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Zedler: Türcken [1] HIS-Data
5028-45-1629-8-01
Titel: Türcken [1]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 45 Sp. 1629
Jahr: 1745
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 45 S. 828
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Übersicht
  Ursprung der Türcken
  Türckische Historie [bis 1645]

  Text Quellenangaben
  Türcken, Lat. Turcae oder Turci, ein grosses und mächtiges Volck in Asien.  
  Es bedeutet das Wort Türck in ihrer Sprache eigentlich einen Bauer oder ungeschickten Menschen; daher man diese Nation, die sich am liebsten Muselmänner nennen lässet, nicht ärger, als mit dem Nahmen Türcken beschimpffen kan.  
  Ursprung der Türcken.  
  Ob wohl von der Türckischen Nation Herkommen die Scribenten nicht einerley Meynung sind, indem etliche sie lieber gar aus dem Trojanischen Kriege von einem Nahmens Turcus, so des Troilus Sohn und des Priamus Enckel gewesen seyn soll, deriviren,und dahero zwischen ihnen und denen Frantzosen eine sonderliche Verwandtschafft behaupten wollen; so ist doch wohl am wahrscheinlichsten, daß sie von den Europäischen Scythen entsprossen sind; welche zwischen dem Ponto Euxino und dem Caspischen Meere wohnten.  
  Sie waren vormahls ein eigenes Volck, und wurden in die, so gegen Westen, und die, so gegen Osten wohnten, eingetheilet. Jene hatten ihren Sitz an der Donau in Ungarn, diese aber in Asien. Sie geselleten sich zu den Saracenen, die sich unter dem Mahomet versammlet hatten, und machten mit ihnen Gemeinschafft, wurden auch durch gewisse Fürsten, welche sie Caliphen nenneten, regieret.  
  Sie hatten aber zwey Fürstliche Familien, die Ommiadas und Habbasidas, welche letztere am längsten gewähret. Nachdem ihr Fürst in dem 8 Jahrhundert verstorben, und mit ihm das Geschlecht der Ommiadar abgegangen war, erwählten sich die Syrer, Egyptier, Araber, Perser und Spanier, jedwede einen besondern Fürsten, deren der erste zu Bagdad, der andere zu Cairo, der dritte in Africa, der vierte zu Fez, der fünfte zu Toledo, Cordova, Saragossa und Granada in Spanien residirte; doch blieben Bagdad und Cairo die beyden Hauptsitze, und wurde der Fürst von Bagdad Calipha, der von Cairo aber Sultan genennet.  
  Es theilten sich diese Türckische Sultane wiederum, indem einer zu Nicea, der andere zu Iconien, der dritte zu Damasco, der vierte zu alle Aleppo, der fünfte zu Ninive residirte, welche auch in währenden Creutz Zügen vieles erdulten musten, bis sie sich wieder erholten, die Christen in dem 13 Jahrhundert aus dem gelobten Lande jagten, und ihre Regierung fortsetzten.  
  Zu Anfange des 14. Jahrhunderts machte sich Ottomann mächtig, brachte die andern Sultane unter sich, und warf  
  {Sp. 1630}  
  sich allein zum Regenten über die Türcken auf, wodurch er den Grund zu dem grossen und itzt so mächtigen Ottomanischen Reiche legte.  
  Türckische Historie:  
  Es haben die Türcken das Orientalische Kayserthum zwar erst 1453 nach Eroberung der Stadt Constantinopel behauptet; weil aber schon vorher mit den Türcken viele merckwürdige Dinge vorgegangen sind, so müssen wir die gantze Türckische Historie aus dem Grunde untersuchen.  
  Es ist im gantzen Türckischen Reiche nichts merckwürdigers vorgegangen, als wie die so genannte Ottomanische Pforte ist aufgerichtet worden. Wenn man nun dieses zum Grunde leget, so theilet sich die Türckische Historie von sich selcher in die Alte und in die Neue.  
  Die alte Türckische Historie begreiffet alles das, was mit den Türcken vorgegangen, ehe die Ottomanische Pforte ist aufgerichtet worden. Solches begreiffet vom Anfange des siebenden Jahrhunderts bis zum Anfange des vierzehenden Jahrhunderts, eine Zeit von 700 Jahren.  
  Die neue Türckische Historie begreiffet alles, was mit den Türcken vorgegangen ist, nachdem die Ottomanische Pforte ist errichtet worden. Das wird vom Anfange des vierzehenden Jahrhunderts bis auf diesen Tag fast auf die fünftehalbhundert Jahre ausmachen.  
  Das Türckische Reich hat seinen Ursprung von dem […] Mahomet, welcher ein Araber vom Geschlecht und der Profeßion nach ein Kaufmann war. Dieser Mahomet war sonst ein nicht ungeschickter Kopff […]. Sein Vater hieß Abdalia, und seine Mutter nennete sich Emine. Er erblickte das Licht der Welt im Jahr 570 nach Christi Geburt. Er kam in eines mit Nahmen Abdemonaple Dienste, und verheyrathete sich endlich gar nach dessen Tode mit seiner hinterlassenen Frau, Nahmens Cadige. Von derselben wurde er alsdenn zum Erben ihrer Güter eingesetzt, und folglich sehr reich und mächtig.  
