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Text |
Anmerkungen |
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Thomasius, (Christian) ein
berühmter
Philosoph und
Rechtsgelehrter,
Königlich-
Preußischer
Geheimder-Rath der Hochlöblichen
Friedrichs-Universität[1]
Director,
Professor Juris
Primarius und Senior, wie auch
Erb-
Lehen- und
Gerichts-Herr auf Alsdorff, war
gebohren zu
Leipzig den 1
Jenner 1655. |
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Sein
Herr
Vater war
Jacob Thomasius,
Professor
der Wohlredenheit daselbst, von welchem ein besonderer
Artickel folget, die
Fr.
Mutter aber Maria, Herrn
Jeremias Webers der
Gottesgelahrheit
Licentiatens
und Archidiaconi zu St. Nicolai in Leipzig,
nachgelassene
Tochter. |
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Von diesen seinen
Eltern ward er von der
zarten Kindheit an zur
Gottesfurcht und allen
Guten angeführet, und ob er wohl im 8
Jahre
seines
Alters seine
leibliche Mutter verlohr: So
führte ihm doch die Göttliche Vorsorge eine
andere Mutter zu, die nicht weniger als seine
rechte Mutter vor sein Wohlseyn und
Erziehung
Sorge trug. |
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Weil er von Jugend auf einen sehr muntern
Verstand und grosse Fähigkeit zum
Studiren bey
sich spühren ließ, ward er sowohl durch die
Anleitung seines Vaters als auch der berühmten
Gottesgelehrten und Schul-Männer, Lic. Fellers,
Doctor
Friedrich Rappolts und
M.
Johann Gottfried Herrichs so weit
gebracht, daß er auch die
Philosophischen
Vorlesungen
verschiedener berühmten
Professorn in seiner Vaterstadt mit
Nutzen
anhören konnte, indem er |
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- Johann Ittigen über die Physic,
- Valentin Alberti über die
Metaphysick,
- Johann Rhun über die Mathematick,
- Otto Mencken über die
Politick,
- und Christian Friedrich
Franckenstein in der
Historie
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hörte, und ihre
Collegia nicht minder, als seines nachmahligen Herrn
Schwagers Adam Rechenbergs Philosophische Vorlesungen unausgesetzt besuchte. |
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Von seinem Vater ward er besonders
fleißig
zum Disputiren angehalten, und dahin gewiesen,
ehe er sich der Rechts-Gelahrheit wiedmete, sich
vorher in der
Philosophie
gründlich umzusehen,
welches nachgehends zu einer so heilsamen
Frucht vor die Philosophie und deren
Verbesserung in
Teutschland ausgeschlagen
ist. |
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Damals laß sein Vater über |
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{Sp. 1581|S. 804} |
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Grotii
Bücher vom Recht des Krieges und
Friedens und recommendirte seinen Zuhörern die
Commentatores über ihn fleißig zu lesen;
welches auch der junge Thomasius wohl zu
Hertzen nahm, und daher sowohl
Zieglers
als Osianders
Anmerckungen über den Grotium bedachtsam
zu lesen anfieng,
durch deren Hülffe er theils Grotii neue, theils der Scholasticorum
alte
Gedancken von dem
Natur- und
Völcker-Rechte
zu begreiffen, gegen einander zu halten, und weil
der Werth und Unwerth abzuwägen gelernet hat:
Es kamen auch um diese
Zeit
Pufendorffs
Schrifften
in dem Natur-Recht zum
Vorschein. |
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Weil nun Pufendorff den Grotium offt
erklärte,
verbesserte und erläuterte, zugleich auch
annehmlich, schön und deutlich
schrieb, so bekam
er auch an demselbigen einen Geschmack,
konnte aber sich doch noch nicht entschliessen,
dessen besondern und neuen Lehr-Sätzen
beyzutreten, weil er sahe, daß Pufendorff in vielem
von denjenigen Lehr-Sätzen abgegangen, die er
allezeit als
Grund-Wahrheiten angesehen
hatte. |
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Ein so seltener
Fleiß brachte gar bald seine
erwünschten Früchte hervor, und wieß
genugsam, daß wie er unter die frühzeitigen
Ingenia nicht gerechnet zu werden verlangte, er
doch auch keinesweges den langsamen
Köpffen beyzufügen sey. Es hielt ihn also die
Philosophische
Facultät zu
Leipzig vor
würdig,
daß er 1671 in
Baccalaureum, und 1672 in
Magistrum der
Philosophie, ob er gleich erst 17
Jahr alt war,
rühmlichst
promoviren konnte. |
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Nach beendigten Philosophischen
Studiis
ergriff er, sondern
Zweiffel auf Anrathen seines
nahen Vetters, des
Cantzlers
Johann Thomä, die
Rechtsgelahrheit, und ließ sich derowegen schon
in Leipzig bey obgenannten Valentin Alberti das
Natur Recht und ferner bey Friedrich Geislern die
Justinianischen Institutiones erklären. |
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Weil er aber Verlangen trug, auch andere
Universitäten zu besehen, so begab er sich 1675
nach
Franckfurt an der Oder und setzte allda die
Rechtsgelahrheit fort, dabey er denn sonderlich
des trefflichen Samuel Strycks und des nachmaligen
Churfürstl.
