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Zedler: Teutsche Handlung HIS-Data
5028-42-1826-10
Titel: Teutsche Handlung
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 42 Sp. 1826
Jahr: 1744
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 42 S. 926
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Siehe auch:
Hinweise:
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  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text Quellenangaben
  Teutsche Handlung, diese verdienet allerdings eine besondere Aufmercksamkeit.  
  Denn Deutschland ist unstreitig eben das Land, welches vor vielen andern Ländern mit Natur- und Kunst-Gaben von GOtt geseegnet ist, also, daß es mit Recht heissen mag: Felices Germani si bona sua norint; Glückseelig wären unsere Deutsche, wenn sie dasjenige, was ihnen die Natur und ihre angebohrne Fähigkeit zu guten Künsten gegeben, erkennen könnten.  
  Denn da hat Deutschland Korn, Wein, Feld- und Baum-Früchte, Küchen- und Medicinische Kräu-  
  {Sp. 1827|S. 927}  
  ter und Wurtzeln in Überfluß. An Mineralien, die es in seinen Bergwercken findet, ist ihme kein Land vorzuziehen. Das Regnum animale giebt ihm Wolle, Leder, und vielerhand zu denen Manufacturen erforderte Materialia. Holtz zum Schiff-Bau hat es die Menge. Kein einiges Metall fehlet ihm; auch so gar Gold und Silber hätte Deutschland mehr in dem Eingeweyde seines Bodens, wenn es nicht so viel in fremde Länder vor unnütze Waaren ausschickte, oder ihre Proceres auf Reisen dahin verzehrten.  
  Die Seiden-Zucht scheinet keinem Lande eigener, als unserm Deutschlande zu seyn, weil die Maulbeer- Bäume unvergleichlich fort kommen, wenn man nur die Lust solche zu pflantzen und zuwarten hätte.  
  Der Flachs- und Leinwand-Handel bringt Millionen aus der Fremde ein, anerwogen der grossen Quantität, die jährlich davon nach Engelland, Holland Spanien und Italien gehet, wovon des Herrn Marpergers Tractat von Hanff und Flachs, und denen daraus verfertigten Manufacturen ein mehrers Zeugniß geben kan.
  Die übrige Handlung derer deutschen Kauffleute mit denen auswärtigen Ländern und Nationen ist eben so wichtig. Zumahl, wenn man nur überhaupt erwäget, was z.E. Italien, Spanien, Franckreich und andere Länder jährlich von denen deutschen Waaren nehmen, und uns von denen ihrigen wieder zusenden; so wird die Sache unstreitig um soviel klärer. Es liefern nehmlich die Deutschen aus Deutschland viel und mancherley Sorten Leinwand, feine wollene Tücher, allerhand Kram-Waaren, Korn, Gewehr, Holtz zum Schiff-Bau und Fässer machen, sonst Pipen-Stäb und Klap-Holtz genannt, Hanff, Flachs, Thee, Thran und dergleichen grobe Waaren mehr. Und holet wieder von dannen die aus Neu-Spanien von Peru und Mexico kommende Silber-Waaren. Ferner Indigo, Cochenille, Campeche- und ander Farb- Holtz, Taback, Zucker, Baum-Öl, Perlen und Juwelen, feine Spanische Wolle, delicate Weine, Zucker, eingemachte Früchte, Saltz, (unter welchen das sogenannte Almaden-Saltz das beste). Ferner allerhand frische Früchte an Zitronen, Äpffel de Sina und Pomerantzen, Cacao, von welchen die Chocolade gemacht wird, trockne Feigen und Rosinen.  
  Franckreich bekommt aus denen deutschen See- und vornehmlich an der Ost-See gelegenen Handels-Städten Pohlnische Lamm-Wolle, Lein-Saamen, Zimmer- und Klap-HoItz, Meßing-Drat, und allerhand Kupffer-Waaren, eiserne Ancker, etwas an Kram-Waaren, Flachs, Pott-Asche, Wachs, und zuweilen Korn, dessen aber Franckreich auch viel aus der Barbarey hohlet. Dagegen kommt von Franckreich Wein, Brandewein, und Eßig, Äpffel- und Birn-Safft, Frantzösisch Cidre genannt, allerhand Früchte, sonderlich Pflaumen und Castanien, Saltz, viele Farb-Kräuter, Nußbaumen-Holtz, Korn, etwas Droguistereyen; von denen durch Fleiß und Kunst gemachten Waaren aber, allerhand Kram-Eisen, Seide- und Wollen-Waaren.  
  Ober-Deutschland betreffend, hat selbiges vor diesem eine grosse Zufuhr an Frantzösischen Waaren über die Schweitz, Lothringen und Flandern, mehrentheils an allerley Kram-Waaren, und sonderlich an Frantzösischen nichtswürdigen Galanterien, wofür die deutschen Höfe jährlich viel Millionen  
  {Sp. 1828}  
  baares Geld nach Franckreich geschicket gehabt, auch dabey einige unentbehrliche Waaren bekommen, die man nicht anders, als aus Franckreich, vornehmlich an Droguistereyen haben können, welche letztere noch als vor ihren Lauff behalten,und keine Sperrung oder Verbot, wenn das Reich mit Franckreich in Krieg begriffen, darwider helffen kan.  
  Aber in denen vielen Millionen Frantzösischer Manufacturen hat die Göttliche Vorsehung seinen guthertzigen Deutschen zu gut einen mächtigen Strich gemacht, indem zu Deutschlands unbeschreiblichen Nutzen, durch die in Franckreich 1684 recht hitzig und auf unerhörte Weise, angefangene Persecution der Reformirten Religions- Genossen, viel hundert tausend derselben, und unter solchen Capitalisten und Handwercks-Leute in Deutschland und andere Reiche entwiechen, und weil sie von einiger unserer deutschen Potentaten, sonderlich von Sr. Königl. Maj. in Preussen, gottseeligster Gedächtniß, christmildigst aufgenommen, und ihnen aller Vorschub sich in Deutschland zu etabliren gethan worden, dadurch diejenige Manufacturen empor gestiegen, die wir sonst nicht anders, als aus Franckreich haben bekommen können und wollen. Wieviel aber diejenige Waaren, welche Deutschland vor diesem jährlich aus Franckreich gehohlt, theils an baarem Gelde, theils an andern soliden Waaren aus dem Lande gezogen, solches ist in des Herrn D. Bechers Commercien-Tractat ausführlich zuersehen.
