HIS-Data
Home | Suche
Zedler: Gemeine [3] HIS-Data
5028-10-772-6-03
Titel: Gemeine [3]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 10 Sp. 781
Jahr: 1735
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 10 S. 404
Vorheriger Artikel: Gemeine [2]
Folgender Artikel: Gemeine, bedeutet in Heil. Schrifft
Hinweise:

vorhergehender Text  Teil 2 Artikelübersicht  

Übersicht
Schuldrecht (Forts.)
  Veräußerung
  Pacht
  Zoll oder Steuer
  Verjährung
Prozessrecht
Strafrecht
Mehrheitsbeschlüsse
  Protestantische Vorbehalte

Stichworte Text Quellenangaben
Veräußerung Es kan aber eine Gemeine nicht nur ex mutuo, sondern auch aus andern Contracten, wann sie auch schon auf eine Alienation der Gemein-Güter abzieleten, obligirt werden. Und zwar können solche Güter nicht nur aus Noth, sondern auch, wo es der Gemeine Nutzen erfordert, alienirt werden, angesehen dergleichen Gemein-Güter Proprietät und Dominium der Vniuersität in eben solcher Beschaffenheit zukommet, als einem Priuato seine Priuat-Güter.
  • L. 21. C. mand.
  • Lossae. p. 3. …
  und zwar, wann Sachen alienirt werden sollen, welche seruando seruari non possunt, oder die kein langes Aufhalten und Lager leiden, kan solches von der Gemeine oder deren Vorstehern ohne einige Solemnität geschehen. Ja es haben auch solche Gemein-Güter dieses besonders, daß wo sie mit einem Priuato etwas gemein haben, wann auch der Gemeine schon das wenigste davon zukäme, sie doch alles nicht nur verpfänden, sondern  
  {Sp. 782}  
  auch, weil gemeinschafftliche Sachen nicht wohl an einem Mann Stück-weise zu bringen, gantz verkauffen, oder auf andere Weise, auch wider des Socii oder Condomini Willen, distrahiren könne, wann ihm nur der Werth seines Antheils hinaus gegeben wird, es wolte dann der Socius eben so viel als ein anderer davor geben, und also die gantze Sache an sich handeln. L. un. C. …
  Hätte aber die Commun einige Sachen, welche aufgehoben werden können, iedoch der Gemeine keinen Nutzen bringen, und an sich gering seyn, so können solche die Vorsteher ohne besondern Befehl alieniren. Arg. cap. Terr. …
  Wenn sie nur selbige nicht selbst, oder durch andere unterschobene Personen an sich handeln.
  • Cacher. Decis. 109.
  • Richt. d. Diss. §. 27.
  Sind es aber Güter und Gemein-Sachen von grosser Wichtigkeit, ob sie schon pleno jure der Gemeinde zukämen, so können sie nicht ohne Consens der Gemeine oder derer Vorstehere expressen Mandat, und mit Obseruirung dessen, was etwa die Statuta oder Gewohnheiten, oder die Dispositio L. fin. C. de vend. rer. ciuic. mit sich bringen, worunter auch die Subhastation begriffen, alienirt werden. Loss. d. c. 5. n. 4. seq.
  Welchen Solennien auch die Gemeine nicht renunciren können, weil das Jus publicum solche vorschreibet, deme die Priuati nicht derogiren können: Es wäre denn eine solche Gemeine, welche die Jura superioritatis hätte, und die Macht Statuta und Leges zu ordnen, exerciren könnte.
  • L. 38. de pact.