Brandenburgischen
Staats-Ministers,
Johann Friedrich von
Rhez,
gelehrte
Unterweisung zu
genüssen hatte. |
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Weil er aber auch hier nicht soviel als sein
Lehrbegieriges und feuriges
Naturell suchte,
finden konnte: so gerieth er auf die
Gedancken,
selbst zu lehren und zu lesen anzufangen, um
dadurch mehr zum Nachdencken angeleitet zu
werden. Er
erwehlte also
Samuel Klenckii Quaestiones ad libros Grotii, und laß
darüber; und ob er gleich
Pufendorffs Schrifften
auch gelesen hatte: so
wolten ihm doch dessen
Neuerungen nicht gefallen, weil er noch an den
alten
Sätzen der Moralisten
hienge; daher er auch
froh war, daß Pufendorff auf allen Seiten
angegriffen und wiederleget wurde. |
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Nachdem er aber Pufendorffs Verantwortungen
zu lesen bekam, giengen ihm die Augen auf, und
er fieng an, nicht nur die Fehler und
Irrthümer in
der Moral einzusehen, sondern auch zu
begreiffen, daß man wider Pufendorffen nichts
erhebliches würde aufbringen können; und damit
bekam er Muth, und faßte den Entschluß, sich
von den Vorurtheilen frey zu machen, an keines
Menschen
Ansehen,
Meynung und Ausspruch
sich zu binden, al- |
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{Sp. 1582} |
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les nach seinen
eigenen
Principiis wohl zu
untersuchen und zu
unterscheiden, und also zu
philosophiren. |
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Im Jahr 1679
disputirte er unter des von
Rhez Vorsitz
de Jure circa frumentum und wurde
Doctor der
Rechte,
that darauf
eine
Reise nach Holland, und
insinuirte sich durch seyn
vortreffliches und aufgewecktes
Ingenium
sonderlich bey dem
berühmten Philologo
Joh. George Gräven, also,
daß derselbe
Lust bekam, ihn in Holland zu
behalten. |
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Er ließ sich aber nicht aufhalten, sondern kam
nach zurück gelegter Reise wiederum nach
Hause,
und legte sich anfangs auf das
Bürgerliche und
Deutsche Recht, fieng auch an daselbst
Juristische
Collegia zu lesen, und zugleich vor
Gerichte zu practiciren[2]. Weil er aber wohl sahe,
daß seine Gemüths-Neigung sich weit besser zum
Lehren als zu der Praxi schickte: so ließ er
letztre
gantz liegen, und nachdem er einen
grossen Zulauf von Zuhörern bekam, so wendete
er auf Lesung der angefangenen Philosophischen
und Juristischen Collegien allen
möglichen
Fleiß. |
[2] |
HIS-Data: korrigiert aus: pacticiren |
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Im Jahr 1683 gab er sein erstes
Buch,
nehmlich die Annotationes theoretico-practicas in Joh. Strauchii
dissertationes ad universum Jus Justinianeum privatum heraus. |
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Nach dem
Tode seines
Vaters, welcher in
eben dem bemeldeten Jahre erfolgte, fieng
Thomasius an, immer mehr und nachdrücklicher
hervorzubrechen, und sonderlich das Natur-Recht
zu lehren und zu erklären, welches ihm aber viele
verdrüßliche Händel auf den Halß zog, und ihm
endlich gar aus seinem Vaterlande vertrieb. |
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Es hatte nehmlich Thomasius nicht nur das
Pufendorffische Systema angenommen, sondern auch
erweitert und mehr erkläret, ferner 1687 die
Jurisprudentiam divinam zum
Dienst seiner Zuhörer
drucken
lassen, und die darüber anzustellenden
Vorlesungen in einem
Teutschen
Programma, als
welches damahls was gantz ungewöhnliches war,
bekannt gemacht, welches beydes den
damahligen
Leipziger-Philosophen, besonders
aber seinem ehemaligen Präceptor,
D.