  Gleichergestalt giebt auch Italien von seinem Natur- und Kunst-Waaren an Deutschland viel rohe und gesponnene Seide und Seiden-Zeug, an Sammet, Atlaß, Damast, Tafft, und Tobin, gewässerten und ungewasserten, viel seidene Strümpffe, Camsols, kostbare Brocade, geblümte und ungeblümte Stoffen, weisse zwirnene Spitzen, schöne Gläser und Spiegel, rothe Scharlachene und andere feine Tücher, vielerhand Weine, Essentien, Parfums, Corallen, rohe und eingemachte Früchte, gute Parmesan-Käse, Baumöl und Oliven, Rossolis und andere destillirte Liquores aus. Hingegen empfängt es wieder weisse und gefärbte Leinwand, feine Schleyer, weissen Zwirn, viel Nürnberger- und Augspurger-Waaren, einige Mineralia und Droguistereyen, Leder, Wachs.  
  Holland nimmt von Deutschland Wolle, Korn, Holtz zum Schiffbauen, Maltz zum Bierbrauen, Rheinische und Moßler-Wein, Eisen, Stahl, Gewehr, Leder, Flachs und Leinen Garn. vielerhand Farb-Waaren, und unzähliche Manufacturen, die sie wieder zu ihrem Ost und West-Indianischen Handel nöthig haben, und giebt uns davor seidene und wollene Tücher und Stoffen, ihre feine Leinewand, Ost-Indische Baumwollene Tücher, Gwürtz und Droguistereyen, sonderlich den bey unserer Salbey und Ehrenpreiß der Tugend nach, so wenig in Vergleich kommenden Thee, als Bley sich dem Golde gleich rechnen kan. Ferner ihr zerbrechliches Porcelain, und was man etwan sonst an Spanischen, Moscovischen, Frantzösischen und Englischen Waaren, (sonderlich diejenige Länder, die Holland in der Nähe haben) nöthig haben möchte, wiewohl auch dieses alles in unsern deutschen See-Städten zubekommen, als welche aller oberzehlten Länder Waaren mit ihren eigenen Schiffen hohlen, und die deutsche Waaren mit guten  
  {Sp. 1829|S. 928}  
  Nutzen wieder dahin verführen.  
  Mit Dännemarck und Schweden stehen besagte Schiffe in guter Correspondantz, und schicken diesen Reichen allerhand Italienische und deutsche Kram-Waaren, wollene Tücher, Leinwand, Seiden- und Wollen-Waaren zu, und empfangen wieder dagegen Butter, Fleisch, Leder, truckene und gesaltzene Fische, Eisen und Kupffer, wiewohl auch diese Waaren in Deutschland nicht manquiren.  
  An Pohlen und Ungarn giebt Deutschland viel Gewürtz, feine wollene und seidene Manufacturen, viel Kram-Waaren und etwas Droguistereyen, und empfängt dagegen Wein, Korn, Vieh, Leder, Wachs, Saltz, Pot-Asch, und andere nützliche Waaren, welchen Handel Deutschlands grosser Begriff verursachet, indem die auf dessen Grentzen wohnende besser von ihren Nachbarn ein und anders kauffen können, als solches weitläufftig auf der Achs aus dem Vaterland kommen zu lassen.  
  Solten aber die Flüsse Deutschlands hin und wieder noch schiffreicher gemacht werden,als sie an theils Orten bereits sind; so ist kein Zweiffel, daß auch dadurch der deutsche Handel sich noch ein grosses hier und dort verbessern möchte.  
  Ist noch übrig mit drey Worten der deutschen Manufacturen zugedencken: Diese fliessen aus der Mutter-Stadt aller Künstler, nehmlich aus der Kayserl. freyen Reichs-Stadt Nürnberg so häufig heraus, daß sie sich auch biß in Ost- und West-Indien ergiessen, ja so zu reden, die erste Ouverture zum vertraulichen Handel mit diesen Barbaren gegeben haben. Das werthe Sachsen-Land ist gleichfals eine Pflantz-Stadt und Baum-Schule trefflicher Künstler und Handwercks-Leute. Die Marck Brandenburg trägt ingleichen das ihrige bey, sonderlich seiter dem, daß die Frantzosen darinn etabliret seyn. Was fehlet denen arbeitsamen und kunst- begierigen Schlesiern; denen sinnreichen Augspurgern? Was hat Hamburg und andere deutsche See-Städte nicht vor Manufacturen auszuweisen, daß also nochmahls daß Sprüchwort wahr bleibt: Felices Germani, si bona sua norint.  
  Indessen ist doch so viel gewiß, daß unsere sinnreiche Deutschen lediglich uns ihrer eigenen Beständigkeit, unermüdeten Fleiß, tieffen Nachsinnen und allgemeiner Liebe zu denen Künsten und Wissenschafften, und also auch zu denen Commerciis, den Flor ihrer weit und breit durch Europam sich erstreckenden deutschen Commercien, und wenn uns erlaubt ist, so zureden, den Vorzug der Handels- Klugheit über alle andere Nationen der Welt, zudancken und zuzuschreiben haben. Die Sache meritirt etwas ausführlicher angesehen zu werden, und zwar die Rationes darzu aus dem Alterthume herzuholen.  
  Es schreibet aber von dem Alten, und nicht civilisirten Deutschland Tacitus in seinem Buch de moribus Germanorum also: Wer wolte wohl, wenn gleich die wilde See nicht wäre, so thöricht seyn, und Asiam, oder Africam, oder das lustige Italien verlassen, und sich nach Deutschland begeben, dessen Boden ungestalt und ungeschlacht, die Lufft rauh und kalt, das Land selbst unlieblich anzusehen ist, indem es entweder über und über mit dicken finstern Wäldern bewachsen, oder auch stinckenden Pfützen und Morästen angefüllet, und gantz keine fruchtbare Bäume, wie auch nur lauter kleines Vieh hat.  
  Auf welche Rede er gleich ferner also fortfähret: Wer solte wohl ein Volck  
  {Sp. 1830}  
  (verstehe das Deutsche) loben, welches das Silber-Geschirr in nicht höhern Werth, als die Gefässe, die von Thon gemacht seynd, hält, welches ohne Städte lebt, dem Schlaff und Fressen ergeben ist, und von guten Künsten und subtilen Wissenschafften nicht das geringste weiß; oder wer solte wohl ein Volck hoch achten, welches nach Cäsaris Zeugniß, (im 6 Buch de Bello Gallico) seine gröste Ehre darinnen suchet, wie es weit und breit um sich herum verwüste Grentzen und Einöden haben möge.  