  • Knips. de Ciuit. …
  Was aber diejenigen Sachen anbetrifft, welche der Universität nur der Proprietät nach, zugehören, im übrigen aber zum Gebrauch der einzeln Personen destiniret sind, können solche, als dem Commercio nicht dergestalt, wie die vorigen unterworffen, regulariter nicht distrahirt werden, und wer von deren Zustand weiß, und sie doch kauffet, mag den Schaden leiden, der es aber nicht weiß, kann des gespielten Betrugs wegen ad interesse agiren. L. 72. …
Pacht Es kann auch eine Vniuersitas ihre Güter verlassen oder verpachten, und das Bestand-Geld zum gemeinen Nutzen anwenden. Und geschicht solche Verpachtung insgemein von gesammten Vorstehern, oder doch denjenigen, welchen die Sorge über solche Güter oblieget. Wobey die Rechte erfordern, daß der Pacht-Mann Caution stelle, sothanen Gütern getreu und redlich vorzustehen, den causirten Schaden zu ersetzen, und den iährlichen Pacht richtig abzutragen, L. 2. …
  Hätten aber die Administratores nicht auf genugsame Caution gesehen, mögen sie sodann vor den Schaden stehen, wenn der Pachter nicht soluendo ist. Lossae de J. …
  Es wird auch zur Gültigkeit des Pachts solcher Gemein-Güter erfordert, daß sie öffentlich ausgeboten, und auf den Meistgebenden reflectiret, und wo ihm selbige zugeschlagen worden, kan die versprochene Pacht-Zeit nachgehends nicht mehr rescindirt werden, wenn auch schon ein anderer bessere Bestands-Conditiones offerirete. L. 2. …
  Wann aber die Pacht-Zeit verlauffen, höre auch der Pacht auf, iedoch wo der erste Pacht-Mann bey fernerer Verlassung der Gemein-Güter eben so viel Pacht-Geld geben will, als  
  {Sp. 783|S. 405}  
  der neue Beständner, so ist er auch demselben vorzuziehen. L. 4. …
  Inzwischen haben dergleichen Pacht-Leute obschon nur auf eine geringe Zeit, dennoch so gleich ein nutzbares Recht, dergestalt, daß sie alles dasjenige thun können, was die Gemeine selbst in Corpore zu thun vermag. Loss. d. I. n. 11.
  Was von einer zeitlichen Location gesagt worden, das hat auch in einer ewig-währenden Stadt, nemlich in der Emphytheusi oder Erb-Zinß-Gütern, da gegen einen jährlichen Canonem oder Zinß-Gemein-Güter überlassen werden, doch daß es auch mit Consens der Gemeine, oder nach des Orts Gewohnheit deren Vorsteherin geschehe. Wie dann auch dergleichen Güter zu Lehen gegeben, oder, wo man sie von andern zu Lehen hat, wieder als Affter-Lehen können verliehen werden. Struu. Synt. …
Zoll oder Steuer Weil bisweilen die Gemeinen oder einige vor den andern keine Gemein-Güter haben, welche sie verpachten oder verkauffen, und hierdurch die nöthige Gemein-Ausgaben bestreiten, oder Schulden bezahlen können, so wird ihnen zuweilen von ihren Obern zugelassen, einen gewissen Zoll oder Steuer auszuschlagen, wie denn fast insgemein und bey den mehresten Municpal--Städten gebräuchlich ist, daß gemeiner Stadt ein Weg- oder Pflaster-Zoll, denn eine Stadt Steuer zu erheben zugelassen, das Quantum aber von der Herrschafft determiniret, zuweilen auch ein gewisses Priuilegium darüber ertheilet wird. Lossae de Jur. …
  Und zwar was die Steuern betrift, die zu Zahlung einer Gemein-Schuld ausgeschlagen werden, ist in jure versehen, daß solche die Gemeine mit ihren Vorstehern, auch ohne der Ober-Herrschafft Vorwissen, wo nicht ein anders hergebracht, oder die Steuer von der Gemeine aus einer willkührlichen Ursache, oder einer solchen, die den Nutzen und Noth des gantzen Vaterlandes antrifft, imponirt würde, ihren Gemein-Genossen auflegen können.  L. 1. …
  Gleichwie aber, wie gemeldet, dergleichen Collectirung zu Abtragung der Schulden, nur in diesem Fall zugelassen, da keine Gemein-Güter vorhanden, und die Universitas keine Gemein-Cassam hat, denn diese wäre sonst vor allen Dingen zu executiren, und so wohl die beweglich- als unbewegliche Gemein-Güter anzugreiffen, ehe man an die eintzelne Gemein-Leute kommet; also und wo dergleichen ermangeln, kan auch der Gemeine von ihren Obern auferleget werden, zu Zahlung der Schuld, weil eintzelne privat-Güter und deren Personen davor allein zu hafften nicht gehalten seyn, eine Collectam auszufinden, und zu repartiren. L. fin C. …
  Doch ist bey solcher Steuer-Imposition nöthig, daß alle aus der Gemeine convocirt werden, weil es das Interesse und Praejudiz gesamter Gemein-Leute angehet, so daß auch der Consens des größten Theils nicht genug ist, wobey eine juste Gleichheit in acht zu nehmen, und wo ein und der andere daran zweiffelt, ihme das Catastrum und Anlags-Buch vorzulegen, ihnen auch die Zeit, binnen welcher solche Steuer bezahlt werden soll, zu determiniren ist.  
