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Text |
Quellenangaben |
Verbesserung |
Wir gehen also zu einer der
nöthigsten
u.
nützlichsten Abhandlung fort, welche die
Ausbesserung der Teutschen Sprache betrifft,
wovon man schon mit mehrerer
Gewißheit etwas
sagen kan. Bis auf die
Zeiten
Carls des Großen,
mag wohl wenig an derselben
Verbesserung seyn
gedacht worden, wie es sich aus allen
Umständen
schließen läßt. Ob dieser
Herr selbst, ehe
Alcuin Bonifacius und andere mehr an seinen Hof
gekommen, weder lesen noch
schreiben gekonnt
habe, ist zwar nicht ausgemacht, es gehört aber
auch nicht eigentlich zur
gegenwärtigen
Untersuchung. |
Wer inzwischen hierinne seine
Neugierigkeit stillen will, kan den Eginhard in Vita Caroli
M. nachsehen. |
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Dieses aber ist
gewisser, daß die
Teutschen
vor Carls Zeiten keine große
Mühe auf die
Ausbesserung ihrer
Sprache gewendet haben.
Der alte Otfried schreibt in praefatione ad paraphrasin
Evangel. daß die Francische Sprache, (dieses war
die alte teutsche) vor eine
bäurische und grobe
Sprache gehalten wurde, weil sie selbst von
denjenigen, den sie angehörte und von denen sie
geredet würde, weder im
Schreiben noch sonst durch einige
Kunst verbessert, und gereiniget würde. Da nun
eben von der Zeit Carls des Großen an die
Lateinische Sprache bey den Teutschen so sehr
überhand genommen, so finden wir außer
Otfrieds angeführter Version der Evangelien, und einige
wenige Stücken, fast gar keine Documente, die
bisß auf die Zeiten des
Kaysers
Friedrich des
Andern, in Teutscher Sprache wären abgefaßt
worden. |
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Was in den folgenden Zeiten ist vorgefallen,
davon kan man in der Reichs-Historie eine
vollständige Nachricht erhalten. |
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Überhaupt wollen wir dieses hier nur
anmercken, daß insonderheit von Rudolph dem
Ersten an, die
Constitutiones nach und nach in
Teutscher Sprache abgefasset worden, wodurch
derselben
Gebrauch mehr und mehr Mode
worden ist. Ja dieser Kayser hat sogar, und
Maximilian ebenfalls, absonderliche
Reichstage
unserer Sprache wegen versammlet, und Kayser
Rudolph selbst, hat das durch die |
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{Sp. 157|S. 92} |
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Geistlichen mit der
Religion eingeführte
Latein in
Cantzeleyen und bey
Contracten
abgeschaffet. |
Vermischte
Bibliotheck ... |
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Daß zu den Zeiten der
Reformation
Lutheri,
die Teutsche Sprache schon sehr in Aufnahme
gekommen, und viele Ausbesserungen
vorgegangen seyn müssen, zeigen die am
Tage
liegenden
Schrifften. Besonders kan die
Übersetzung dieses sel.
Mannes ein klares Zeugniß
davon abgeben, ob er gleich sonst in andern
Schrifften und Briefen nicht allezeit auf gleicher Art
geschrieben. Man darf nur eine Probe von der
alten Teutschen Sprache gegen die Schreibart
halten, welcher sich die
Gelehrten
und sonderlich Luther bedieneten, so wird jedem der grosse
Unterscheid gleich in die Augen fallen. Und gewiß,
es war eine sehr
nöthige Bemühung, das
man
bey dem
Wercke der Reformation dem gemeinen
Volcke alles in ihrer Muttersprache deutlich
vorlegte, und die Lateinischen oder andere
Wörter, welche, wenn sie auch nachgesprochen,
dennoch niemahls recht
verstanden worden, aus
dem Weg räumete. |
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Dieses gab also Anlaß, überhaupt auf die
Verbesserung der Teutschen Sprache zu
dencken, und so viel, als es die damahligen
Zeiten
zuliessen, die selbe von den fremden Wörtern zu
reinigen. Was die so
genannte Fruchtbringende
Gesellschafft in der ersten Helffte des vorigen
Jahrhunderts rühmliches
gethan, und ihre
Bemühungen zur Beförderung der Aufnahme und
Verbesserung unserer Sprache können in
besondern davon herausgegebenen
Büchern
nachgelesen werden. |
Neumarcks Bericht von der
Fruchtbringenden Gesellschafft. |
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Ferner wurden folgende
Societäten gestifftet,
die gleiche Absicht mit jener hatten. Dergleichen
sind: |
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- Der gekrönte Blumen-Orden,
|
davon Omeis in der
Anleitung zur Teutschen Reimkunst ... Nachricht
gegeben; |
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- die Teutschgesinnete Genossenschaft zu
Hamburg,
- die Schwanen Gesellschafft an der
Elbe.
