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Quellenangaben |
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Connexion der Türcken mit andern Potentzen, Staats-Interesse und
Nachbarn des Türckischen Reiches.¶ |
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Wenn man die Nachbarn des Türckischen Reiches betrachtet, so
grentzet solches in Asien mit Persien. Ob nun wohl die
Türcken denen Persern an
Macht weit überlegen, auch durch Bagdad, welches noch zur
Zeit in
ihren Händen, einen grossen
Vortheil vor
diesen haben, hiernächst eine unversöhnliche Feindschafft zwischen ihnen
und denen Persern sich ereignet, davon bald die
Ursachen
sollen
angezeiget werden; so siehet man doch nicht leicht, daß die Türcken sonst
eine geraume
Zeit
her, wenn sie nicht die höchste
Noth gezwungen,
Persien mit
Krieg
angreiffen
wollen, ausser in denen letztern und neuesten
Zeiten. |
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Dessen Ursache ist, weil durch die
Erfahrung befunden, daß Persien der Türcken Kirchhof, und
die grossen Armeen, so man in dem 15. und 16.
Jahrhunderte
dahin geschicket,
ordentlich durch Hunger zu
Grunde
gegangen. Immassen denn denen Persern ein leichtes, durch Verheerung der
nächstgelegenen
Provintzen und Abgrabung der
Qvellen die
Türckischen Truppen zu arretiren, und von fernerm Einbruch abzuhalten. |
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Hingegen haben auch die Perser bißher sich nicht an den Türcken zu
reiben
begehret,
zumahl da sie eine geraume Zeit weibische Könige gehabt, so lieber ihre
Tage in
allerhand
Wollüsten und
Üppigkeiten zubringen, als sich mit gefährlichen
Kriegen
verwirren wollen; Gestalt man denn gesehen, daß ohngeachtet oft bey dem
letzten Türcken-Kriege die Türckische Machten von denen
Christen so
sehr geschwächet, und ob schon unterschiedliche ansehnliche Provintzen
ihnen entzogen waren, sie sich dennoch im geringsten nicht moviret, noch
der herrlichen
Gelegenheit
zu gebrauchen begehret. |
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In Africa grentzet das Türckische Reich auf der einen Seite an den
König
von Abyßinien: allein sie haben sich von solcher Seite auch nichts zu
befahren, indem die Abyßiner gar nicht in dem
Stande sind, sonderliche Conqveten zumachen. Die übrigen
kleinen Fürsten in Africa sind froh, wenn sie von denen Türcken
unangefochten bleiben, und haben weder den
Willen,
noch die
Macht, ihnen
Schaden zu
thun. |
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In
Europa
sind ihre Nachbarn der Tartar Cham, die
Königreiche Ungarn und Pohlen, der Czaar von Moscau und die
Republic Venedig. Von denen Tartarn hat sich der Türckische Kayser nichts
zu befahren, indem er ihnen durch Caffa und einige andere
Plätze am
schwartzen Meere den Daumen auf denen Augen halten kan. Da zudem die
Tartarn auch keine Infanterie haben, vielmehr ihres
eigenen
Interesses halber an den Türckischen Kayser gebunden sind, als welcher
nicht allein den Cham
belehnet, und eine
jährliche Pension
giebt, sondern auch sein und seiner Horden sich in denen Feld-Zügen
gebrauchet. |
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Gestalt denn die Tartarn krafft des zwischen ihnen und der Pforte
geschlossenen Bündnisses
schuldig
sind, sich bey der Türckischen Armee in grösserer oder geringerer Anzahl,
nachdem der Türckische Kayser oder Gross-Vezier, oder ein geringerer
General zu Felde gehet, zu erscheinen, welches denn, weil die Tartarn
ohnedem aus Plündern, Rauben und Stehlen ein
Handwerck machen, fast ihre beste
Nahrung ist. Zu
geschweigen, daß die Türcken ihnen auch damit das |
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{Sp. 1687|S. 857} |
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Maul schmieren, daß wenn etwa dermahleinst die Ottomannische
Familie abgehen solte, sodann der Tartar-Cham
im Türckischen Reiche succediren solte. |
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Das Königreich Ungarn ist denen Türcken lange Zeit ein Dorn in denen
Augen gewesen, daher sie seit des Kaysers Selims Zeiten sich so eyfrig
angelegen seyn lassen, immer ein Stück nach dem andern davon abzureissen,
wobey sie denn weder Blut noch
Gut geschonet, und mag ihr Absehen wohl dahin gegangen
seyn, daß sie sich dadurch einen Weg nach
Deutschland zu
bahnen verhoffeten. Wie denn auch nicht
leugnen,
daß vor dem
Jahr 1683. die
Sache ein ziemlich schlechtes Ansehen vor die Christenheit gehabt. |
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Allein der letzte
Krieg hat die
Türcken in ihrer
Hoffnung
allzusehr zurücke gesetzt, und scheinet gar glaublich, daß sie dadurch
gewitziget worden, und wenn nicht etwan eine innerliche Unruhe in Ungarn
ihnen eine sonderliche
Gelegenheit
an die Hand giebt, so leichtlich sich nicht wieder daran reiben werden, da
zumahl die Kriege in Ungarn denen Türcken ziemlich beschwerlich, nicht nur
weil sie auf der
Donau
alles wieder den strengen
Strom mit
grosser
Mühe und Zeit-
Verlust anschaffen müssen, sondern auch weil ihre Militz gröstentheils der
kalten
Nächte und des
ungesunden
Wassers nicht
gewöhnet, und daher häuffig dahin
sterben. |
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Hingegen haben sich die Türcken, wenn sie sonst ruhig seyn
wollen, nicht leichtlich zu befahren, daß man aus Ungarn
sie mit Kriege überziehen werde, indem doch ihre
Macht, ungeachtet sie im vorigen Kriege ziemlich
geschwächet worden, annoch sehr considerabel, und niemand einen so starcken
Feind von freyen Stücken sich auf den Halß hetzen wird. |
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Von Pohlen hat sich das Türckische Reich wenig zu besorgen; vielmehr
hat jenes, unerachtet es Caminieck durch den letzten
Frieden wieder bekommen, mehr als zu viel Ursache, auf
guter Hut zu stehen, indem doch die Türcken an der Wallachey und Moldau
eine offene Thüre in Pohlen haben, selbiges
Land auch mit
keinen sonderlichen
Festungen
verwahret,
und die Türckische Macht der Pohlnischen weit überlegen ist. |
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Moscau hingegen ist allerdings vor einen gefährlichen Nachbar zu
halten, zumahl da selbiges nunmehr auch in der
Ukraine festen
Fuß gesetzet, die
Festung Asoff
an dem
Flusse Tanais
erobert, und so gar an dem schwartzen Meere, auf welcher Seite das
Türckische Reich am schwächesten, Posto gefasset, dabey auch Rußland eine
grosse Macht auf den Beinen hat, welche es von
Tage zu Tage in
bessere Positur setzet, und gute Officierer von fremden
Nationen in
seine
Dienste
nimmt, und wegen der absoluten Autorität auch gar
bequem etwas wichtiges unternehmen kan. Daher die Türcken
wohl
Ursache haben, ein wachendes Auge auf Moscau zu
richten. |
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Was endlich die Republic Venedig anbetrifft, so wird selbige wohl
allein nichts wieder das Türckische Reich anfangen, massen man denn
ehemahls gesehen, daß ihr gantzes Absehen dahin gegangen, damit sie nur
soviel
möglich, alle
Gelegenheit
mit selbigem zu collidiren vermeiden möchten. Zu welchem Ende sie so viel
verdrießliche
Pillen verschlucket, daß auch daher die Spanier sie Amacebada del Turco,
oder des Türckischen Kaysers
Concubine zu
nennen pflegen.