  {Sp. 784}  
    L. ult. ...
Verjährung Unter die modos, wodurch gemeinschafftl. Güter verlohren können werden, zählet sich auch die Praescriptio oder Verjährung. Und zwar kan eine Gemeine nicht minder als ein Privatus eines andern Sachen praescribiren, wann die hiezu nöthige Requisita vorhanden. Weil aber bona fides bey einer gantzen Gemeine schwehr zu beweisen fällt, und wo nur einer oder zwey eine Scienz hätten, daß die von der Gemeine possidirte Sache einem anderen zustehe, die possessio vitiös würde; dahero requiriren die Dd. einen Hundertjährigen Verlauff, binnen welchen alle Gemeins-Leute praesumtive absterben und alsdann könnte erst die Praescriptio angefangen werden. L. 2. de adq. poss.
  Was aber die Praescriptionem passivam betrifft, wollen zwar einige davor halten, es könnten solche Gemein-Güter gar nicht praescribirt werden, weil sie auch nicht alienirt werden sollen. Allein das Contrarium ist in jure klar versehen. vid. L. ult. C. …
  Wie viel Zeit aber hiezu requiriret werde? ist gleichfalls zweiffelhafft. Die sich auf L. ult. C. de SS. Eccl. fundiren wollen, daß in den Stadt-Gütern, und zwar in 4. Fällen, wenn nemlich selbige durch Erbschafft, durch Vermächtniß, durch Geschenck oder durch Kauff an die Stadt gekommen, eine hundertjährige Possession nöthig sey, im anderen aber sey eine Possessio von 30. oder 40. Jahre genug, welchen Lehr-Satz anderer auch auf Flecken, Dörffer und andere Gemeinen extendiren. Roll â Vall. 1. Cons. …
Prozessrecht Was aber ferner die gerichtlichen Sachen, worinn die Universität impliciret werden kan, anlanget so geschicht solches entweder, daß sie klaget, oder verklagt wird. Ist jenes, so muß sie dem foro rei folgen, und ihre action vor dessen ordentlichen Obrigkeit anbringen. Ist aber dieses, so muß sie gleichfals vor ihrer eigenen Herrschafft stehen. Hätte aber ein Herr selbst mit seiner Gemeine v.g. ein Fürst mit seiner municipal-Stadt zu thun, so muß die Sache beym Cammer-Gericht oder R. Hoffrath, wo nicht ein anders durch alte Gewohnheit oder Privilegium adquiriret ist, angebracht werden.  Roding. Pan. …
  Hingegen und wo vice versa eine municipal-Stadt oder Gemeine mit ihrem Fürsten zu thun hätte, so thun sie wohl, wenn sie in der erstern Instanz ihre Noth vor dessen Räthe vorbringen, wie denn in dergleichen Fällen löbliche Fürsten und Regenten von selbst geneigt seyn, ihren Unterthanen zu helffen, und dennoch in solchen Fällen gewisse ihrer Pflicht erlassene Räthe niederzusetzen pflegen, welche die Sache unpartheyisch untersuchen, und nach Befindung entscheiden. Gail. d. I. n. 19.
