabsts Alexanders
des Sechsten, und Bischoff von Gurck im Nah-
men seines Principalen über die neu aufzurichtende
Universität Wittenberg zwey besondere Confirma-
tions-Briefe von Magdeburg aus. Wir hoffen,
manchen von unsern Lesern einen angenehmen
Dienst zu erweisen, wenn wir solche hier mit ein-
rücken. Sie lauten aber also:
[1] HIS-Data: korrigiert aus: 1702ten
  [30 Zeilen lateinischer Text]  
  {Sp. 1727|S. 877}  
  [1 Spalte lateinischer Text]  
  {Sp. 1728}  
  [13 Zeilen lateinischer Text]  
  Der andere Confirmations-Brief eben dieses
Cardinals, welcher mit dem vorigen zu gleicher
Zeit abgefasset worden, ist folgenden Inhalts:
 
  [46 Zeilen lateinischer Text]  
  {Sp. 1729|S. 878}  
  [16 Zeilen lateinischer Text]  
  Einige Monathe darauf, ertheilte auch Kayser
Maximilian der Erste von Ulm aus unter dem 6
Julius die Confirmation. Solche ist abgefasset,
wie folget:
 
  [44 Zeilen lateinischer Text]  
  {Sp. 1730}  
  [1 Spalte lateinischer Text]  
  {Sp. 1731|S. 879}  
  [1 Spalte lateinischer Text]  
  {Sp. 1732}  
  [6 Zeilen lateinischer Text]  
  W. Serubendt, mpp.  
  Den 24 August publicirte und notificirte
Churfürst Friedrich die Confirmationes, und
den gemachten Anfang der Lectionen in allen Fa-
cultäten durch ein öffentliches Patent und offe-
rirte allen, die allda studiren wolten, die nächst-
folgenden drey Jahre in besagten Facultäten freye
Promotion.
 
  Endlich den 18 Octobr. erfolgte der
Universität Inauguration mit herrlichen Solen-
nitäten, in Gegenwart ihres Durchl. Stiffters des
Churfürstens, wie auch der beyden Hochfürstl.
Herren Brüder, des Hertzogens Johannes, so
nachdem Churfürst worden, und des Hertzogens
Ernsten, Ertz-Bischoffens zu Magdeburg und
Primas Deutschlandes.
Siehe Sennerts Athe-
nas itemque Inscriptiones Viteberg
. …
allwo solche Solennitäten kürtzlich beschrieben
sind.
 
  Die Einweyhungs-Predigt und andere
Ceremonien geschahen in der Schloß-Kirche,
gleichwie auch die Wahl des ersten Rectors, und
der vier Dechanten. An diesem Tage wurde zu erst,
D. Möllerstadt, welcher dem Churfürsten auf
der Insul Rhodis das Leben erhalten, und in
allen drey Facultäten die Doctor-Würde erlan-
get, als künfftiger Rector mit öffentlicher Proces-
sion in die Kirche begleitet, unterdessen nachhe-
rigen Rectorate 416 Studenten der Universi-
tät Matricul einverleibet worden,
wie Sennert l.c. … bemercket.  
  D. Johann Fluck Prior
zu Steinlaus an der Molde, hielt die Einwey-
hungs-Predigt. Als diese zu Ende war, hielte
der berühmte Poet, Hermann Busch, eine zier-
liche Rede an die hohe anwesende Versammlung;
sodann erhob sich die Proceßion in ihrer Ordnung
bis in die Pfarr-Kirche, allwo der Plebanus von
Torgau, L. Nicolaus Schreiter, gleichfalls ei-
ne Predigt thate. Bey diesen Ceremonien stellete
auch der Churfürst Herrn Goswin von Orsey
zum Privilegien-Verwahrer oder zum Universi-
täts-Cantzler vor.
 
  Als hierauf der Universi-
tät an ihren Freyheiten, Gütern und Einkünfften
von ein und andern grosser Eintrag geschahe; so
ertheilte ihr Pabst Julius der Andere 1506 auf
ihre deshalben angebrachten Beschwerden ein Con-
servatorium, und trug denen Bischöffen zu Meißen und
Brandenburg, auch dem Abt zu Salfeld
die Execution darüber auf. Es ist dasselbe nach-
stehender Massen abgefasset:
 
  [9 Zeilen lateinischer Text]  
  {Sp. 1733|S. 880}  
  [1 Spalte lateinischer Text]  
  {Sp. 1734}  
  [1 Spalte lateinischer Text]  
  {Sp. 1735|S. 881}  
  [41 Zeilen lateinischer Text]  
  In eben diesem 1506 Jahre geschahe es, daß
wegen der Pest die Universität von Witten-
berg nach Hertzberg verleget ward; wie lange
sie aber daselbst geblieben, können wir nicht sa-
gen.
 