  Dieses gab ihm Gelegenheit nach hohen Dingen zu streben, und nach dem Königreiche zu trachten, damit er nun solches desto leichter ins Werck stellete, gab er sich vor einen Propheten aus, und streuete viele Ketzereyen durch Hülffe und Beredung des Münchs Sergii aus, sonderlich wieder die Gottheit Christi, und war also zwischen einem Arrianer und Antichrist der erste und letzte Ketzer in dieser Materie, ob er schon CHristum sehr hoch lobet.  
  Er machte sein Gesetz-Buch, den so genannten Alcoran, aus christlichen und jüdischen Lehren, und vermischte diese mit vielen Heydnischen Fabeln. Er wurde aber anfangs dieser seiner neuen Religion halber aus der Stadt Mecca verjaget, welche Flucht bey den Türcken Hegyra genennet wird, und noch heutiges Tages so denckwürdig ist, daß die Türcken ihre Jahrzahl darnach zu schreiben pflegen.  
  Weil nun Mahomet nach solcher Flucht die Waffen ergriff, und seine Religion mit dem Schwerdte auszubreiten suchte, so geschahe es, daß dadurch der Grund zu dem weltberühmten Türckischen Reiche geleget wurde. Endlich nachdem er sein Reich bestätiget, starb er 631 im 65 Jahr zu Medina in Arabien bey dem rothen Meer.  
  Abba-Bucker, des verstorbenen  
  {Sp. 1631|S. 829}  
  Mahomets Vetter ward zum Caliph erwehlet im Jahr Christi 637. Er unterwarf etliche Städte seinem Reiche, und nachdem er zwey Jahre regieret starb er im Jahr 639.  
  Omar, ein Sohn Alehittab, ward nach ihm zum Caliphen creiret. Er führte viel Kriege in der Nachbarschafft, nahm Damascus und Palästina ein, ermordete viele Carmeliten auf dem Berge Carmel, griff Persien an, brachte gantz Syrien unter seine Gewalt, und machte ihm Egypten Zinßbar. Er kam nach Damascus, und nennete sich einen Kayser, und starb im Jahr Christi 643 nachdem er von dem Persier Abubula war verwundet worden.  
  Oßman, Assans Sohn, folgete auf ihn, und nachdem er ohngefehr zwölf Jahre regieret, ward er von den Seinigen auch umgebracht, und dieses geschahe im Jahr Christi 655.  
  Aly, des Abutalib und der Fatime Sohn, wurde hierauf zum Caliphen ernennet, und regierete ohngefehr fünf Jahre. Darauf aber gieng es ihm auch nach seiner Vorfahren Weise, nehmlich er wurde umgebracht, und dieses durch Abdurrhaman, im Jahr Christi 660.  
  Nach ihm folgen bis auf das Ende des siebenten Jahrhunderts  
 
  • Hasen, Aly Sohn,
  • Moaxias, Ophans Sohn,
  • Moabias oder Mahomet, des Abusophian Sohn,
  • Jesid, oder Hirid, sein Sohn,
  • Maula, Muthar, Marran
  • und Abdelmelech, des Marran Sohn
 
  Im achten Jahrhundert wurden zu Caliphen gemacht  
 
  • Ulid, Abdelmelechs Sohn,
  • Sulciman, als Abdelmelechs Sohn, des Ulid Bruder,
  • Omar, des Abdulaz Sohn,
  • Jesid oder Hirid, des Omar Vetter,
  • Hevjam oder Iscan, des Jezid Bruder,
  • Abraham oder Ibrahim, des Walid Sohn,
  • Marman
  • und Mahomet.
 
  In dem neunten Jahrhundert waren diejenigen Caliphen, die auf den Abdalla folgen,  
 
  • Abdalla der andere, Aron,
  • Mahomet,
  • Abdalla der dritte
  • und Mahomet.
 
  Dazumahl waren viele Factionen unter den Saracenen, also daß man keine Ordnung der Saracenischenen Fürsten findet bis aufs Jahr 1400 nach Christi Geburt. Derowegen machten die Türcken oder Turcomannen einen König unter sich selber, welchen sie Sadoc oder den Gerechten nenneten. Sadoc machte Persien und Syrien seinem Reiche Zinßbar, und hinterließ zum Successor Dogriz, welcher Mesopotamien und Silicien dem Kayser von Constantinopel abgenommen.  
  Aspalam folgete auf seinen Vater. Er sendete seinen Enckel Solyman in Cappadocien, welcher ihm schier gantz klein Asien mit seinen Waffen unterthänig gemacht. Darauf grif er Gottfried von Bouillon, General der christlichen Armee, im Jahr 1097 an. Und als er endlich die Stadt Jerusalem defendirte, wurde er von eben diesem Gottfried überwunden.  
  Melechla, Aspalams Sohn, folgete auf seinen Vater, schickte Arthot Sultan in Mesopotamien, und Solymann nach Antiochien, welches sie mit gewafneter Hand einnahmen, und ließ seinen Sohn Belchiarot zum Successoren. Als aber dieser ohne Erben gestorben, ist das Türckische Reich von vielen Fürsten aufs neue zertheilet worden, von welchen in den Büchern der Kriege, so die Christen im Oriente geführet haben, offt Meldung geschicht.  
  In dem zehenden Jahrhunderte fieng die Türckische Mo-  
  {Sp. 1632}  
  narchie an wieder lebendig zu werden. Denn Osmann oder Ottomann, Ertuculis Sohn, (dessen Vor-Eltern über sich zu steigen, diese waren: Solyman, Cabielpe, Cusulbag, Bainder, Oicoluc, Baisunger, Bakis-Aya, Ciaces-Aya, Toctemur, Versajob, Giokelpe, Ogus, Carachan, Cutbuzecce und Lecrac) legte durch seine Klugheit und Großmüthigkeit das rechte Fundament des Türckischen Reichs, und von ihm wird die Familie der Türckischen Kayser die Ottomanische genennet.  