  Den Process selbst betreffend, wo nicht solche Sachen zur Klage kommen, welche einen summarisches Verfahren zulassen, v.g. Fiscal, Ze-  
  {Sp. 785|S. 406}  
  hend, Zinß, Ehe-Sachen, etc. wird mit den Gemeinen nicht anders als mit Privat-Personen, nach dem ordentlichen Lauf Rechtens, verfahren, davon weitläufftiger zu sehen. Richt. d. diss. …
  Woraus nur im Compendio dieses notire, daß die Citation wider eine Gemeine an dem Ort, wo sie sich zu versammlen pfleget, insinuiret, oder an die Rathhauß-Thür genagelt, oder wo die Gemeine ihre ordentliche Administratores hat, dieselbe citiret, und ihnen die Citatio eingehändiget wird. Ord. Camm. p. 1. tit. 38. §. zum vierten 10. et 13.
  Erscheinet nun die Gemeine, so muß es durch einen Syndicum geschehen. Beym Beweiß führen, wollen die Dd. die Gemein-Genossen zur Zeugschafft admittiren, wann es eine Sache ist, welche die Gemeine als eine universitatem v.g. in Gräntz-Scheidungen, etc. nicht aber als singulos angehet, v.g. im Gemein-Holtz, Gemeinheits-Sachen, wann ihnen durch das Homagium, womit sie der Herrschafft oder Gemeine zugethan, abgenommen, und sie schwören, daß sie bey ihrer Deposition keinen Nutzen zu hoffen haben. Men. A.I.Q. …
  Wann aber mit der letztern Gattung auch andere Vollglaubige concurriren, oder nebenst diesen Zeugen auch documenta producirt werden, oder das factum wäre so beschaffen, daß es von niemand könne attestiret werden, als von Gemeins-Leuten, so sind sie gleichfalls zu mehrerm Beweiß zu admittiren.
  • Surdus. Cons. …
  • arg. L. consensu. ...
  Wann auch die Universitas durch eine sentenz oder anders schädliches factum laedirt worden, wollen die Dd. daß sie die Jura minorum geniesse, und also restitutionem in integrum binnen 4. Jahren begehren könne, davon weitläufftig zu lesen Lossae d.J. … vid.
  • L. Respublica ...
  • L. Rempublicam. ...
Strafrecht Wegen der Criminal-Sachen ist noch zu mercken, daß gleich wie wider eine Gemeine könne gesündiget werden, v.g. durch Schmähung und Jnjurirung derselben, oder ihrer Vorsteher, oder auch eintzelner Gemein-Genossen, wann es nur intuitu universitatis geschicht.
  • L. 1. …
  • P. Frider. Mind. Lib. I. …
  Und können über eine der Gemeine angethane Injurie nicht allein die injurirte, sondern auch deren successores agiren, weil es der gantzen Universität, als einem unaussterblichen gantzen corpori angethan worden, Carpz. 2. …
  Also kann auch eine universitas wider andere delinquiren, per L. metus.
  Welches aber viel Dd. mit dem Bartolo mit Unterscheid wollen verstanden haben: Nemlich,  
 
  • entweder ist die Frage von einem Delicto, welches durch Unterlassung oder

    {Sp. 786}

    omittendo begangen wird, v.g. wann die Universitas etwas unterlässet, welches sie hätte thun sollen, wenn es auch schon durch ihrer Vorsteher negligenz geschehe, so begehet sie verè ac propriè ein Dilictum.
L. jubemus. …
 
  • oder es ist die Frage von einem Verbrechen, welches committendo begangen wird, wobey wiederum theils von niemand anders als einer Universität oder Gemeine v.g. Statuta zu machen, Steuern aufzulegen, Iurisdiction zu exerciren, etc. dann dergleichen kann ein Privatus thun, theils aber auch von Privatis können begangen werden, v.g. einen Todtschlag begehen, Gewalt zugebrauchen, Furcht einzujagen, etc. dergleichen Delicta letztern Art kann eine Gemeine propriè nicht begehen, weil dergleichen Verbrechen eine wahrhaffte Person requiriren, eine Universitas aber ist keine wahrhaffte, sondern nur eine fingirte Person, gleichwohl kann improprie von ihr gesagt werden, daß sie delinquire durch ihre Vorstehere und Administratores der Gemeine, oder wem dergleichen factum aufgetragen worden.