  Solchergestalt beschreibet Tacitus unser Deutschland zu seiner Zeit, als es freylich noch so rauh und wild, als ers beschrieben, ausgesehen, und die Sitten der Einwohner allerdings noch so beschaffen gewesen. Solte er aber heutiges Tages wieder kommen, und die gleich einen Lust-Garten hin und wieder angebauete Ländereyen und Provintzien, die grosse und mächtige Residentzen, Reichs- und Handels-Städte, die unzählbaren Flecken und Dörffer, die Magnifiquen Paläste, die Schiffreichen Ströme, ordentliche und mit täglichen Post.und Fuhr-Wägen angefüllete Land-Strassen, die mit köstlichen Waaren aus allen Theilen der Welt wohlversehene und wohl sortirte Kauffmanns-Gewölber und Magazinen, so viel tausend Officinen künstlicher und arbeitsamer Handwercks-Leute, prächtig erbaute Börsen und Kauff-Häuser, mit ihren grossen Versammlungen vornehmer und durch die gantze Welt correspondirender Kauffleute, ansehen, würde er von unserm Deutschland ein gantz ander Urtheil fällen, und wie absonderlich in Marpergers Historischen Kauffmann, in der Erzehlung von denen deutschen Commerciis, aus dem Bodino in Method. Histor. & de Republ. L. V. c. 2. erwehnet worden, mit diesem Frantzösischen Scribenten in gleiche Worte heraus brechen nehmlich: Die sonst so sehr wild gewesene Deutschen, welche sich in den Wäldern, wie das Wild, aufgehalten, und einen grossen Haß gegen die guten Künste verspühren lassen, seynd heutiges Tages so umgekehret, daß sie in Leutseeligkeit die Asiatische Völcker, in Tapfferkeit und Kriegs-Zügen die Römer, in der Religion die Hebräer, in der Philosophia oder Welt-Weißheit die Griechen, in der Geometria oder Erd-Meß-Kunst die Egyptier, in der Rechen-Kunst (wir setzen auch hinzu in der Kauffmannschafft) die Phönicier, in der Sternseher- und Deut-Kunst die Chaldäer, und in Verfertigung allerhand Kunst- und Handwercks-Sachen alle Völcker des gantzen Erdbodens übertreffen.  
  Woher ist aber diese grosse Veränderung der Deutschen, der mittlern und jungem oder jetzigen Zeiten gegen denen der ersten und alten Zeiten gekommen? Anders nicht, als durch die Commercia und Handlungen. Diese seynd es, welche auch die rauhesten und wildesten Gemüther civilisiret, leutseelig und von gutem Umgang machen können. Denn weil solcher beydes zu Hauß als auf Reisen unter so vielerhand Nationen, Sprachen und Sitten, bey allerhand Glück- und Unglücks-Fällen, Veranlassungen und Gelegenheiten geschiehet, so kan nichts anders, als eine Veränderung des Gemüths und der Sitten, daraus erfolgen, wie denn auch ein wildes Thier, wenn es lange Zeit unter Menschen gewohnet ist, endlich zahm wird, und seine Wildheit ableget, eben durch solchen Umgang, und denen  
  {Sp. 1831|S. 929}  
  sich dabey vielfältig zeigenden Objectis und vorkommenden Actionibus wird auch nach und nach das Gemüth des Menschen zur Begierde der Vielwissenheit, oder doch der Kenntniß solcher Dinge, welche zu jedes seinem Stand, und also auch zu der Kauffmannschafft zu wissen nöthig seyn, geleitet, welches hernach der Anfang des studirens ist, und daß man nicht mehr, wie vor Alters, einen Abscheu davor hat, sondern sich je länger je mehr darauf befleisset, als auf unentbehrliche Mittel, ohne welche man nicht zu dem Zweck eines glücklichen, civilen und politischen Lebens gelangen kan.  
  Eben diese Kauffmannschafft führet hernach in die Philosophiam, Geometriam, und andere mathematische Künste hinein, also, daß wenn ein Kauffmann erst den Nutzen, der aus einer mit Vernunfft geführten Handlung, sonderlich aber aus denen Manufacturen kommt, gekostet hat, er von selbst solche Wissenschafften weiter zu excoliren sich angelegen seyn läst, und solchergestalt ist mehrentheils einig und allein durch die Handlung gekommen, was obbesagter Bodinus unsern Deutschen mit Recht nachrühmen kan.  
  Hier aber entstehet nicht unbillig die Frage: Woher denn in Deutschland die so grosse und mächtige Handlung entsprungen, daß selbige eine so grosse Veränderung und Catastrophe in denen mittlern und jüngern Zeiten gegen die ältern, uhralte und erstern Zeiten unserer barbarischen Vorfahren hätte machen können? Wir antworten: Durch die deutschen Nation unüberwindliche und vor andern Nationen den Preiß behaltende Handels- Klugheit, welches zubeweisen wir  
 
1) sehen müssen, was Handels-Klugheit heisse, und worinn sie insonderheit bey den Deutschen bestehe;
2) aus was vor ein Alterthum, Zufälle und Gelegenheit dieselbe gegründet sey;
3) wie sie beschaffen seyn müsse, wenn sie das Vorrecht des Rangs oder Vorzugs vor andern sich erwerben, und zueignen wolle, und
4) wie solches alles zugleich auf die deutsche Nation zu appliciren sey.
 
  Betreffende das erste, nehmlich die Definition der Handels-Klugheit, was sie sey und worinn sie bestehe, so ist es ein bey sich selbst, und im menschlichen Verstande (nach vorhergegangener Erkänntniß einer Sache) abgefastes Urtheil, was, um Gewinn zuerjagen in Commercien-Sachen zuthun, und hingegen, um Verlust zuvermeiden, zu unterlassen sey, oder es ist eine wohlgethane Untersuchung derjenigen Waaren, die in einem Lande zu der Einwohner Gebrauch mangeln, und dannenhero von einem an- dern Ort, wo selbige überflüßig seyn, müssen geho-let,und hingegen das hieselbst überflüßige, wieder an einen mangelhafften Ort hingeführet, und daselbst mit Nutzen verkaufft werden, dabey denn ein kluger Unterscheid zumachen, welche Waaren roh und ihrer ersten Substantz und Form nach, oder mit beyder Veränderung durch Kunst und Zusatz (welches man eigentlich Manufacturen nennet) können ausgeführet werden, dabey auch ferner zusehen ist auf die darzu sich präsentirende Gelegenheit, ingleichen auf die Zeit, Personen und Zufälle, item, auf die Länder, und deroselben Vermögen, auf der Nationen, mit welchen man handelt, ihre Sitten und Gebräuche, welches alles in der Application auf die deutsche Handlung sich noch klärer mit Ex-  
  {Sp. 1832}  
  Exempeln geben wird.  