  Nachdem er die Stadt Bursia eingenommen, versetzte er den Sitz des Reiches dahin. Darauf nahm er viele Städte in klein Asien ein, eroberte Anegra, Sebaße, und etliche andere an dem Euxinischen Meer, und fast gantz Natolien, ließ seine Armee über den Bosphorum nach Europa gehen und plünderte viele Landschafften aus; Ottomann starb um das Jahr 1327 oder 28.  
  Orcan, Urcan oder Orchanes folgete auf seinen Vater, und war ebenfalls ein tapfferer und glücklicher Kriegsmann, welcher bey der Griechischen Kayser Uneinigkeit und innerlichen Kriegen seine Pfeiffe im Rohre wohl zu schneiden wuste. Seine Brüder verfolgete er, er erweiterte die Grentzen seines Reichs bis an den Hellespont, unterwarf ihm Nicea, Nicomedia, Philippopoli, Gallipolii und etliche andere Städte, so wohl als gantz Mysien, Lycaonien und Phrygien. Einige schreiben ihm zu, daß er die so genannte Janitscharen Militz, als den Kern der Türckischen Infanterie, aufgerichtet. Er starb im Jahre 1348 oder nach andern 1358.  
  Wegen seines Nachfolgers sind die Scribenten nicht einig. Denn etliche sagen, daß ihm sein Sohn Solyman gefolget. Andere aber meynen, daß dieser noch bey des Vaters Leben durch einen unglücklichen Fall auf der Jagd mit einem Pferde umgekommen, und also unmittelbar auf den Orcan dessen anderer Sohn Amurath succediret. Wir wollen den Solyman indessen annehmen.  
  Solyman, Orcans Sohn, gieng über den Hellespont, und nahm Adrianopel, Pergamo und etliche andere Städte diß und jenseits des Hellesponts ein, ingleichen auch noch einen Theil von Thracien in den von einigen ihm angesetzten zweyen Jahren seiner Regierung, und starb im Jahr Christi 1360.  
  Amurath der erste, Solymans Bruder und Orcans Sohn, folgete in dem Reiche. Er schwächete den Griechischen Kayser in vielen Schlachten, nahm Thessalonica und viele andere herrliche Städte ein, und erweiterte sein Reich mercklich, nachdem er 37 Victorien erhalten. Etliche schreiben ihm seines Vaters Orcans, und seines Bruders Solymans Victorien zu, u. daß er am ersten nach Europa übergegangen.  
  Er war sehr grausam, denn er hatte seinen Sohn Siaux Schelebi erwürgen lassen, und er selber wurde von einem gefangenen Christen, welcher des Grafen Lazari aus Servien Diener ward, im 22sten nach andern 33sten Jahr seiner Regierung endlich auch umgebracht. Dieser Bediente des ehemahligen Grafen Lazari in Servien, welcher Graf, in der Action mit den Türcken auf der Wahlstadt geblieben war, hatte den Todes-Fall seines gewesenen Herrns so zu Hertzen genommen, daß er, bald hernach, unter dem Vorwande, als ob er etwas mit dem Türckischen Kayser zu reden hätte, sich vor den Kayser lassen ließ.  
  {Sp. 1633|S. 830}
  Und bey dieser Gelegenheit rächete er den Tod seines Herrn und erstach den Kayser im Jahr Christi 1383 oder wie andere wollen, 1393. Daher man seit der Zeit keinen fremden Gesandten bey der Audientz mehr verstattet, mit freyen Händen sich dem Sultan zu nahen, wie wir unten hören werden, wiewohl andere solchen Gebrauch von Bajazeth dem Andern, welchen ein Dervis beynahe ermordet, allererst herleiten.  
  Sonst ist er nach andern auch deswegen merckwürdig, daß er sich in Errichtung der Türckischen Militz verdient gemacht. Dieses scheinet auch nicht ohne Grund zu seyn. Einige schreiben ihm zwar die Erfindung der so berühmten Janitscharen Militz zu, davon wir unter dem Orcan schon Erwehnung gethan. Allein wir wollen jenem diesen Ruhm nicht streitig machen, und auch diesen die Verdienste wegen Errichtung der Türckischen Militz nicht absprechen.  
  Es kan seyn, daß sich dieser mehr, da jener das Fuß-Volck auf guten Fuß gesetzet, um die Reuterey besorgt gewesen, und daß er also die sogenannten Spahi eigentlich gestifftet, und zu deren Unterhaltung einen Theil von denen eroberten Landen zu unterschiedlichen Timar angewendet, wovon wir nicht undeutliche Zeugnisse in denen Schrifft-Stellern antreffen. Überdieses soll er sich auch zuerst eines Groß-Veziers bedienet haben.  