Valentin Alberti, sehr
empfindlich
fiel, und ihn wieder unsern Thomasium
aufbrachte. |
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Noch mehr aber gab zu diesem Feuer Anlaß
daß Thomasius, nachdem er einige Jahre an den
Actis
Eruditorum gearbeitet, selbige aber wiederum
verlassen hatte, 1688 anfieng ein neues Journal
in
Deutscher Sprache unter dem
Titel:
Freymüthige, lustige und ernsthaffte, jedoch Vernunfft-
und Gesetzmäßige Gedancken, oder Monath-Gespräche über allerhand, vornemlich aber
neue Bücher,
heraus
zu geben, in welchem er
nicht nur die Bücher recensirte, sondern auch mit
einer Satyrischen Schreib-Art die Fehler und Mißtritte der
Gelehrten gar offenhertzig und eindringlich abmahlte. |
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Da er nun ohnedem bey den Leipziger
Philosophen schon im schwartzen Register war,
weil er ihre Philosophie als unnütze Grillen und
falsche Lehr-Sätze guten
Theiles verworffen hatte;
man auch
glaubte, als wenn er durch gedachtes
sein Journal den Actis Eruditorum Tort
thun
wolte, und über das,
die dem Monat
Jenner vorgesetzte
Vorrede und
übriger Inhalt einem und dem andern gar
beissend und anzüglich vorkam, so wurde von dem Ober-Consistorio zu
Dreßden ein |
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{Sp. 1583|S. 805} |
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Befehl ausgebracht, über diese ohne
Nahmen
ausgefertigte Monat-Schrifft einer Untersuchung
anzustellen. Und ob er gleich mit dem Monat
Mertz den
Tittel änderte, und ernsthafter zu
schreiben versprach, so denuncirten sie dennoch
die
Sache nochmahls bey dem Ober-
Consistorio, und gaben seine Monats-Schrifft vor ein Pasquill
aus. Weil aber Thomasius die Vorsichtigkeit gebraucht
und sich bey
Hofe fest zu setzen gesuchet hatte: so
brachte er das
Jahr
völlig zu Ende. |
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Nichts destoweniger aber würckte
nachgehends D. Alberti mit dem
Anfange des
Jahrs 1689 einen harten Befehl wider
Thomasium bey dem Ober Consistorio aus, in
welchem ihm seine Satyrische Schreib-Art und übriges gedachte mißfällige Bezeigen und genommene
Freyheit bey
Straffe 100 Ducaten verbothen, und der
Universität befohlen worden, ihn über die
angebrachte Klagen der Philosophischen Facultät
und des D. Alberti zu vernehmen. |
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Derselbige aber beklagte sich über dis
Verfahren bey dem
Churfürsten
selbst, und noch ausführlicher bey dem Ober-Consistorio zu
Dreßden, eröffnete die geheime
Ursachen des
Hasses wider ihn, und bath, gehöret zu werden,
und die Denuncianten zum
Beweis anzuhalten;
erboth sich aber doch in einem Hand-Schreiben an
2
vornehme Minister zu einem Vergleich, welcher
auch durch derselbigen Bemühung eines
Professors der Medicin, der beyder Freund war,
zu
Stande gebracht, und also die erste
Verdrüßlichkeit in Güte beygeleget worden
ist. |
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Es war aber dieselbige noch nicht recht
vorbey, so entstund eine andere noch weit
größre, indem unvermuthet ein
gantzes Ehrwürdiges Ministerium zu
Leipzig den
Herrn
Thomasium wegen seiner Monats-Schrifften als
einen Pasquillanten und Diffamanten seiner Präceptoren und des Ministers bey dem Ober-Consistorio
anklagte, und ihn als einen der
ärgsten Calumnianten und Bösewichter denuncirte. Worauf die
Universität abermahls Befehl erhielt, ihn darüber
zu vernehmen, welche auch ihn in
Person zu
erscheinen citirte, so er auch
that, und um
Abschrifft der Anklage und um genugsame Frist,
seine Verantwortung thun zu können, anhielt. |
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Es kam aber die gantze Anklage von
D.
August
Pfeiffern her, als welcher nebst D.