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|
Doch glauben viele, daß diese Societäten
auch viel unnütze und vergebliche
Arbeiten mit
unternommen und zuweilen von ihren Haupt-Endzweck ziemlich weit abgekommen, |
wovon man die
Meynungen
und
Urtheile des
Thomasius in der Vorrede zu der
Vernunftlehre, und Gottschlings in der Einleitung zu
der Wissenschafft guter Bücher ... lesen
kan. |
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Man scheint besonders mit dem
Unternehmen der erstern
Gesellschafft nicht recht
zufrieden zu seyn, und man pflegt ihnen
besonders vorzuwerffen, daß sie mit den fremden
Wörtern gar zu unbarmhertzig umgegangen, in der
Orthographie gar zu eigensinnig gewesen, und
folglich ihre Absicht nicht erhalten, sondern
vielmehr verhindert hätten. Also tadelt man, daß
sie an statt des Wortes
Materie hätten Stoff oder
Zeug gesetzt, an statt
Object, Vorstand,
Etymologie, Wortforschung,
Fundament,
Grundrichtigkeit u.s.w. Ferner hat man auch dieses nicht
gut heissen
wollen, daß sie an statt des sonst
gewöhnlichen
C, geschrieben, als Sekretarius
Advokat, Karl. |
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Man siehet aber leicht, daß wo man keine
grössere Fehler an ihnen zu tadeln hat, sie
gewiß
nicht eben so strafbar seyn. Denn daß sie sich
bemühet haben, unserer Sprache eine Rei- |
|
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{Sp. 158} |
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nigkeit zu verschaffen, und die
Frantzösischen und
Lateinischen zu verstossen,
dieses ist der lobenswürdig, und es wäre nichts
unanständiger vor die Teutschen gewesen, als
wenn sie ihre Sprache länger in einer so
heßlichen
Gestalt hätten lassen
wollen. Ob die
Mitglieder dieser Gesellschafft aber die
Lateinischen Wörter allezeit
glücklich in Teutsche
verwandelt haben, dieses ist freylich eine andere
Frage, und sie haben allerdings bey
Veränderung
der
Nahmen nicht allezeit genugsamen
Grund
gehabt. Nur muß man sie nicht deswegen vor
unbarmhertzige und eigensinnige Leute in der
Orthographie ausgeben. |
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Was von der letzten Helffte des vorigen
Jahrhunderts bis auf
gegenwärtige
Zeiten die
Teutsche Sprache vor einen ausnehmenden
Wachsthum und
Verbesserung gehabt, bezeugen
die vortrefflichen
Bücher, welche in derselben
verfertiget worden sind. Unter diesen sind nicht
nur Grammaticalische, wovon wir noch unten
etwas erwehnen wollen, sondern auch die
schönsten
Schrifften, die zur Redekunst, und
Dichtkunst gehören, anzutreffen. |
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Besonders aber haben die Teutschen zu
unsern Zeiten der Sprache ein ander
Ansehen
zu geben alle Mühe angewendet. Sie sind nicht
zufrieden gewesen, daß man keine fremden
Wörter mehr mit einmischt; sie sind viel weiter
gegangen, und haben mit dem
annehmlichsten
Vortrage ihre Schrifften von den
alten sehr
mercklich
unterschieden. An statt der schwülstichen
und gar zu hohen Schreibart, die vor nicht langer
Zeit noch blühete, und darinne man die Schönheit
der Teutschen Sprache suchte, haben sie auf eine
edle und anständige Art sich in ihrer Sprache
ausgedruckt, sie haben sich auf die Teutsche
Critick geleget, sie haben die Sprache mit
Teutschen und gegründeten Wörtern bereichert,
an deren Stelle zuvor fremde waren, und haben,
kurtz zu
sagen, nichts
unterlassen, was zum
Wachsthum; Verbesserung und Zierlichkeit
derselben gereichen kan. |
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Die in diesem Jahrhundert errichteten
Teutschen Gesellschafften haben wohl nach aller
Verständigen
Urtheil das meiste dazu
beygetragen. Es sind solche
nöthige
Gesellschafften in Leipzig, Jena, Greyphswalde,
Berlin, und nur ohnlängst durch des
Königs
von Preussen hohe Vorsorge und besonderer
Gnade in Königsberg aufgerichtet
worden, deren Mitglieder die Aufnahme ihrer Muttersprache zu ihrem eintzigen
Augenmerck haben. Man lese nur |
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- die Beyträge zur Critischen Historie der Teutschen Sprache;
- die Schrifften der Teutschen Gesellschafft in Leipzig,
- die Critischen Versuche, die in Greyphswalde ans Licht treten,
- und so viel andere Schrifften,
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so wird man überall einen rühmlichen Eyfer vor den Wachsthum und
Verbesserung unserer Sprache antreffen. Wir wollen aber hier nicht weitläufftig
seyn, weil diese Schrifften theils vielen bekannt und von ihnen gelesen werden,
theils unter dem
Artickel:
Societät der Teutschen Sprache, im XXXVIII.
Bande,
p. 190,
umständlicher
können nachgelesen werden. |
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Es wird viel mehr nöthig seyn, |
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{Sp. 159|S. 93} |
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daß, da wir mit der
Historie der Teutschen
Sprache fertig sind, noch einige nützliche Sachen
berühren, welche zu derselben gehören, und
unseren Lesern vermuthlich nicht unangenehm
seyn werden. Hierunter rechnen wir die
Vortrefflichkeit, den
Vorzug, und Schönheit der
Teutschen Sprache, ihre Dialecte, ihren
Nutzen
und
Nothwendigkeit, und überhaupt ihre
Eigenschafften, wobey wir zugleich dieselbe
wieder die Verächter vertheidigen werden. |
|
Vortrefflichkeit |
Daß unsere Sprache etwas vortreffliches in
sich fasse, oder gar einen Vorzug vor andern