  An seine Stelle kam sein Sohn Bajazeth, mit dem Zunahmen Gilderum, d i. Donner-Strahl, den er deswegen bekam, weilen er alle seine benachbarte Fürsten erschreckte, viele Provintzen verwüstete und sich überhaupt sehr formidabel machte. Er nahm die Stadt Icone, heutiges Tages Cogne, ingleichen Cäsarea, Delphis und andere ein. Ungarn und Bosnien durchstreifte er, und überwand im Jahr Christi 1396 den König in Ungarn Sigismund in einer Schlacht, bekam auch den Grafen von Nevers, des Hertzogs von Burgund Sohn, gefangen, welcher aber wieder rantzioniret wurde. Es sollen in derselben Schlacht 20000 Christen und 60000 Türcken geblieben seyn.  
  Endlich belagerte er Constantinopel. Aber weil der Tartar Tamerlan in Natolien einfiel, befand er vor gut, die Belagerung wieder aufzuheben, und ihm bey Anegra entgegen zu ziehen. Daselbst aber ward er bey dem Berge Stolo totaliter geschlagen und nebst seiner Gemahlin gefangen und verlohr also Reich und Freyheit.  
  Er muste hierauf ein elendes Leben in einem eisernen Kefich führen, und dem Tamerlan vor einen Fuß-Schemmel, wenn er zu Pferde sitzen wolte, dienen, ja er muste selbst mit ansehen, wie seine Gemahlin dem Tamerlan bey der Tafel gantz nackend aufwarten und das Trincken darreichen muste. Daher auch die Türckischen Kayser seit diesem bis auf Solymann den Grossen keine rechte Gemahlin geheyrathet, sondern sich nur mit Kebs-Weibern beholffen, damit ihnen dergleichen Affront künfftig nicht mehr wiederfahren möchte, wiewohl andere noch andere Ursachen davon angeben.  
  Nachdem er aber etliche Jahre in solchem elenden Zustande zugebracht, wurde er so unsinnig, daß er den Kopff wieder das Eisen stieß, und sich also selber umbrachte, im Jahr 1400, oder wie andere sagen im Jahr 1403. Er hat sechs Kinder gehabt, nehmlich Mustapha, Scheleby  
  {Sp. 1834}  
  welcher in eben der Schlacht, darinnen sein Vater gefangen worden, umgekommen, Isa oder Josue-Scheleby, Emyr-Solyman, welchen andere Muselman, Musa, oder Moyse-Scheleby, Sultan Mahomet, und Casan-Scheleby nennen.  
  Josue nahm nach dem Tode seines Vaters das Reich ein, richtete das zerstreuete wieder auf; wurde aber von seinem Bruder Musa gefangen und umgebracht, im vierten Jahre seines Reiches.  
  Emyr-Soliman oder Musulman wurde zu Adrianopel zum Kayser ausgeruffen, verfolgete seinen Bruder Moyse, führete anfänglich glückliche Kriege, fiel aber endlich gantz in Wollüste, und wurde im 1411 Jahr Christi, als in dem 7 seiner Regierung umgebracht.  
  Musa oder Moyse-Scheleby folgete auf seinen Bruder, verrichtete viele tapffere Thaten, ward endlich durch Verrätherey von seinem Bruder Mahomet gefangen, und auf dessen Befehl im dritten Jahre seines Reichs erwürget.  
  Endlich setzte Mahomet, Bajazets Sohn, das Türckische Reich wieder in seinen alten Stand, brachte Pontum, Cappadocien, und andere Provintzen unter sich: nahm Natalien wieder ein; bemächtigte sich Servien, Bosnien, der Walachey, und eines Theils von Epirus und Macedonien, verlegte den Kayserlichen Sitz von Barsa nach Constantinopel, da er im 1422 Jahre seines Reichs gestorben ist.  
  Amurath der Andere, Mahomets Sohn wurde hierauf zum Kayserthum erhoben. Dieser that sich mit neuen Victorien hervor, nahm Thessalonica, Sophia und viele andere Städte ein, brachte das gantze Morea und einen Theil von Spirus unter sich; schlug den König Uladislaus von Ungarn im Jahr 1344 bey Varna; zwang den Johannem Castratiotam, ihm die Stadt Croya und seine eigene Kinder zu überliefern, von welchen Scanderbeg, der tapfferste Kriegs-Held seiner Zeit, den Türcken viele Schlachten abgewonnen, und ihnen sein väterliches Erbgut wieder abgenommen: also, daß Amurath selber vor Bekümmerniß im 1451 Jahre und 30 seines Reichs den Geist aufgab.  
  Mahomet der Andere, des Amuraths und der Irene Sohn, nahm das Reich im 20 Jahre seines Alters an. Zwey Jahre nachhero, als 1453, gieng er vor Constantinopel, belagerte es, und bekam es ein. Er nahm viele Züge vor wieder die Griechen, Hungarn, Siebenbürgen, Venetianer, und andere. Und nachdem er sein Reich mit vielen Städten und Provintzen vermehret, starb er im Jahre Christi 1481 im 31 seines Reiches zu Nicomedia.  
  Bajazeth der Andere, Mahomets Sohn, verjagte seinen Bruder Zemi, und succedirte seinem Vater, bemächtigte sich vieler Städte, als Tarsis in Cilicien, Lepantho, Burazzo, und vieler andern, die unter des vorigen Regierung vom Peloponnes noch übrig geblieben, und wurde endlich mit Giffte hingerichtet, wie man davor hält, von seinem Sohne Selim, dieses geschahe im Jahre Christi 1512, im 30 seines Reichs.  