Joh. Benedict Carpzoven den
Thomasius mit grossem Ernste zu
Leibe
gieng, ihn der
Atheisterey
und einer profanen Lehre und
Leben
beschuldigte, und ihn bey dem Ober-Consistorio sehr schwartz machte; worzu bald
darauf auch eine neue Denunciation von der
Theologischen Facultät kam. |
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Dahingegen Thomasius nicht nur alle
mögliche Rechts-Mittel zu seiner Vertheidigung
ergriff, sondern auch seine Widersacher in einem
Collegio gratuito de differentiis justi et honesti, daß er wider Pfeiffers
Collegium Anti-Atheisticum, der ihn darinnen
zum Atheisten machen
wolte, gehalten,
empfindlich abmahlte, und als ihm solches verboten
wurde, ein anders von den Vorurtheilen anfieng,
wo er ebenfalls
Gelegenheit fand, sich wider die
Beschuldigungen seiner Widersacher gegen die in
grosser Anzahl anwesende
Studenten zu
vertheidigen, ohne daß er in diesem letztern
weiter be- |
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{Sp. 1584} |
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kränckt werden können. Er versuchte zwar
auch einen gütlichen Vergleich, und schob
deswegen immer auf, sich in den Streit rechtlich
einzulassen: als sich aber derselbe fruchtloß
zerschlug, gab er endlich auf die Denunciation des
Ministerii eine Antwort, vertheidigte seine Sache,
widersprach der gemachten Klage, und bat um
Recht. |
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Ob man nun gleich
meynen
solte, es würde
darauf der Proceß weiter geführet worden seyn, so
blieb doch hiermit alles liegen, und weder die
Theologische Facultät, noch das Ministerium
regten die Sache weiter, indem schon ein
anders eben so schweres Wetter sich wider den
Herrn Thomasium aufzog. |
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Es hatte nehmlich Thomasius in seinen
Monaten des Königlich-Dänischen Ober Hof
Predigers, D. Hectoris Gottfried Masii, Interesse principum
circa religionem Evangelicam recensiret, und
seinen wiedrigen
Sinn, zumahl über die damahls
überall eingeführte Lehre, daß die
Obrigkeiten
unmittelbar von
GOtt ihre
Macht bekamen, wiewohl verdeckt, und ohne piquanten
Schertz bezeuget; welches, da es durch die Feinde des Thomasii endlich vor D.
Masium gebracht worden,
der durch noch eine andre Widerlegung einer
wider Thomasium
edirten
anzüglichen
Schrifft,
um welche er
gewust haben soll, in den Monat-
Gesprächen noch mehr erhitzet worden war, es bey
seinem Könige dahin brachte, daß derselbe sich
1689 in einem
Schreiben an den Churfürsten zu
Sachsen über Thomasium, als einen, der das
gemeine Interesse der Könige und
Fürsten
vermessentlicher Weise verletzet, und von der
Majestät
aller Potentaten gantz verkleinerlich geschrieben,
ungnädig beschwehret; worauf demselbigen von dem Ober-Consistorio seine Verantwortung zu
thun befohlen worden, welches er auch in einer an
dasselbige angegebnen specie facti that, auch sich vor der
Universität, an die er gewiesen worden, mündlich
vertheidigte. |
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Worauf ihn aber befohlen worden, daß er
weder in Leipzig noch anderer
Orten etwas ohne
vorhergehende Censur
drucken lassen solte,
welche dieser in Leipzig zu erhalten keine
Hoffnung hatte. Worauf die Sache liegen
geblieben, bis, da sich Thomasius, wie wir[3] bald
erzehlen werden, nach
Halle gewendet, der
Handel mit noch viel grösserer Weitläufftigkeit wieder
angegangen. |
[3] |
HIS-Data: korrigiert aus: wird |
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Denn da indessen die Pietistischen
Streitigkeiten angiengen, so wurde Thomasius
ersucht, dem seligen Herrn August Hermann
Francken ein
Responsum
Juris
zu ertheilen, so er auch that; und 1690 eine Schrifft von der
Ehe
Fürstlich-Lutherischer und
Reformirter
Personen edirte,
als
Hertzog Moritz Wilhelm zu Sachsen sich mit
einer Prinzeßin von
Brandenburg vermählte, und
D. Philipp Müller darwider eine Schrifft unter dem
Tittel: Fang des edlen Lebens durch ungleiche
Glaubens-Ehe, geschrieben, welche ihn in
Churfürstlichen Arrest gebracht, und welche
Thomasius in gedachter Schrifft widerlegte, dem
man deßwegen
Schuld gab, daß er gedachten
Theologum ins Gefängniß gebracht, welches er
aber beständig
geläugnet, und selbst nach der
Hand in seiner Befreyung geholffen. |
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Diese beyde Schrifften nun, in welcher
letztern auch der berühmte
Wittenbergische Theologus,
D. Caspar Löscher, angestochen worden, erregten dem
Herrn |