besitze, haben sich so wohl Ausländer, als auch
die
Teutschen selbst nicht einbilden können. Es
kan seyn, daß ihnen zu dieser Verachtung die
grosse Nachläßigkeit, welche diejenigen selbst,
die sie
reden, haben blicken lassen, Anlaß
gegeben habe, soviel aber ist
gewiß, daß bey den
meisten ein blosses Vorurtheil daran schuld ist,
wiewohl sich auch einige durch die harten Reden
anderer haben abschrecken lassen, ob sie schon
derselben Werth und Vorzug eingesehen
haben. |
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|
Es ist
wahr, es hat niemahls an Lästerern und
Verächtern der Teutschen Sprache gefehlet,
dadurch gehet aber ihrem Werthe und
Vortrefflichkeit nicht das geringste ab. Wir tragen
kein Bedencken Burmannen unter die
Zahl mit zu
setzen, welcher einen recht grossen Eyfer über
die Teutschen so wohl als Frantzosen blicken ließ,
welche für das Aufnehmen ihrer eigenen
Muttersprachen mehr besorgt waren, als vor der
Lateinischen. Alles dieses nimmt er vor traurige
Vorbothen für diese letztere an, als welche nach
und nach das
gelehrte
Reich gar mit dem
Rücken würde ansehen
müssen, wobey er die
harten Ausdrückungen gar nicht spart, welche wir unten anzuführen bessere
Gelegenheit haben werden. |
|
|
Allein, wenn wir die
Ursachen solcher
Klagen ansehen, so müssen wir sie vor überflüßig
und ungegründet halten. Es gehet gar wohl an,
daß man die Teutsche und Lateinische Sprache
zugleich hoch halte und zu verbessern suche,
ohne daß dadurch einer von beyden etwas
entzogen werde, welches Burmann nicht genug
überlegt hat. |
|
|
Es muß auch einem jeden
Volcke zu einer
sonderbaren Ehre gereichen, wenn es seine
eigene lebendige Sprache täglich auszuputzen
sucht, und selbige einer todten, die nur zu
einem Werckzeuge in den andern
Wissenschafften
dient, vorziehet. Die
Gelehrsamkeit ist an keine
Sprache gebunden, und die Frantzosen haben mit
den Teutschen zeither gewiesen, daß sie in ihren
Sprachen so
gelehrt und deutlich
schreiben
können als in der Lateinischen. Ein Teutscher
Professor kan so wohl in seiner eigenen Sprache
gelehrte Leute ziehen als Burmann in der Lateinischen, und eine
Teutsche Satyr
sollte bey
ihm wohl eben den Nachdruck und die
Würckung
haben, als eine Lateinische, gleichwie ihm ein
Teutscher Petron eben das Vergnügen als der
Lateinische erwecken sollte. Vielleicht ist ihm ein
Teutscher zu nahe auf den |
|
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{Sp. 160} |
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Leib gegangen, daß die Sprache seine
Ungnade
verdient hat. |
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Über dieses wirfft Burmann den
Teutschen das
rauhe
Wesen ihrer Sprache vor, und sucht dieselbe dadurch geringschätzig zu machen. Wir
zweiffeln aber sehr, ob ihm seine Holländische
besser geklungen habe, und er
muß durch die
delicaten
Worte des
Petrons und Cicerons seine Ohren gewaltig
verwöhnt haben. Es hat also Burmann gar nicht
Ursache gehabt, die
Lateinische Sprache so hoch
zu erheben, und unsere gäntzlich zu verwerffen,
und derselben Werth zu
läugnen. Wenn er recht
bedacht hätte, daß die Teutsche Sprache so
gut
und
gelehrt wäre, als die übrigen, und in
derselben wohl eben so viel
Kunst und Alterthum,
als in der Lateinischen und
Griechischen Sprache
steckte, so würde er der Lateinischen nicht so
schlechterdings den
Vorzug gegeben, und der
Teutschen alle Zierlichkeit und Vortrefflichkeit
abgesprochen haben. |
|
|
Die Frantzosen sind in diesem Stücke nicht
viel anders, ja sie
wollten unsere Sprache nach
Carls des Fünfften Ausspruch lieber gar zur Pferdesprache
machen, wenn es bloß auf ihnen beruhete. Doch hat sich ein unpartheyischer
Frantzose, der
Abt
Pezeron, in
seinem
Wercke
antiquité de la nation et de la langue des Celtes unserer Sprache angenommen,
und sie von den blinden Vorurtheilen seiner
Landsleute frey gemacht. |
|
|
Diese sind die Verächter der Teutschen
Sprache nicht alle, die ihre
Vollkommenheiten
nicht einsehen wollen, und sie vor rauh und grob
halten. Es sind die Teutschen selbst an dieser
Verachtung ihrer Sprache mit schuld, in dem sie
sich selbst barbaros, und ihre Sprache barbaram
nennen, wie denn
Eginhardt in praefat. ad vitam Caroli M.
schreibt: Er sey homo barbarus: Walefrid Strabo
de vita Galli ... sagt eben dieses, und Kero, ein
Mönch von St. Gallen, der interpretationem vocabulorum barbaricorum
geschrieben,
verstehet
die Teutschen Wörter darunter. |
Ein mehrers hat Savaro in notis ad
Apollin. Sidonium ... angeführt. |
|
Diese Geringschätzung ihrer eigenen
Sprache mag wohl bey diesen Männern ebenfalls
aus der grossen Ehrerbietung gegen die
Lateinische entsprungen seyn, und die
Verachtung unserer Muttersprache ist bey den
Ausländern noch vermehret worden, da die
Teutschen selbst die alte und jetzige Sprache,
welcher doch noch allen theilen nur noch wenige
aus Zitierungen fehlen, verachtet, und eine
barbarische genennet haben. |
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Es ist daher unleidlich, was Isaac Voßius de poëmatum
cantu von
derselben vorbringt: Die Teutsche Sprache
ist |
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{Sp. 161|S. 94} |
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sehr rauh, und hat deswegen nichts
majestätisches an sich. Bey zarten Ohren wird sie
wohl schwerlich einen Eingang oder Beyfall
finden, und dieses nicht nur deswegen, weil der
offt vorkommende Buchstabe S, ein beständiges