  Selim, Bajazeths Sohn, brachte seine zwey Brüder Corcut und Achmat um, ingleichen seine sieben Enckel, zog folglich das Reich an sich, nahm Tauris, die Haupt-Stadt in Meden ein, eroberte gantz Egypten und Syrien, nachdem er ihre Könige überwunden. Als er nun wieder umgekeh-  
  {Sp. 1635|S. 831}  
  ret nach Constantinopel, und von dar nach Adrianopel gegangen, starb er im Jahr Christi 1520, als in dem 9 seines Regiments.  
  Soliman, Selims Sohn, folgete seinem Vater, trieb die unter ihrem Ober-Haupt dem Gazelles rebellirende Mamelucken in Syrien zu paaren; belagerte alsobald Belgrad in Pannonien, eroberte es im Jahr 1522. Das daraus folgende Jahr nahm er die Insel Rhodis ein, und andere Städte in dem Archipelagus, ingleichen viele Städte in Ungarn, als Ofen, Stul Weissenburg und Gran; er bemächtige sich der Stadt Babylon, Van in Armenien, Tripoli in Syrien und viel anderer.  
  Und was noch mehr ist, so belagerte er zu gleicher Zeit die Insel Maltha, mit einer grossen Kriegs- Flotte, und Wien, die Haupt-Stadt in Österreich mit einer grossen Armee. Allein er wurde gezwungen, alle beyde Belagerungen aufzuheben, und starb im Jahr 1566 den 4 September, im 46 Jahr seiner Regierung.  
  Selim der Andere, Solimans Sohn, folgete seinem Vater im Reiche, im 42 Jahre seines Alters. Er nahm die Insel Cypern und etliche andere den Venetianern gehörige Städte ein, im Jahr 1571, wie auch Goletta, so den Spaniern zuständig im Jahr 1574: allein im Jahr 1572 den 17 October ward seine Flotte, welche in ohngefehr 300 Galeeren bestund, gäntzlich geschlagen, nehmlich in der berühmten Schlacht bey Lepantho, worinnen 25000 Türcken umkamen, 4000 mit ihrem General gefangen wurden, und dadurch 14000 Christen aus der Sclaverey erlediget. Er starb im Jahr Christi 1575 im 9 Jahre seines Königreichs.  
  Amurath der Dritte, kam 1575 nach Selimus dem Andern zur Regierung. Dieser Amurath gieng niemahls zu Felde, sondern hieng zu Hause der Wollust nach. Denn seit dem Bajazeths des erstern Gemahlin von dem Tamerlan so schimpflich war gehalten worden, so bunden sich die Türckischen Sultane so genau an keine Person; sondern eine Concubine ward bey ihnen so hoch gehalten, als die andere, und bey denen immerwährenden Abwechselungen wurde der Exceß vergrössert.  
  Hierzu kam auch dieses, daß Mahomet in seinem Gesetze befohlen, daß sich niemand zu keiner andern Weibsperson halten solte, wenn er sich nicht vorhero gebadet hätte. Denn weil sich Amurath bey so gestalten Sachen gar offte baden muste, so wurde dadurch seine gantze Natur ruiniret.  
  Unterdessen aber ließ er seinen Groß-Vezier zwey auswärtige Kriege in Persien und Ungarn führen. Den Persianischen Krieg fieng er im Jahr 1576 an, und ließ sich einen Türckischen Pfaffen darzu bereden, welchem geträumet hatte, als wenn er Amurathen in Persien triumphiren sähe, und als wenn am Divan, das ist das Gebäude, darinnen geheimer Rath gehalten wird, die Worte stünden: Amurath, Überwinder der Perser! Doch der Persische König brauchte den Vortheil, daß er allemahl sein Land selber verwüstete, daß die Türcken, wenn sie hinkamen, nichts zu fressen funden, und endlich 1588 Frieden machen musten.  
  In diesem Persianischen Kriege wollen sich die Europäischen Tartarn am schwartzen Meere zu den Persern schlagen: Aber Amurath trieb sie zu paaren, und setzte einen neuen Chan, oder Fürsten  
  {Sp. 1836}  
  über sie, welcher den Groß-Sultan vor seinen Ober-Herrn erkennen muste. Solches geschah im Jahr 1584, und seit dem ist die Europäische Tartarey beständig unter dem Türckischen Joche geblieben.  
  Der andere Krieg ward im Jahr 1590 mit den Christen in Ungarn angefangen, und zwar aus folgenden Ursachen: Oben in Dalmatien, wo die Österreichische Festung Zeng gelegen ist, wohneten die Uschochi, ein räuberisches Volck, welches denen Türcken in Croatien grossen Schaden zufügete. Weil nun dem Römischen Kayser Schuld gegeben wurde, als wenn er dazu mit Fleiß durch die Finger sähe; so ward daher eine Ursache zum Kriege gleichsam vom Zaune gebrochen. Wiewohl vielmehr der Groß-Vezier Sinan daran Schuld war, welcher die Unordnung unter der Türckischen Militz sahe, und dessentwegen dem Sultan den Rath gab, er solte seiner Armee Christen-Fleisch zu essen geben; wo nicht, so würde sie sich selber auf Türckisch Fleisch zu Gaste bitten.  
  Dieser Ungarische Krieg hat unter drey Türckischen Kaysern funfzehen Jahr nach einander gewähret, und ist der Anfang unter Amurath dem Dritten, der Fortgang unter Mahomet den Dritten, der Ausgang aber unter Achmet dem Ersten gewesen. Das wichtigste, das zum Anfange dieses Krieges unter Amuraths Regierung vorgieng, war die Eroberung der unvergleichlichen Festung Raab. Denn dieselbige übergab der Graf von Hardeck im Jahr 1594 den Türcken ohne alle Nothwendigkeit, deswegen ihm auch zu Wien davor der Kopff vor die Füsse geleget wurde. Bald darauf starb Amurath der Dritte, welcher länger hätte leben können, wenn er sich in der Wollust gemäßiget hätte.  