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{Sp. 1585|S. 806} |
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Thomasio neuen Verdruß, und zogen ihm
die Feindschafft der
Wittenbergischen Theologen auf
den Hals, und seine Widersacher zu Leipzig,
welche er durch Beschreibung der Heuchler in obgedachtem Collegio de
praejudiciis aufs neue wider sich
gereitzet hatte, verklagten ihn nebst jenen aufs
neue bey dem Ober-Consistorio, als einen sehr
gefährlichen und nachtheiligen
Mann, der, wie an
der
Evangelischen Kirche, also auch an dem
Chur-Hause Sachsen gefrevelt hätte. |
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Weil nun unser Thomasius Wind bekam, daß
ihm nicht nur das Lesen werde niedergeleget
werden, sondern man sich auch seiner
Person
versichern, und so dann eine Inquisition wider ihn
anstellen wollte, so nahm er seine Zuflucht zu dem
Churfürsten zu
Brandenburg, und ersuchte höchst
Denselbigen um gnädigste Erlaubniß, sich in
Halle
niederzulassen, und daselbst seine
Vorlesungen
halten zu dürffen. |
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Er nahm auch eine kleine
Reise vorher vor,
nahm von seinen Freunden Abschied, fuhr von
Leipzig aus mit der Post nach
Berlin, von wannen er
sich erklärte dem
Befehle zu
gehorchen,
und zu Leipzig keine Collegia mehr zu lesen, da indessen seine Mobilien daselbst auf Befehl
arrestiret worden. Zu Berlin erlangte er bald
Churfürstliche Bestallung zu einem neuen
Professor zu Halle; worauf er 1690 am Sonntage
Quasimodogeniti in
einem
Programmate seine neue
öffentliche und
Privat Vorlesungen intimiret hatte. |
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Nachdem er sich hier fest gesetzet, wendete er
sich mit einer Bittschrifft an das
Geheimer Raths-Collegium zu
Dreßden, und bath unter
Vorstellung
seiner Unschuld, und daß man dem Proceß wider
ihn von der Execution angefangen, ihm mit
Erlassung des Arrests seiner Mobilien, die
Anklagen zu Beobachtungen seiner
Nothdurfft zu
communiciren; welches er auch durch
Interceßion des Churfürsten, seines Herrn, gesuchet, aber nicht
förmlich erlangt. Dennoch aber ist die Sache in
so weit gemäßiget worden, daß er endlich seine
Familie in Leipzig ungehindert abhohlen, und seine
Mobilien öffentlich ohne Hinderniß nach Halle
transportiren lassen dürffen; worauf die Sache in
Ruhe gelassen wurde. |
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Die anfangs kleine Anzahl seiner Zuhörer in
Halle, mehrte sich in
kurtzer Zeit dermassen, daß
er noch, ehe die Universität aufgerichtet wurde,
nie unter 20 und öffters über 50 Zuhörer hatte,
worunter auch
Grafen,
Barone und viele von
Adel
waren. Hierdurch wurde der Churfürst bewogen,
das schon längst vor habende Universität-Werck
endlich 1691 ins Werck zu richten, und wurden
von der
Zeit an auch andere
Professores nach
Halle nach und nach
beruffen, bis endlich 1694
die
Academie feyerlich eingeweyhet, und er zum
ordentlichen
Professor der Rechte, zum
Churfürstlichen
Rathe und Senior der
Juristen-Facultät gemacht worden, welche nach dem
Tode
D. Strycks die Stelle des Ordinarii in der Juristen-Facultät,
Königlichen Geheimden Raths und
Directoris der Friedrichs-Universität, folgte, nachdem er
vorher die Zurückberuffung zum Ordinarius der
Juristen-Facultät nach Leipzig, ingleichen die
angetragene
würckliche Geheime Raths-Stelle
bey dem Hertzoge Moritz Wilhelm von Sachsen Zeitz
ausgeschlossen hatte. |
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Ob nun also gleich die vorigen Ungewitter zu des Thomasii und |
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{Sp. 1586} |
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der
Wissenschafften Flor gedienet hatten: So
fehlte es ihm doch auch in Halle nicht an
Streitigkeiten und Widerwärtigkeiten, in dem
Carpzov seine
Disputation
de Jure circa Adiaphora nicht nur angriff,
sondern auch Anstalt gemacht wurde, daß sowohl dieselbige, als auch seine 1695
edirte
Anmerckungen über den
Monzambano zu Leipzig confisciret
worden; Masius aber es dahin gebracht hatte, daß
der Monat May der Monat-Gespräche zu Coppenhagen durch
den Scharfrichter öffentlich verbrannt worden;
worüber pro & contra
verschiedne
Schrifften gewechselt worden, auch sich der Churfürst zu Brandenburg selbst
Thomasii angenommen. So
wurde er auch mit vielen Theologen in Streitigkeit
verwickelt, weil er hin und wieder in seinen
Schrifften, verschiedenes in dem Kirchen-Rechte,
und an den Kirchen-Dienern, zu tadeln und zu
bestreiten gefunden hatte. |