Zischen verursachet, sondern auch weil soviel
Consonanten auf einander folgen: Weil der
bäurische und dunckele Thon von dem langen
A, und O, und die
fast unzähligen Spondäi und Moloßi die Teutsche Sprache sehr
unangenehm machen. |
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Allein dieses
Urtheil ist sehr hart, und der
Wahrheit gar nicht gemäß. Der
Beweiß würde
ihm
gewiß schwer genung ankommen, daß die
Teutsche Sprache so viel Consonanten hätte, und
wenn er zeigen
solte, daß andere Sprachen
angenehmer wären, weil sie weniger derselben
hätten, so
möchte es wohl mit dem Beweise noch
schwerer halten. |
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Wie die Vocales A, und O, eine Sprache bäurisch machen
sollten, kan man auch so gleich nicht einsehen, und
wenn die Majestät der Sprache nicht sonderlich
von denselben herkommen sollte, so möchten wir
wissen, was ihr dieselbe Majestät sonst zu wege
bringen sollte. Man siehet ja sonderlich, wie der Virgil
diese Vocales
gebraucht, wenn er seinen
Worten
einen Klang und
Ansehen bey einer
wichtigen
Sache geben will. Warum gefält es denn uns in
dieser Sprache? Oder warum macht es diese
nicht auch rauh, und unangenehm? Über dieses
kommen ja diese Vocales in der Italienischen und
Spanischen Sprache so häuffig vor, daß man
diese vor die grösten halten
müste, welches doch
der
Erfahrung widerspricht, weil besonders die
erstere vor die angenehmste Sprache gehalten
wird. |
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Es ist also mit dergleichen Einwürfen nur eine
nichtige und unbegründete Verachtung
verknüpfft, dadurch man der Teutschen Sprache
Würde und Ansehen zu verkleinern sucht. Viel
weniger aber kan man aus einer und der andern
Nation harten und rauhen Ausrede der
gantzen
Sprache Beschaffenheit beurtheilen. Die Bayern
und Österreicher können bißweilen aus einem
Vocali drey oder vier machen, wie Scioppius in seinen
Consultationibus ... von ihnen
anführt, indem sie an statt wahrlich, waarlich,
an statt Gold, Goold, an statt Teller, Taaler,
sprechen, so daß eine solche Aussprache, wie
dieser sagt, bey den Ausländern, sonderlich bey
den Frantzosen, gar leicht die
Gedancken
hervorbringen kan, daß sie einen Teutschen vor
einen: vervecum in patria, crassoque sub aere natum halten. |
|
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Allein wer wird denn aus diesen
Exempeln
der gantzen Teutschen Sprache eine solche Rauhigkeit
und Härte zuschreiben. Man findet ja bey allen
Sprachen eine Verschiedenheit der Dialecte, unter
welchen einige immer härter klingen als die
andern. Ja bey den Griechen selbst findet ein
grosser
Unterschied statt, und diejenigen
Griechen die den Dorischen Dialect
redeten, nahmen das
Maul ziemlich voll. |
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Wer sich die Mühe nehmen, und ein gantzes
Wörterbuch durchgehen
wolte, der würde nach
vieler berühmten
Männer
Einsicht und Geständniß nach der Reihe erweisen können,
daß die Teutschen Wörter im geringsten nicht
härter wären als die
Griechischen und
Lateinischen, ja man würde finden, daß jene
vielmahls noch viel weicher und ange- |
|
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{Sp. 162} |
|
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nehmer klängen als diese. Trifft man auch ja
zuweilen einige Wörter an, die hart zu seyn
scheinen, so wird man nach einer genauern
Untersuchung stets befinden, daß dieselben in der
Natur gegründet, und dieselbe aufs genaueste
nachahmen. Dieses ist ja unter die
Tugenden und
guten
Eigenschafften einer Sprache mehr zu
rechnen als unter die Fehler. |
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|
Je mehr
wesentliche Wörter in einer Sprache
vorkommen, und je grösser die Analogie der
Nahmen und
Sachen selbst sind, je grösser ist
derselben
Vollkommenheit und der
Vorzug, den
man ihr vor allen andern einräumen muß. Und aus
eben diesem
Grunde hat man die
Hebräische Sprache
vor so
vollkommen gehalten, weil sie der
Natur so gemäß ist, |
wovon der jüngerer Helmontius in einem
besondern
Buche, welches den
Titel führt:
delineatio Alphabeti vere naturalis Ebraici mit
mehrern gehandelt hat. |
|
Es wird seine daselbst
vorgetragene
Meynung eben niemand gewisser massen in
Zweiffel ziehen können, unterdessen ist
gewiß,
daß, wo eine Sprache in der
Welt anzutreffen,
welche der Natur folgt, und eine grosse Anzahl
so genannter wesentlicher Wörter, die ihren Grund
in der Sache selbst haben und dieselbe so
ausdrücken, daß man dadurch einen lebhafften
Begriff bekommt, enthält, so ists gewiß unsere
Muttersprache. Wir könnten hier ein gantzes
Verzeichniß solcher Wörter hersetzen, der
geschickte
Schottel aber hat dieselben in seinen Lobreden
von der Teutschen Sprache angeführt, und alles
dieses zur Gnüge erwiesen. |
|
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Dieses ist nur hierbey noch zu
gedencken,
daß diese Analogie und
Übereinstimmung
zwischen den Nahmen oder Wörtern und
zwischen den Sachen, die durch jene bezeichnet
werden, nicht einerley sey, sondern daß dieselbe nach verschiedener Betrachtung der
Dinge
vielfältig in den Worten statt findet, |
wie solches Borrichius in seiner
gelehrten
Dissertation
de causis diversitatis linguarum gezeigt hat. |
|
|
Dieser und anderer
Vollkommenheiten
willen
schreibt der gelehrte
Conring in seiner Epistel auf
Schottels Sprachkunst folgendes zur
Ehre der Teutschen Sprache.