  Mahomet der Dritte, weil er seinen 19 Brüdern nicht viel gutes zu trauete, ließ beym Antritt seiner Regierung allen das Leben nehmen. Und weil er nicht wuste, ob von seines Vaters Kebs-Weibern etliche möchten schwanger seyn, so ließ er dieselben alle im Meere ersäuffen. Hierauf setzte er den Krieg in Ungarn, welchen sein Vater angefangen hatte, persönlich mit abwechselndem Glücke fort. Denn im Jahr 1595 eroberte der Christliche General von Mannsfeld die Festung Gran, und schlug den Türckischen Entsatz. Als er aber vor Durst unreif Obst gegessen hatte, starb der trefliche Held an einem Durchfall. Hingegen im Jahr 1596 eroberten die Türcken Erla, und schlugen die Christen aus dem Felde, welche sich den Sieg dadurch aus den Händen spielen liessen, weil sie allzuzeitlich auf die Beute fielen.  
  Ferner im Jahr 1598 eroberte der Graf Schwartzenberg die Festung Raab durch eine Kriegs List. Denn weil er Kundschafft hatte, daß aus Ofen Proviant ankommen solte, gab er sich davor aus und ward in der Nacht in die Festung gelassen. Zum Andencken ließ er einen steinern Hahn über das Thor setzen, und darüber die Worte einhauen:  
  Wenn dieser Hahn wird krehen,
Soll Raab wieder übergehen.
 
  Hingegen kam im Jahre 1600 die schöne Festung Canischa durch Verrätherey des Commendantens, George Paradiesers, den Türcken in die Hände,  
  {Sp. 1637|S. 832}  
  deswegen ihm auf Befehl des Kaysers zu Prag die meyneidige Hand, und der unchristliche Kopf abgehauen ward. Wiederum 1601. eroberten die Christen die Festung Stul-Weissenburg, wobey sonderlich der General Roßwurm, seine Tapfferkeit sehen ließ. Doch eben dieser Roßwurm ließ das folgende Jahr Proviant in Ofen folgen, und machte dadurch die Belagerung der Christen zu nichte, weswegen er auch zu Prag enthauptet ward.  
  Als nun Mahomet der Dritte die Lust im Kriege einigermassen gebüsset hatte; so hieng er nach dem Exempel seiner Vorfahren der Wollust nach, und ließ seine Lieblinge und Concubinen im Regimente machen, was sie wolten, so lange bis endlich 1603. ein gefährlicher Tumult darüber entstand, daß die Kaiserliche Residentz, welche Türckisch Serai, Frantz. Serail, Ital. Seraglio genennet wird, etliche Tage nach einander mit mehr als 30000. von aufrührischem Gesinde besetzet war. Der Tumult war auch nicht eher zu stillen, als bis Mahomet diejenigen zum Tode verdammete, welche die Aufrührer bald Anfangs zur Strafe verlanget hatten. Es ward auch ein Kayserlicher Printz Mahomet blos darüber stranguliret, weil seine Mutter Zeit währenden Tumults einen Sternseher gefraget hatte, ob dieser ihr Sohn dem Vater succediren würde oder nicht.  
  Weil man nun angemercket hatte, daß die öffentlichen Wein-Häuser in Constantinopel zu diesem Auflauff viel Gelegenheit gegeben hatten, weil sich die Rebellen darinnen hatten mit einander bereden können, so ward ein Befehl publiciret, daß noch denselbigen Tag aller Wein in gantz Constantinopel ins Meer muste gegossen werden, ob sich der Schaden gleich auf zwey Millionen belief Denn an diesem Tumulte konnte man sehen, warum Mahomet, der Vater der Türckischen Religion, das Weintrincken so scharf verbothen hatte. Kurtz darauf starb dieser Kayser Mahomet der dritte im Jahr 1603. an der Pest oder wenigstens an einer Kranckheit, die der Pest nicht unähnlich war.  
  Achmet der erste, des vorigen Nachfolger und Sohn, schlug seinem Vater in allem Bösen nach. Dahero es in dem Türckischen Reiche von Tage zu Tage schlimmer ward; wiewohl er von andern als ein gerechter und gütiger Mann beschrieben wird, der seinem Bruder Mustapha verziehen, und so gar zu seinem Nachfolger erkläret haben soll. Er setzte zwar sowohl den Persischen, als Ungarischen Krieg fort, und eroberte das Jahr 1605. die Festung Gran, mehr durch Nachläßigkeit der Christen, als durch Tapferkeit der Türcken.  
  Als er aber merckte, daß es auf allen Seiten an guten Officirern fehlete, so beschloß er mit allen seinen Feinden Friede zu machen, welches auch im Jahr 1606. mit den Christen, und 1615. mit den Persianern ins Werck gesetzet wurde. Der Friede mit den Christen ist sonderlich merckwürdig, weil darinnen aller Streit wegen des Kayserlichen Titels aufgehoben wird. Denn da sonst die Türcken nicht gestehen wolten, daß der Griechische Kayser Nicephorus sich jemahls mit Carl dem grossen deswegen verglichen hätte, und dannenhero den Römischen Kayser, Deutscher Nation vor keinen occidentalischen Kayser erkennen wollen; So ward hiermit  
  {Sp. 1638}  
  die Sache aus dem Grunde dergestalt gehoben, daß hinführo zu beyden Seiten nicht nur der Kayserliche, sondern gar der Brüderliche Tittel solte gebrauchet werden. Er starb den 11 November 1617. im 14 Jahre seiner Regierung.  