  • Bart. in L. …
  • Myns. 4. obs. 78.
  Daß aber von einer Gemeine könne gesaget werden ein Delictum committendo, ein anders ist omittendo, vid. Lossae. p. 5. … begangen zu haben, ist nicht genug, daß es ihre Vorsteher ausgeübet, auch nicht, daß der meiste Theil darein consentiret, sondern es muß die gantze Gemeine convociret, darüber deliberirt und geschlossen seyn; ausser dem ist nicht so wohl die Commun, als die einzelne einwilligende Personen des Verbrechens schuldig, welches die Dd. dahin extendiren, daß wann auch nur noch ein einiger von der Gemeine zu wider gewesen wäre, dannoch von der gantzen Gemeine nicht könne gesagt werden, daß selbige gesündiget habe.
  • Hahn. ad Wes. …
  • Bes. 2. …
  Noch weniger aber befindet sich die gantze Gemeine graviret, wann von ihren Bedienten und Vorstehern, wann sie auch schon eine freye Macht zu administriren hätten, ein Delictum verübet wird, weil auch vom mandato generali nicht zu glauben ist, daß dadurch freye Macht zu sündigen gegeben sey. arg. l. 15. …
  Es hätte dann die Gemeine ihrer Vorsteher Verbrechen verwehren und hintern können, mithin durch dessen Permittirung sich mit wissend und theilhafftig gemachet, Crav. C. 595. n. 2.
  wie dann auch, wo sie die Vebrecher aus der Gemeine, es seyn Vorsteher oder privat-Personen, darunter dultet, und sie nicht nach Gebühr abstraffet, sie eo ipso das delictum tacite ratihabiret, und so wohl als der Verbrecher in dolo constituiret wird, wann schon diese eintzelne kein Mandat von der Gemeine vor sich haben, mithin sich der Straffe unterwürffig machet. L. 152. …
  und ist  
  {Sp. 787|S. 407}  
  in diesem Fall eben nicht nöthig, daß das gesammte Volck nach Gewohnheit convociret, und über das factum deliberiret werde, weil solche Deliberirung nur in delictis momentaneis, welche gleich ausgemacht seynd, v.g. im Todtschlag, Brand, etc. nicht aber in denjenigen  statt hat, welche eine Zeit erfordern, als da sind Rebellionen, Turbationes eines andern Rechts, Befehdungen, etc. sintehmahlen wo die Gemeine solchen Lastern nachsiehet, ist sie indistinctè ohne Observirung obiger Solennien zur Straffe verbunden. Gail d. l. …
  Was aber die Bestraffung der Gemeine anlanget, ist solche nicht einerley, und geschicht entweder im Geld, oder auf schärffere Art. Ersterm Falls, pflegt die Straffe erstens von denen bonis communibus genommen, in deren Ermangelung aber eine Steuer unter die Gemeine ausgeschlagen zu werden, und zwar nur auf diejenigen, welche gesündiget, oder darein gewilliget, oder solches genehm gehalten, nicht aber denen Unschuldigen, und welche expresse widersprochen haben. Gomez. var. …
  Wäre auch sonst auf das Delictum, wann es auch schon das crimen laesae majestatis ist, eine Leibes- und Todes-Straffe zu imponiren, so wird doch dergleichen nicht leicht über eine gantze Gemeine, da so viel unschuldige Weiber und Kinder enthalten, verhänget, sondern man pfleget die Rädelsführer oder Vorstehere exemplariter am Leib zu straffen, andere zu verweisen, der Gemeine ihre Privilegia zu nehmen, Städten die Mauren niederzureissen, selbige in geist- und weltlichen Bann zuthun, theils von der unruhigen Gemeine anderst hin zu religiren, etc. Gomez. var. …
  Wie wohl heut zu Tage die Excommunication wider gantze Gemeinen verboten ist. C. Romana. 5. …
  Dergleichen ist auch von der Reichs-Acht zu sagen, daß solche nicht leicht auf gantze Gemeinen zu extendiren, sondern, wie insgemein geschicht, die Straffe in eine Geld-Buß verwandelt wird, welches der Praxi gemäß.