  Damit aber der Universität Intraden
noch mehr verstärcket würden; so verknüpffte das
folgende Jahr 1507 erwehneter Pabst Julius
der Andere einige Probsteyen und Pfarr-Kir-
chen mit der Stifts-Kirche daselbst, und incor-
porierte solche der Universität, wovon die Päbst-
liche Bulle mit mehrern zeuget und also lautet:
 
  [9 Zeilen lateinischer Text]  
  {Sp. 1736}  
  [1 Spalte lateinischer Text]  
  {Sp. 1737|S. 882}  
  [1 Spalte lateinischer Text]  
  {Sp. 1738}  
  [1 Spalte lateinischer Text]  
  {Sp. 1739|S. 883}  
  [1 Spalte lateinischer Text]  
  {Sp. 1740}  
  [1 Spalte lateinischer Text]  
  {Sp. 1741|S. 884}  
  [23 Zeilen lateinischer Text]  
  Ingleichen ertheilten so wohl der Bischoff zu
Brandenburg, als auch der Abt zu Saalfeld
ihre Sub-Conservatoria, davon das Bischöffli-
che unterm Dato den 7 Mertz 1508 also lautet:
 
  [35 Zeilen lateinischer Text]  
  {Sp. 1742}  
  [59 Zeilen lateinischer Text]  
  In eben diesem Jahre verordnete der Durch-
lauchtigste Stiffter Churfürst Friedrich der Wei-
se unter dem Dato: Wittenberg den 1 Oct. die
 
  {Sp. 1743|S. 885}  
  Statuta dieser Universität. Er theilte solche in
neun und zwantzig Capitel ab, von denen das
 
  I. De Diis tutelaribus et unione Gymnasii Wit-
tenbergensis,
unter welchem vor Zeiten nechst GOtt
und der Marie die gesammte Universität den Au-
relius Augustinus,
die Theologische Facultät
aber den heil. Paulus, die Juristische hingegen den
Ivo, und die Medicinische den Cosmas und Da-
mianus,
die Philosophische aber die heil. Catha-
rine
zu Patronen gehabt, wie denn auch noch alle
Jahre am Catharinen-Tage eine feyerliche Rede
von dem Decano der Philosophischen Facultät
pflegt gehalten zu werden.
 
  [36 Zeilen lateinischer Text]  
  handelt.  
  Außer diesen Statuten hat die Universität auch
noch andere und neuere, ja iede von denen 4 Fa-
cultäten hat ihre besondere Statuten. Die Le-
ges
aber der Universität, wornach sich die Stu-
denten zu richten haben, und die noch ietzo gültig
sind, bestehen aus folgenden:
 
  [9 Zeilen griechischer und lateinischer Text]  
  {Sp. 1744}  
  [1 Spalte lateinischer Text]  
  {Sp. 1745|S. 886}  
  [1 Spalte lateinischer Text]  
  {Sp. 1746}  
  [22 Zeilen lateinischer Text]  
  Das Sub-Conservatorium des Abts zu Sal-
feld, Georgens, dessen wir kurtz vorher Mel-
dung gethan, ist im Jahr 1509 den 12 Septem-
ber datiret, und mit dem, welches der Bischoff
von Brandenburg ertheilet, fast gleiches Inn-
halts. Ja Pabst Leo der Zehende trug auch dem
Probst an dem St. Moritz-Kloster in der Vor-
stadt zu Naumburg im Jahr 1513 ein Sub-Con-
servatorium auf, welches nachfolgender maßen
abgefasset:
 
  [30 Zeilen lateinischer Text]  
  {Sp. 1747|S. 887}  
  [14 Zeilen lateinischer Text]
  Immittelst gieng zu Wittenberg ein gantz an-
der Licht auf, als D. Luther voll Geistes und
Eyfer wider die Tetzelische Ablascrämerey mit
fünff und neuntzig Sätzen, die er zur Wittenberg
an die Schloß-Kirche am Abend Allerheiligen an-
geschlagen, auf den Kampf-Platz trat, und kon-
nte man wohl sehen, daß GOtt bey dieser Stiff-
tung die Hand mit in Spiel gehabt: denn die
übrigen und zwar alten Universitäten in Deutsch-
land lagen damahls so im Argen, daß die grosse
Reformation schwerlich würde zu Stande gekom-
men seyn, wenn sich der heil. Geis nicht eine
neue Werckstatt dazu angeleget hätte.
 
  D. Lu-
ther schickte hernach, als er bereits seine Theses
öffentlich angeschlagen, damit dem unverschämten
Verfahren des Tetzels desto mehr mögte geweh-
ret werden, ein demüthiges Schreiben nebst den
Thesibus wider Tetzeln, an Albertum, damah-
ligen Ertz-Bischoffen zum Mayntz und Magdeburg,
und bat, es möchte doch derselbe das Buch, womit
die Ablas-Krämer die Leute betrogen, gäntzlich
abschaffen und den Ablas-Predigern eine andere
Art zu predigen vorschreiben.
Es stehet dieser
Brief L. I. Oper. Luth. Jenens. Latin. ...
  Es fand aber Luthers Erinnerung bey
dem Ertz-Bischoff Alberten keine statt; die Ab-
las-Krähmer nahmen auch D. Luthers Sätze
vom Ablas nicht an, sondern Tetzel setzte ihm 106
andere Theses in zwey Dissertationen zu Franck-
furth an der Oder entgegen, welche er aber nicht
selbst, sondern Conrad Wimpina, der heil.
Schrifft Doctor und Professor zu gedachtem
Franckfurth, gemachet hatte,
wie D. Luther T. I. Epist. 42. anzeiget.
  Solche Theses aber
findet man bey D. Luthern T. I. Jen. …
und wird in der dreyzehenden Thesi der andern
Disputation, der Pabst der Bräutigam der allge-
meinen Kirche genennet. Diese Theses wurden
von iemanden, den Tetzel abgeschicket, nach
Wittenberg gebracht, welches aber die Studen-
ten allda hefftig erbitterte, daß sich iemand unter-
stünde, durch dergleichen Sätze ihren Professoren
zu widersprechen, und selbige zu verkauffen: Des-
halben erkaufften sie sich etliche Exemplarien da-
von, andere nahmen sie mit Gewalt hinweg, und
verbrannten die übrigen alle an der Zahl achthun-
dert, da sie denn vorher einem ieden, der bey der
Leiche der Tetzelischen Positionen zugegen seyn
wolte, auf den Marckt bestellet hatten. Dieses
alles geschahe wider D. Luthers und der Professo-
 