Dieselbe, (dieses sind seine Worte) hat vieles vor
der Griechischen und Lateinischen Sprache
voraus. Sie hat einen unbeschreiblichen
Nachdruck, und sehr viele Stammwörter, wenn
man sie nur recht hervor sucht. Sie giebt an
Zierlichkeit keiner etwas nach, ausser daß sie
durch die vielen Hülffswörter, die sie gebraucht,
die Griechische und Lateinische Kürtze in
Ausdrücken nicht erreichen kan. Wolte man aber
dieselbe wegen ihres
Reichthums und Menge an
Wörtern verachten, so würde ein solches
Bezeigen vor einen verständigen Mann sehr
niederträchtig und unanständig seyn. |
|
|
Dieses
Lob, welches hier der Teutschen
Sprache gegeben wird, ist nicht nur vortreflich,
weil es von einem
Mann von Einsicht herkömmt,
sondern auch, weil es von der
Wahrheit
unterstützet wird unverwerflich. Herr Prasch hat auch in
seinem Buche von der Fürtreflichkeit und
Verbesserung der Teutschen Poesie unsere Muttersprache, ihrer Heldenmäßigen und
Majestätischen Ausdrücke wegen so wohl, als
auch ihrer Lieblichkeit halber der Griechischen,
Lateinischen und anderer
Völcker |
|
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{Sp. 163|S. 95} |
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Sprachen vorgezogen. Und eben dieser
Ursachen
wegen hat er sie vor sehr
geschickt
zur Poesie gehalten, welches er dort weitläufftiger
ausgeführet hat. |
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Endlich ist dieses eine nicht geringe
Vollkommenheit unserer Sprache, daß sie sich
nicht nur ungemein zur
Philosophie schickt,
sondern auch in dem Stücke einen sehr grossen
Vorzug hat. Diese
Meynung haben nicht nur die
Gelehrten vom ersten
Range behauptet, sondern
die
Erfahrung und
Sache selbst bestätigen dieses
mehr als zu sehr. |
|
|
In der Sitten-Lehre hat man zeither einen
grossen
Mangel an
Nahmen verspüret, jede der
besondern
Arten von
Pflichten des
Menschen
gegen sich selbst genau auszudrucken. In der
Lateinischen Sprache hat man dieselben noch
nicht ausfindig machen können, weil dergleichen
Zusammensetzung der Worte der Mund-Art gantz
zuwieder ist, so daß geschickte
Benennungen gar
nicht zum
Vorschein kommen können. In der
Teutschen Sprache aber sind dergleichen Worte
leicht anzutreffen. Man kan zum
Exempel, die
Pflichten gegen das
Gemüthe, Seelen-Pflichten, die
gegen den
Leib, Leibes-Pflichten, und die
Pflichten in Ansehung unseres äussern
Zustandes, Zustands-Pflichten nennen. |
|
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Wem bekannt ist, wie viel auf genaue
Benennungen und Nahmen in der
Weltweißheit
ankommen, der wird ohne Anstand dieses vor
eine der grösten
Vollkommenheiten unserer
Sprache ansehen
müssen, und ihre Vortrefflichkeit
nicht in
Zweiffel ziehen können. Der grosse
Philosoph,
Herr Wolff, behauptet selbst mit
gutem
Grunde, daß unsere Sprache nicht nur geschickter
und besser als die Lateinische sondern als alle
übrige
Europäische Sprachen in der Weltweißheit
könne gebraucht werden, worinne alle
diejenigen, die eine Stärcke in der Philosophie
und Teutschen Sprache besitzen, mit ihm
übereinstimmen. |
Wolffens Jus naturae. |
|
Wer alles dieses ohne Vorurtheile erwegt,
dem wir die Vortrefflichkeit der Werth und
Vorzug
unserer Sprache gleich in die Augen leuchten;
zumahl wenn man den
Gebrauch der Teutschen
Sprache in denen öffentlichen Geschäfften, und
besonders vor
Gerichte betrachtet. Nun ist zwar
bereits
erinnert worden, daß man sich in denen
ältesten
Zeiten vom Anfange der Teutschen
Könige, und hernach eben derselben
Kayser
Regierung in allen Reichs-Versammlungen, und
auch in allen öffentlichen Schrifften, so von denen
Obrigkeiten und Gerichten abgefaßt
worden, insgemein und besonders, im
gantzen
Teutschen Reiche allein der
Lateinischen und nicht der
Teutschen Sprache bedienet habe, bis endlich
Kayser Friedrich II auf dem im
Jahre 1236 zu
Mayntz gehaltenen
Reichs-Tage den Anfang
gemacht, die auf demselben beliebte
Verordnungen und
Gesetze in Teutscher Sprache
auf Pergament
schreiben, und auch in solcher
Sprache
öffentlich verkündigen und ausrufen
lassen. |
Gottfridus Monachus in Annal. ad
ann.
1236 |
|
Gleichwohl ist doch nichts zu finden, daß in
Regiments-Geschäfften, vor Obrigkeiten,
Gerichten, oder auch in Privat-Händeln solchen
Exempel jemand nach- |
|
|
{Sp. 164} |
|
|
gefolget, und sich einen Teutschen Brief zu
schreiben unterstanden hätte, sondern man ist
nach wie vor in
Cantzeleyen
und Gerichten bey dem alten Gebrauch der Lateinischen Sprache verblieben. |
|
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Es hat aber nachgehends Kayser
Rudolph I von Habspurg
Zeit seiner
Regierung
ausdrücklich
verordnet und
befohlen, daß man in
Cantzeleyen, vor Obrigkeiten und Gerichten, und
in allen Verbrieffungen, den Gebrauch der
Lateinischen Sprache abstellen, und hingegen alle
Freyheits-Brieffe, Befehle, Instrumente,
Testamente, Verträge, Wehrschafften, u.d.g. in der gemeinen Teutschen
Sprache entwerffen und beschreiben
solte, damit
jedermann
verstehen und
wissen könne, was
ihnen zum
Nutzen und zum
Vortheil, oder
Schaden und Nachtheil verbriefet und geschrieben
würde. |
- Aventinus Lib. VII.
- Crusius
Annal. Suev. ...
|
|
Wie denn auch gedachter Kayser Rudolph
selbst so wohl seinen ersten
Reichs-Abschied
vom Jahre 1287 zu Würtzburg, als auch den von
1291 zu Speyer in Teutscher Sprache aufsetzen
lassen. |
Lehmanns
Speyer. Chron. ...¶ |
Dialekte |
Es wird
nöthig seyn, daß wir auch nunmehro
von der
Teutschen Dialecten handeln, die sie in
ihrer Sprache haben. Vom Scioppius werden
derselben sechse angeführt, welche wir nach der
Reihe hersetzen
wollen. |
|
|
Der erste ist der Meißnische Dialect, welcher vor den
zierlichsten, reinesten und schönsten unter allen
übrigen Teutschen gehalten wird. Scioppius schreibt
in seinen Consultationibus ... folgendes von ihnen: Die
Meisner bedienen sich der schönsten und
bewährtesten
Wörter und
Redens-Arten:
Ob sie zwar durch Aussprechung der Diphthongen und
Consonanten bey den übrigen Teutschen ein
Gelächter verursachen: wenn sie zum
Exempel
sagen:
Heebt vor Haupt, Zeeberer vor Zauberer, Jod vor
GOtt, Gar vor
Jahr.