Und ob sie wohl in dem letztern
Kriege in die
grosse Alliantz mit gutem Succeß getreten, jedoch nach- |
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{Sp. 1688} |
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dem sie einmahl einen
vortheilhafften
Frieden erhalten. so ist nicht zu glauben, daß sie ohne
grosse
Noth sich in
einen auswärtigen Krieg verwickeln werde. Weil doch, obschon die
Vemtianische See-Macht der Türckischcn noch wohl die Wage halten kan,
jedoch zu Lande die Türcken ihnen allzusehr überlegen, und überdiß der
Handel nach der
Türckey
allzunützlich vor die Republic ist. |
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So haben sie auch von denen Malthesern, die zwar ihre immerwährende
Feinde sind, und Kraft ihes Ordens- und
Eydes
denen Türcken allen
möglichen
Abbruch
thun
müssen, sich
weiter nichts zu befürchten, als daß diese ein oder ander
Schiff
wegnehmen, und auf denen
Küsten
eine Landung thun, und das platte Land plündern, wodurch aber zur Haupt-
Sache wenig beygetragen wird. |
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Mit dem übrigen
Europa
haben die Türcken nicht Ursache, sich in einen Krieg einzulassen, weil sie
einander zu weit entlegen, vielmehr finden beyderseits ihren
Vortheil
dabey, daß die
Commercien
nicht unterbrochen werden. |
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Sonst hat die Ottomannische Pforte auf den Pabst in Rom immer darum ein
wachsames Auge, weil an dem Päbstlichen
Hofe öfters
solche Consilia geschmiedet werden, die allerdings zur Schwächung oder wohl
gar zum gäntzlichen Untergang ihres
Reiches gereichen müsten, wenn die
Christlichen
Puissancen so einig wären, und solche zur Execution zu bringen suchten, wie
denn auch der Päbstliche Hof noch bis auf diese
Stunde Titular-
Ertz- und
andere
Bischöffe, desgleichen Patriarchen in partibus infidelium
zu machen oder zu ernennen pfleget. Alle diese Patriarchate, Ertz- und
Bißthümer, mit deren
Titel der Päbstliche Hof so viele ambitiose geistliche
Personen abzuspeisen und zu befriedigen pfleget, sind insgesammt in den
Landen des
Türckischen Reiches gelegen. |
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Mit
Franckreich hingegen pfleget die Ottomannische Pforte
allemahl in einem ziemlich
guten Vernehmen
zu stehen; dergleichen sie auch mit Engelland und
Holland zu unterbauen suchet.¶ |
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Prätensionen und Anwartschafften der Türcken.¶ |
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Ihre
vornehmste
Anwartschafft ist auf die Tartarey, wenn das
Geschlecht derer von Kerey
solte
aussterben, sintemahl diese wieder die Anwartschafft zum Türckischen Throne
haben, wenn etwan das Geschlechte derer Groß Sultane aussterben solte,
welches aber von beyden
Theilen nicht so leicht zu
vermuthen.
Die Prätensionen kan man aus des Bajazeths
Exempel
abnehmen. Denn als selbigem von dem
König
Sigismund in Ungarn remonstriret wurde, wie jener ja so gar keine
Prätension auf Ungarn hätte; so wieß Bajazeth ein
gantzes Zimmer
voller Sebel, mit der
Bedeutung, daß
so lange wie sie diese Waffen führen könnten, so lange hätten sie
Prätension auf alles, was sie nur verlangeten. |
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Unterdessen wenn der Krieges-Declaration zu trauen, so im Jahr 1715.
wider die Venetianer mit heraus kam, so siehet man wohl, daß die
Praetensionen |
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- 1) auf alles dasjenige gerichtet, was die Saracenen ehedem
besessen, welches also Spanien, Sicilien, Sardinien und Neapol seyn
würde.
- 2) Was zum Orientalischen Kayserthume gehöret hat, welches also
Ungarn und andere angrentzende Länder und Inseln, und
vermuthlich das zum Exarchat gehörig gewesene Land in Italien seyn
würde.¶
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{Sp. 1689|S. 858} |
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Leibes-Beschaffenheit der Türckischen Nation.¶ |
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Die Türcken sind insgemein von einem breiten Angesicht, und von einer
wohlgestalten und starcken Leibes-Constitution. Die Europäischen Türcken
sind an Farbe so ziemlich weiß, und so auch viele Asiatische Türcken.
Andere Asiatische Türcken sind gelbicht und schwarzgelb die Araber sehen
zum Theil eben also, andere hingegen gantz kohlschwartz, und die Egyptier,
so zu Africa gerechnet werden, fallen ebenfalls stark in die schwartze
Farbe.¶ |
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Gemüths-Beschaffenheit der Türckischen Nation.¶ |
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Was aber die
Tugenden und
Laster der
Türckischen
Nation
anbelanget; so ist zwar nicht ohne, daß man insgemein einen abscheulichen
Concept sich von
ihnen zu machen pfleget. Aber diejenigen, so
Gelegenheit
gehabt, sie besser kennen zu lernen, wollen gleichwohl versichern, daß ob
schon nicht zu
leugnen,
daß sie unterschiedlichen Lastern ergeben, hingegen auch nicht wenig an
ihnen zu loben sey; doch ist hierbey zu beobachten, daß hier nur von dem
gebohrnen Türcken die Rede: Denn die Renegaten, so ohnedem insgemein der
Schaum ihrer Nation, sind viel lasterhaffter, als die Türcken selbst. So
viel ist
gewiß, daß man
eben nicht Ursache hat, sie gar zu sehr zu verachten, und vor bloße Bruta
anzusehen; Aber auch sie nicht allzusehr zu loben. |
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Insgemein werden die Türcken getadelt, daß sie hoffärtig, rachgierig
und grausam sind, und andere
Völcker
gegen sich gering halten, ingleichen daß sie dem
Geitze sehr
ergeben, und fast alles durch
Geld
bey ihnen durchzubringen; wie nicht weniger, daß sie zur
Geilheit sehr
geneigt, worzu ihnen ihre
Religion und
Gesetz, krafft deren sie nicht nur 4
Eheweiber zu gleicher
Zeit,
sondern auch so viel
Concubinen,
als sie
wollen, halten dürffen, gute
Gelegenheit
giebt, welches alles nicht zu
leugnen
ist. |
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Als ein Zeugniß eines nicht alzupoliten
Wesens
der Türcken kan auch dieses dienen, wenn wir nur betrachten, wie sich dann
und wann so gar die Türckischen Gesandten an anderer Potentaten
Höfen so
schlecht, was gute
Sitten
anbetrifft, aufgeführet habm, da man doch
glauben solte,
daß sie nicht die schlechtesten Leute ihrer
Art zu
solchen Gesandtschafften gebrauchen werden. Wien wird davon aus der