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Was aber seine Bemühungen um die
Verbesserung der Philosophie und Einführung des
gesunden
Gebrauchs der
Vernunfft in den
Wissenschafften selbst betrifft, weswegen er
besonders zu mercken ist, so war ausser den
Institutionibus Jurisprudentiae divinae, von deren Inhalte unter dem
Artickel:
Thomasianische Philosophie, ein mehrers gedacht
worden, seine erste Bemühung, etwas zur
Verbesserung derselbigen beyzutragen, die Introductio in Philosophiam
aulicam seu primae lineae libri de prudentia cogitandi et ratiocinandi, die
zu Leipzig 1688 zum ersten mahle heraus
gekommen, und worinnen er zuförderst eine
kurtze, aber bündiggefaßte Philosophische
Historie vorstellig macht, sodenn aber von allen
Secten gar freymüthig und
gründlich
urtheilet,
deren Schwäche und Fehler zeiget, und
sonderlich die
Unvollkommenheit und
Irrthümer
der Peripatetischen und Cartesianischen Vernunfft-Lehre in den meisten
Haupt-Stücken
darthut, und darauf den
Grund zu einer bessern
und eclectischen Logick leget. |
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Da er nun von dem bisher betretenen
Wege so sehr abgegangen, so ist nicht zu
verwundern, daß nicht nur seine Widersacher,
welche meistens an der Peripatetischen Philosophie hiengen, und
in welcher sie
aufferzogen waren, damit
übel
zufrieden waren, sondern auch diejenigen, welche
der Cartesianischen Philosophie beypflichteten, ihren Mißfallen
darüber bezeugeten, wovon die darwider
geschriebnen Schrifften des Realis de Vienna und
Rhegenii zeugen, welche er aber
nicht gäntzlich unbeantworttet gelassen, sondern
ihre Schwäche gezeiget hat. |
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Hierauf folgte 1691 seiner Einleitung zur Vernunfft-Lehre, worinnen seine
Absicht war, ohne die Syllogisticam durch eine leichte und allen
Menschen
verständliche Art zu lehren, das
wahre,
wahrscheinliche und
falsche von einander zu
unterscheiden, und neue Wahrheiten zu
erfinden,
worinnen er bloß eine eclectische Vernunfft-Lehre
darstellet. |
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In dem zweyten
Theile aber unter dem
Tittel:
Ausübung der Vernunfft Lehre, zeiget er die
Handgriffe an, wie man seinen
Kopff aufräumen
und sich zur Erforschung der Wahrheit
geschickt
machen, die
erkannte Wahrheit andern
beybringen, andre
verstehen und auslegen, von
andern ihren
Meynungen
urtheilen, und die
Irrthümer geschickt widerlegen
solle.
Und muß man dem Herrn Thomasio das
unpartheyische |
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{Sp. 1587|S. 807} |
|
|
Zeugniß geben, daß er in dieser Vernunfft-Lehre nicht nur das beste, was er in andern
neuern
Logicken gefunden, ausgelesen,
und mit seinen Grund-Sätzen
verknüpfft, sondern
auch viele schöne und neue Wahrheiten, und
zwar zum ersten in
Deutscher Sprache
vorgetragen habe. |
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Das
Jahr darauf gerieth dieser
Philosophische Reformator, dem an der
Aristotelischen
Sitten-Lehre überaus eckelte, auch
über die Moral, indem er die Einleitung zur Sitten-Lehre 1692
in 8
herausgab. Er fügte derselben
bald hernach die Ausübung der Sitten-Lehre
bey. |
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|
Im Jahr 1699 machte er sich über die
Geister-Lehre, und weil er damahls noch ein Verehrer der
Mysticorum war, und
glaubte, die
Verbeßrung der
Seele
müsse allein vom
Willen angefangen
werden, zu welchem Ende er auch Peter Poirets
Buch
de eruditione triplici zu
Halle
1694 wiederum hatte
auflegen lassen, und
es in einer
Vorrede
gar nachdrücklich
recommendiret: so
schrieb er auch einen
Versuch
vom Wesen des Geistes, oder Grund-Lehren sowohl zur natürlichen Wissenschafft, als der Sitten-Lehre, worinnen er die Mechanicos zumahl die
Cartesianer, widerlegt, dabey aber gar
besondere
Principia in der Natur- und Geister-Lehre vorträgt, worüber freylich allerley
Widerspruch, theils mit Bescheidenheit und
Manier, theils mit Hefftigkeit ergangen. |
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Nachdem aber unser Thomasius
Ursache
fand, sein Systema des
Natur-Rechts zu
verändern, und von
Pufendorff abzugehen, auch
die von ihm behauptete leges divinas positivas universales wiederum fahren zu
lassen, so edirte er 1705
Fundamenta Juris naturae et gentium, ex sensu
communi deducta etc. in welchen
er das Natur-Recht in eine
gantz andere
Form
brachte, auch auf diese Principia seine
Schlüsse
und
Sätze von hieher
gehörigen Special-Materien