  {Sp. 1748}  
  ren zu Wittenberg Wissen, ob gleich Tetzel den
Wittenbergern mit seinem Exempel vorgegangen
war, und Luthers Theses verbrannt hatte.
Diese That aber der Studenten zu Wittenberg
mißfiel D. Luthern gar sehr, und schrieb nicht
ohne Gemüths-Bewegung an Jodocum, einen
Eisenachischen Gottesgelahrten unter andern also:
 
  „Ich wundere mich, daß auch ihr habt glauben
können, als hätte ich angestifftet, daß Tetzels
Theses sind verbranndt worden. Haltet ihr mich
denn für so gar unsinnig, daß ich als ein Mönch
und Theologus an einem Orte, der nicht mein ist,
solches Unrecht einem Manne, der ein so grosses
Amt verwaltet, anthun solte?„
Luther T. I. Epist. ...
  Es stieg aber die Universität
durch die Reformation auf den höchsten Gipffel
ihres Flores und Aufnehmens, und wurde da-
mahls nicht unbillig panton anthropon paideute-
rion
genennet. Auch die Feinde müssen ihr diesen
Ruhm lassen und werden gezwungen, mit dem
Marziano zu bekennen: inter omnes urbes a Roma distantes celeberrimam esse Wittenbergam.
 
  Im Jahr 1518 kam auch Philipp Melanchthon,
nachdem er von Tübingen beruffen worden, nach
Wittenberg. Dieser grosse Mann, welcher sich
um die Wittenbergische Universität unsterblich
verdienet gemacht, fassete beydes für die Lehrenden
als Lernenden nützliche Gesetze ab, die zum Regle-
ment der Studirenden so wohl als Sitten diene-
ten. Die Gesetze, welche die Studien betreffen,
bestehen aus sechs Artickeln, und die andern in ze-
hen Sätzen.
Alle sind in seinen Consiliis … eingetragen worden.
  Es werden diesel-
bigen zu gewisser Zeit vorgelesen; weil sie aber
etwas weitläufftig, wollen wir sie nicht allererst
hieher setzen.
 
  Nicht weniger erfolgete eine ac-
curate Abtheilung der Lectionen, also, daß zween
Professores die heil. Schrifft auslegten, und zween
die Streitigkeiten in der heil. Gottesgelahrheit
tractirten. Fünff Professores lehreten die Rechte, als
 
  1) das Canonische Recht,  
  2) den Codex und die peinlichen Sachen,  
  3) die Pandecten,  
  4) Digestum novum sive infortiatum, und  
  5) die Institutiones.  
  Drey Professores lehreten in der
Artzeney Wissenschafft:
 
  1) Die Praxin,  
  2) die Pathologie, und  
  3) die Anatomie und Botanicke.  
  In der Philosophie lasen zehen Professores: die
Logick, Metaphysick, Physick, Mathematick, die
Orientalischen Sprachen, die Sitten-Lehre, die
Historie, die Rede-Kunst, u.s.w.
 
  Wie starck diese Universität ehedessen besucht
worden, und was für ein grosses Ansehen sie ge-
habt, kan man daraus abnehmen, daß D. Lu-
ther an Lincken Epist. 80 geschrieben hat: die
Universität nehme zu wie ein Ameisenhauffen; und
Scultetus in Annal. … berichtet,
er habe von seinen Lehrmeistern gehöret, daß aus
vielen Provintzien Studenten nach Wittenberg,
D. Luthern und Philipp Melanchthon zu hö-
ren, gereiset wären, welche bey erstern Anblick
dieser Stadt, mit aufgehabenen Händen GOtt ge-
priesen hätten, daß er, wie vor Zeiten aus Zion,
also jetzt aus Wittenberg das Licht der Evan-
gelischen Wahrheit, in weit entlegene Länder kom-
men lasse. Wie dann der berühmte Philipp
Melanchthon, als Lehrer der Griechischen
 
  {Sp. 1749|S. 888}  
  Sprache daselbst zuweilen alleine bis funffzehen-
hundert Zuhörer soll gehabt haben.
 
  Im Jahr 1520 ereignete sich zu Wittenberg
etwas sehr merckwürdiges: Denn als im besag-
ten Jahre den 15 Junius Pabst Leo der Zehende
D. Luthern in den Bann thate, ihn nebst allen
seinen Anhängern für Ketzer erklärete, und sein
Bild mit seinen Schrifften auf dem Marckte zu
Rom öffentlich verbrannte; so bewog solches
D. Luthern, daß er am 10 December eben dieses
1520 Jahres für dem Elster-Thore das Jus Can-
nonicum
und des Pabsts Leo des Zehenden Bul-
le wegen des Bannes, mit diesem Fluch verbrann-
te; quoniam Sanctum Domini contristasti, con-
tristet ac devoret te aeternus ignis
. Solches haben
nebst der gantzen Universität viele tausend Men-
schen öffentlich mit angesehen.
 
  Bis hieher hatte die Wittenbergische Universi-
tät gleichsam lauter goldene Stunden gezählet;
es nahete aber nunmehro auch eine Zeit heran,
von der sie sagen muste: sie gefällt mir nicht,
indem 1525 der Tod des theuren Churfürstens
und Durchlauchtigsten Stiffters Friedrichs des
Weisen, erfolgete; welche auch nach dem Tode
seine Hochachtung ihr zu erkennen gab, indem er
in seinem Testament ausdrücklich befohlen, sei-
nen Leichnam in die Schloß-Kirche zu Witten-
berg vor den hohen Altar zu begraben.
 