Erfahrung
reden
können. Auch kan man solches aus ihrem ungesitteten und unartigen Bezeigen
gegen frembde Gesande in ihrem Lande sehen, welches auch nicht eben
allemahl das lobenswürdigste gewesen, indem sie zum öfftern nicht so mit
ihnen umgegangen, als etwa wohlgesittete Völcker zu thun pflegen. |
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Im Jahr 1617 erlitte der
Frantzösische Ambassadeur zu Constantinopel einen harten
Affront, und zwar durch folgende
Gelegenheit; Ein Pohlnischer von
Adel, Koretzky,
war im
Kriege
gefangen, und nachgehends zu Constantinopel ins Gefängniß geworffen worden,
aus welchem er aber durch eine Strick-Leiter echapiret. Weil nun die
Türcken einen Argwohn bekamen, ob hätte ihn der Frantzösische Ambassadeur
in sein Quartier aufgenommen, und darinnen versteckt, liessen sie ihn
ersuchen, selbigen heraus zu geben. Als sich nun dieser mit der
Unwissenheit entschuldigte, sendeten sie die Schergen |
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{Sp. 1690} |
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in dessen Pallast, und ließen alles visitiren, da man aber den Koretzky
nicht darinnen fand, nahmen sie aus
Zorne den
Ambassadeur selbst in Arrest, und führten ihn für den Groß-Vezier: welcher
ihn nicht allein mit harten
Worten
empfieng, sondern auch gar bey sich behielte. Ob er nun gleich endlich
wieder in seine
Freyheit gestellet wurde, musten doch der Secretair, Koch
und noch fünff andere
Personen
des Ambassadeurs, die man am meisten in Verdacht hielte, in dem Arrest
bleiben, bis man sie nach einigen
Jahren auch
unschuldig befande, und loß ließe. |
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Sayedro, welcher in seinem Memoires Historiques des Ottomanns p. 601
dieses Factum erzehlet, setzet gar mit gutem
Grunde
dieses Raisonnement darzu: Wenn sonst ein
Christlicher
Potentat, einen dergleichen
Minister
dergestalt affrontiret hätte: würde es für eine rechtmäßige Art des Krieges
geachtet worden seyn; Allein Frankreich reflectirte auf zweyerley: |
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- 1) Auf die Türckische Barbarey;
- 2) Auf die Entlegenheit des Ortes; weil er ihn mit keinem
Kriege
füglich überziehen konnte.
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Ausser
Europa
finden sich auch
Exempel, daß es
Streit
zwischen den Gesandten der Unchristlichen Potentaten gegeben. Denn als im
Jahr 1613 der Persianer eine Gesandtschafft nach Constantinopel gesendet;
empfieng man selbige nicht allein gar kaltsinnig; sondern man nennete auch
die Menge Seyden, welche er mit zum Präsent brachte, eine Contribution,
welche der Perser an die Pforte abführen muste; Und wolte rund aus nicht
Frieden machen, es hätte denn zuvor der Persianer alles,
was er den Türcken abgenommen, wieder restituiret. Weil sich nun der Perser
an dem Türcken zu rächen, nicht getrauete, muste sein Gesandter, als dessen
Conduite er alles zuschriebe, herhalten; welchem er die Augen ausstechen
ließ. |
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Dieses sind nun freylich Sachen an den Türcken, die anderer Approbation
schwerlich erhalten werden. Das aber ist und bleibet gut, daß man von ihnen
sagen kan, daß sie
ehrlichen
und aufrichtigen
Gemüthes sind, und in Privat-Affairen niemanden leicht
unrecht
thun
oder betrügen, auch denenjenigen, so sich
höfflich und
demüthig gegen sie anstellen, glimpfflich genug begegnen. |
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In Eßen und Trincken sind sie gar sparsam und mäßig, und lassen sich an
einem geringen begnügen, welches ihnen denn im
Kriege wohl
zu statten kömmt. Sonderlich ist ihnen der Wein und alles starcke Geträncke
in ihrem Gesetze verboten. |
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Ihren Gottesdienst
verrichten sie mit grosser Andacht, daß sie
hierunter manchen
Christen
beschämen, sie sind auch sehr eyfrig vor ihre
Religion.
Gegen ihren
Kayser
und ihre Obern bezeugen sie grosse Ehrerbietung und
Gehorsam. Sie leben auch unter einander gar verträglich,
und man wird bey ihnen nicht hören, daß einer den andern zum Duell heraus
fordere, wie bey denen meisten
Europäischen
Nationen diese
üble
Gewohnheit eingerissen ist. Vielmehr verlachen sie dieses
mit
Recht,
als eine
Thorheit an
denen Christen. |
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Sonderlich wenn ihr Bairam oder Oster-Fest eintritt, so söhnen sich
alle diejenigen, so mit einander in Wiederwärtigkeit gelebet, wieder aus,
und
meynen, sie
würden sonst dieses Fest nicht gebührend begehen. Im
Kriege sind
sie tapffer und behertzt, worzu denn die
Meynung, so |
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{Sp. 1691|S. 859} |
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ihnen von Jugend aus eingepräget wird, daß
GOtt
einen jeden
Menschen sein Lebens-Ziel gesetzt, welches er weder
verkürtzen, noch verlängern könne, ingleichen daß die
Seelen
dererjenigen, so in dem Kriege umkommen, von Mund auf in den Himmel fahren,
nicht wenig hilfft. Und ob sie gleich sich in den
Wissenschafften nicht versteigen, so sind sie dennoch von
gutem natürlichem
Verstande, und wissen gar wohl zu
erkennen, was ihrem
Staate zuträglich sey oder nicht, daß also, die
Wahrheit zu sagen, die Türcken in vielen Stücken so gar
Barbarisch nicht sind, als man sich einbildet.¶ |
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Der Türcken Haß gegen die Persianer¶ |
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ist, ohnerachtet er gegen die
Christen groß
ist, noch weit größer, und sie
glauben, es
gefalle
GOtt
mehr, wenn man einen Persianer, als wenn man 70 Christen erwürge. Sie
können sich sonderlich mit den Persianern wegen der grünen Farbe nicht
vertragen, welche die Persianer ihrer
Meynung nach verunehren. Denn da die Persianer Strümpffe
von grünen Tuche tragen, so ist dieses denen
Mahometanern ein Greuel, und sagen: Wovon Mahomet
seine Mütze auf dem Haupte getragen, welches eine von grünem Tuche gewesen
seyn soll, dieselbe Farbe gezieme sich nicht von einem Persianer an den
Füßen getragen zu werden. So sehr aber diese beyden
Nationen in
diesem Stücke
unterschieden sind, so haben sie doch beyde in
Ansehung der
Religion oder
vielmehr zu sagen, des Aberglaubens eine
völlige
Gleichheit. |
- Dappers Persien p. 79.
- Olearii Pers. Reise-
Beschreib. L. V. c. 12. p 309.