  • O. Cam. de an. 1542. §. würde sich aber jemand. 102.
  • Gail. d.l.n. 17.
  • Myns. 2. O. 30.
  Würde auch eine Universität in bannum Imperii declariret, so fallen deren Jura und Güter dem Executori der Reichs-Acht zu, welches insgemein die Craiß-Obersten seyn, der sie so lange brauchen kan, bis der Ächter von der Acht befreyet ist, und er die Executions-Kosten recuperiret hat. Ord. Cam. p. 3. …
  Gleich wie aber eine Commun durch ihr Verbrechen ietztgemeldter massen ihre Jura und Privilegia verliehren kan, als wo selbige durch Unglücks-Fall, als Erdbeben, feindliche Verheerung, Verschwemmung, etc. gantz zerstöret und zerstreuet würde, so verlieret dieselbe deren keines, sondern wo der Uberrest der Gemeine nebenst andern den Ort, es sey eine Stadt, Flecken, oder Dorff wieder aufbauet, so revivisciren so-  
  {Sp. 788}  
  dann die gleichsam ohne Leben gewesene Jura und Privilegia
  • Klock. 3. …
  • Gail. 2. …
Mehrheitsbeschlüsse Weil in dieser Materie der Gemeinen und Gemein-Sachen etliche mahl der meisten Stimmen, und daß solchen nach, oder nicht nach zugehen sey, gedacht worden, so wird nicht undienlich seyn, hievon einige wenige Erleuterung was vota majora heissen, u. wann oder wie sie zu regardiren seyn, beyzusetzen. Wobey in acht zu nehmen, daß die Majora, oder meisten Stimmen, auf dreyerley Art können consideriret werden.  
  1.) Respectu partis dignioris, oder in Ansehung derer aus der Gemeine, oder einem Collegio, welche die würdigsten seyn. Diese Würdigkeit aber fliesset nicht aus der Geburth und Adel, sondern aus der Ehren- und Amts-Stelle, welche man aus seiner Scienz, Erfahrung, Alter, Klugheit und guten Verstand erworben hat, oder auch nur aus den Tugenden, worinne in einem Collegio einer vor den andern praevalirt.  Farin. de testib.
  Allein weil weder das Jus Civile, noch auch die Reichs-Constitutiones und Praxis der Reichs-Täge diesen Vorzug der Dignität in votando observiret, massen auch sonst keine Verständniß und Einigkeit unter denen Votanten seyn könnte, weil sich sonderbare Consideration gemacht.  
  2.) Werden mehrere Stimmen genannt, welche saniora, und mit mehrer Klugheit, wichtigen Vernunffts-Gründen, und rechtlicher Ausführung versehen seyn. Wobey sich dann zutragen kann, daß zuweilen saniora vota denen Dignioribus, ob sie schon sonst eine grosse Praesumtion wegen ihrer adquirirten Dignität vor sich haben, vorgezogen werden, weil doch nicht alle Köpffe einerley Verstand und Wissenschafft haben, und zuweilen in einer gewissen Sache ein sonst wenig geschickter einem Klügern im votiren vorgehen kann. Und diese Saniora werden nicht so wohl in weltlichen Händeln als nach Disposition des Canonischen Rechts in geistlichen Sachen observiret. Felin. in c. 6. …
  3.) Werden mehrere Stimmen genannt, welche abstractivè von der Votanten Dignität oder Verstand, bloß den meisten Numerum machen, worauf fast in allen Collegiis heut zu Tage gesehen wird, und zwar nicht unbillig, weil es der gemeine Nutz einer Universität oder Collegii erfordert, als welches seinen Entzweck nimmer glücklich erlangen könnte, wann bey dissidirenden Votis nicht auf den Numerum gesehen werden soll; theils auch weil es vergebens wäre, eine gewisse Zahl der Gemein-Vorsteher, Raths-Herren oder Räthe denen Gemeinen oder Collegiis zu determiniren, wo die meisten nur pro forma da sitzen, und ihre Stimmen nicht die Majora mit machen sollen. L. 3. …
  Jedoch leidet diese Lehre ihre Exceptiones.  