nicht nur in diesem Buch, sondern auch in
verschiednen
Academischen
Disputatione
bauete, darüber er aber nicht wenig
Widerspruch, jedoch auch Anhänger genug
bekam. |
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Endlich weil noch zur Verbesserung der
Philosophie die
Politic
mangelte: So
wolte sich
unser unermüdeter und tiefsinniger
Philosoph auch
darinnen nicht saumseelig finden lassen, etwas
gründlichers an die Hand zu geben; wie er denn
1705 Primas lineas de ICtorum prudentia consultatoria etc. edirte. |
|
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Er ließ auch 1708 Poirets berührtes Buch noch
einmahl auflegen, und weil er nun die Fehler der
Mysticorum besser einsehen gelernet, so setzte er eine
neue Vorrede davor, in welcher er die
Irrthümer derselbigen, und die
schädliche
Verwerffung der Vernunfft zeigte, und von der
wahren und falschen
Gelehrsamkeit gründliche
Gedancken vortrug. |
|
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Endlich weil er auch zur richtigen Anführung
der Jugend
nöthig erachtete, eine gründliche
tractationem propaedeumaticam an
die Hand zu geben, um dadurch dieselbige zur
Erlernung, gleichwie aller, also auch der
Philosophischen
Wissenschafften tüchtig zu
machen: So edirte er 1710 Cautelas circa praecognita Jurisprudentiae, und ließ sich
angelegen seyn, sie vor den Vorurtheilen und
Hindernissen, welche bey Erlernung der
Wissenschafften, zumahl der Philosophie, im
Wege stehen, zu warnen, und dieselbige zu
entdecken. |
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Es bemühete sich aber dieser unermüdete
Mann nicht |
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{Sp. 1588} |
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nur in grossen
Büchern, sondern auch in
kleinen
Schrifften,
z.E. in
Programmatibus und
dergleichen kurtzen Abhandlungen, den
Mängeln
der Philosophie und andern Wissenschafften
abzuhelffen. Gleichwie er auch eben dieses in
verschiednen
Dissertationen
tht, welche guten
theils das Natur-Recht erläutert, aber auch hin und
wieder ihrem
Auctori vielen Widerspruch
erreget haben, unter welchen sonderlich die Dissert. de crimine Magiae zu
mercken, als welche zu vielerley Schrifften pro & contra Anlaß gegeben, und verursachet, daß
die Materie von Gespenstern, Hexen, Hexen-Processen und dergleichen sorgfältig
untersuchet,
auch verschiedne hieher gehörige Schrifften der
Ausländer ins
Deutsche übersetzet worden. |
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Endlich so ist auch
billig an diesem
gelehrten
Manne zu loben, daß er die von seinem Vater
wieder vorgebrachte Philosophische Historie zu
befördern gesucht, zu welchem Ende er nicht nur
seines seligen Vaters gründliche Schrifften,
besonders dessen kurtze Observationes und
Dissertationes, welche die Philosophische Historie
ungemein erläutern, ans
Licht gegeben, und
dadurch sich um diese Wissenschafft ungemein
verdient gemacht, sondern auch dieselbige bey
seinen Philosophischen Schrifften sowohl selbst
zu
Rathe gezogen, als auch in
eignen
Abhandlungen zu befördern gesucht, wohin
sonderlich das Leben Socratis, und die paulo plenior historia Juris Naturae
gehören. |
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Von seinen
Leibes und
Gemüths-Gaben
verdienet hier dasjenige
Urtheil, welches die
Verfasser der
Actorum
Eruditorum von ihm gefället haben,
angeführet zu werden: |
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„Wie treulich er seinem Amte vorgestanden,
heiset es daselbst, wie er die natürliche, alte
und neue Rechtsgelahrheit mit Schrifften erläutert,
die Weltweisheit von Fehlern zu reinigen
gesucht, und seine Gegner abgeführet ist
jedermann bekannt. Er führte ein unsträffliches
Leben, und hatte weder Geitz noch Hochmuth,
und auch in seinem Vaterlande legte sich der Haß
so sehr, daß er mit vortheilhaften Bedingungen
zurück verlanget wurde, die er aber ausschlug. |
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Von Kranckheiten ist er in der Jugend, und im
Alter frey geblieben, und nur einige Tage vor
seinem Tode hat ihn ein Durchfall so
entkräfftet, daß er nach Christlicher Vorbereitung
seinen Geist aufgeben müssen. |
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Er hatte eine glückliche und langwierige Ehe,
wohlgezogene Kinder, beständige Freunde und
danckbare Schüler gehabt, wie seine Billigkeit,
Aufrichtigkeit, gute Sitten, angenehmer Umgang
und Scharfsinnigkeit verdiente. Ausserdem besaß er
eine grosse Wissenschafft, Fleiß, Munterkeit,