- Hoornbeecks Summa Controvers. p. 88. u.
96.
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Was den¶ |
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Ehestand bey den Türcken¶ |
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anbetrifft, und zuförderst die Art zu heyrathen, so siehet man keine
andere Ceremonien dabey vorgehen, als daß in
Gegenwart des Cadi oder
Richters, welcher die Mitgabe und die Bewilligung beyder
Partheyen anzeiget, ein
Contract
gemachet wird. Bißweilen werden Zeugen darzu geruffen. Allein es giebt so
viele
falsche Zeugen
zu Constantinopel, daß dieser
Gebrauch jetzo
gantz in Abnehmen kömmt. Selbst die Abkömmlinge des
Mahomets,
welche man an ihren grünen Kleidern kennet, lassen sich leicht
bestechen. |
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Die Türcken dürffen vier
Weiber
haben, und so viel Sclavinnen, als sie erhalten können oder
wollen. Ihre
Kinder
erben alle gleich. Unter denen
vornehmsten,
insonderheit unter denen, welche mit ihren
Ober-
Herren
verwandt sind,
haben es die Sclaven-Kinder am besten, weil sie wegen einiger Eyfersucht
oder
gewissen
Staats-Maxime die andern nicht wollen in die Höhe kommen lassen, damit
nicht etwa ihre
Geburt ihnen
Anlaß gebe, Unruhe zu erregen. |
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Die
Männer
dürffen ihre
Weiber um
vieler
Ursachen willen, deren in dem Alcoran gedacht wird, von
sich stossen, insonderheit, wenn sie mit einander nicht gleiches
Sinnes sind, und also in dem
Hause immer
Uneinigkeit ist. Diejenigen, welche also verstossen werden, nehmen ihr
Antheil mit sich, und wenn es ihnen mit der zweyten
Ehe
eben so
unglücklich gehet, haben sie die
Freyheit, zu ihren vorigen Männern wieder zu |
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{Sp. 1692} |
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kehren. Die Sclavinnen, welche ihnen
Kinder
gebähren, können
nicht
verkaufft
werden, sondern werden als Mitglieder der
Familie
angesehen, welche daher
verpflichtet ist, sie zu unterhalten; sind sie aber
unfruchtbar, so mag man sie auf dem
Marckte
verkauffen.
Die Türcken mögen Weiber oder Sclaven von allen
Religionen
haben, und dürffen mit ihnen
thun,
was ihnen beliebt, ohne daß sie nicht befugt sind, ihnen das
Leben zu
nehmen. Die
Christen aber
und
Jüden dürffen
keine Mahometanerinnen kauffen, sondern nur
Weibs-
Personen von ihrer Religion. Derjenige, welcher eine Sclavin
beschläfft, wird gar nicht bestrafft; wer aber mit einer
freygebohrnen Person zu thun hat, mit dem wird sehr hart
verfahren. Der¶ |
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Sclaven-Handel¶ |
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bey den Türcken ist eben so beschaffen, wie der Vieh-Handel bey den
Christen. Sie
werden examinirt, und nach ihrem
Alter und
Zustande
ihrer
Leiber
betrachtet, ingleichen nach der Stärcke und Beschaffenheit ihrer
Personen
geschätzt, da bisweilen die
Kinder mit
oder ohne ihre
Mutter
verkaufft
werden. Die jungen
Mägdgen
sind die theuerste
Waare. Diese
werden von
alten
Frauen
examinirt und betrachtet, und wenn an ihnen ein Betrug entdecket wird, muß
der Verkäuffer das vor sie bewilligte, und in seinem Tage-Buche
angezeichnete
Geld
wieder hergeben, welches ebenso treulich und genau beobachtet wird, als wie
mit andern Kaufmanns-Gütern.¶ |
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Tracht der Türcken:¶ |
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Die Türcken tragen auf ihrem Haupte Turbans Ihre Kleider sind lang, und
mit köstlichen Sebeln umgürtet.¶ |
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Begräbniß und andre Gebräuche.¶ |
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Ihre
Todten begraben
sie an die Land-Strasse, bis auf den Groß-Sultan und etliche Grosse, welche
in eine Moschee beygesetzt werden. Ihre Gefangene halten sie sehr hart. Die
Ober-Stelle ist bey ihnen zur lincken Hand. Wenn sie gehen, bewegen sie ihr
Haupt vorwärts, ehe sie einen Fuß fortsetzen. Die
Jahre
zehlen sie von
des
Mahomets
Flucht von Mecca
nach Medina, welches den 15
Julius
622 geschehen, so sie Hegira
nennen.¶ |
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Der Türcken Spiele:¶ |
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Die Türcken
spielen, nach des
Frantzosen
Thevenots, im 25 Capit, des ersten
Buchs
seiner Morgenländischen Reise, ertheilten Bericht, niemahlen mit Würffeln
oder in der
Charte,
noch ein ander
Glücks-Spiel,
sondern nur im Schach, die Dames, das
Spiel mit den
neundten Steine, und andere dergleichen, auch keines Weges um
Geld
oder Gewinnswürdige Sachen, sie mögen
arm oder
reich seyn, und dahero kömmts, daß nicht soviel
Streitigkeiten unter ihnen vorgehen, unterdeß ob sie
gleich um nichts spielen, so entstehet doch grosse
Freude bey ihnen
darüber, und bringen gantze
Mittage zu gegen
einander ohne eintziges Wortsprechen zu spielen, und so bald als der eine
verlohren
hat, fangen sie sittsamlich ohne
Reden
wieder an. |
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Sie spielen auch sehr auf dem Mancala, welches eine Büchse ist ungefehr
2 Schuh lang und einen Schuh breit, in derenselben sind |
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{Sp. 1693|S. 860} |
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auf jeder Seite 6 kleine Gruben, nemlich 6 auf der Büchse, und 6. auf
dem zu derselben gehörigen Deckel, und macht sich auf wie ein
Bret-Spiel,
ein jeder spielet darinnen mit 36 Muschelgen, und setzet deren
anfänglich 6. in
jedes Grübgen. Die
öffentlichen Spiele aber der Türcken, die sie
an ihren Ramadan oder Neu-Jahr-Fest spielen, und welche Herr Francisci in
seiner Schau-Bühne andern Theils erzehlet, sind so tumm, daß wir sie nicht
einmahl erzehlen wollen.¶ |
Novellen aus der gelehrten und curieusen Welt, p. 7327.