  Anfangs, oder in denen ersten sieben Jahrhunderten nach Christi Geburt war Deutschland dasjenige, wofür es Tacitus obiger massen beschrieben, nehmlich wild und rauh, und mehr dem Marti als dem Mercurio oder der Minervä zugethan, mit der in dem achten Jahrhunderte aber, und von Carl des Grossen Zeiten, anbrechenden, und sich hin und wieder ausbreitenden christl. Religion, welche ohne dem den Frieden und Sanfftmuth prediget, wurden die Gemüther der Deutschen unter den Waffen, auch den Friedens-Künsten (unter welchen die Commercia mit begriffen seyn) gewogen, und nachdem sie durch ihre von Tag zu Tag zunehmende Civilisirung hin und wieder anfiengen, Städte zu bauen, Regiments-Formen und Policey-Verfassungen anzustellen, und aufzurichten, da hatten sie am ersten Gelegenheit denen Commerciis nachzusinnen, und selbige, als etwas, so dem menschlichen Leben unentbehrlich, unter sich zu pflantzen, wenn sie selbige anders nicht schon etliche Jahrhunderte zuvor, (obgleich nicht in Ober- doch in Unter-Deutschland) excoliret haben.  
  Denn wie vorbelobter Herr Marperger in der dritten Erzehlung des Historischen Kauffmanns von den Städten Wineta und Julinum, in Pommern an der Ost-See gelegen, erzehlet, so sind diese beyden Städte viele Jahrhunderte zuvor schon, und noch in dem Heydenthum, grosse Kauff- und Handels-Städte gewesen. Wenn nun im besagten Tractat von denen deutschen Commerciis ferner gedacht wird, daß die Deutschen (als von denen Phöniciern herstammend) Urheber dieser Handels-Städte gewesen seyn, so ist ja solches ein der Deutschen ihrer Commercien Alterthums, vornehmlich aber ihrer Handels- Klugheit, daß sie auch an dem kalten Belt ober der ungestümen Ost-See grosse Emporia haben aufrichten können, nach welchen von allen Orten der Welt Zufuhr und Handlung geschehen ist, so, daß nach der alten Geschicht-Schreiber Beschreibung, obbesagte beyde Städte die mächtigste Handels-Städte selbiger Zeit in der Welt gewesen.  
  Dem sey aber wie ihm wolle, so ist doch Deutschland, durch seiner Nation Klug- und Handels- Verschlagenheit, von achten Jahrhunderte an immer in ihren Commerciis gestiegen, und das einige Land in Europa gewesen, (wenn man Italien wegen Genua und Venedig ausnimmt) welches das Monopolium in der Handlung allein geführet. Denn daß Schweden, Dännemärck, Moscau, und Pohlen, und in Summa alle Nordische und Sarmatische Länder damahls wenig Handlung gethan, sondern alles aus Deutschland haben holen müssen, solches ist noch aus denen jüngern Zeiten, und kaum von einem Jahrhundert aus der daselbst gewesenen Handlung bekannt, da man in Schweden das aus dem Bergwercken gegrabene Ertz oder Berg nicht hat zu gut machen, oder in Moscau Unschlitt oder Talch zu Lichten zuziehen gewust, sondern beydes erst nach Lübeck schicken müssen, daß es daselbst zum Gebrauch fertig gemacht worden.  
  Eben so wenig wurde selbiger Zeit auch an Engelland oder Franckreich gedacht. Denn daß in jenem die Manufacturen erst zu der Zeit (als der Duc d‘ Alba in denen Spanischen Niederlanden tyrannisirte, und die Spanische Inquisition einführen wolte, darüber viel Tuchmacher sich  
  {Sp. 1833|S. 930}  
  nach Engelland retiriret) recht bekannt geworden, solches ist ausser allen Streit. Ob gleich in denen so genannten Spanischen Niederlanden etwas Handlung zu Antwerpen und andern Brabandischen und Flämischen Städten möchte gewesen seyn, so seyn doch solche nicht anders als deutsche Städte zu consideriren. Wie denn die Provintzien in welchen solche liegen, jederzeit auch einen Theil von Deutschland ausgemacht, und dannenhero auch von der, denen Deutschen als ihren Landes-Leuten, beywohnenden Handels-Klugheit participiret haben, wie sie denn aus eben dieser Verwandniß noch heutiges Tages der Stadt Nürnberg noch viel Freundschaffts-Zeichen und Deference, als gleichsam ihrer geliebten Schwester, erzeigen, als welche ihnen freywillig einen guten Theil der in ihr erfundenen Manufacturen (naher Verwandschafft halber) mitgetheilet.  
  An Holland wurde selbiger Zeit gar nicht gedacht, dannenhero auch biß dahin noch nichts davon zumelden vorfält. Wir werden aber bald dasselbe zuberühren Anlaß haben, wenn wir jetzt den in aller Welt berühmt gewesenen Hansee-Bund vor uns nehmen, welcher, wenn wir dessen Alterthum und weit sich erstreckende Macht, wie auch die durch dieselbe ausgerichtete grossen Thaten, betrachten, ein ungemeines Zeugniß, nicht sowohl von dem Alterthum, als der grossen Penetration und Würckung deutscher Handels-Klugheit von sich geben kan. Denn deutsche Kauffleute seynd es gewesen, welche damahls, wie heutiges Tags die Holländer, grosse Armeen ins Feld, und mächtige Schiffs-Flotten in die See gebracht.  