  Es erfol-
gete auch dieses den 8 May 1525, da solcher
von Lochau dahin geführet wurde, und als das kostbarste
Depositum an benannten Orte mit unermeßli-
chen Betrübniß der gantzen Universität wehmü-
tigst eingesetzet wurde; Ehe aber noch dieses ge-
schahe, und sobald der Churfürst gestorben war,
so notificirten die Churfürstl. Räthe diesen hohen
Todes-Fall der Universität Wittenberg in folgen-
dem Schreiben:
 
  „Unsere freuntliche Dinst zuvor, Erwirdi-
gen, Wirdigen, Achtbaren, Hochgelartten, unnd
Erbaren besondere gutten Freundt. Aus Christ-
lichem Mitleyden, und mit bekomerten Gemuth,
wollen wir Euch nit verhalten, das der Durch-
lauchtigist Hochgeborne Furst und Herr, Herr
Friederich, weyland Hertzog zu Sachßen, des
H. R. R. Ertzmarschalch und Churfürst etc.
Unser gnedigister Landesfürst und Here, durch
gottlichen Willen dem letzen tag seines Lebens,
in diesen Jamertalh beslossen haben, des seelen
Gott in Ewigkeit, mit allen glaubigen mit gna-
den Erbarme.
 
  Wir wollen euch auch darneben
zu cristlichenn trost nit bergen, das seinn Churfürst-
liche Gnaden in Gott seelig, zuvor mit cristli-
cher Andacht unnd gutter Vernunfft gebeichtet,
und das hochwirdig Sacrament nach Cristi,
unnsers lieben Herrn und seligmachers außatzung
und ordnung entpfangen, und sich darmit, auch
mit tröstlicher Ergetzung Bruderlicher Lieb, zu
allen menschen auf Erden, mit christlichen Wort-
ten bekennth haben. Welchs euch unnd uns
allen, als seiner Churfüstl. Gnaden weyland
getrewen Underthanen, ein hertzlicher und crist-
licher trost und vorbild ist.
 
  Dieweyl dann
auß seiner Churfürstl. Gnaden willen ver-
margkt, sein Begrebnus in dem Churfürsten-
thum zu Sachßen In der Stat bey Euch zu
 
  {Sp. 1750}  
  Wittenbergk zu haben, wie es also mit Gots hilff
bescheen soll, demnach wollet Euch darnach ach-
tenn unnd die entpfahung und Begrebnus des
Corpers auf negsten Mitwoch zu der Erde helf-
fen bestatten. Daran thut Ihr unnsern gnedig-
sten Herren, dem Churfürsten Hertzog Johann-
sen
zu Sachßen zu gefallen, und haben Euch
solchs nit verhalten wollen, dan Euch freuntlich
zu dienen sein wir willig. Datum Lochaw
Sontags Jubilate, Anno 1525.
  Des Churfürsten zu Sachßen etc. unnsers gne-
digsten Herrn Rethe yetzo zur Lochaw.
 
  An die Universität zu Wittenberg. Siehe Schöttgens Diplom. Nachlese der Historie von Ober-Sachsen, Theil X. ...
  Churfürst Friedrichen dem Weisen folgte in
der Regierung Churfürst Johann der Beständi-
ge. Es ließ sich derselbe der Universität Aufneh-
men gleichfalls höchstangelegen seyn, indem er ei-
nen Theil des Schlosses der Juristen-Facultät zu
ihrem Lehr-Saale einräumte, als die bis bishero
nur in einem Privat-Hause ihre Collegia gelesen.
 
  Wegen einreissender Pestilentz verlegte er im Jahr
1527 den 25 August die Universität nach Jena und
endlich nach Schlieben.
Siehe Müllers Sächs.
Annales ...
 
  Es muß aber die Universität bald
wiederum nach Wittenberg seyn verleget worden,
denn man findet, daß besagter Churfürst Johann
1529 der Universität Wittenberg einen Hirsch
verehret. Wir können nicht umhin, dasjenige
Briefgen, welches der Churfürst zugleich mit dem
Hirsche an die Universität übersendet, hier mit
einzurücken. Es lautet solches also:
 
  Unnsernn
Grus zuvor. Erwirdigen und Hochgelarten,
lieben andechtigen und getreuen. Bey gegen-
wertiger Fuhr übersenden wir euch eynen fri-
schen Hirschenn, denn wir heut dato gefangen,
denn wollet vonn unserentwegen Inn froligkeit
vorzerenn. Daran thuet ir uns zugefallen, und
sind euch mit gnaden genaigt. Datum Torgaw
freitags nach Jacobi, Anno 1529."
 
  An die Universität zu Wittenberg. Siehe Schöttgens Diplomatische Nachlese der Historie von Ober-Sachsen, Theil X. ...
  Den 16 August 1532. starb dieser fromme Chur-
fürst auf dem Schlosse zu Schweidnitz, und wur-
de den 18 dieses Monaths nach dem Innhalt sei-
ner dißfalls hinterlassenen Verordnung in der
Universitäts-Kirche begraben.
 
  Ihm folgte in der
Regierung Churfürst Johann Friedrich. An
diesem Churfürsten erhielte die Universität Wit-
tenberg einen neuen Vater und Beförderer: denn
als derselbe den 5 Septembr. besagten Jahres
die Huldigung zu Wittenberg einnahm, verbes-
serte er allen Professoren ihre Besoldung; über-
dieses erhielte auch die Universität aus etlichen Klö-
stern grosse Zusätze. Wiederum schenckte er
1536 den 24 April der Universität das Stifft
oder Schloß-Kirche zu Wittenberg nebst derselben
Einkünffte.
 