Jott jeb euch een jutes naues Gar, vor GOtt geb euch ein gutes neues Jahr. |
|
|
Der Einwurff den Scioppius den Meisnern hier
macht, findet nicht durchgehends statt, ob es
schon seyn kan, daß an
gewissen
Orten in
Meissen eine solche Aussprache die Oberhand
habe. Wenigstens
spricht man in Leipzig nicht so,
wie man denn überhaupt gestehen muß, daß
daselbst die Teutsche Sprache am schönsten und
reinesten gesprochen werden. |
|
|
Dem Meißnischen Dialecte setzet Scioppius den
Thüringischen, Fränckischen und Heßischen zur
Seite. |
|
|
Den andern Haupt-Dialect
nennet er den
Rheinischen, dessen sich die
Völcker bey dem
Rhein bis ans Niederland
bedienen. |
|
|
Der dritte ist bey ihm der Schwäbische, welcher sich aber an
unterschiedenen Orten
ändert. |
|
|
Der vierdte ist der
Schweitzerische, der vorhin
allen Alemannis
eigen gewesen.
Scioppius nennet
ihn den Wortreichsten, der am wenigsten verderbet
und
verändert worden wäre, weil die alten
Schweitzer von andern abgesondert geblieben,
und nicht durch Vermischung mit fremden
Völckern ihre Sprache verderbt hätten. Zu unseren
Zeiten hat man ihnen mehr als einmahl die
Rauhigkeit
und Grobheit ihrer Sprache vorgeworffen, ob sie
schon zeither viele Mühe angewandt haben,
derselben eine |
|
|
{Sp. 165|S. 96} |
|
|
andere
Gestalt und Zierde zu geben. |
|
|
Der fünffte Dialect ist der Sächsische,
welchen die alten
Sachsen, Westphälinger, Hollsteiner,
Mecklenburger, Pommern und Brandenburger
gebraucht haben, welcher mit dem
Schweitzerischen des Alterthums, und
Veränderlichkeit, und Zierlichkeit halber um den
Vorzug streitet. Micrälius schreibet in seiner
Pommerischen Chronick in der Vorrede des dritten
Buchs hiervon folgendes: |
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„Die alten Svevi haben auch die alte
Sächsische Wurtzel ihrer alten Niederteutschen Sprache mit in Helvetien gebracht, und
daselbst den Swytzern oder Schweitzern, das ist Svevitzern, ihren Nahmen und ein
groß Theil ihres Idiomatis mitgetheilet. Dagegen
hat die sibilirende und mit harten Diphtongen erfüllte Hochteutsche Sprache der
Francken auch sich hin und her ausgebreitet und
die Svevi oder Suoboni (Swaben) die sich in Schwaben setzten,
haben sie gar gelernet. Die Obersächsischen
auch in Meissen und Thüringen haben sie sich
belieben lassen. |
|
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Wir andern Sachsen-Leute haben nun auch
an unserer Muttersprache einen solchen Eckel
gehabt, daß unsere Kinder nicht ein Vater Unser,
wo nicht in Hochteutscher Sprache beten, und
wir keine Pommerische Predigt fast in gantz
Pommern hören mögen. Unser männliches Atticißirendes Tau (T) muß
allenthalben der Sigmatisirenden (S) Sprache weichen. Unterdessen kan genugsam dargethan werden, daß die
Sächsische Svevische, oder Gothische Sprache die rechte
alte Teutsche Sprache ist." |
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Der sechste Dialect ist der Bayerische, den
die Einwohner in Tyrol, Bayern, Steyermarck,
Kärnthen und Österreich reden, welches eine von
den rauhesten und gröbsten Teutschen Dialecten ist,
und worüber
Scioppius am angeführten Orte seinen
Spott treibet. |
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Es sind aber diese unterschiedliche Red-
und Schreibarten schon vor alten Zeiten in den
Sprachen anzutreffen gewesen, wie solches aus
verschiedenen Exempeln der alten Teutschen
Sprache zu ersehen ist, welche Zeiler in der 381
Epistel anführet.¶ |
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Lehr- und Lernmethode |
Von der
Methode, die Teutsche Sprache zu
lehren und zu lernen, würde überflüßig seyn viel
zu erwehnen. Denn bey uns wird die Jugend
durch den
Gebrauch davon
unterrichtet, und wenn
sie oder die Ausländer dieselbe
gründlich erlernen
wollen, so
muß man die Sprachkunst und
Teutschen Wörterbücher zu
Rathe ziehen, von
welchen wir in den neuern
Zeiten ziemlich
vollständige
Bücher haben, welche man unter den
Artickeln:
Teutsche Sprach-Kunst, und Teutsche
Lexica, beysammen antrifft. |
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Es wäre nur zu wünschen, daß in den
Schulen mehrere Anstalten zur gründlichen
Erlernung unserer Sprache gemacht würden,
weil wir den Gebrauch derselben in vielfältigen
Gelegenheiten und Vorfällen
nöthiger haben als
anderer Sprachen. Hier
redet die
Erfahrung vor
uns, und wir müssen die Klagen, die wir oben über
die Nachläßigkeit und Verachtung unserer
Sprache geführet haben, wiederhohlen. |
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Man siehet täglich
Exempel auch unter den
Gelehrten, die in andern
Sprachen wohl
bewandert sind, aber ihre
Gedancken in ihrer
Muttersprache weder durch
Reden noch |
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{Sp. 166} |
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Schreiben ordentlich
geschickt, und zierlich
auszudrücken im
Stande sind, und wir
möchten
die
Ursachen
wissen, warum man auf den
niedrigen Schulen sogar keine Anstalt zu einer
Änderung macht. |
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Zur Zeit sind dergleichen
Lehrer auf
hohen
und niedrigen Schulen
gewiß sehr sparsam
ausgetheilet, und wie kan es anders seyn, da
noch
täglich Exempel vor Augen liegen, daß, wo
ein rechtschaffener
Mann sich in
Unterricht
anderer in ihrer Muttersprache
Mühe giebt,
allezeit zehn andere gefunden werden, die ihn
deswegen gering schätzen. Daher sind die
rechtschaffenen Männer auf
Universitäten, die
sich schon durch ihre Teutsche Schrifften so
unsterblich als um ihr Vaterland hoch
verdient
gemacht, noch mehr zu loben, daß sie sich
dadurch nicht haben abschrecken lassen, an
welchem
Lob alle rechtschaffene Rectoren
Theil nehmen können. |
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Nutzen und Notwendigkeit |
Endlich kommen wir noch auf den
Nutzen und
Nothwendigkeit der Teutschen Sprache, wovon
wir noch etwas hinzuzusetzen
verbunden sind.