u. f. |
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Türckische Mahlzeiten und Speise-Arten.¶ |
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Die Türcken halten sich in Essen und Trincken insgemein sehr schlecht,
und lassen vielmehr ihre Pracht in Eqvippirung ihrer Pferde sehen. Ihre
Mahlzeiten kommen fast mit denen Persianern überein. Das Schaaf-Fleisch mit
Reiß gekocht, ist eines von ihrem
gewöhnlichen Essen, wie auch ein dicker Brey von Reiß, den
sie wie einen Kuchen in Butter backen. Ihr Brod ist mit Gewürtz bestreuet,
und schmecket sehr süß. |
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Das gewöhnlichste Geträncke in der Türckey ist Scherbet, Coffee und
schlechtes Zucker-Wasser; Wein dürffen sie nicht trincken, weil solches der
Mahomet in
seinem
Gesetz verboten hat; so dürffen sie auch kein
Schweinenfleisch essen. Sie belustigen sich wohl mit der wilden Schweins-
Jagd, geben aber alsdenn das Gefällete den
Christen zu
verzehren. |
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Ihre grösseste Gastereyen haben sie wie anderweit erwehnet worden, bey
Beschneidungen ihrer
Kinder,
darzu sie alle ihre Freunde, eben wie wir Christen die unsrigen zur Kind-
Taufe einladen; sie schlachten alsdenn gemeiniglich, wenn es wohlhabende
Leute seyn, einen
gantzen Ochsen,
in denselben stecken sie ein Schaaf, in das Schaaf ein Huhn, in das Huhn
ein Ey, welches alles zusammen denselbigen
Tag gebraten,
und des
Abends, wenn die
Beschneidung
verrichtet ist, verzehrt wird. |
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Ihr Pascha oder Oster-Fest wäret drey
Tage lang, an
welchem sie sich treflich
tractiren;
und auch den
Armen
grosse
Allmosen geben. Auf die Gräber ihrer
verstorbenen Freunde, legen sie
jährlich zu
gewissen Zeiten, Brod, Fleisch, Käse, Eyer und allerhand
Speise, welches denn die armen Leute oder Vögel aufessen, weil sie davor
halten, es sey
GOtt
gleich
angenehm, ob
man den
Menschen oder Thieren Allmosen gebe, wenn es nur aus
Liebe gegen GOtt
geschiehet; Andere speisen die Fische im
Wasser aus
Liebe gegen GOtt. |
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Kein
Weib, von
guten
Herkommen wird sich
öffentlich auf der Gasse sehen lassen, gehet
auch nicht auf den
Marckt oder in
die Küche, sondern es müssen solches alles die Männer verrichten. Hin und
wieder auf den Strassen findet man gekochte Speisen die Menge und die Fülle
zu kauffen. |
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Des Groß-Türcken oder Kaysers sein Tafel-Servis ist aus pur lautern
Golde, von zwantzig bis dreyßig Schüsseln; die Speisen werden weder
gesaltzen noch gewürtzet. |
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Niemals leben die Türcken üppiger, als bey ihrer dreysigtägigen
Fastenzeit. Von der Moschee, woselbst sie zu derselben
Zeit des
Tages über
fünfmahl ihr Gebet
verrichten, kehren sie nach verrichtetem
Gebet wieder heim, damit sie sich fröhlich machen, sich stattlich tractien,
und unter einander zum lu- |
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{Sp. 1694} |
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stigen Essen und Trincken treulich ermuntern; wie denn vor solche Zeit
die besten zartesten und leckerhafftesten Speisen
verwahret
werden. Aber des Weins darf man dabey keinen Tropffen trincken, sondern sie
haben einen guten Coffee, welches bey den Türcken ein beliebter Trunck ist;
wiewohl sie sonst auch ihren Scherbet, oder Zucker-Wasser haben, welches
Geträncke das wohlgeschmackteste ist, so man findet, und sehr
angenehm vor
die Leute, die keinen Wein trincken: Sintemahl sonst das
Wasser ihr
meister Tranck, ob wohl ihrer viele heimlich Wein genüssen; derohalben
trachten sie auf
Mittel, dem
Wasser den allerbesten Geschmack zu geben. |
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Sie brauchen kein Wasser mit Coriander abgesotten, wie die Italiener,
sondern thun in das gemeine klare Wasser ein
gewisses
Gemisch Scherbet genannt, welches sie unterweilen weich, offtermahls auch
fest und hart machen, wenn sie es lange aufheben, und mit sich tragen
wollen, damit es nicht fliessen noch ausrinnen möge. Hierzu nehmen sie
Zucker und
Citronensafft, wie denn auch ein Gemisch von vielerley Blumen und Früchten,
nebst andern darzu gehörigen Stücken. Und wenn sie trincken
wollen,
thun
sie ein Stücklein davon in einen Becher voll
Wassers; damit
es darinnen zergehe, davon bekommt alsdenn das Wasser seine Farbe, Geruch
und Geschmack. |
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Was aber einem
möchte zu wider
seyn, ist dieses, daß sie ihr meistes Geträncke trübe und unlauter machen;
doch wird der Geschmack anmuthig durch besagte Blumen und Früchte, wovon
der Trunck seine meiste
Krafft empfähet. Sie nehmen zuweilen, neben den Rosen und
Violen, Ambra und Bisam dazu, samt andern guten Ingrediensien. Die¶ |
|
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Türckischen
Waaren.¶ |
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werden meistentheils in Constantinopel und Smyrna geladen, an welche
Örter die
Franzosen,
Engel- und
Holländer einen grossen
Handel treiben
und insonderheit ihre Tücher dahin führen. Zu Constantinopel
kauffen
die Ausländer Ochsen- Kuh- Büffels-Häute, Saffian-und Corduanleder, welche
von Pebrat, Courondouret, Camaba, Jamboly und Rodesto, gebracht werden.
Ferner Potasche, welche über das schwartze Meer nach Constantinopel
geführet wird, ingleichen Wachs gesalzene Fische, Motonne genannt,
vornemlich
wird hier ein starcker Wollhandel getrieben: und hat man zwey Sorten der
Wolle, davon eine Pelade, die andere Tresqville heisset. |
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Zu Smyrna ist der Handel considerabler, weil die Persianischen
Caravanen viel Seide dahin bringen, deren viel Sorten, als Sourbaßis,
Legis, Ardasines, Ardasses sind: Es ist auch hier ein starcker Specerey-
Handel, wie denn auch hieher Galbanum, Rubarde, Semeneine, Hoppoponas,
Gummi Ammoniac, Lapis Lasuli, Bimoni, Holtz von Aloe, Ambra, Mosch, Perlen,
Apista, Diamanten, Rubinen, Smaragden und viele Indianische Waaren,
sonderlich viel Coffee und Thee auch Ziegenhaare und Stamm gebracht werden,
wovon man in
Holland und Engelland die Camelotten und Hütte
macht. Die Armenier führen auch die Persianischen Stoffe hieher. |
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|
Von den
Waaren, welche
aus dem
Lande selbst
gezogen werden, sind zu mercken die Wolle, die Baum- |
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{Sp. 1695|S. 861} |
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Wolle, Gummi Adragan, Galles, Wachs, Opium, Mastix, Safran, Storax,
allerhand wollene Zeuge, Dimittes, Scaneittes und Boucaßius genannt, ferner
allerhand Tappete von
unterschiedenen
Arten,
Alaun, weisse Seife und was dergleichen mehr. Zu Cairo wird der gröste
Handel von Gewürzen und Specereyen getrieben, welche aus dem
glückseeligen Arabien und Ost-Indien dahin
gebracht werden, und sind derselben fast unzehlige Arten.¶ |
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Türckische Müntzen:¶ |
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In der Handlung und Zahlung grosser Summen bedienen sich die Türcken
gewisser Beutel, deren man jeden zu 500 Thalern rechnet. Ausser dem aber
haben sie zur Ausgabe so wohl silberne als auch güldene Müntzen.¶ |
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I. Silberne Müntzen. Dahin gehören.¶ |
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1. Asper. Ein Asper aber soll ohngefehr so viel als 3
Pfennige seyn, wornach fast alles gerechnet wird, indem wenn es heisset: So
und so viel Asper die Summa dadurch ein desto grösser
Ansehen gewinnet. |
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|
2. Barra. Ein Barra gilt so viel als ohngefehr 3 Asper,
oder nach unserer Art zu reden, einen Marien-Groschen. |
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3. Porasas. Diese Müntze gilt etwa 4 Asper. Sie wird in
Cairo gepräget, und ist auch in dem dasigen
Bezirck
nur gang und gäbe. |
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4. Groste ist so viel, als ein Spanischer Real, oder
Stück von Achten. |
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5. Rup, so ohngefehr so viel als 6 unserer Groschen
ausmachen soll. |
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6. Tult, ist 8 al. oder ein Drittel vom Thaler. Die
Pohlnischen oder
Brandenburgischen Drittel sollen mit ihnen von gleichem
Werth seyn. |
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7. Solota, ist ein Türckischer Gulden, oder 2 Drittel-
Stück, in der Grösse wie ein deutscher, mit Türckischer Schrifft
bezeichnet. |
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8. Aslan, ist ein Thaler, worauf ein Löwe stehet. |
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II. Güldene Müntzen. Solche sind¶ |
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1. Altin, ein Türckischer Ducaten, nach unserm
Gelde 2 rthlr. 2 gl. |
|
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2. Cherafii, oder Scherafi, mit welchem
Nahmen
sie eigentlich die Venetianischen Zechini belegen, und ist nach unsern
Müntz-Sorten so viel als 2 rthlr. 12 gl. |
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Siehe auch den Artickel : Müntze (Türckische) im XXII Bande p. 519. u.