  Nach diesem folgete Mustapha, des vorigen Bruder. Er hatte bis anher im Gefängniß gesteckt, darinnen er aber gantz tumm und unverständig geworden war. Weil aber des Bruders Söhne noch jung waren, so hatte Achmet selber gerathen, daß man den Bruder erstlich auf den Thron setzen solte. Als er nun oftmahls die kostbarsten Sachen zum Fenster hinunter warf, auch einem Bettler einen Brief an den Römischen Kayser zu bestellen gab, in welchem er denselben nach Constantinopel invitirte, mit der Versicherung, daß er ihm sodann das Occidentalische Kayserthum abtreten wolte; so merckte man wohl, daß es mit seinem Gehirn nicht recht bestellet war, und wanderte deswegen mit ihm wieder nach dem Gefängnisse zu. Wiewohl er fünf Jahr darnach dennoch wieder auf den Thron erhoben ward.  
  Osmann, des Kaysers Achmets des ersten Sohn, folgete hierauf im Regiment. Er war ein Printz von 16 Jahren, als er die Regierung antrat, und also Alters wegen nicht im Stande einem solchem Reiche vorzustehen Zu seiner Zeit hatten die Cossacken allerhand Räuberey auf Türckischem Grunde und Boden verübet. Und weil die Pohlnische Republique keine Satisfaction davor schaffen wolte, so ward im Jahr 1629. der Krieg wieder Pohlen beschlossen. Der muthige Osmann gieng im 19 Jahre seines Alters selber mit zu Felde. Weil er aber noch keine Kriegs- Erfahrung hatte, so lief die Expedition gar übel ab. Vor dem Abzuge ließ er seinen Bruder Mahomet, stranguliren, damit er ihm unterdessen keine Händel machen möchte. In währendem Marsche baten ihn vier Türckische Mönche um ein Allmosen. Darüber ward sein Pferd scheu, und taumelte sich dergestalt mit dem Kayser, daß ihm der Turban vom Kopfe herunter fiel. Weil nun alsobald ein böses Omen daraus geschöpfet ward, so ließ er die 4 Mönche gleich in Stücken zerhauen.  
  Die Türckische Armee bestund in 400000 Menschen, und muste 60000 Gezelte und einen Platz 4 Meilen haben, wenn sie sich lagerte. Der Pohlnische Printz Vladislaus, aber hatte nur 80000 Pohlen, mit welchen er sich aber dergestalt verschantzet hatte, daß ihm die Türcken nicht beykommen konnten. Osmann wolte darüber gantz rasend werden, daß er seine Macht nicht brauchen konnte, und ließ deswegen das Pohlnische Lager bey Cochin oder Coczin einmahl über das andere stürmen. Nachdem aber bey unterschiedenen Anläufen ohngefehr 60000 Türcken ins Graß gebissen hatten, so lernete er mit seinem Schaden allmählig verstehen, daß es mit der blossen Menge nicht allemahl ausgerichtet sey.  
  Endlich fiengen die Janitscharen an zu murren, und wolten zwar mit Menschen, aber nicht mit Wällen und Mauren fechten. Als nun Osmann merckte, daß er seiner eigenen Armee nicht gewachsen war, nahm er mit den Pohlen Friedens- Tractate vor, und wickelte sich aus dem Kriege, so gut er nur konnte So bald er nach Hause kommen war, befand er vor  
  {Sp. 1639|S. 833}  
  gut, seine Residentz nach Asien zu verlegen, damit er sich dieser ungehorsamen Armee entschütten, und in Syrien und Egypten andere Völcker annehmen könte. Zu dem Ende suchte er erstlich die schwürigen Gemüther derer Soldaten durch Spendagen zu besänftigen, welches aber nunmehro zu späte war. Und hernach gab er vor, als wenn er eine Wallfahrt zum Grabe des heiligen Mahomets in Arabien thun wolte, damit er nur mit Manier dieser Armee aus den Hände käme.  
  Allein die Soldaten rochen den Braten, und je mehr sie spendiret bekamen, desto mehr wurden sie insolent; ja endlich kündigten sie Osmannen den Gehorsam gar auf, und setzten den bisher incarcerirten Mustapha, Osmanns Vaters Bruder wieder auf den Thron. Als nun dieser das andere mahl den Thron bestiegen, so war er im Gefängnisse so verhungert und verdurstet, daß er kaum gehen konte. Nichts destoweniger muste er par force ein Kayser seyn.  
  Die Soldaten brachten den gefangenen Osmann vor ihn, daß er ein Urtheil über ihn sprechen solte. Weil er aber vor Unverstande nicht wuste, was er sagen solte, und nur die Hände zusammen drückte, so meyneten die Soldaten, er wolle Osmann gefangen gesetzet haben, und brachten ihn dannenhero in die sogenannten sieben Thürme. Es fanden sich aber bald Leute, welche dem Mustapha riethen, daß er diesen Osmann sobald solte stranguliren lassen. Und das geschah auch, ob sich gleich Osmann so wehrete, daß sie ihm kaum den Strick über den Halß bringen konnten Und das war der erste Türckische Kayser, der von seinen eigenen Leuten ermordet worden. Daraus man den verwirrten Zustand damahliger Zeiten deutlich abnehmen kan.  