  1.) wann die Sache, wovon in Collegiis, oder von Gemei-  
  {Sp. 789|S. 408}  
  nen gehandelt wird, nicht die Gemeine als Gemeine in universum, sondern als singulos angehet, dann in diesem Fall gehöret aller Consens zu einem Concluso, weil sie alle ihr Interesse praetendiren. L. 29. …
  2.) So offt desjenigen Consens nöthig, und dahero derselbe zu citiren ist, der dem Actui contradiciren kann, so offt können die meisten Stimmen denen wenigern Abwesenden nichts vergeben. Klock. de contrib.
  3.) Wann actus voluntarii vorfallen, das ist solche, welche nicht zur Nothdurfft oder nöthigen Unterhalt einer Sache requiriret werden, v.g. wann zum Pracht, zur Verehrungen, zur Verbesserung einer Gemein-Sache, Kosten aufzuwenden, oder Anlagen deßwegen gemacht werden, ist der Consensus majoris partis nicht genug, sondern eines einigen Contradiction ist hierbey gültig. Joh. Bapt. Costa. de fact.
  4.) Wann die meisten von der Gemeine etwas wider deren Statuta oder Priuilegia beschliessen wolten, denn weil hiedurch der gantzen Gemeine ein ewigwährendes Praejudiz zuwüchse, so ist der meisten Consens nicht nöthig.
  • L. fin. vers. …
  • Tut. Surd. 1. …
  5.) Wann die Sache, wovon die meisten von der Commun deliberiren und votiren, nicht zu ihrer Cognition, Macht und Jurisdiction gehöret. Dyn. et Beck. ad cap.
  6.) Wann ein Actus praejudicialis vorgehet, wodurch der Gegentheil laedirt werden kan, sollen billig alle, die ein Interesse daran haben, citirt werden. L. 47. …
Protestantische Vorbehalte Sonst haben auch die protestirende Stände in Comitiis remonstriret, in was Sachen die Majora nicht könnten statt finden, und zwar  
  7.) In Religions- und Gewissens-Sachen, daß der mindere Theil glauben und approbiren soll, was der grössere Theil sich pro articulis fidei erwählet.  
  8.) In Contributions-Sachen, weil kein Theil dem andern sein Geld aus dem Sack votiren kan. Bey welcher Materie doch, und daß bey Steuer-Anlagen die Majora zu consideriren seynd, weitläufftig aus führet Klock. de contrib.  
  9.) In Cammer-Gerichts-Sachen, weil demselben sein starcker Lauff gelassen werden soll, welcher weder durch Majora noch sonst zu inhibiren, zu restringiren oder zu limitiren.  
  10.) In Freyheiten, Privilegien und Immunitäten, welche sonst einigen Ständen per majora gar leicht könnten genommen werden.  
  11.) Im Religion-Frieden, samt dessen Zu- und Angehörungen.  
  12.) Im profan-Frieden und andern Sachen des gemeinen Vater-Lands Ruhe und Frieden betreffend.  
  13.) In denenjenigen Sachen, worüber die R. Cathol. mit den Evangel. streiten.  
  14.) In Sachen so wider die Billigkeit und wider die Regel quod quisque Juris in alium lauffen.  
  15.) In Austrägen, weil sonst Stände des Reichs leichtl. darum gebracht werden könn-  
  {Sp. 790}  
  ten.  
  16.)  In Fällen, so die Exsecutions-Ordnung, Reichs-Constitutiones, Gölden-Bull, und dergleichen anlanget.  
  17.) In Erbeinigungen, Verträgen, Compactaten oder dergleichen, haben die Majora auch nicht statt, lassen sich auch per majora nicht ändern oder glossiren, etc. Limnaeus Jus. Publ.
     

vorhergehender Text  Teil 2 Artikelübersicht  

HIS-Data 5028-10-772-6-03: Zedler: Gemeine [3] HIS-Data Home
Stand: 23. August 2016 © Hans-Walter Pries