f. |
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|
Aber dürffen wir denn auch wohl¶ |
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Hohe Schulen¶ |
|
|
in der Türckey suchen? Wiewohl man insgemein von denen Türcken
glaubt, daß sie
die
Gelehrsamkeit nicht hoch ästimiren, und sich aus den
Studien wenig oder nichts machen; so haben sie doch in der
That ihre
Gymnasia
und hohen Schulen. Etliche lernen in denen
Schulen nicht mehr, als den Alcoran lesen, und sind
vergnügt, wenn sie die Ceremonien, und was sonst der Gottesdienst erfodert,
verstehen,
gewöhnlich
nennen sie
dieselben Taursmann. Andere zum
Unterscheid dieser lernen in denen hohen Schulen die
Weltlichen Gesetze, und
Land und Leute
regieren. Solche Literatos tituliren die Türcken Haggias.
Sie sind frey von |
|
|
{Sp. 1696} |
|
|
der
Knechtschafft und andern
Beschwerungen des
Volcks,
und es werden alsdenn aus ihnen die Caliphen
erwehlet. Eine
dergleichen
vornehme
Schule und darzu gehörige
Professores
trifft man zu Cairo an mit einer unzehligen Menge junger Scholaren,
ingleichen zu Constantinopel, allwo die Astrologie, Astronomie, Geometrie
etc. wie auch die Arabische (so bey ihnen der
Gelehrten
Sprache ist) und die Persianische Sprache gelehret
wird. |
Lucä Europ.
Helicon. III. Th. 4. Cap. p. 210. |
|
Vor diesem ist die Wendische oder Sclavonische Sprache von denen
Europäischen Türcken fürnemlich in denen
Gräntz
-
Städten in
öffentlichen
Schulen, und durch besondere Sprach-Meister
fleißig
getrieben worden, wie etwan bey uns die
Lateinische,
Frantzösische und Italienische. Denn dadurch ward die
fürnehme Jugend präpariret, daß sie mit der
Zeit,
wenn sie etwa Bassen, Gouverneurs und andere
Beamten
in denen Türckischen Conqueten werden
sollten, ihre
Verrichtungen mit leichter
Mühe, auch wohl
mit grossem Vergnügen der
Einwohner ausführen möchten. Zu geschweigen, daß die
Gesandschafften nach Pohlen und Moscau sich eben diese Sclavonische Sprache
sehr wohl haben können zu
Nutze
machen. |
|
|
Heutiges
Tages aber mag
wohl wenig oder fast gar keine Spur von dergleichen Schulen mehr zu finden
seyn, nachdem in denen letzten
Kriegen die
siegreichen Kayserlichen Waffen diejenigen Länder fast gäntzlich wieder
erobert haben, wo die Sclavonische oder eine andere mit derselben verwandte
Sprache geredet wird. Die Türckischen
Kauff-
Leute achten dieselbe auch nicht sonderlich mehr ohne diejenigen,
welche noch in die Ungarischen Gräntz-Städt auf die
Märckte
reisen. Denn sonst verstehen die Rätzen, welche im Gantzen
mit ihnen handeln, mehrentheils so viel Türckisch, daß sie keine
Dollmetscher vonnöthen haben. |
Curieuses Bücher- und Staats-Cabinet LVI. Eing. p.
986. |
|
Sie litten ehemals keine
gedruckte,
sondern nur
geschriebene
Bücher;
nachdem man ihnen aber in den neuern
Zeiten
den vielfältigen
Nutzen
der¶ |
|
|
Buchdruckerey¶ |
|
|
nachdrücklich vorgestellet, gab der Groß-Sultan endlich die Erlaubniß,
daß man selbst zu Constantinopel eine Druckerey anlegen, und darinnen alle
in der Landes-Sprache geschriebene
Bücher,
ausgenommen diejenigen, so die MahometaniscHe Religion betreffen, drucken
möge: Worauf dieses Vorhaben auch von dem Muffti und untern Gesetzhabern
der Ottomannischen Pforte erlaubet werden
müssen. Man hat
dahero 1709 zu allererst ein Arabisches
Wörter-Buch
des Giauhari, welches Ovancouli ins Türckische übersetzet, und zwey
Theile in
Fol. beträget,
aus dieser
Presse bekommen,
dem hernach noch viele andere
Schrifften gefolget sind¶ |
|
|
Bibliothecken¶ |
|
|
Der Groß-Sultan hat eine sehr curieuse
Bibliotheck in welcher, wie man
glaubt, eine
vollkommene
Abschrifft von dem Titus Livius gewesen seyn soll. Es ist ein Bojar oder
Marckt von geschriebenen Büchern, die von einerley
Materie handeln, in der Türckischen, Persianiscben und
Arabischen Sprache zu Constantinopel: Allein die
Christen
dürffen dahin nicht kommen, weil |
|
|
{Sp. 1697|S. 862} |
|
|
die Türcken
glauben, daß
ihre Bücher entheiliget würden, wenn man sie denselben
verkauffte. |
|
|
Es sind noch bis anjetzo gewisse Historien-Schreiber bestellet, welche
die Chronicke dieses Reichs schreiben müssen, so bereit acht grosse
Bände
austrägt, welche 200 Cronen kosten. Wie man denn in denen bisherigen
Ungarischen Kriegen viel Türckische Bücher heraus gebracht, die von
allerhand
nützlichen
Materien handeln. Sie legen sich aber mehrentheils auf
nützliche
Wissenschafften, und verwirren ihre
Köpffe nicht mit solchen, welche nur auf ein Speculiren
hinaus lauffen, und zu einer eiteln Curiosität dienen.¶ |
|
|
Daß es denen Türcken so sehr nicht an Büchern fehlet, als man dencket,
siehet man aus dem, was Spondanus in dem ersten Bande seiner
Reisen, Holländischer Ausgabe, auf der 193 Seite gesaget
hat. Man füge folgende Stelle des Gronovs in Jacob Golius Leichen-Rede auf
der 162 Seite dazu:¶ |
|
|
Simul cum Legato (er verstehet den Holländischen Gesandten nach
Constantinopel, Cornelius Haga) in Asiam transiit (Golius) Præfecto oræ,
propontidos amœnissimos hortos cum amplissima Bibliotheca eis cedente: in
quo secessu in Historicorum et Geographorum Arabum Scripta aut ignorata
adhuc, aut inevoluta se ingurgitavit. Ut rediit, et memoriam lectorum per
occasiones in sermonibus apud Megistanas ostendit, ita obstupefecit
audientes, ut purpuratorum principi dignatione proximus cum eo egerit.