  Im Jahr 1538 den 9 Mertz verord-
nete er von Torgau aus, wo er sich damahls auf-
 
  {Sp. 1751|S. 889}  
  hielte, bey der Universität, daß die sowohl von
ihm, als seinen Vorfahren gewidmete Stipen-
dien, in drey gleiche Theile getheilet, und zwey
Theile davon denen, so die freyen Künste, und
vornehmlich Theologie studiren wolten; der dritte
Theil aber denjenigen von Adel, und andern, so
zu den Rechten Belieben trügen, auch zu Zei-
ten für einen, der Medicin studirte, gereichet wer-
den solte.
 
  Den 21. Octobr. eben dieses Jahres
machte hochgedachter Churfürst Johann Fried-
rich beym Rectore, Magistern und Doctoren der
Universität Wittenberg, unter andern eine solche
Verordnung, daß alle und iede Studenten, so
sich allda aufhalten wolten, sie seyn von Adel oder
nicht, keine kurtze Kleider, so zum wenigsten die Knie
nicht bedeckten, noch auch zerschnittene Uberzüge
über die Hosen, oder sonst zerhauene oder zerhackte
Hosen, mit Seiden oder dergleichen unterzogen,
tragen solten, auch die Kleider mit Sammet,
oder andern Seiden-Gewand nicht verbrähmen,
viel weniger Leib-Röcke, Jäcklein oder Koller
daraus machen lassen, gestalt denn auch den
Schneidern daselbst bey Verlust des Handwercks,
und nicht bey Strafe des Gefängnisses auferle-
get worden, den Studenten keine dergleichen
verbothene Kleider zu machen.
Siehe Müllers Sächs. Annales ...  
  Im Jahr 1546 litte die Universität Witten-
berg einen grossen Stoß, da ihr der Tod ihr bis-
heriges Kleinod und Palladium, D. Martin
Luthern,
entrisse. Er thate den 17 Jenner be-
sagten Jahres seine letzte Predigt zu Witten-
berg, und reisete darauf den 23 Jenner mit seinen
drey Söhnen in seine Vaterstadt Eisleben, auf
Ersuchen der Grafen von Mansfeld, um etliche
unter ihnen wegen der Grentze und des Berg-
wercks entstandenen Irrungen beyzulegen. Er
befand sich sehr kräncklich, ehe er dahin reisete,
welche Maladie endlich daselbst zu einer rechten
Kranckheit ausschlug. Bey Vermerckung der-
selben sagte er:
 
  "Wenn ich zwischen den Grafen,
den Herren meines Vaterlandes, Einigkeit ge-
stifftet habe, will ich nach Hause mich in den
Sarg legen, und meinen Leib den Würmern zu
verzehren geben.„
 
  Den 18 Febr. war der Ster-
be-Tag dieses grossen Mannes, seine Leiche wur-
de den 22. Febr. nach Wittenberg gebracht.
Vor dem Elster-Thore wartete auf Churfürst-
lichen Befehl der Rector Magnificus und die
gantze Universität, nebst dem Stadt-Rath, der
Geistlichkeit, der Schule und gantzen Bürger-
schafft. Als nun die Leiche Nachmittage an
kam, fieng sich die ordentliche Proceßion al-
so an:
 
  1) Gieng die Geistlichkeit mit den Schul-
Collegen und Schülern vorher und sungen:
 
  2) Die Churfürstlichen Commissarii;  
  3) Die beyden Grafen zu Mannsfeld mit ich-
rem Comitat, so in etlichen sechtzig Pferden be-
stund;
 
  4) Der Leichen-Wagen mit vier Pferden be-
spannet,
 
  5) Des verstorbenen D Luthers hinterlassene
Wittbe, mit ihrer Tochter, und andern Weibs-
Personen, auf einem niedrigen Wäglein,
 
  6) Seine drey Söhne, Johann, Moritz  
  {Sp. 1752}  
  und Paul, deren der eine ein Rechtsgelehrter,
der andere ein Geistlicher, und der dritte ein Me-
dicus worden.
 
  7) Sein Bruder, Jacob Luther, Bürger
zu Mansfeld, nebst seiner Schwester Söhnen,
Georgen und Cyriax, Kauffmännern und an-
dern nahen Bluts-Freunden,
 
  8) Der damahlige Rector der Universität
Augustin Schurf, der Medicin Doctor, mit
einigen Fürsten, Grafen und Frey-Herren, so
Studirens wegen sich damahls zu Wittenberg
aufgehalten;
 
  9) D. Gregorius Brück, damahliger Chur-
Sächsischer Cantzler, Philipp Melanchthon,
D. Justus Jonas, D. Johann Pomeran,
sonst Bugenhagen genannt, D. Caspar Cru-
ciger, D. Hieronymus Schurf, und andere
älteste Magister und Doctores der Universität,
 
  10) Der Rath,  
  11) Die Studenten,  
  12) Die gantze Bürgerschafft, und endlich
eine grosse Anzahl von Weibern, Jungfrauen,
wie auch Kindern, welche alle insgesammt
dieses grossen Mannes Tod höchlich beklaget und
beweinet.
 
  Als man nun mit der Leiche in der
Schloß-Kirche angelanget, hat D. Bugenha-
gen die Leichen-Predigt gethan, welcher denn
auf der Cantzel so viel Thränen vergossen, daß
er vielmahls im Reden stille halten müssen.
Nach geendigter Predigt hielte Philipp Me-
lanchthon die Trauer-Rede, und alsdenn wur-
de der erblaßte Leichnam von einigen dazu ver-
ordneten Magistern nicht ferne von dem Predigt-
Stuhle in sein Grab gesencket.
 