Klugheit und Liebe zur Tugend und Wahrheit. |
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Er war geschickt, die Fehler bald zu
entdecken, bewunderte selten andre
Erfindungen, verachtete aber das Alter zu sehr. Er
wuste andre einzunehmen aber ohne eintzige
Beredsamkeit; schrieb vieles scharfsinnig, aber
nicht nett, accurat und rein, wie seine Schrifften
ausweisen, welche, so lange sie auch beliebt
seyn möchten, doch nicht so lange als sein Nachruhm und guter Nahme dauren dürfften." |
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So vortheilhafft aber dieses lautet, so ist doch auch hier nicht zu
verschweigen, daß auch vieles an ihm ausgesetzet worden,
z.E. |
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1) |
Die
Gewohnheit
alles durchzuziehen, und darüber zu |
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{Sp. 1589|S. 808} |
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spotten, welche so tief
bey ihm eingewurtzelt gewesen, daß wenn er sie
auch dann und wann verstecken wollen, sie
dennoch niemahls gantz aussen geblieben
wäre. |
2) |
Daß er überall Scrupel
gesucht, dieselben geliebt und mit
Fleiß
vergrössert hätte. |
3) |
Daß er die
Untersuchung
der
Wahrheit aus dem
Grunde
unterlassen hätte,
indem man nirgends etwas in seinen Schrifften
aus den Original-Worten der
H. Schrifft, aus genau gesetzten
Principien der
Vernunfft, oder aus den
avthentischen Monumenten der
alten
Historie
ausgeführt fände, sondern vielmehr Topische,
und daraus fliessende übereilte
Beurtheilungen. |
4) |
Daß seine Schrifften dem Naturalismo und der Hintansetzung aller
geoffenbarten Religion und Göttlicher Wahrheit
Thür und Thor eröffneten; |
5) |
fast alles darinnen aus
dem Frantzösischen und Holländischen
Atheisten,
Scepticorum, Naturalisten und Socinianer Schrifften gezogen sey, ohne
vorher gegangene Zusammenhaltung des
Göttlichen Worts. |
6) |
Daß in selbigem um des
Mißbrauchs willen fast alle alte
Ordnungen gar
verworffen, nicht aber gebessert
würden; |
7) |
Daß nichts darinnen
gebauet, sondern nur umgerissen
würde; |
8) |
Daß das
Christenthum auf
ein Moralisches Raisonniren reduciret, und das Werck GOttes
zur Raison gemacht würde. So hat
auch |
9) |
andern die offtmahlige
Veränderung seiner
Meynungen nicht gefallen
wollen, weil sie
geglaubt, er habe sich im Nachsinnen zu sehr übereilet, und wäre dadurch erst
hernach angeleitet worden, das, was er
übersehen zu
verbessern, oder habe wohl gar
eine Ehre und
Vortheil darhinter
gesucht. |
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Welches alles, ob, und wie weit es
Grund
habe oder nicht, mit einem uneingenommenen
Gemüthe, aus Gegeneinanderhaltung der wider
ihn edirten Schrifften, zumahl einiger
Gewissens-Rügen, und seiner wider seine Gegner in seinen
letzten Jahren, in den Juristischen Händeln
gethanen weitläufftigen Verantwortungen, auch
aus unpartheyischer Einsicht und Untersuchung
seiner Schrifften selbst,
muß überlegt und
erwogen werden. |
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Hierinnen aber werden wir nicht irren, wenn
wir behaupten, daß obgleich an diesem grossen
Manne einige Fehler und Irrthümer zu finden
gewesen; er doch billig unter diejenigen
Philosophischen Reformatores zu rechnen sey,
welche zu Verbeßrung der Philosophischen
Wissenschafften ein grosses beygetragen haben,
und daß man ihm billig Danck
schuldig sey, daß er
nicht ohne viele Verdrüßlichkeiten und weit
aussehende Gefahr, mit erstaunenden Muthe
sich vor andere gewaget, das Sectirische Joch in der
Philosophie von dem Halsse der
Deutschen
abzuwerffen, und die
Freyheit
zu
philosophiren zu
befestigen.¶ |
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Der
Tod und Familie dieses grossen
Philosophen anlangend, so ist derselbe den 23
Septembr. 1728 aus dieser Zeitlichkeit
abgefordert worden, nachdem er sein
Alter auf 73
Jahre 8
Monate und 3
Wochen gebracht hatte.
Er hatte sich 1680 im
Februario mit
Jungfer
August
Christinen,
D.
Polycarp Heylands,
Tochter verehliget, und mit derselben 6
Kinder, nehmlich 3
Söhne und 3 Töchter
erzeuget,
wovon aber nur 2 Söhne, Christian Polycarp, und Christian
August, und eine Tochter Sophia Elisabeth ihren
Vater |
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{Sp. 1590} |
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überlebet haben. Von seinem ältesten Sohne,
Christian Polycarp Thomasio hat ihn auch
GOtt 5 Enckel
und 2 Enckelinnen erleben lassen. |
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