Imperatores diplomate ornatus ac tutus tabulis depingeret: ille gratiam
fecit prætexto sacramento, quod Ordinibus dixisset, sed et periculi
magnitudinem cogitans. |
Baylens
Histor. und Crit. Wörter-Buch II Th. Deutscher Ausgabe, p. 597.¶ |
|
Es entstund vor einiger
Zeit ein
Gerüchte, dadurch sich die Leute bald hätten überreden lassen, als wenn die
Türcken einmahl ihre bisherigen in vielen Stücken noch wüste und ungeartete
Sitten
ablegen, und auch
anfangen würden
zu leben, wie andere
vernünfftige Leute. Es hieß nehmlich, der Sultan hätte den
in ihrem
Gesetz so scharff verbothenen Genuß des Weins seinen
Unterthanen
vergönnet; er hätte
befohlen,
die
Bibel in
Türckischer Sprache, und mit Erläuterungen aus dem Alcoran
drucken
zulassen; es würden künfftig alle
freyen
Künste und
Wissenschafften in Constantinopel
öffentlich gelehret werden; der Groß Sultan
wolte ein Collegium in Constantinopel ausrichten, und zu dem Ende eine
gewisse Anzahl
von
Deutschen,
Frantzösischen und Italienischen
Professoren
unterhalten, die von Türcken so wohl als von
Christen
gehöret werden
sollen. |
|
|
Das, was am meisten zu diesem guten Vornehmen
dienen
würde, war, daß ein Printz des Groß-Sultans eine
Reise in fremde
Lande thun, und
sich da auf die Weise, wie die Rußischen Herren bisher gethan,
vollkommen
machen solte. Aber diese Zeitung war allzuqut, als daß sie hätte
wahr
seyn sollen, und wir andern
Europäischen
Völcker
werden noch eine gute Weile mit unserer Weißheit und
Klugheit groß thun können, ehe uns die Türcken dieses
Lob streitig machen
werden, indem ohnfehlbar sich noch vieles vorher wird zutragen müs- |
|
|
{Sp. 1698} |
|
|
sen, ehe bey ihnen dergleichen
Zeichen geschehen werden. |
Europ. Fama XXII Band, p. 971 u. f. |
|
Ob aber in Donadi Tr. della litteratura dei Turci mehrere Entdeckungen
davon zu finden seyn, stehet zu
untersuchen.¶ |
|
|
Was Rechtens wegen der Türcken.¶ |
|
|
Man bemercket, daß nach denen
Rechten
die Ertödtung oder fürsetzliche Ermordung eines Türcken so wohl, als der an
einem
Christen
verübte Todtschlag, mit dem
Leben bestrafft werde. Siehe Todschlag, im XLIV Bande, p.
770 u. ff. |
|
|
Sonst aber werden die Türcken, welche von denen
Christen im
Kriege
gefangen worden, vermöge des Retorsions-Rechts, und weil sie es mit denen
gefangenen Christen eben so zu halten pflegen, noch härter, als die sonst
sogenannte
Leibeigene, und wie
wahrhafftige Sclaven, gehalten. |
Reichs-Abschied
von 1542 §. 11 und a. l. 1 ff. quod quisque jur. in alter. stat. |
|
Übrigens ist hierbey noch zu gedencken, daß, obgleich die Türcken mit
der im
Jahre 1453
geschehenen Eroberung der
Stadt
Constantinopel dem Griechischen oder Christlichen
Kayserthume im Orient den Garaus gemacht, mithin auch das
Römische Recht in denen dasigen
Gegenden
Zweiffels
ohne ziemlich in Abgang gekommen, solches dennoch nicht so zu
verstehen,
als ob nicht hin und wieder noch einige Spuren davon anzutreffen, wenn
anders deshalber einigen Neuern zu
glauben, welche
erzehlen, daß so wohl bey denen Türcken, als Griechen, auch noch einiger
Gebrauch des Römischen Rechtes zu finden sey. So berichtet
z.E.
Leunclavius in Præfat. ad Libros III in Paratitl. als ein Zeuge, der selbst
eine geraume
Zeit
unter denen Türcken gelebet, und alles, was er von ihnen meldet, selbst
gehöret hat, daß die Türcken den
Justinianischen Codicem in ihrer Sprache hätten, und
denselben in ihren
Gerichten brauchten. Und Menagius in Amœnit. jur. Civ. c.