  Als nun D. Luther die Zeitlichkeit verlassen,
so ergieng an die Universität zu Wittenberg
vom Churfürsten Johann Friedrichen, über die Rei-
nigkeit der Lehre zu halten, folgender Befehl:
 
  Von GOtts Gnaden Johans Fridrich, Hertzog zu Sachßen Churfürst etc. und Burggraue zu Magdeburgk,  
  "Unsern Gruß zuvor. Ehrwirdiger und Hoch-
gelarten lieben Andechtigen und Getrewen,
Nachdem der Allmechtige nach seinem götli-
chen Willen, den Ehrwirdigen unsern auch
lieben Andechtigen Ern Martin Luther,
der heiligen Schrift Doctor, von diesem Jam-
merthal, wie ir wisset, mit Gnaden und christ-
licher bestendiger Bekantnis hat erfordern und
hinweg nehmen lassen, daran wir denn alle ei-
nen treuen Lehrer, der die recht ware christliche
Lehre, wiederumb durch die gnade des All-
mechtigen in diesen letzten Zeiten, an Tag
bracht, und gepflantzt hat, verloren, Weil es
aber GOttes Wille gewesen so müssen wir
es auch dahin stellen und wollen ie gerne das
solch von GOtt angefangen Werck, weiter
geferdert und erhalten möcht werden.
 
  Und
ob wir wol eurn Personen halben als die solche
christliche Religion, mit und neben Doctor
Martin seliger, bis hieher allwegen treulichen
haben ferdern und fürstehen helffen, nicht zwei-
uel haben, sie werden nochmals dasselbe ires
Vermügens ferner mit treuer sorge, und uff-
merken der christlichen Gemein zu gut, und
 
  {Sp. 1753|S. 890}  
  zuförderst GOtte zu ehren, und heiligung sei-
nes Namens, in obliegen lassen, und fürdern
helffen, so haben wir doch von wegen unsers
Ampts, und sonderlicher christlicher Neigung
nicht umgehen mögen, bey euch deshalben gne.
dige Erinnerung zu thun, Und ist an euch
unser gnedigs Begeren, Ir Doctor Pomer,
wollet euch neben den andern der Sachen
treulich beuohlen sein lassen, daran sein und
helffen, damit die reine Lehre, wie bisher in
Unser Universitet erhalten, die Lectiones und
Predigten, wie die von uns fundirt, in den Kir-
chen und Schulen mit Vleis getrieben, und
gute Einigkeit bleiben möge, in maßen wir den
mit euch Philippo, wie ir am jüngsten bey
Uns zu Lochau gewest, derhalben auch gnedig-
lich geredt haben.
 
  Und wollet in allewege dar-
auf Achtung geben, da sich über kurtz oder lang,
iemands in unser Universität oder Auswendig,
unterstehen wurde von solcher Lehr, die wir vor
christlich und rechtschaffen Angenomen und hal-
ten, zu weichen, Und ein newes und anders zu
leren, wie zu besorgen, künfftig durch etliche
unterstanden mocht werden, so wollet solchs
mit trewer und einmutiger Zusammensetzung,
die wir denn bisher unter euch vermarckt, und
der Allmechtige die weiter geben und verleihen
wolle, treulich wehren, verkomen und abwen-
den helffen.
 
  Und auch zu iederzeit, do ir in de-
me, oder Anderen, das Unser Universitet, oder
gemeiner unser christlichen Religion schaden
drawen wolt, vermercken würdet, davon Be-
richt zu thuen nicht unterlassen, Wollen wir
uns also erzeigen und halten, das zu Erhal-
tung der gesunden reinen Lehre, so der Allmech-
tig durch Doctor Martinn seligen an Tag ko-
men lassen, an uns hinferder, wie bisher, kein
Mangel befunden oder gespürt werden sul,
Und haben euch solchs, den wir mit gnaden
geneigt sein, unangezeigt nicht lassen wollen,
Ir thuet auch hieran uns zu sondern gnedigen
Gefallen, und unsere gentzliche Meinung, Da-
tum Eilenburg Sonntags nach Matthie Apo-
stol. Anno Domini 1546.
 
  Jo. Fridrich Churfürst:  
  m. ppria ssit.  
  Den Ehrwirdigen u. Holchgelehrten unsern
lieben Andechtigen und Getrewen Dechant,
Magistern und Doctorn der Theologischen
Facultet, unser Universitet Wittenbergk.
Schöttgens Diplom. Nachlese von Ober-Sachsen Th. IX,
  Bald darauf giengen die fatalen Zeit-Begriffe
der Universität an. Der Churfürst stunde wider
den Kayser in vollen Waffen, Hertzog Moritz
aber lag wider den Churfürsten zu Felde. Weil
man sich nun bey solcher Beschaffenheit der Sa-
chen zu Wittenberg eine Belagerung besorgete,
so ward den 6 Nov. 1546, durch einen offenen
Anschlag den Studenten zu verstehen gegeben,
daß sie sich von dar hinweg begeben möchten,
und wurde also die Universität dimittiret. Die
Stadt aber wurde bald das folgende 1547 Jahr
darauf, nachdem der Kayser vorher den Chur-
 
  {Sp. 1754}  
  fürsten bey Mühlberg den 24 April geschlagen
und gefangen, den 25 May eingenommen, wie
oben schon umständlicher ist erzehlet worden.
 