  Und so diese zu unsern Zeiten die Staats-Affairen in Europa sehr balanciret, und Königen auf den Thron geholffen, so haben es nicht weniger zu ihrer Zeit die deutschen Hanseatischen Handels-Städte auch gethan, wie solches aus der Dänischen und Schwedischen Historie zur Genüge bekannt ist. Hat Holland heutiges Tages fast das Monopolium in Ost-Indien unter barbarischen Nationen unter sich gebracht, und sein berühmtes Contoir zu Batavia aufgerichtet, auch mit Asiatischen Printzen Bündnisse schliessen können, so haben die Hanseatische deutsche Kauffleute das Monopolium oder den Allein-Handel etliche Jahrhunderte herdurch in denen mächtigsten Europäischen Königreichen gehabt, die vier Haupt - Contoirs, als nehmlich, das Bergische in Norwegen, das Londische in Engelland, das Beuggische in Flandern und das Novogardische in Rußland besessen, über dem auch mit unterschiedlichen Königen Bündnisse geschlossen, und nach Beschaffenheit der Sache sich stattliche Privilegia bey denselben ausgewürcket.  
  Wer wolte nun nicht sagen, daß, da dieses bey etlichen hundert Jahren also fortgegangen, daß sich die vereinigten Hansee-Städte in solcher Macht und Ansehen mainteniret, sie nicht eine grosse Handels- ja politische Staats-Klugheit gehabt haben? Beydes war aber beysammen. Denn durch die Handels-Klugheit kam denen Hansee-Städten ihr Reichthum und Vermögen, und durch die Staats-Klugheit wusten sie sich in denselben so lange Jahr glücklich zu mainteniren.  
  Wir wollen uns aber bey derselben nicht länger verweilen, sondern vielmehr bey jener (als unserer Frage con-  
  {Sp. 1834}  
  venabler) nehmlich bey der Handels-Klugheit, die denen deutschen Kauffleuten vor andern Nationen im höchsten Grad beywohnet, und um welcher willen ihnen der Vorzug vor allen andern Nationen der Welt gebühret, bleiben. Hier präsentiren sich nun gleich die in Deutschland hin und wieder etablirte Manufacturen, deren viel aus rohen Materialien gut zu machen, ein Stück der Handels-Klugheit mit ist.  
  Daß aber die Deutschen in dergleichen Verstand- und Kunst-Sachen vor allen andern Nationen der Welt, den Vorzug haben, solches ist unstreitig. Von dem herrlichsten Metall, dem Gold und Silber, erst anzufangen, so machet Augspurg und Nürnberg solche Kunst-Sachen, dergleichen kein ander Land ihnen weder in der Qualität noch Quantität entgegen sehen kan. Wie sie denn auch fast den gantzen Norden, sonderlich Pohlen und Moscau, damit versehen. Also thut es auch keine Nation in der Welt in Metall-Arbeit denen Deutschen zuvor.  
  Deutschland hat die besten Berg-Leute, Deutschland weiß die gegrabenen Ertzte und andere Mineralia auf hunderterley Art zu nutzen, welche andern Ländern gantz unbekannt seyn. Der einigen blauen Farbe nur zugedencken, welche in dem Meißnischen Ertz-Gebürge gemacht, und durch die gantze Welt verführet wird, item des Arsenici, welchen man zugleich von denen Cobalten, aus welchen besagte Farbe gemachet wird, zuscheiden weiß: Wobey denn gleich die deutsche Handels-Klugheit ihr Commercium mit solchen Waaren weit und breit in der Welt herum etabliret hat. Welches auch also in dem Blech- Handel, in Nürnberg aber mit denen vielerhand Meßing und Handwercks-Waaren, die nach Italien, Spanien, Asien, Africa und America gehen, geschiehet.  
  Wolte man die saubere Stahl-Arbeit, die in Italien, Franckreich und Engelland gemacht wird, dagegen anführen, so ist solches einer Krämerey gegen einer realen Handlung, oder einem kleinen Teich gegen einer grossen See zu vergleichen. Und wenn es endlich um und um kommt, so wissen unsere Schlösser und Messer-Schmiede, oder die sich sonst unter denen deutschen Handwerckern auf dergleichen Stahl-Arbeit legen, selbige ja so häuffig und künstlich zu machen, als obbesagte Länder nimmermehr thun können.  
  Da auch etwan die Indianer mit ihrem Porcellain, als etwas so noch zu dem mineralischen Reich gehörig, oder Italien und Franckreich mit seinen Spiegel-Gläsern aufgezogen kommen wolte, so kan allen dreyen das einige Sachsen-Land alleine, an Porcellain und rarer Glas-Arbeit, so viel entgegen setzen, daß sie gern still schweigen mögen.  
  In dem vegetabilischen Reich hat Deutschland den grossen Leinwand-Handel, den die Klugheit deutscher Kauffleute durch alle vier Theile der Welt ausgebreitet hat. Hier wird nun Ost-Indien seinen Caton oder Baumwollen Handel, und die daraus verfertigte Baumwollene Tücher, vorziehen wollen, man setzt ihnen aber den feinen Schlesischen Schleyer, und das superfeine Schlesische Loth-Garn, wie auch den Schluß entgegen, daß, wenn es der Göttlichen Providentz gefallen hätte, in einem Land alles wachsen zu lassen, was das ande-  
  {Sp. 1835|S. 931}  
  re hat, so würde keine Handlung nöthig seyn, und die Deutschen, wenn bey ihnen die Baumwolle, so wie in Indien, wüchse, eben so wohl Baumwollne Tücher, als die Indianer, weben können, wie man dessen schon einen guten Anfang im Voigt-Lande gemacht hat.  
  Es ist aber hier nicht die Frage von der Glückseeligkeit eines Landes in Ansehung der Natur-Gaben, die es vor den andern hat, sondern nur von der Handels-Klugheit, und so auch in diesem Theil seine rohen und verarbeiteten Waaren, wie es dieselbe vermittelst der Commercien, zu Nutz machen könne. Also würden die Italiener und so auch die Persianer und andere Nationes, wenn es auf das blose Materiale ankäme, wegen der Seide und denen daraus verfertigten Manufacturen, einen grossen Vorzug vor Deutschland haben, weil bis anhero der Seiden-Bau in demselben negligiret worden. Dahingegen hätte Deutschland seine Wollen- Manufacturen, und so viel andere zu dem Regno animali gehörige Stücke auszuweisen, welche es ursprünglich besser hat, und auch besser, als jene, zuverarbeiten weiß, womit denn der Streit leicht gehoben.  