Bey den Ausländern kommt es auf ihre
Umstände an, wie weit sie dieselbe
gebrauchen
oder nicht, und von diesen haben wir nicht
nöthig
mehr zu
erinnern. Nur wollen wir dieses noch
beyfügen, daß in Paris, Londen, Stockholm,
Upsal, Coppenhagen,
Personen anzutreffen sind, welche
in der Teutschen Sprache andern Unterricht
geben, wie bey uns in der
Frantzösischen und
Italienischen zu geschehen pfleget. |
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Bey wem aber die Teutsche Sprache die
Muttersprache ist, der hat sie ohnstreitig nöthiger
als eine andere, weil man in allen
Ständen, im
gemeinen
Leben ohne dieselbe, und derselben
rechten Erlernung nichts nach Wunsch
auszuführen und
vorzutragen
vermögend ist. Dahero ist fast in allen
Europäischen
Reichen nach
und nach die Mode aufgekommen, daß zum
Exempel die Frantzosen, Engelländer,
Teutschen,
Holländer, und andere mehr; in ihrer
Muttersprache zu lesen und zu
schreiben
anfangen. |
- Mosheims Praefat. ad Folietam
...
- Facciolati Orat. ad Script. S. ...
- Weisse in Tract. de stilo Romano ...
- Thomas in Cautel. ...
- Fahsius in Atrio eruditorum ...
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Was ins besondere den Punct in der
Teutschen Sprache zu lesen, und zu schreiben,
zu
reden, und zu
disputiren, anbelanget, so führen
die
Gelehrten gar
verschiedene und zum
Theil
seltsame oder recht grobe
Meynungen an. Daß in
vorigen
Zeiten diese
Verrichtungen bis gegen
das Ende des vorigen
Jahrhunderts allein in
Lateinischer, auch zuweilen
Griechischer Sprache
geschehen sind, ist bekannt genug. |
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Deutsche Vorlesungen |
Den Anfang,
Collegia in Teutscher Sprache
zu halten, machte der
Herr
Christian Thomasius,
welcher, da er noch in
Leipzig war, im
Jahr 1687
ein Teutsches
Programma anschlug, welchergestalt man den Frantzosen im gemeinen Leben
und Wandel nachahmen solle, welches das erste
war, so jemahls in Leipzig in dieser Sprache
publiciret worden. Er eröffnete in demselben ein
Collegium über des Gracians Grund-Regeln
vernünfftig,
klug
und artig zu
leben, und versprach zugleich
darinnen, solches in Teutscher Sprache zu
lesen. |
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Wie nun dieses was ungewöhnliches war, so
verur- |
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{Sp. 167|S. 97} |
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sachte es ein grosses Aufsehen, und die
Urtheile waren deswegen unterschiedlich. Viele hielten es vor
eine Sache, die eine gefährliche Barbariem in der Litteratur nach sich ziehen würde;
Anderer hingegen bezeigten ihren Beyfall mit
vielen
Lobes-Erhebungen. |
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Als Herr Thomasius nachgehends nach
Halle
zog, fieng er daselbst gleichfalls an, Teutsche Collegia zu halten, und fand dabey von
Gelehrten und
Ungelehrten einen grossen Zulauf.
Und da bald darauf die
Universität zum
Stande
kam, wurde diese
Gewohnheit nicht nur daselbst
beybehalten, sondern auch bald auf andern
Academien fortgepflantzet, da man zumahl die
Teutsche Mund-Art zu den
moralischen und paränetischen Lectionen
viel
bequemer, als die
Lateinische befand. |
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Man darf sich auch nicht wundern, daß nach
der Zeit die Teutschen Lectionen so grossen
Beyfall gefunden. Manchem Docenten, dem die
Lateinische Zunge ein wenig schwer war,
geschahe damit ein grosser
Dienst. Den meisten
Lernenden aber schien es auch ein
gut
Ding zu
seyn, da sie nunmehro nicht mehr von
nöthig
hielten, sich unter dem Schul-Scepter noch lange
mit der Lateinischen Sprache herum zu placken,
weil sie nicht nur die höhern
Wissenschafften auf
Universitäten in Teutscher Sprache hören,
sondern auch das Latein auf eine ihrem Bedüncken
nach viel raisonablere, und leichtere Art daselbst einschlucken
könnten. |
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Daß aber der
gelehrten
Republick daher,
bloß lediglich des Mißbrauches wegen, nicht ein
geringer Schaden erwachsen, welcher sich mit der
Zeit vielleicht noch deutlicher dürffte zu
erkennen
geben, ist wohl nicht zu
läugnen, ob gleich die
Teutsche Sprache an und vor sich selbst in ihrem
Werthe bleibet und die Excolirung derselben
nützlich und nöthig
ist. |
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Die niedern
Schulen
musten hierunter
nothwendig einen gewaltigen Stoß leiden; die
Academien aber wurden meist von solchen
Leuten besuchet, welche in den schönen
Wissenschafften nicht feste sassen, und also auch
in andern Wissenschafften nicht fortkommen
konnten. Diejenigen, so ihre Schwachheit und
den daher entstehenden
Schaden merckten,
sucheten auf Academien dasjenige, was sie auf
Schulen versäumet, mit vielem Zeit-Verlust
nachzuhohlen, daher die
Professores
der Beredsamkeit in den so genannten Collegiis styli
mehrentheils mit solchen zu
thun bekamen, welche
die ersten
Gründe der Lateinischen Sprache noch
begreiffen
solten. |
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Andere aber, die dazu keine
Lust hatten,
fasseten so viel, als sie in den Teutschen Collegiis
höreten, waren aber nicht im Stande in
gelehrten