  Durch diese Troublen kam die Universität
ziemlich herunter, würde sich auch schwerlich so
bald wiederum erholet haben, wenn nicht der neue
Churfürst Moritz sich derselben auf das eifrig-
ste angenommen, und noch in dem 1548 Jahre
unterm Dato: Torgau den 7 Jenner, ihr einen
neuen Fundations-Brief ertheilet, und also mit
großer Sorgfalt wieder in den vorigen Stand ge-
setzet. Was für Liebe er zu dieser Universität
und Stadt gehabt, kan man aus folgenden Worten
schlüssen, die er gar öffters zu sagen ge-
wohnt gewesen.
 
  "Die Universität Wittenberg
soll mit meinem Willen nicht untergehen, denn sie
hat die Unkosten nur mit dem verdienet, daß
die Deutsche Bibel allda ist ausgearbeitet
worden.
 
  Im Jahr 1552 fieng die Pest daselbst an so
starck zu wüten, daß die Universität nach Torgau
muste verleget werden. Hochgedachter Churfürst
Moritz hat auch sonst vor das Aufnehmen der
Universität gesorgt. Er kauffte das Haus des
Augustiner Closters für 3700 Gülden von D. Lu-
thers hinterlassenen Kindern, deren Vater sol-
ches Churfürst Johann geschencket hatte; ver-
bauete darein auf die 3000 Gülden, und lies es
zu einem Collegio zubereiten. Das Nosoco-
mium zum Gebrauch der krancken Studenten,
desgleichen so viel hundert Malter Früchte zur
jährlichen Unterhaltung der Communität, erfor-
derten grosse Geld-Summen, wie auch die Sti-
pendien.
 
  Churfürst August, sein Nachfolger,
aber zierte noch mehr die Gebäude, und vermehrte
der Universität Einkünffte. So fundirte auch
Hochgedachter Churfürst August die Universität
Wittenberg abermahls von neuen und lautet
davon der Extract in seinem völligen Zusammen-
hange folgender maßen:
 
  "Von GOttes Gnaden, Wir Augustus,
Hertzog zu Sachßen, des heiligen Römischen
Reichs Ertz-Marschall und Churfürst, Land-
graf in Thüringen, Marckgraf zu Meissen, und
Burggraf zu Magdeburg; vor Uns, Unsere
Erben und Nachkommen, thun kund und be-
kennen, gegen jedermänniglich.
 
  Nachdem Uns
die würdigen und hochgelahrten, Unser lieben
andächtigen und getreuen Rector, Magistri und
Doctores Unserer Universität zu Wittenberg
unterthänigst zu erkennen gegeben, wie daß ihre
Vorfahren und sie von der Röm. Kayserl. Ma-
jest. weyland Herrn Maximiliano dieses Nah-
mens dem Ersten, Hochlöbl. und Christl. Ge-
dächtnüß, auch etlichen geistlichen Potentaten,
desgleichen von dem Hochgebohrnen Fürsten,
Herrn Friedrichen dieses Nahmens dem Drit-
ten, Herrn Johannsen, Herrn Johann
Friedrichen, und Herrn Moritzen, weyl. Hertzo-
gen und Churfürsten zu Sachsen, Unsern freund-
lich lieben Vettern und Brüdern, auch seliger
und milder Gedächtnüß von und nach Verän-
derung Unserer Stiffts-Kirchen, auf dem Schlosse
zu Wittenberg, wie auch von Uns hernachher mit
 
  {Sp. 1755|S. 891}  
  gnädigster Stifftung ihres jährlichen Einkom-
mens, Erb-Gerichten in ihren der Universität
Dörffern, Pfarr-Lehn und Eigenthum allerley
Privilegien, Gerechtigkeiten, Freyheiten, Immu-
nitäten und dergleichen, darinnen Wir auch be-
griffen alle und jede Donationes, Stifftung und
Confirmirung, so weyland von Chur- und Für-
sten des vorigen und Unsers Stammes der
Chur- und Fürsten zu Sachsen, laut und vermö-
ge ihrer Rescript, Brief und Siegel, zu gemeld-
ten Stifft der Kirchen aufn Schlosse gewidmet
und geeignet, und von dannen an vorgemeldte
Unserer Universität überwiesen.
 
  Als haben sie
Uns daneben unterthäniglich gebethen, ihnen
solche Unserer Vorfahren und Unsere gnädigste
Stifftung, um besser Aufnehmen Unserer Uni-
versität daselbst und um der Nachkommen will-
len gnädigst zu erneuern, zu confirmiren, und in
wenig Articuln zu vermehren, wie herna-
cher folget, als nehmlichen:
 
  Zum Ersten.  
  Uber ihr jährliches Einkommen an allen und
ieden ihren erblichen und wiederkäufflichen Geld-
Zinsen, die sich jetziger Gelegenheit nach ungefehr
fünfftausend und vier und funffzig Gülden, vier-
zehn Groschen u. 1. A. Pfennig erstrecken etc.
 
  Zum Andern an der Universität Erb-Ge-
richten, und derselben Zugehörungen,

nemlich:
 
  Die Erb-Gerichte in Flur und Felde des
Dorffs Pollensdorff, Piesteritz, Teuchel, Dit-
tersdorff, Melzwig, Reuden, Eutzsch, Köppenigk
und Absdörffer Marcken, auch die Probsteyen
zu Kemberg, Schlieben und Clöden samt allen
ihren Zinsen, Pächten, Nutzungen, und was son-
sten zu Erb-Gerichten gehörig, zu deme die Dien-
ste in vorgenannten der Universität Dörffern, und
stehet der Universität frey, die Dienste oder
Dienst-Gelder von ihren Unterthanen zu for-
dern, Item die Gerichts-Bussen in Fällen die
Erb-Gerichte belangende, Item die Lehn-
Waare wegen des vorfallenden Lehn-Hufen
oder Lehn-Gerichte etc.
 