  Dieses aber muß unstreitig der deutschen Nation eingeräumet werden, daß sie in der Vielheit der Manufacturen, auch in sinnreicher Invention derselben, alle andere Nationes der Welt übertreffen und alles, was jemahls grosses an Mechanischen Kunst- und Wunder-Sachen in der Welt gewesen, entweder von Deutschen erfunden, oder doch, wenn es gleich andere Nationes gethan, von ihnen besser ausgearbeitet worden sey, also, daß solche Nationes ihr eigen Kind hernach, als es ihnen in vollkommener Manns- Gestalt von deutschen Meistern wider dargestellet worden, nicht mehr erkennet haben.  
  Die Sache stehet leicht mit Exempeln zu beweisen: Albrecht Dürer, der Deutschen ihr Appelles, verdient mit Recht das Lob, welches ihm der Coppenhagnische Professor, Erasmus Michaelis Lätus, gegeben. Was in der Bau-Kunst Deutschland vor berühmte Männer habe, ist aus denen in unsern deutschen Residentz -und Reichs-Städten befindlichen Public-Gebäuden und Pallästen, wie auch aus Marpergers Tractat, von dem Leben der Bau-Meister bekannt.  
  In Dreßden hat sich nur noch vor weniger Zeit der in Mechanicis so hoch ja Welt berühmte Königliche Pohlnische und Chur-Sächsische Hof- Model-Meister Herr Andreas Gärtner, der andere Archimedes, besonders hervor, und mit seinen Brenn-Spiegeln fast noch grössere Wunder als der Syracusanische mit den Seinigen gethan. Seine Wissenschafften in Astronomicis, Staticis, Hydraulicis, Geometricis, und in Summa, in allen Theilen der Mathesis ist weltkündig.  
  Was braucht es aber längers Aufhaltens, man gehe nur die meisten sonderbaren Erfindungen Philosophischer und Mathematischer Dinge durch, und sehe zu, ob ihre Erfinder nicht alle Deutsche gewesen, ja man gehe in fremde Europäische Reiche, Länder und Handels-Städte, und sehe zu, ob nicht die vornehmsten Handwercks-Meister daselbst an Schneidern, Schustern, Schlössern, Schmiden, ja auch so gar die Künstler, an Stücken- Giessern, Bildhauern, Mahlern, Kupffer-Stechern, Uhrmachern  
  {Sp. 1836}  
  und dergleichen mehrentheils Deutsche seyn; Wiewohl solches alles die Sache noch nicht aufhebet, sondern es muß die den Vorzug habende Klugheit unserer deutschen Kauffleute noch mit kräfftigern Argumenten und zwar mit solchen, von ihrer Person selber hergenommen, bewiesen werden.  
  Solches ist nun gar leicht, wenn wir einen Blick in ausländische grosse Residentz- und Handels- Städte thun, da man denn in Stockholm, Coppenhagen, Londen, Amsterdam, Paris, Bordeaux, Lyon, Cadix, Genua, Venedig, Warschau, und in Moscau befinden wird, daß viel, ja an etlichen die vornehmsten Kauffleute daselbst, Deutsche seyn. Diejenigen, welche nicht ausserhalb Landes sich niedergelassen, sondern in ihrem Vater-Lande ihre Wohnung aufgeschlagen, beweisen ihre Handels-Klugheit durch ihre in die Welt weit und breit ausgehende Correspondentien, ingleichen auch durch ihre in andern Ländern etablirte Contoiren, oder doch mit desselben Landes-Einwohnern, gemachten Mascopeyen, item, durch ihre weite Reisen, zu Wasser und Land, in so weit ihnen der Weg nicht dahin verschlossen ist. Denn da andere Nationes nur ein oder das andere Land mit Reisen und Handeln zubesuchen, in Gewohnheit hatten, so laufft der Deutsche mit seinen Brieffen und Commissionibus auch wohl mit einer Person und Bedienten, am meisten aber mit seinen Waaren und Geldern die gantze Welt durch.  
  Wiewohl es wegen der Grösse von Deutschland, und der vielen darinn befindlichen See-und Handels-Städten, nicht so sehr, als in andern Reichen und Ländern (die nur ein oder zwey Haupt-Handels-Städte haben) in welchen der Kern von ihren National-Kauffleuten, gleichsam als in einem Centro beysammen ist, in die Augen leuchtet und gemercket werden kan, was es allenthalben vor grosse Geister von dergleichen deutschen klugen Kauffleuten habe.  
  Wie wir denn versichert sind, daß solche die Macht ihrer Klugheit in Commercien-Sachen mehr, als andern Nationen lieb seyn solle, weisen würden, wenn sie gleichergestalt unter einem solchen Haupt, oder bey einer solchen Einigkeit des Römischen Reichs versammlet lebeten, welches sie mit mächtigen Flotten zur See aßistiren und auch mit andern Hülffs- Mitteln, wodurch die Commercien eines Landes befördert werden, unterstützen könnte, gleichwie jetziger Zeit andern Nationen von ihrer Landes-Herschafft wiederfähret.  
  Dieses einige müssen wir noch hierbey anführen, daß es manchem leicht sey, bey anscheinenden Gelegenheiten und in Überfluß profitable Handlung zu treiben, aber in Sturm und Ungewitter ein guter Steuer-Mann zu seyn, und mitten unter denen erlittenen Pressuren, welche Deutschland so viele Jahre bey denen leidigen Kriegs-Zeiten auszustehen gehabt, bey verschlossenen Pässen, Unsicherheit, der Strassen, schweren Geld-Ausgaben, unfruchtbaren Boden, grossem Geld-Mangel und dergleichen, dennoch ein wohlhabender Kauffmann zu bleiben, und seine Sache glücklich zuführen, auch sich und dem Lande Nutzen zuschaffen, (wie jetziger Zeit viel tausend unserer deutschen Kauffleute thun, da gehöret Klugheit zu, da heist es auch: Hoc opus, hic labor est.  