Schrifften etwas weiteres nachzulesen,
und blieben also Stümper und Hümpler. Solchen schwachen
Brüdern nun zu statten zu kommen, sahen sich
nicht nur auch diejenigen Docenten, die ihre
Discourse gern Lateinisch gehalten hätten,
genöthiget, die Teutsche Sprache dagegen in ihren Collegiis zu
erwehlen, sondern man fieng
auch an, eine grosse Anzahl der besten
Lateinischen
Bücher ins Teutsche zu übersetzen,
und überhaupt mehr Teutsche als Lateinische
Bücher zu
schreiben. |
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Die
Disputationen wurden auf vielen
Universitäten sehr sparsam gehalten, weil man
sich bis dato noch schämete bey dergleichen gelehrten Exercitiis die Teutsche Sprache zu ge-
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{Sp. 168} |
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brauchen. Und auf solche Weise gerieth denn
die
Übung der Lateinischen Sprache immer mehr
in Abnehmen, da es denn nicht wenig prostituirlich, wenn auch
wohl Leute, die zu öffentlichen Bedienungen und
Ehren-Ämtern gelanget, nicht nur im
Reden,
sondern auch in Schrifften, wenn sie ja etliche
Lateinische Bogen mit
Angst und
Noth
zusammen webeten, den Priscianus so jämmerlich
tractirten, daß er die Schul-Knaben hätte um
Hülffe anschreyen mögen. Diese und andere
Inconvenienzien entstunden aus denen Teutschen Collegiis. |
- Leporin Germania litter. vivens ...
- Burckard in Orat. de linguae lat. hodie neglectae
et contemtae caussis.
- Paul. a S. Joseph. in Orat. de neglectu literarum
human. earumque corruptela.
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Inzwischen ist dagegen doch auch dieses
nicht zu
läugnen, daß, wenn dem angeführten
Mißbrauche sonsten auf andere Art vorgebeuget
werden könnte, die
Methode, die
Wissenschafften
auf Teutschen Academien in Teutscher Sprache
vorzutragen, vielen
Nutzen habe. Denn, anderer
Ursachen zu geschweigen, so kan man ja wohl
nicht fordern, daß junge Leute aus
Schulen als
solche
vollkommene Lateiner hervortreten
solten,
die fähig wären, alle
Lateinische
Collegiaia
vollkommen und so, als wie in ihrer Mutter-Sprache zu
verstehen. Gleichwohl haben die
Anbeter der Lateinischen Sprache unzähliche
Klaglieder darüber angestimmt, nicht anders als
wie man sonst über den Verfall des Christenthums
zu Seuftzen pflegt. |
- Borrichius in
dissertat.
de studio latinitatis purae.
- Burmann in Oratione de publico humanioris
disciplinae Professoris officio.
- Burckhardt de lingua Latinae fatis in Germania
...
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Unter allen diesen hat es keiner so arg
gemacht, und sich so zornig gestellt als Peter Burmann wenn er folgende
Worte von sich hören läst:
Wer solte nicht unwillig werden, daß die
Teutschen seit einiger Zeit vom Gebrauche der
Lateinischen Sprache so abgekommen, daß man
auf hohen und niedrigen Schulen nichts als die
entsetzliche rauhe Teutsche Sprache erthönen
hört. Diese höflichen Ausdrückungen haben nach
Würden widerlegt |
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- Egenolf in Apologia pro Lingua Germanica contra
Petrum Burmannum;
- Houckius in Orat. Halae 1717 habita;
- Gundling in einem Programmate;
- Eckard in historia studii Etymologici.
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Es ist aber dieser
Gebrauch dermassen
eingerissen, das demselben nunmehro nicht mehr
zu wiederstehen ist, wiewohl man auch gestehen
muß, daß Fremde, welche die Teutsche Sprache
nicht
verstehen, in ihren
Studieren sehr gehindert
werden. |
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Wir wünschen übrigens, daß unsere Sprache
in ihren Wachsthum und Schönheit sich
täglich
mehr zeigen und die
gelehrten
Teutschen, welche
ihre Bemühungen auf derselben
Verbesserung
gewendet haben, fortfahren
mögen ihren
Vaterlande durch
Schrifften, welche
die Auszierung der
Teutschen Sprache zum
Grunde haben,
erwünschte Dienste zu leisten. Es werden alle
rechtschaffene Teutschen dieses mit vielen Danck
erkennen, und die Liebhaber unserer Sprache
werden auch unter den Ausländern dadurch
vermehret werden. |
- Morhofs Unterricht von der
Teutschen Sprache und Poesie.
- Egenolfs Historie der
Teutschen Sprache.
- Stollens Historie
der Gelahr-
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{Sp. 169|S. 98} |
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- Reiman in der Einleitung zur Historia Literaria ...
- Hickes in thesauri Linguarum Septentrionalium.
Praefatione.
- Gottschling in der Einleitung zur Wissenschafft guter
Bücher ...
- Theodor Kirchmann in
Dissert. de linguae Teutonicae aetatibus.
- Gryphius in einer Comödie: Der Teutschen Sprache
unterschiedene Alter und Wachsthum.
- Kemmerich in der
Academie der Wissenschafften ...
- Martin Schmeitzels Versuch zu einer
Historie der Gelahrheit ...
- Christian Andreas Teubers Vorschläge zur regelmäßigen Einrichtung der
Teutschen Sprache. Halberstadt 1732 in 8.
- Vermischte Bibliotheck VIII Stück ...
- Johann Daniel Longolius gründliche Anleitung zur Erkänntniß einer jeden,
insbesondere der Teutschen Sprache. Budißin 1715.
- Fabricius Philosophische Oratorie ...
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