  Als thun Wir alle und
jede vorhergeschriebene Articul von allen und je-
den der Universität jährlichen Einkommen an
erblichen und wiederkäufflichen Geld-Zinsen, wo
die jetzund stehen, und hinfüro nach abgelegten
und wieder angelegten Haupt-Summen hafften
möchten, immassen die Erb-Gerichte und der-
selben Zubehörungen in der Universität Dörf-
fern, Flur und Feldern, Pollensdorff, Piesteritz,
Teucheln, Diettersdorff, Meltzwig, Reuden,
Eutzsch, Köppenigk und Absdörffer Marcken,
auch Probsteyen, zusammt ihren Zinsen, Päch-
ten, Nutzungen, Diensten oder Dienst-Geldern,
Gerichts-Bussen, Lehn-Waaren, Abzug des vier-
ten Pfennigs, in etzlichen benannten und specificir-
ten Fällen, Fleischzehenden im Dorffe Vetzsch,
Holtzung und Eigenthum auf alten und neuen
Werther an und auf der Elben, wie auch auf
den Polnsberg, Item Hasen-Jagten, Fische-
reyen, desgleichen sonsten an jährlichen Korn-
Pächten, als an Weitzen, Rocken, Gersten, Ha-
fern, Zinß-Wachs, Zinß-Mohn, Zinß-Eyern,
Zinß-Gänsen, Zinß-Hünern, Probsteyen und
Pfarr-Lehn, zu Kemberg, Pollensdorff, Uzsch,
 
  {Sp. 1756}  
  Rackith, Wartenburg, Zieden, Schlieben, Le-
buß, Malizschkendorff, Hohenbuckern, Kulochau,
Wiederau, Liebenwerda, Plückhoff, auch Lo-
basse, Clöden, Jessen, Schönewalde, Rade,
Arnsnesse, Item zu Orlamund, Eißheld, Wey-
da, und Schalcken, wie auch von jährlichen Ein-
kommen, vor Unsere und dergleichen Stipendia-
ten, es sey in Geld, Zinsen oder Korn-Pachten,
die von Uns oder andern in der Universität allbe-
reit vor arme Studenten gestifftet, oder nach-
mahls möchten geordnet oder gestifftet werden,
auch alles und jedes iährliche Einkommen, das
zu Abrichtung und Erhaltung der Universitäts-
Hospitälen vor arme Studenten von Uns aus
Gnaden oder andern geschenckt und geeignet,
oder hernacher von Uns, Unsern Erben und
Nachkommen, oder aber andern guthertzigen
Leuten noch darzu geschenckt werden möchte, be-
neben zwey tausend Scheffel Rockens jährli-
chen Einkommens Wittenbergisches Stadt-
Maas, zu den gemeinen Tischen, Fürstlich und
wöchentliche Spenden, auch der zuvor ihnen
mitgetheilten, für und für währenden Unsern
Gunst- und Hülffs-Briefe, immassen alle an-
dere ihre Privilegien, Immunitäten, Be-
freyungen ihrer Person, Güter und Collegien,
neben den beyden ihren Hospitalien, die in Un-
serer neuen, oder allen vorigen Fundation, Re-
scripten, Verträgen und dergleichen Brieff-
lichen Uhrkunden begriffen, krafft dieses Brie-
fes, wissentlich von Uns, Unsere Erben und
Nachkommen bestätigen und confirmiren, ihnen
und allen ihren Nachkommen, dieselben insge-
sammt und insonderheit hiermit aus Churfürst-
licher Macht und Obrigkeit, und wollen, daß
ihnen und allen ihren Nachkommen diese Pri-
vilegien sammt allen ihren habenden Gerechtig-
keiten und Zustand unvermindert bleiben und
gehalten werden sollen.
 
  Wir verpflichten auch
Unsern Sohn, Erben und Nachkommen, daß
sie über solchen Unser Vorfahren und Unser
erneuerten Fundation treulich halten, und die-
selbe nicht hinterziehen, oder verändern lassen,
wie Wie er denn auch allen und jeden Unsern
Unterthanen, wes Standes sie seyn, hiermit
gebiethen, die Universität dabey, bey Vermei-
dung Unserer und Unserer Nachkommen ern-
sten Straffen und Ungnaden geruhligen blei-
ben zu lassen.
 
  Zu Uhrkund haben Wir Unser
grosses Insiegel an diesem Brief wissentlich han-
gen lassen, Uns auch mit eigener Hand unter-
schrieben, dabey seyn gewest und Gezeugen Un-
sere Cammer-Räthe und lieben Getreuen, Hannß
von Ponigkau, auf Pomsen, Herr Hieronymus
Kießwetter, auf Dittersbach, Cantzler, Herr
Georgius Craco auf Schönfeld, beyde der Rech-
ten Doctores, Bartholomäus Lauterbach zu
Gersdorf, Unser Rentmeister, Johann Jemitz
zu Lohmen, Unser Cammer-Secretarius, und
andere der Unsern genugsamen Glaubwürdigen,
geschehen und gegeben zu Dreßden, am Sontage
Palmarum, das war der dritte des Monaths
April nach Christi unsers lieben HErrn und
Seligmachers Geburth, Tausend Fünfhundert und
im Neun und Sechzigsten Jahre.
 
  Augustus Churfürst.„  
     

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Stand: 28. Februar 2013 © Hans-Walter Pries