  Endlich so gehören auch  
  {Sp. 1837|S. 932}  
  zum Beweiß Kauffmännischer Klugheit, ihre Statuta, durch welche das Commercium eines Orts je länger je mehr (wenn man sich sonderlich nach solchen vorgeschriebener massen richtet) in Flor gebracht werden kan. Es zeigen sich aber solche heilsame Gesetze an und unter allen andern Nationen der Welt. Denn wem ist das Alterthum des deutschen See-Rechts unbekannt? Hatte man hier nicht auch Ursache von unsern Hanseatischen Kauf-Leuten (wenn man ihr Wisbuisches und nach der Zeit verneuertes Hanseatisches See-Recht ansiehet) zusagen, was dorten Nero dem Kayser Tiberio antwortete, als solcher einen Ausspruch in streitigen See-Sachen zuthun von denen dabey intereßirenden angesprochen wurde:  
  Aller Durchlauchtigster, Großmächtigster Kayser, was von Eurer Kayserl. Maj. anjetzo vorgetragen worden, darauf wolte ich nur unterthänigst dieses antworten, man solte lieber nach der Insel Rhodus, (als die ihrer vortrefflichen See-Gesetze halben berühmt ist) schicken und daselbst von der See- Handlung von ihren Schiff-Rhedern und Befrachtern, Schiffs-Zimmerleuten, und denen, die in solchen See-Handlungen intereßiret seyn, Schiffe kauffen und verkauffen, auch Gold und Geld darzu hergeben) Nachricht einholen.  
  Oder wie der Kayser Antonius demjenigen, der ihme auch in dergleichen Marine-Sachen ein Supplicatum übergeben hatte, geantwortet: Ich bin zwar ein Herr der Welt, aber die See-Gesetze herrschen über die See. Entscheide man also, was dißfals vor Streitigkeiten unter Seefahrenden Leuten vorfallen, nach denen Rhodiser-Gesetzen, in soweit dieselbe unsern Kayserlichen Gesetzen nicht zuwieder seyn.  
  Wie weit aber das Wisbuysche heutiges Tages, in dem Hanseatischen oder Lübeckischen enthaltenen See-Recht, sich erstrecke, wie es denen Frantzösischen Oleranischen das Alterthum streitig machen könne, solches ist in der Vorrede des von offtgedachten Herrn Marpergers aus dem Frantzösischen übersetzten, und mit einem Commentario versehenen Frantzösischen See-Recht, zuersehen. Uns genüget dieses Orts, nur daraus zubehaupten, daß auch in See-Sachen, vornehmlich aber in See- Rechten, die Deutschen vor andern Nationen den Vorzug haben, auch noch heutiges Tages in der Schiffart denen Englischen, was die Europäischen Fahrten betrifft, in allen gleich gehen, und so auch in den weiten Reisen nach denen übrigen Welt-Theilen es würden thun können, wenn sie sowohl, als diese beyde und andere Nationes, die Gelegenheit darzu hätten, und man in Deutschland, um das Aufnehmen der Römischen Reichs - Bürger und ihrer Commercien, wie auch um der Anrichtung unter des Heiligen Röm. Reichs Flaggen fahrender mächtiger See-Flotten, das Aufsuchen neuer und unbekannter Länder, Etablirung gewisser Colonien, und dergleichen, so bekümmert und bemühet, als in andern Reichen und Ländern wäre.  
  Der ferner von der Deutschen ihrer Handels-Klugheit zeigende öffentliche Beweiß, seynd die fast in allen vornehmen deutschen Handels-Städten eingeführte löbliche Wechsel-Ordnungen, welche sogleich allen in Wechsels-Sachen vorfallenden Strei-  
  {Sp. 1838}  
  tigkeiten abhelffliche Maaß, und Decisa geben, und fast in den meisten Articulis so klar seyn, daß sie keiner weitern Erläuterung nöthig haben.  
  Wie denn unsere deutsche Kauffleute unter sich auch solche Banquiers haben, derem ihren Gutdüncken ausländische Wechsel-Plätze in streitigen Wechseln und Commercien-Sachen gar gern unterschreiben. Und da andere Reiche und Länder in dergleichen Fällen nur ein oder zwey Plätze haben, auf welchen sich ein ausländischer Kauffmann Raths erholen kan, wie etwann in Holland allein zu Amsterdam und Rotterdam, in Franckreich zu Lion, in Engelland zu Londen, in Italien zu Venedig und Genua; so hat hingegen Deutschland sein Augspurg, Bremen, Breßlau, Dantzig, Cölln, Franckfurt am Mayn, Hamburg, Leipzig, Lübeck, Nürnberg, Regenspurg, Ulm, Wien, und andere mehr, bey welchen man sich insgesammt, als bey andern Areopagis Raths erholen, und eines solchen Ausspruchs sich getrosten kan, der Rechts und Statuten gemäß gegründet ist, und auch von denen scharffsinnigsten Rechtsverständigen nicht angefochten, vielweniger mit Bestand umgestossen werden kan.  
  Endlich, so soll auch die fast durchgehends auf unsern deutschen Contoiren und Schreib-Stuben bemerckte gute Ordnungen in Scripturen uns nicht wenig zum Beweiß dienen, daß der Deutschen ihre Handels-Klug- und Erfahrenheit auch in diesem Stücke die Sieges-Palmen über andern darvon trage. Von denen Italienern wird zwar das Buchhalten in doppelten Posten, das Italienische genannt, und gönnet man ihnen desfals gern die Ehre, daß sie ihren Nahmen, darzu herleihen mögen. Wiewohl noch nicht ausgemacht ist, ob es nicht auch das Griechische, Phönicische, oder gar Egyptische Buchhalten möchte können genennet werden, weil vorbesagte drey Nationes weit vor denen Italienern in Handels-Sachen berühmt gewesen, und Zweiffels ohne sonderlich die mächtige Städte Tyrus, Rhodis und Alexandria des richtigen Buch- und Rechnungs haltens (als ohne welche keine Handlung lange bestehen kan) werden nöthig gehabt haben, wie denn auch, daß eben von obbemelten Egyptiern die Kunst des Buchhaltens in doppelten Posten nach Italien soll gekommen seyn, eine gemeine Meynung ist.  
  Deme sey aber, wie ihm wolle, so ist nunmehro nicht des Kindes sein Geburts Ort, sondern wo es wohl erzogen, und zu einem vollkommenen Alter gebracht worden anzusehen. Dieses ist nun unstreitig in Deutschland geschehen, anerwogen, deutscher Kaufleute eigener angebohrner Liebe zu guter Ordnung und Disposition in ihren Commerciis; andern Theils auch der zu solcher Disposition erforderten scharffsinnigen Penetration und gründlichen Erfahrenheit in der Rechen-Kunst, welche abermahls denen Deutschen vor andern Nationen im höchsten Grad beywohnet, inmassen wir dessen einen überflüßigen Beweiß, an denen in allen deutschen Städten löblich etablirten Schreib- und Rechen-Schulen, vornehmlich aber an der in Hamburg aufgerichteten Kunst und Rechnung übenden Societät, deren löbliche Membra durch gantz Deutschland ausgetheilet seyn, haben.  