26 gestehet ebenfalls, vom Ismael Bulliald öffters gehöret zu haben, daß
die Türcken das meiste aus denen Römischen Gesetzen, und absonderlich, was
zu der
Materie von der
Knechtschafft und
Dienstbarkeit gehöret, unter ihre Gesetze vermenget
hätten.¶ |
|
|
Wir könnten schließlich noch die
Frage
untersuchen: Ob wohl Christen mit denen
Türcken wider die Christen mit gutem Gewissen ein Bündniß schliessen
könnten? Welches man allerdings mit Ja behaupten kan, da zumahl dem
Vertheidiger der
Beweiß aus Göttlichen und menschlichen Gesetzen nicht
schwer fallen dürffte. Das
Recht
der Natur hat uns ja custodiam salutis publiæ anbefohlen. Und aus dem
Göttlichen Recht sehen wir aus denen
Exempeln der
Ertz-Väter und Israelitischen Richter, daß sie allerdings Bündnisse mit
denen Ungläubigen gemacht haben. Paulus hat auch im neuen Bunde das Gebot
gegeben: Habt mit allen Menschen Friede! Das göttliche Verboth, welches wir
2 Buch Mos. XXLIII, 32 lesen, ist nur speciell, und man muß inter negotia
civilia et sacra wohl distinguiren. Zudem
wissen wir ja, daß
GOtt
diejenigen, welche dergleichen Bündnisse gebrochen, bestraf- |
|
|
{Sp. 1699|S. 863} |
|
|
fet, wie solches Sauls Exempel ausweiset, |
davon 2 Buch Sam. XXI, 1. 2. nachzulesen. |
|
Man könnte zwar einwenden, daß die
Jüden ehedem
sich mit denen
Heyden
gleichwohl nicht verheyrathen dürffen? Es ist
wahr: allein a Conjugio ad fœdera non valet
consequentia. |
|
|
Man könnte einwenden: Die Ungleichheit der
Religion
verstatte keine Gleichheit der
Gemüther? Allein darauf kan man antworten: Daß diese bey
solchen Bündnissen nicht verlanget werde, sondern nur commune
auxilium. |
|
|
Man könnte einwenden: Man bete ja in den öffentlichen Gebeten wieder
die Feinde des Christlichen Nahmens? Darauf dienet zur Antwort, daß das
Bündniß nicht hindere mit denen Waffen aus Gottes Wort wieder die
Ungläubigen zu streiten. |
|
|
Man könnte einwenden: die Ungläubigen hätten gröstentheils bey dem
Ausgange mehr
Nutzen
von dergleichen Bündnisse als die Gläubigen? Allein darauf wird wiederum
die Antwort nicht schwer fallen: Daß man von dem Ausgange der Sache nicht
von der
Gerechtigkeit der Sache
urtheilen
könne. |
|
|
Wolte man fortfahren zu objiciren: Man dürffe denen Ungläubigen,
sonderlich denen Türcken wenig trauen: Denn diesen würde in ihrem Alcoran
erlaubet, ein Bündniß, wenn es ihr Interesse erfodere, zu brechen. So
könnte man die
Erfahrung zu Hülffe ruffen, und diese zeugen lassen, daß
man allerdings denen Türcken
glauben dürffe,
und daß man öffters auf eines Türcken gegebenes
Wort
sicherer fussen könne, als vielmahls auf eines
Christen
seines. |
|
|
Zudem so sind auch ihre
Eyde pro
validis zu achten. Man spricht zwar: der Türcke sey Anti-Christus
Orientalis? Allein das ist vors erste noch nicht ausgemacht, und gesetzt
auch, er wäre es; so könnte doch dieses fœdera civilia nicht hindern, wenn
nur solche nicht zum
Schaden der
Christlichen Kirche gereicheten. |
|
|
Ein plausibler Vorwand ist folgender:
GOtt
habe gleichwohl diejenigen gestrafft, so dergleichen Bündnisse mit denen
Ungläubigen gemacht hätten? Allein da ist die
Schuld nicht
dem Bündnisse, sondern allemahl denen Bundes-Genossen beyzumessen. |
Siehe Joh. Ge. Röseri
Diss. de
foederibus fidelium cum infidelibus adversus fideles, Stetin
1713. |
|
Der ehemahlige
Wittenbergische
Professor
Martin Hasse behauptete in einer zu Wittenberg 1711 gehaltenen
Disputation das Gegentheil: |
|
|
1) Wegen der Gefahr, die der
Religion
dadurch zuwachse, 2) deswegen weil es denen, die solche Bündnisse gemacht,
nicht so vor ungenossen ausgegangen, wo er auf des
Königs in
Franckreich, Franciscus des Ersten
Exempel sich
berufft, welcher auf seinem Tod-Bette ausgeruffen: Perii, hem! perii, quod
volui fœderatus esse ei, qui hostis est Christi nominis! 3) deswegen, weil
diejenigen besser weggekommen, die dergleichen Bündnisse sorgfältig
vermieden, bey welcher
Gelegenheit
er Ludewig den XI ebenfalls König in Franckreich, nahmhafft macht, 4) wegen
der Untreu, die die Türcken gegen die Christen öfters bezeugen, und 5 )
endlich ob periculum deceptionis aut desertionis; |
|
|
auf welche Einwendungen aber in dem vorigen schon
Bescheid gegeben worden. |
Siehe Martin Hassen
Diss. de
quæst. An princeps Christianus adversus Christianum fœdus |
|
|
{Sp. 1700} |
|
|
inire possit? |
|
Von eben dieser
Materie: Ob und wie ferne nach dem Rechte vergönnet sey mit
denen Türcken die Waffen zu vereinigen, verdienet auch nachgelesen zu
werden M. Gottfried Gerbers zu Erfurt gehaltene Inaugural-
Disputation de jure Societatis cum profanis, darinnen er
gar schön weist, daß die Societät oder Conjunction derer Waffen mit
unglaubigen Völckern, d. i. mit
Heyden und
Türcken, entweder obsequii oder imperii sey, und in wie fern dieselbe
erlaubt sey, aus einander setzet.¶ |
|
Literatur |
Um die Türckische Geschichte hat sich der
gelehrte Frantzose, Michael Baudier, ein
Edelmann
aus Languedoc, besonders verdient gemacht, welcher nach
Baylens
Bericht unter andern:¶ |
|
|
1. Ein Inventarium von der allgemeinen
Historie der
Türcken, davon die andere Ausgabe zu Paris 1620
in 4
heraus gekommen.¶ |
|
|
2. Eine Historie des Serrails.¶ |
|
|
3. Eine Historie von der Religion der Türcken,
schrifftlich hinterlassen.¶ |
Siehe Baylens Hist. und Crit. Wörter-Buch I Th. p.
480. |
|
Folgende
Schrifftsteller können von dem bisher gesagten zum Theil
mit mehrerm zu
Rathe
gezogen werden: |
|
|
- George Phrantza,
- Laonicus Chalcondylas.
- Georg. Elmacini Hist.
Sarac.
- Jo. Cuspinian de Turc. Orig.
- Leunclav. ann. Turc.
- Tavernier.
- Ricaut.
hist. de l’Empire Ottomann.
- La Croix.
- Hottinger in hist. Orient.
- Lud.
Cervarius und Joh. Bapt. Egnatius de Turcar. origin.
- Curio in hist. Sarac.
- Camerar. comment. de reb. Turc.
- Lor. Soranzo in der eröfneten
Ottomannischen Pforte.
- Ph. a SS. Trinitate Orient. Reise-Beschr.
- Dissertations historiques sur divers sujets Tom. I.
- Pfeffingers
Merckwürd. des 17 Jahrhunderts.
- Puffendorfs
Reichs- und Staaten-Histor. III Th. 5 Cap. p. 194 u. ff.
- Ranffts Geneal.
Archivarius.
- Abels Deutsche Alterth. I Th. p. 20 u.f.
- Brands Chinesische
Reise p. 153 u.ff.
- Martiniere Hist. von Asien.
- Boethii Kriegs-Helm.
- Allgemeine Chron. VI Band, p. 679 u.ff. VIII Band, p. 863 u.ff. XII Band,
p. 275 u.f. XI Band, p. 689 u. ff. XII Band, p. 577 u. ff.
- Ludolffs
Schaubühne I Th.
- Theatr. Europ. T. XIX.
- Zinckens Europ. Friedens-
Handlungen, T. II.
- La Vie de Mahomed par Mr le Comte de Boulainvilliers.
- Stato militare dell’imperio Ottomanno dal Sigre Comte di Marsigli.
- J. E. B.
Staats-Beschreib. des Durchl. Welt-Creyses III Th. p. 358 u.
ff.
|
|