  Der Groß-Vezier wolte nun den armseligen Mustapham gerne auf dem Throne behaupten, und sprengete dannenhero aus, als wenn er vor sonderbarer Heiligkeit so wunderliche Geberden hätte, wolte auch daraus ein Wunderwerck machen, daß gleich bey seiner Erhöhung auf den Thron, die Theurung im Türckischen Reiche nachgelassen hätte. Allein der Mufti, machte allein diese Anschläge zu nichte, und disponirte die aufsätzigen Soldaten dahin, daß sie den Mustapha, mit dem sie ohnedem nichts anfangen konnten, zum andern mahle wieder ins Gefängniß verwiesen, und sich einen neuen Kayser wehleten.  
  Einige erzehlen, daß dieser Mustahpa anfangs das Reich freywillig seiner Mutter übergeben, weil er sich dazu vor untüchtig befunden. Zu seiner Zeit habe der König in Persien, Abbas, Babylon hinweg genommen, und weil ein grosser Lermen im Reiche geworden, sey er willig völlig davon abgestanden, und habe sich in ein Privatleben, im Monat September 1623. begeben.  
  Amurath der Vierdte, wurde hierauf zum Kayser erwehlet. Er war nur funfzehen Jahr alt, als er die Regierung antrat, und weil sich bisher die Militz ziemlich ungehorsam gegen den Groß-Sultan erwiesen hatte, so nahm sich dieser vor, ihren Hochmuth zu demüthigen, und regierete deswegen so strenge und tyrannisch, als keiner vor ihm gethan hatte. Wenn ihm das Essen nicht schmecken wolte, so ließ er alsobald den Koch aufhencken. Ein Kauffmann hatte nur durch ein
  {Sp. 1640}
  Perspectiv von seinem Hause in den Kayserlichen Pallast gesehen, darüber ward er alsobald auf seinen Befehl zum Fenster hinaus gehangen. Ein Medicus discourirte von den Würckungen des Opii, den zwang er alsobald, daß der arme Mann an sich selber die Probe machen muste. Sein Bruder machte ihm ein Compliment, weil es aber zu klug gerathen war, so ließ er ihm denselben Tag noch stranguliren. Dadurch setzte er sich in solche Autorität, daß die Pagen flugs zum Fenster her unter sprungen, wenn dem Kayser etwas entfallen ward, damit sie ihm nicht etwan durch Verweilung zum Zorne reitzen möchten. Ja als sich der Mufti unterstund dem Kayser in etlichen Dingen zu wiedersprechen, ließ er denselben ohne alle Gnade und Barmhertzigkeit stranguliren, welches das erste Exempel war, so lange Mahomets Religion gestanden hatte.  
  Mit den Christen hat dieser Kayser keinen absonderlichen Krieg geführet. Denn die Siebenbürgischen Händel lohneten sich nicht der Mühe. Hingegen wandte er seine Macht nach Persien. Er schickte drey grosse Armeen Babylon wieder einzunehmen: Aber die zwey erstern wurden fast gantz zu nichte gemacht, und musten unverrichteter Sache wieder umkehren.  
  Die dritte, dabey der Groß Türcke selber war, nahm 1638. Babylon ein, vielmehr durch Verrätherey, als durch Macht. Dabey ohne Unterscheid alles niedergehauen wurde, von welcher Zeit an numehro diese Stadt Bagdad ist genennet worden, welche auch bis auf den heutigen Tag in Türckischen Händen geblieben ist. Dieser rächete den Tod seines Bruders und ließ viele von den Seinigen umbringen. Er war ein grosser Christen-Feind, und starb im Jahr 1639. plötzlich, nachdem er Babylon erobert hatte, und von der Expedition wieder nach Hause gekommen war.  
  Ihm folgte, Ibrahim, des vorigen Kaysers Amuraths des vierdten Bruder welcher mit allen seinen Concubinen keinen Sohn hatte zeugen können. Die andern Brüder waren alle hingerichtet, und wenn Ibrahim nicht bucklicht und gebrechlich gewesen wäre, so möchte er schwerlich diese Ehre erlebet haben Er hatte albereits vier Jahr im Gefängniß gesessen, und als er auf den Thron solte gesetzet werden, so muste man vorher das Gefängniß erbrechen, weil er von dem Tode seines Bruders keine Nachricht hatte, und sich also vor dem Strange furchte.  
  So bald er den Thron bestiegen hatte, ergab er sich gantz und gar den Wollüsten, und hielt Leute, welche durch gantz Constantinopel, die schönsten Weibs-Personen in den Badstuben aussuchen musten. Endlich stuprirte er des Mufti Tochter wieder ihren Willen, welches den Vater dergestalt verdroß, daß er die Janitscharen auf seine Seite kriegte, und den Kayser Ibrahim im Jahr 1648. stranguliren ließ. Unter seiner Regierung fieng sich im Jahr 1645. der blutige Krieg mit Venedig an, welcher gantzer zwölf Jahre mit grossem Blutvergiessen geführet wurde.  

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HIS-Data 5028-45-1629-8-01: Zedler: Türcken [1] HIS-Data Home
Stand: 2. November 2016 © Hans-Walter Pries