  Dieser ihre Schrifften darff ein unpartheyischer Leser  
  {Sp. 1839|S. 933}  
  nur ansehen, um daraus zu urtheilen, wie tieff sie auch in die schwerste Vorfälle Kauffmannischer Rechnungen einsehen, wie der Euclides bey ihnen dergestalt ausgekörnet sey, daß Plato, wenn jetzunder deutsche Rechen-Schüler in seine Academie nach Athen kommen solten, ihrenthalben nicht mehr über die Thür seiner Schule schreiben dürffte: Hier komme niemand herein, der nicht der Geometriä kundig ist, weil sie mehrentheils demselben würden guten Bescheid thun können. Und also mangelt es denen Deutschen auch nicht an andern Nutz -und Lehrreichen, von denen Commerciis handlenden, und die Erfahrenheit der deutschen Nation in solchen zeigenden Schrifften mehr.  
  Zwar können wir nicht in Abrede seyn, daß nicht Spanier, Italiener und Frantzosen, Engelländer und Holländer, wie auch andere Nationes, sehr viel von Commerciis geschrieben, als unter andern  
 
  • Arragonius de Monopoliis,
  • Bertachius de Gabellis et Vectigalibus,
  • Boccalini in Ragguaglio Parnasso di Matthaeo Bodinus de Cambiis,
  • Johann Bodinus de Republica , dito des Monoyes, Caccia lupi de debitore suspecto et fugitivo.
  • Vincentius Caroccii de re furtiva, it. de locatione, de Excus. bonor.
  • Bartholi Casparin de legitima & naturali rerum venalium pretio et taxat. circa frumentum.
  • Casius de Sphaena Civitatis,
  • Johann Bapt. Cavarii de Cambiis,
  • Claymarus de Arcanis Rerum publicarum,
  • Cuchius de Moratoriis & praescriptionibus,
  • Ferratus de Re navali id. de Gabellis,
  • Garzonii nella piazza universali di tutte le Professioni,
  • Carolus Molinäus de Commerciis & usuris id. de usu fructu.
  • Monozi de ratiociniis,
  • Mozzius de deposito, id. de societate,
  • Pancirollus in lib. rerum memor.
  • Nicol. de Passeribus de libris Mercatorum,
  • Lopez Rebellus de Monopoliis,
  • Reginaldus de Monopoliis,
  • Seip. Rendini de recept. Sent. de Mercat.
  • Salmasius de usuris id. de foenore trapezitico,
  • Sigismundus Scaceia de Commerciis et Cambiis,
  • Seldenius de Mari clauso,
  • Benevenuti Stracha de Mercatura, idem de Nautis et navibus, de mandato mercatorum de Proxenetis, de decoctoribus, quomodo procedendum in Causis Mercatorum,
  • Raph. de Turri de Cambiis Zonchäus de Jure negotii maritimi
  • etc.
 
  Allein, was ist dieses gegen denen Handels-Schrifften der Deutschen, von welchen wir ebenfals nur die vornehmsten recensiren, solcher und der übrigen wegen aber den geneigten Leser auf des jüngern Herrn Marpergers Bibliothecam Mercatoriam wollen verwiesen haben. Die dieses Orts nur anzuführende Schrifftsteller seynd,  
 
  • Affelmannus de Contractibus
  • Maximil. Fausti Aschaffenburg Tract. de aerario.
  • Viel von des berühmten D. Bechers Schrifften, die von Deutschlands Commercien-Verbesserung handeln,
  • Christophori Besoldi disput. Polit, ejusd. tract. de mutuo, item de aerario,
  • Beutherus de privilegiis Creditorum,
  • Böckleri Collegium Politicum.
  • Matthäus Brunnerus de Cessione Bonorum,
  • Byel de Monetis,
  • Bornitius de Aerario,
  • Carpzovii Jurispr. Rom. Sax.
  • Coleri Decisiones,
  • Ernesti Cothmanm Concilia ,
  • Sigism. Finckelthausii de Moratorior. Praescript.
  • Petr. Folleri Prax. Nundin.
  • Ahasverus Frit-
 
  {Sp. 1840}  
 
  • Fritschens de jure nundin.
  • Christ. Haffnerus de Mercatura,
  • Christ. von Huyn de usur. usurarum,
  • Hunnius de Cessione Bonorum,
  • Reckermanni Systema Polit.
  • Caspar Klockius de Aerario, ejusd. tr. de Collectis et contribut.
  • Lansii Consultationes,
  • Herm. Latherus de Censibus,
  • Benjam. Leuberi disquis. planar. stapular. Saxon. advers. Magdeburg ejusd. tr. de jure stapul. Magdeburg.
  • Leib von Besserung Land und Leute,
  • Lyserus de jure Nundinarum,
  • Joh. Loccenius de jure Maritimo
  • Hieronym. Lucas de Cambiis.
  • D. Mart. Luther de judaeis,
  • Johannes Marquardus de jure Mercatorum,
  • Joh. Mevius de levamin. in opum Credit, ejusd. Comment. in jus Lubecense, ejusd. tr. de emt. & vendit.
  • Hennningii Meureri de praefer. Credit.
  • Neu-Cranz de Purpura,
  • Georg Obrecht de Aerario,
  • Reckmanni Chronica Lubecensis,
  • Nicol. Reisneri Thesaurus Practicus.
  • Santeri Praxis Banceruptorum,
  • Schaffhausen de Cambiis,
  • Schulz de oblatione pecuniae debitae.
  • Franci Stypmanni tract. de jure Nautic. ejusd de re Nautica.
  • Henrici Zipfels Tractat von Wechsel-Brieffen,
 
  und so noch viel andere mehr, sonderlich was in denen Schrifften der grossen Rechts-- und anderer Gelehrten als des Herrn  
   
  wie auch in so vielen gelehrten Disputationen, welche täglich auf unsern deutschen Universitäten herauskommen, von denen Commerciis und denen darzu gehörigen Materien zu lesen ist.  

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Stand: 13. September 2016 © Hans-Walter Pries